Efeu - Die Kulturrundschau - Archiv

Architektur

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Efeu - Die Kulturrundschau vom 17.04.2024 - Architektur

Das SEZ im Jahr 1987. © Gerd Danigel, Lizenz: CC BY-SA 4.0 Deed

Bitte nicht noch ein zentrales Zeugnis der DDR-Baukunst abreißen! So stöhnt Peter Richter in der SZ. Diesmal soll es das Berliner Sport- und Erholungszentrum (SEZ) erwischen, mit dem viele Ostberliner nicht nur Bade-, sondern auch amouröse Erinnerungen verbinden - schließlich waren die Terrassen im Garten eine zentrale Dating location. Auch architektonisch macht das Gebäude einiges her: "Dieses SEZ war aber auch ein Gebilde, das vielleicht tatsächlich nur auf dieser merkwürdigen Kante zwischen West und Ost entstehen konnte. Stilistisch und technologisch müsste man es wohl unter die Hightech-Architekturen der Siebzigerjahre einordnen, es hat mehr mit dem Pariser Centre Pompidou und dem Charlottenburger ICC zu tun als mit den standardisierten Typenschwimmhallen in den Plattenbauvierteln der DDR. Aber denkbar war es trotzdem nur dort, wo trotz Kargheit und Mangels an allen Ecken und Enden an dieser Stelle kurzerhand verschwenderische Fülle zur Hebung der Lebensfreude befohlen worden war."

Außerdem: Mit NZZ-Autor Paul Jandl hat Joe Chialos Plan, die Galeries Lafayette zur öffentlichen Bibliothek umzurüsten (siehe auch hier), einen weiteren Fürsprecher gewonnen.

Efeu - Die Kulturrundschau vom 16.04.2024 - Architektur

Außenansicht des Nationalen Holocaust-Museums - Büro Winhov / © Stefan Müller

Hubertus Adam blickt für die NZZ auf das sanierte Nationaal Holocaustmuseum in Amsterdam. Das Architekturbüro Office Winhov hat den ursprünglichen Bau bis auf wenige Ausnahmen nur subtil verändert, so Adam: "Der einzige wirkliche zur Strasse hin sichtbare Neubauteil ersetzt das frühere Direktorenhaus zwischen Schule und Kinderkrippe. Office Winhov wählte einen hellen Klinker für das Volumen, das Eingang, Sicherheitsschleuse, Kassenbereich und das Treppenhaus beherbergt und nach aussen mit einem filigranen, nachts hinterleuchteten Filtermauerwerk in Erscheinung tritt. In der Tiefe des Grundstücks wurde ein weiterer Baukörper errichtet, der Platz für Wechselausstellungen bietet und auch ein Auditorium umfasst. Seitlich blickt man auf eine Mauer zum Nachbargrundstück - es ist jener Ort, an dem einst die Kinder über den Zaun gereicht wurden. Die Räume sind licht, hell und offen; die Gestaltung der Ausstellung der Szenografiebüros Opera Amsterdam und Studio Louter gibt sich zurückhaltend und findet die richtige Balance zu Architektur und Ort. Damit widerstanden die Beteiligten der Versuchung, düstere Themen auch düster zu inszenieren. Aus gutem Grund: Was hier geschah, auf beiden Seiten der Strasse, geschah nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit und nicht klandestin, sondern am helllichten Tag."

Efeu - Die Kulturrundschau vom 13.04.2024 - Architektur

In der SZ mokiert sich Gerhard Matzig über den von Norman Foster geplanten "klimafreundlichen" neuen King Salman Airport in Saudi-Arabien: "Geplant sind sechs Start- und Landebahnen, die bis zum Jahr 2050 rund 185 Millionen Fluggäste jährlich ermöglichen. Zum Vergleich: Der sogenannte Hauptstadt-Flughafen BER hat es im Jahr 2023 auf 23 Millionen gebracht. Süß. Schade, dass die Klimakleber schon die letzte Generation sind - sie müssten sich generationsübergreifend vermehren, um diese Megalomanie mit sehr viel Sekundenkleber zu verhindern. Die Anzahl von derzeit 210 000 Flügen soll auf eine Million pro Jahr gesteigert werden. Die Erfindung der Flugscham ist dabei noch nicht berücksichtigt - trotz Habecks Freundschaft zu Saudi-Arabien. Ungeachtet dessen zeigen die suggestiven Foster-Pläne eine grüne Oase, viele Bäume, Schatten spendende Strukturen und auch einige Flugzeuge." Mehr zu dem Flughafen bei Futurezone.

Lucien Scherrer unterhält sich für die NZZ mit Rektor Günther Dissertori, Departementsleiter Matthias Kohler und Professor Philip Ursprung von der ETH Zürich über den antiisraelischen und dann und wann auch antisemitischen Aktivismus an ihrem Institut (unser Resümee). Matthias Kohler gibt zu, dass es gelegentlich Probleme gibt, aber dabei gehe es "um Einzelfälle. Wir sind ein Departement mit 2500 Leuten mit ganz unterschiedlichen Positionen, aus unterschiedlichen Herkunftsländern, darunter auch einige laute Stimmen. Es gibt aber in keiner Art und Weise strukturellen Israel-Hass. Dass das medial anders wahrgenommen werden kann, ist mehr den Social Media und deren Verbreitung geschuldet."

Efeu - Die Kulturrundschau vom 12.04.2024 - Architektur

Undatierte Postkarte mit der Carl-Legien-Siedlung. Bild: Welterbe Siedlungen Berlin.
Vor hundert Jahren wurde die Gehag (Gemeinnützige Heimstätten-, Spar- und Bau-Aktiengesellschaft) gegründet, die in Berlin etliche bezahlbare Wohnungen in Wohnsiedlungen geschaffen hat, zu diesem Anlass interviewt Jannis Hartmann in der taz den Architekten und Bauhistoriker Steffen Adam in der Siedlung Carl Legien, die mittlerweile zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Der Architekt hat Ideen, wie sich ein solches soziales Bauen auch heute wieder ankurbeln ließe: "Es bräuchte einen Zusammenschluss aller gesellschaftlichen Kräfte guten Willens: Ich denke da an Baugenossenschaften, genossenschaftliche Banken und Versicherungen, die Gewerkschaften. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass, anders als in der klassischen Moderne, die Kirchen und große Parteien wie die Grünen oder SPD dabei sind. Sie könnten ihr Parteivermögen vernünftig anlegen. (…) Vielleicht war die Basis damals zu klein. Ist sie größer, könnte man sich besser gegen die private Bauwirtschaft behaupten. Auch Bedenken einer zögerlichen Verwaltung könnten gemindert werden - also all das, was wir heute fordern. Es wäre mal wieder Zeit, das in die Diskussion zu werfen."

Efeu - Die Kulturrundschau vom 10.04.2024 - Architektur

Schon sehr bald muss sich entscheiden, was mit der Galeries Lafayette in der Berliner Friedrichstraße passiert, berichtet Nikolaus Bernau im Tagesspiegel. Das Kaufhaus, das bisher die Räume nützt, schließt früher als geplant, nämlich bereits im Sommer. Die von Kultursenator Joe Chialo ins Gespräch gebrachte Nutzung durch die Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) wird nach wie vor diskutiert. Zu klären sind unter anderem Fragen des Urheberrechts. Bernau selbst ist nach wie vor äußerst angetan von der Idee: "Ein wesentlicher Reiz des Projekts ZLB in den Galeries Lafayette ist, dass es eben keine großen Umbauten braucht. Das Gebäude sehe, wie der Direktor der Zentralbibliothek, Volker Heller, immer wieder sagt, mit den offenen Etagengrundrissen, den auf Massenverkehr angelegten Fluchtwegen, der auf große Traglasten angelegten Konstruktion und den Mitarbeiterbüros schon jetzt aus wie eine Bibliothek." Die Alternative, ein Umbau mit anschließender Büronutzung, wäre für Bernau hingegen "ein urbanistisches Desaster".

Die ETH Zürich hat einen Vortrag des französischen Architekten und Aktivisten Léopold Lambert abgesagt, der sich mit "Siedlerkolonialismus" in Palästina auseinandersetzen sollte (unser Resümee). Als Grund wird unter anderem genannt, dass Lambert nicht bereit war, "sich glaubhaft und genügend explizit von Gewalt zu distanzieren". Lambert hatte unter anderem die Geiselnahmen der Hamas gerechtfertigt. Warum wurde der Mann überhaupt eingeladen? Wie Lucien Scherrer in der NZZ berichtet, passt es zur Stimmung am Architekturinstitut: "Eine ETH-Gastprofessorin schreibt regelmäßig für Léopold Lamberts Magazin Funambulist. Ein Postdoktorand feierte in einem inzwischen gelöschten Tweet den 7. Oktober, auf Instagram attestierte er den 'Zionisten' einen 'tiefen Durst nach palästinensischem Blut' und einen 'Eifer zur Massenvernichtung'. Den Entscheid der ETH-Schulleitung, den Vortrag von Lambert zu canceln, kommentierte er so: 'Du kannst deine Meinung frei äußern, solange wir mit dir einverstanden sind.' Lambert hat auf der Website seines Magazins 'Funambulist' einen offenen Protestbrief an die ETH lanciert, in dem er von 'Zensur' spricht und der ETH vorwirft, sie habe sich dem Druck von 'rechten' Medien wie der NZZ gebeugt."

Efeu - Die Kulturrundschau vom 09.04.2024 - Architektur

Wie sieht eigentlich feministische Stadtplanung aus, fragt Alina Komorek in der taz und findet Antworten bei der Grünen-Politikerin Anja Liebert, die sich für eine inklusive und frauenfreundliche Stadtplanung einsetzt. Denn: Sexismus exisitiert auch im Städtebau, lernt Komorek: "Die Wuppertaler Architektin Isabella Rosenkaymer nennt ein weiteres Beispiel für Sexismus in der Architektur. Sie hat im Studium noch ihre Entwürfe nach Le Corbusiers Modulor ausrichten müssen. Der einflussreiche Modernist entwickelte den Modulor an einem Mann mit einer Körpergröße von 1,83 Metern, für seinen Komfort legte Le Corbusier Zimmerhöhe, Gänge oder Türen aus." Als Vorbild kann ein Großprojekt in Wien gelten, so Komorek: beim Bau der Seestadt Aspern setzt Obersenatsrätin Eva Kail auf sichere Wege für Frauen und Entlastung im Alltag. Es gibt "Stellplätze für Kinderwagen in den Gebäude, Räume zum Spielen, die autofrei bleiben, Mehrfamilienhäuser mit Büros und Cafés, die gleich um die Ecke sind. Kail ließ in Aspern die obsolete funktionale Stadt durch gemischte Nutzungen aufweichen. Das bedeutet: Gehwege und Infrastruktur liegen in einem kleinen Radius rund um die Wohnung. Solch eine feministische Stadtplanung ist auch inklusiv: 'Wenn wir Barrieren wegnehmen, nützt das allen", sagen Rosenkaymer und Liebert."

Efeu - Die Kulturrundschau vom 08.04.2024 - Architektur

Nikolas Bernau denkt im Tagesspiegel über "gigantomanische" Architekturen wie das Musée des Confluences in Lyon oder das Calatrava-Stadtviertel in Valencia nach. Faszinierend sind solche Großprojekte immer noch, aber "die Ökobilanz dieser Bauten muss grauenhaft sein. So viel hochenergetischer Beton und Stahl, der einfach nur steht, um zu stehen, die irrwitzige Verdunstungsquote der flachen, schnell aufgeheizten Spiegelwasserteiche, die trotz der vielen Touristen lachhaft niedrige Nutzung. Die wie ein Riesenhai aussehende Oper in Valencia ist ausweislich ihres Spielplans nur ansatzweise ausgelastet, in den gleich Riesengürteltieren lagernden Museen in Lyon und Valencia ist das Verhältnis Mensch-Ausstellungsplatz pro Objekt-umbauter Raum extrem luftig."
Stichwörter: Musee des Confluences

Efeu - Die Kulturrundschau vom 06.04.2024 - Architektur

Niklas Maak durchstreift für die FAZ die Pariser Vorstadt und erhascht einen ersten Blick auf das entstehende "Olympische Dorf", das ihn nicht besonders beeindruckt: "Am Eingang stehen zwei Wachmänner und schauen streng, man darf noch nicht überall hineinlaufen. Wobei, Dorf: Was man hier sieht, ist kein enges Gassengewirr, wie es Werner Wirsing 1972 für das Olympische Dorf in München errichtete, das wirklich etwas Dörflich-Intimes hatte. Was hier entsteht, könnte so auch im Frankfurter Europaviertel oder dem sagenhaft öden Viertel hinter dem Berliner Hauptbahnhof stehen: viel zu große, viel zu breite Straßen, an denen sich endlose Aneinanderreihungen von sechs- bis neungeschossigen Wohnblocks und -riegeln aufreihen. Dominique Perrault, der seit seinem Bau der neuen Pariser Nationalbibliothek für monumentale Großformen bekannt ist, hat als oberster Stadtplaner des neuen Viertels die Quersumme aller durchschnittlichen europäischen Neubauviertel inklusive aller Fehler gezogen."

Efeu - Die Kulturrundschau vom 05.04.2024 - Architektur

Centre Aquatique Olympique. Bild: Ateliers 2/3/4 Paris.


Viele olympische Sportstätten verwandeln sich nach ihrem großen Auftritt bei den Spielen in Millionengräber, weil sich keiner ihren Unterhalt leisten kann, weiß Martina Meister in der Welt, in Paris soll das dieses Jahr endlich einmal anders sein. Die Architektinnen Laure Mériaud und Cécilia Groß haben nicht nur umweltfreundlich, sondern in mehrfacher Hinsicht nachhaltig gebaut. Das "Centre Aquatique Olympique" in der finanziell schwachen Vorstadt Saint-Denis soll nach den Spielen der dortigen Bevölkerung zugutekommen, ohne dass das Projekt in "olympischen Gigantismus" verfällt: "Mit einem eleganten Nest aus Holz und Glas ist es den beiden Architektinnen und ihren Teams gelungen, neue Maßstäbe zu setzen, nachhaltig zu bauen, ohne dass dies auf Kosten der Ästhetik geht: Das Dach aus 90 Meter langen, schmalen Holzstreben ist konkav geschwungen, um das Heizvolumen zu verringern. Außerdem ist das 70 Meter lange Becken komplett modulierbar. Von einer 'weltweit einzigartigen Meisterleistung' spricht Patrick Ollier, Präsident der Metropole Grand Paris. 188 Millionen Euro hat der Bau gekostet, inklusive Gift-Entsorgung der ehemaligen Industriebrache, einer Autobahnbrücke und eines Parks, der entstehen wird." In der taz berichtet Lea Fauth über die nicht gerade rosigen Arbeitsbedingungen auf den Baustellen.

Efeu - Die Kulturrundschau vom 28.03.2024 - Architektur

Vergangene Woche hatte der Architekturhistoriker Stephan Trüby in der NZZ den Israelhass im Architekturdepartement der ETH Zürich offengelegt (Unser Resümee). Nun soll dort der französische Aktivist Léopold Lambert sprechen, seines Zeichens Chefredakteur des Architekturmagazins The Funambulist, dessen Weltbild Lucien Scherrer in der NZZ so zusammenfasst: "Islamistische Terroristen sind Freiheitskämpfer, gegen Israel gerichtete Vernichtungsphantasien Pflicht für jeden anständigen Menschen. Selbst die Geiselnahmen der Hamas rechtfertigt Lambert." Weder zu Trübys Artikel noch zu Lamberts Auftritt bezieht die ETH klar Stellung, ärgert sich Scherrer: "Die ETH versicherte im Zuge der Publikation von Trübys Artikel, man nehme das Problem ernst und wolle mit den Betroffenen reden. Eine Interviewanfrage an den ETH-Präsidenten Joël Mesot lehnte die Medienstelle letzte Woche ab. Die Frage, wo die Institution die Grenze zwischen Aktivismus und Wissenschaft ziehe, bleibt bis anhin unbeantwortet."

Weitere Artikel: In der FAZ erzählt Uwe Ebbinghaus die Geschichte eines Zisterzienserklosters in Neuzelle, das in der NS-Zeit als Schule für den "Führernachwuchs", in der DDR als Institut für Lehrerbildung und ein Priesterseminar und später als Privatschule diente - bis die Mönche 2016, 199 Jahre nach der Zwangsauflösung unter dem preußischen König Friedrich Wilhelm III., zurückkehrten und den Neubau eines Klosters in der näheren Umgebung von Neuzelle planten.