Heute in den Feuilletons

Heute in den Feuilletons

Die kommentierte Kulturpresseschau. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.
04.01.2003. In der SZ plädiert Gesine Schwan für eine Rückbindung der Wissenschaft an die Religion. Die FAZ fragt: Warum hört Bush nicht aufs deutsche Feuilleton? Die NZZ enthüllt: Goethe war für die Zerstörung der Buddhas von Bamian. In der FR spricht Oliver Sacks über seine Neurosen. Und die taz weiß, wo man alte Vogue-Hefte kaufen kann.

SZ, 04.01.2003

Die Wissenschaft braucht die Religion als Grundlage, konstatiert die Politologin Gesine Schwan in ihrem Essay. Sonst ordne sie sich, wie derzeit zu beobachten sei, dem Geld unter. Und überhaupt: "Wissenschaft hat aus sich selbst keinen normativen Wegweiser, keine Orientierung am ganzheitlichen Horizont der Wahrheit. Die Religion gibt einzelnen Wissenschaftlern wie den Institutionen zu bedenken, dass Wissenschaft de facto immer in einem größeren Wirkungszusammenhang geschieht und dass es in unserer unaufgebbaren Verantwortung liegt, diesen Zusammenhang, sowohl den innerwissenschaftlichen, als auch den mit der ausserwissenschaftlichen Welt, immer erneut analytisch zu durchdringen." Bleibt noch die Frage zu klären, welcher Papst, Rabbi oder Ayatollah in Streifällen die letzte Entscheidung fällt.

In einer neuen Serie (zur Einführung) stellen SZ-Autoren Briefe aus dem 20. Jahrhundert vor. Den Anfang macht Gerhard Neumann mit Franz Kafka, der 1921 seinen Text "Erstes Leid" an den Herausgeber der Zeitschrift Genius, Hans Mardersteig, schickt. "Fühlen Sie sich bitte nicht gezwungen, die Kleinigkeit anzunehmen; wenn es Sie nur eine kleine Überwindung kosten würde, es zu drucken, zerreißen Sie ruhig das Manuskript, ich brauche es nicht. Gut ist ja an dem Ganzen nur der Titel, nur weil er für sich nicht genug Schwerkraft hat, habe ich die Geschichte an ihn gehängt."

Weitere Artikel: Holger Liebs kommt es gelegen, dass eine neue Malergeneration ihre ersten Ausstellungen bestreitet und nahezu zeitgleich mehrere Retrospektiven des 1997 verstorbenen Punk-Künstlers Martin Kippenberger (ein paar Werke) laufen. Liebs empfiehlt Kippenberger den zeitgenösischen Malern als "intellektuelles Korrektiv". Thomas Urban berichtet von drei Tagungen in den baltischen Staaten, auf denen Politker die Frage diskutierten, ob die EU nun den Orient oder den Osten vorzieht. Henning Klüver hat sich mit dem Tessiner Architekten Mario Botta (Homepage) über Kirchen, Klöster und Museen unterhalten. Volker Breidecker kann die Wahrscheinlichkeit eines Krieges an den zunehmenden Hubschrauberpatrouillen im Rhein-Main-Gebiet ablesen. Christiane Tewinkel berichtet nicht ohne Sinn für Dramatik von den Bemühungen der Konzerthäuser, junge Leute für klassische Musik zu begeistern. Alexander Kissler meldet, dass der ehemalige Landesrabbiner von Baden, Berlin, Hamburg und Schleswig-Holstein, Nathan Peter Levinson, das Klonen von Menschen für erlaubt hält. "zig" lässt anlässlich der Irak-Reise von Konstantin Wecker ein paar weitere künstlerische Gutmenschen vor seinem geistigen Auge Revue passieren.

Besprochen werden heute nur Bücher, wie etwa William Claxtons neuer Fotoband "Photographic Memory", das Peter-Handke-Geburtstagsheft der österreichischen Literaturzeitschrift Manuskripte und der dritte Band der nachgelassenen Schriften von Herbert Marcuse (mehr in unserer Bücherschau sonntags ab 11 Uhr).

In der SZ am Wochenende huldigt Willi Winkler Samuel Beckett und seinem "Warten auf Godot", das am Sonntag vor fünfzig Jahren uraufgeführt wurde. "Jahre brauchte Becketts Freundin Suzanne Deschevaux-Dumesnil, um das Stück loszuschlagen. Sie hinterlegte es bei Verlagsconcierges und im Vorzimmer von Theaterdirektionen, sie schickte es an Verlage und Agenten, die nichts davon wissen wollten. Als sich Roger Blin dann entschloss, das Stück aufzuführen, war es noch immer ein gewagtes Unterfangen. Das vorgesehene Theater machte zu, die Schauspieler wollten nicht. Einer schrieb Blin: 'Ich kenne keinen einzigen Schauspieler, der in einer solchen Farce mitspielen will.'"

Der russische Schriftsteller Wladimir Woinowitsch (mehr hier) erinnert sich an den ersten Vortrag, den er auf englisch hielt und wie er zu seinem großen Erstaunen Heiterkeit beim Publikum auslöste. "In der Hoffnung, doch noch die Stimmung des Publikums zu verändern, sprach ich von Unterdrückung und vom Kampf für die Menschenrechte. Doch sobald ich die Worte KGB, Gulag, Irrenanstalt aussprach, verfielen alle wieder in begeistertes, ja hysterisches Gelächter."

Ansonsten: Tanja Rest porträtiert den besten Snowboarder der Welt, David Benedek. Für Oliver Fuchs steht fest: " Wir leben in einer Sklavengesellschaft, die sich dem Regime des Mobiltelefons unterworfen hat." Stephan Maus schickt einen Expeditionsbericht vom westfälischen Pleßbach, von strukturkonservativen Eichhörnchen und Schalke-04-Eichelhähern, komplett mit anschließender Leiche. Und Alexander Gorkow hat es geschafft, sich mit Lou Reed fast eine Seite lang über Edgar Allan Poe zu unterhalten. Bemerkenswert deshalb, weil Lou Reed sich nie über Edgar Allan Poe unterhalten wollte.

NZZ, 04.01.2003

Die Buddhas von Bamian waren der Welt keineswegs so unbekannt, wie manche nach ihrer Zerstörung behaupteten. Schon Goethe hat in seinem "Westöstlichen Divan" über sie geschrieben, stellt Norber Mecklenburg klar. Aber was er schrieb, gereicht ihm nicht zur Ehre, denn Goethe hat die erste Teilzerstörung der Statuen durch den türkisch-muslimischen Indien- Eroberer Mahmud von Gasna hier begrüßt. "Goethe hat seinem Gedichtzyklus 'zum besseren Verständnis' von dessen orientalischer Seite einen umfangreichen Prosateil hinzugefügt. Darin ist es das Kapitel 'Ältere Perser', in dem er auch auf Bamian und seine Riesenstatuen zu sprechen kommt. Ohne zu ahnen, dass es sich um Buddhas handelt, bezeichnet er sie pauschal und plump als die 'verrücktesten Götzen' und als Werke des 'indischen Götzendienstes'. Das sind Ausdrücke aus der Lutherbibel: 'Aller Heiden Götter sind Götzen', heißt es im Alten Testament. Goethe spricht hier also wie ein christlicher Missionar, ein muslimischer Bilderstürmer oder eben wie ein Ideologe der Taliban." Bis an sein Lebensende, als die Romantiker schon ein viel positiveres Indienbild verbreiteten, hat Goethe an dieser Diffamierung festgehalten, führt Mecklenburg aus.

Weitere Artikel: Markus Jakob besucht den spanischen Autor Enrique Vila-Matas zu einem "Werkstatt"-Gespräch in Barcelona. (Eine Leseprobe aus seinem letzten Roman "Die merkwürdigen Zufälle des Lebens" finden Sie hier.) Besprochen werden die van-Gogh-Ausstellung in Bremen, eine Ausstellung mit junger japanischer Architektur im Wiener Ringturm und einige Bücher, darunter der Hollywood-Roman "Venusblau" des amerikanischen Autors Gustaf Sobin (siehe unsere Bücherschau ab 14 Uhr).

Literatur und Kunst setzt heute einen ägäischen Schwerpunkt. Oliver Jens Schmitt singt ein spätes Hohelied auf das einstige "Klein-Paris in der Ägäis", Smyrna, das heutige Izmir, das einst mit Alexandria und Beirut zu den kosmoplitischen Metropolen des östlichen Mittelmeers gehörte. Christoph Riedweg meditiert über Überlieferung und Einfluss des Orpheus-Mythos. Barbara Spengler-Axiopoulos erinnert an den griechischen Dichter Odysseas Elytis, den Nobelpreisträger des Jahres 1979. Und Angelika Overath empfiehlt aus diesem Anlass zwei Anthologien griechischer Literatur.

Weiteres: Der Archäologe Felix Müller plädiert für eine neue Bewertung kultischer Spuren in Ausgrabungen aus der Ur- und Frühgeschichte nördlich der Alpen, womit der das "Problem der Religion in der Frühgeschichte Europas" neu stellen will. Und Annalis Leibundgut bespricht den ersten Band einer neuen Geschichte der antiken Bildhauerkunst.

FR, 04.01.2003

Im Magazin lässt uns der Neurologe und Bestseller-Autor Oliver Sacks (mehr hier und hier) im Interview tief in sein Inneres blicken: "Ich war sehr lange in tiefe, neurotische Schwierigkeiten verstrickt - in einer Zeit, die für viele Menschen die produktivste ihres Lebens ist.Warum es so kam, vermag ich nicht zu sagen. Vielleicht, weil 'Erwachsenwerden' bedeutet, dass man die poetischen, mystischen Wahrnehmungen der Kindheit oder den Glanz und die Frische verliert, von denen Wordsworth schrieb, dass sie im Lichte des Alltags verblassen. Vielleicht auch, weil ich damals nicht wirklich Medizin studieren wollte." Beruhigend.

Die EU verbindet nicht nur, sie trennt auch. Polen und die Ukraine entfremden sich nach einer kurzen Annäherung wieder voneinander, hat Klaus Bachmann beobachtet. Ab Juli brauchen Ukrainer ein Visum, um den westlichen Nachbarn zu besuchen. "Als Puffer gegen Russland wird die Ukraine nicht mehr gebraucht. Russland ist Verbündeter gegen den internationalen Terrorismus und hat unter Putin die ukrainische Unabhängigkeit akzeptiert. Als Gegenpol zu Russland, schreibt Jerzy Kozakiewicz, sei Polen ohnehin immer zu schwach gewesen. Nun darf in Warschauer Salons auch diskutiert werden, was vor Jahren noch als Verletzung der political correctness galt: Ob die Ukraine 'den Weg Weißrusslands' geht, Kutschma ein Autokrat und die Ukraine eine Demokratie ist."

Von wegen schöne neue Welt! Konrad Lischka ist enttäuscht, wie wenig von der versprochenen grenzenlosen Freiheit des Internetzeitalters übriggeblieben ist. "Die neue Strategie der Inhalteindustrien und Hardwarehersteller sind Medien, die ihren Herstellern gehorchen und ihre Nutzer kontrollieren. Die von Unternehmen wie Intel und Microsoft diesbezüglich propagierten Konzepte heißen 'Trusted Computing Platform' und 'Palladium'. Sie laufen auf einen Paradigmenwechsel hinaus: War bislang der Nutzer Herr über seinen Computer, könnte neues Hardwaredesign diese Rollen umkehren. Spezielle Chips sollen kontrollieren, welche Programme gestartet, welche Dokumente geöffnet, welche kulturellen Inhalte genutzt werden dürfen."

Weiteres: Renee Zucker lästert in ihrer Zimt-Kolumne über den alljährlichen Kriegszustand an Silvester. Hans-Klaus Jungheinrich erinnert sich an seine persönlichen Erlebnisse mit der verstorbenen Sopranistin Carla Henius. Gemeldet wird zudem, dass der spanische Schriftsteller Jose Maria Gironella tot ist und dass Konstantin Wecker mit einer Friedensdelegation in den Irak reist. Hoffentlich ist Saddam ein Fan.

In Zeit und Bild beäugt Dietmar Schings ausführlich Theodore Gericaults Phantasmagorie des Absurden, das fünf mal sieben Meter große Bild "Das Floß der Medusa". Cornelia Jentzsch porträtiert den Dichter Michael Hamburger.

Navid Kermani schreibt in Nummer 19 seiner Vierzig Leben vom reinen Glück, mit einer Axt die Scheiben eines Autos zu bearbeiten. " Auf die gestammelten Fragen nach dem Grund habe er ihn angesehen und gesagt, dass es unvergleichlich schön geklungen habe, wie die Axt in die Scheibe gedrungen sei, die blühende Axt, wie er gesagt habe, ein Künstler eben."

Besprochen werden Josee Dayans Filmtheaterstück "Diese Liebe" mit einer großartigen Jeanne Moreau, die Schau "DisSimile" in der Kunsthalle Baden-Baden, und Bücher, darunter "Jesus Schnepfe", der erste Roman des Milieupoeten Francis Carco und der Bildband zur Ausstellung "Here is New York" (mehr in unserer Bücherschau sonntags ab 11 Uhr).

Weiteres: Die ohne Placet der Kirche zur Priesterin geweihte Gisela Forster bekennt im Gespräch, wie erotisch sie trotz allem den Papst findet. Anke Richter berichtet über den Herr-der-Ringe-Tourismus in Neuseeland. Und Georges Hausemer erzählt von der Feier, die die Stadt Lüttich ihrem berühmten Sohn, dem Krimi-Autor Georges Simenon, zum Hundertsten ausrichten will.

TAZ, 04.01.2003

Sie suchen alte Vogue-Hefte, alle Ausgaben der Life, des New Yorkers, von Vanity Fair und Harpers Bazaar, oder ein Lifestyle Magazin aus den Fünfzigern? Michael Gallagher hat sie alle, behauptet Tobias Rapp, der den arrivierten Sammler in in seinem übervollen Kellerladen aufgesucht und zumindest ein paar Anekdoten mitgenommen hat. Etwa diese: "Cartier-Bresson schickte mir mal eine Liste, wo und wann Bilder von ihm erschienen sind. Ich hab dann vier riesige Kisten voller Material zusammengestellt und bin nach Paris gefahren. Als ich bei ihm ankam, hat er mich nur angeschaut und gesagt: 'Whiskey.' Dann haben wir Stunden zusammengesessen, getrunken, und er hat mir Widmungen in meine Bücher hineingeschrieben und kleine Zeichnungen hineingemalt."

Auf der Medienseite annonciert Christian Buss die Dokumentation "20 Minuten bis Bagdad", die die Kriegsvorbereitungen auf einem Flugzeugträger der USA zeigt. Und "stg" meldet freudig erstaunt, dass ein Heimatzeitungsverlag seit Anfang des Jahres doch tatsächlich eine neue Zeitung in Speyer herausbringt.

Die Besprechungen widmen sich Josee Dayans Film "Diese Liebe" mit Jeanne Moreau, einer Schau jüdischer Kinderbücher aus Deutschland in der Berliner Staatsbibliothek, einer Ausstellung der Allround-Künstlerin Renee Green im Frankfurter Portikus, und Büchern, etwa den erotischen Erinnerungen von Beatmädchen Diane di Prima an "Nächte in New York", unter anderem mit Jack Kerouac (mehr in unserer Bücherschau sonntags ab 11 Uhr).

Im tazmag mag Ralph Bollmann gar nicht daran denken, wenn wir den Italienern nach Kultur, Kirche und Faschismus jetzt auch den Politiker a la Berlusconi nachmachen. "Auch bei den deutschen Christdemokraten wird die Tendenz immer stärker, sich in eine populistische Radaupolitik zu flüchten. Unterhaltung tritt an die Stelle der Politik, wie ein saarländischer Ministerpräsident mit Bemerkungen über Politinszenierungen im Bundesrat en passant einräumte. Auch der Untersuchungsausschuss zum Thema Wahlkampflügen, vom hessischen Spendenlügner Roland Koch maßgeblich vorangetrieben, gehört in diese Kategorie." Hier noch ein paar Daten zur gemeinsamen Geschichte.

Außerdem spaziert Philipp Gessler mit dem kulturellen Aushängeschild der DDR und Brecht-Interpretin Gisela May (Kurzporträt) durch das Berliner Ensemble, wo May nun acht Jahre nach der fristlosen Kündigung wieder singt. Christian Schneider klagt, dassJuden in Deutschland immer nur Fremde bleiben und schlägt vor den Gedenktag zu Ausschwitz als Denktag zu nutzen. Axel Krämer weiß schließlich noch, dass große Firmen in ihrem Marketing nun verstärkt auf Schwule und Lesben eingehen. Hier einige der Firmen , die sich dabei besonders bemühen.

FAZ, 04.01.2003

Da schreibt das deutsche Feuilleton wieder und wieder gegen einen Irak-Krieg an - und keinen kümmert es, nicht einmal die US-Regierung. Das findet Mark Siemons ziemlich unheimlich, wo doch der Westen bisher von der Herrschaft des Diskurses überzeugt gewesen sei: "Es ist, als erlebten die Deutschen heute zum erstenmal und schockartig eine unheimliche Begegnung mit dem, was Macht heißen kann. Diese Begegnung verschlägt ihnen die Sprache. Es ist nicht eine Macht, die man wohlfeil kritisieren kann, so wie die Achtundsechziger ihren Ressentiments gegen 'Autoritäten' noch lustvoll-freien Lauf lassen konnten. Vor jener Macht, mit der die Vereinigten Staaten der Welt ihren Willen zum Krieg klarmachen, erstarrt alle Kritik und verstummt. Selten wurde ein Krieg so lange im vorhinein abgewogen und erörtert wie dieser; und doch würde niemand behaupten, daß die Entscheidungen von diesem Diskurs abhängig wären."

Architekt Jacques Herzog vom Büro Herzog & de Meuron (mehr hier) erklärt im Interview, wie das neue Bauen aus dem Geist des Fußballstadions geboren wird und warum die Architektur ein gewaltiges Problem hat: "Solide architektonische Arbeit ist kaum mehr gefragt, immer öfter wählen Generalunternehmen billigste Lösungen. Mittelfristig wird die herkömmliche Architektur wohl kaum Überlebenschancen haben. Architektur als Kultur, die von einem breiten Berufsstand getragen wird, ist höchst gefährdet. Wir empfinden es auch als höchst problematisch, wenn Stararchitektur, abgekoppelt von jeglichem architektonischen Kontext, gleichsam als Findling in einer sonst völlig kommerziell gestalteten Umgebung plaziert wird."

Weiteres: Das in Europa gezeichnete Bild von Afrika wird immer düsterer, weswegen Frankreich jetzt in die Offensive geht - militärisch und literarisch, wie Joseph Hanimann berichtet: Ein Dutzend Schriftsteller hat im Rahmen der Operation "Portes d'Afrique" aufgemacht, den Kontinent zu umrunden. Beim Blättern in amerikanischen Zeitschriften hat Verena Lueken festgestellt, dass die Menschenjagd zur Option in der US-Verteidigungspolitik wird und der Terroranschlag vom 11. September zur sentimentalen Erinnerung.

Auf der Medien-Seite feiert Heike Hupertz 30 Jahre Sesamstraße in Deutschland und sieht die weltweit ausgetrahlte Sendung gar nicht mehr so weit vom Friedensnobelpreis entfernt. Und Arezu Weitholz beschreibt, wie der britische Sender Channel 4 zum Kannibalenkanal mutiert.

Was von Bilder und Zeiten übrig blieb stellt wie immer zwei ganzseitige Beiträge bereit: Ute Hünigen porträtiert den Jules Dalou, den Bildhauer des großen Frankreichs. Felix Philipp Ingold reist durch 300 Jahre St. Petersburg.

Besprochen werden Josee Dayans Duras-Film "Diese Liebe" mit Jeanne Moreau, eine Emil-Nolde-Ausstellung in der Städtischen Galerie Karlsruhe und jede Menge Bücher, darunter Italo Svevos Roman "Senilita", Alain Robbe-Grillets "Die Wiederholung" und Kinderbücher (mehr in unserer Bücherschau heute ab 14 Uhr).

Schallplatten und Phono stellt neue Aufnahmen von Mozart, Chopin, Catarina Valente und anderen vor.

Und in der Frankfurter Anthologie stellt Jan Philipp Reemtsma Georg Trakls Gedicht "Ein Winterabend" vor:

Ein Winterabend

Wenn der Schnee ans Fenster fällt.
Lang die Abendglocke läutet,
Vielen ist der Tisch bereitet
Und das Haus ist wohlbestellt.

Mancher auf der Wanderschaft
Kommt ans Tor auf dunklen Pfaden.
Golden blüht der Baum der Gnaden
Aus der Erde kühlem Saft

Wanderer tritt still herein;
Schmerz versteinerte die Schwelle.
Da erglänzt in reiner Helle
Auf dem Tische Brot und Wein.