Heute in den Feuilletons

Der Mut von Dagmar Metzger

Die kommentierte Kulturpresseschau. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.
13.03.2008. Für die taz beweist der Umgang mit Dagmar Metzger einen trostlosen Mangel an Phronesis im Lande. Die FR bewundert Gunter Sachs hinter Glas. In der NZZ erinnert sich der Germanist Egon Schwarz an die österreichischen Nazis vor Hitler. In der Zeit versucht Tuvia Tenenbom herauszufinden, wo ein Jude aufhört und ein Saudi beginnt. Die FAZ fordert mehr Offenheit von der Deutschen Islamkonferenz. Die Welt findet Nicholson Bakers Vorstellung, man hätte Hitler mit Pazifismus begegnen sollen, unseriös. In der SZ entgegnet Nicholson Baker: Man kann die Menschen nicht zum Guten bombardieren.

TAZ, 13.03.2008

Warum bewundert niemand den Mut von Dagmar Metzger? Christian Semler analysiert die Vorgänge in Hessen mit Kant und findet, dass speziell im Versuch der SPD, Metzger zur Aufgabe ihres Mandats zu bewegen, sich "ein trostloser Mangel an demokratischer, auf Öffentlichkeit gegründeter politischer Kultur" zeigt. "Nichts Erhabenes, keine Katharsis. Nur Achselzucken und Abwendung angesichts dieses Schmierentheaters. Der Grund ist hier zu finden: Wo immer es um das Verhältnis zur Linkspartei geht, dominieren bei der Sozialdemokratie reflexhafte Abwehrhaltungen, strenge A-priori-Festlegungen gefolgt von einem stufenweisen, gequälten 'Wenn's nicht anders geht, dann eben doch mit sogenannten Linken.' Nirgendwo sieht man politische Klugheit am Werk, abwägendes Urteil, eben das, was die Alten Phronesis nannten. Man redet nicht miteinander, Andrea Ypsilanti lässt eine unsichere Kantonistin in den Urlaub fahren. Wird irgendwie schon klappen mit der Einstimmigkeit. Wo öffentliche Deliberation unterbleibt, blühen jedoch verdeckte Abreden, Intrigen und Verschwörungen - nicht nur in Wiesbaden."

Auf der Medienseite erfahren wir von Steffen Grimberg, dass der deutsche Medienrat sich auch weiterhin mit Beschwerden von Bildblog befassen wird.

Besprochen werden Gela Babluanis Terrorfilm "13 Tzameti" (für Andreas Busche "eine Art Sado-Nouvelle-Vague. Oder Robert Bresson für Adrenalin-Junkies"), Jimmy Haywards und Steve Martionos Animationsfilm "Horton hört ein Hu", und fürs Heimkino empfiehlt Ekkehard Knörer Mauricio Kagels Beethovenfilm von 1970 "Ludwig van". Und jede Menge Bücher in der literataz, die wir in den nächsten Tagen auswerten werden.

Und Tom.

FR, 13.03.2008

"So peinlich das alles streckenweise ist", Elke Buhr muss angesichts der Gunter-Sachs-Schau "Die Kunst ist weiblich" in Leipzig schließlich doch einräumen, dass man auch etwas nostalgisch werden könnte "angesichts der alten Bilder von Sachs. Als er seine Playboy-Karriere begann, waren Paparazzi eher lästige Fliegen als echte Lebens-Zerstörer, und die Celebrities wurden weder von Webcams noch von missgünstigen Bloggern unter Dauerbeobachtung genommen. Und im Gegenzug gab sich der Jet Set wenigstens Mühe, seinen Hedonismus mit etwas Bildung und Stilwillen anzufüttern. Paris Hilton wirkt da weniger subtil. Insofern ist Sachs als Lebemann hier doch ganz richtig: im Museum, hinter Glas."

Weitere Artikel: In der Kolumne Times Mager dreht Arno Widmann aus einer Beobachtung - Buchumschläge sind diese Saison vor allem schwarz-weiß-rot - einen Vorschlag zum islamischen Kopftuch. Peter Michalzik verabschiedet den Schauspieler Erwin Geschonneck, der gestern Morgen im Alter von 101 Jahren in Berlin verstorben ist. Auf der Medienseite informiert Ursula Knapp über das Urteil des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe, wonach politischen Parteien eine Minderheitsbeteiligung an Privatsendern nicht verboten werden darf. Klaus Kreimeier schreibt eine kleine Hommage auf den Chaos Computer Club (homepage) im allgemeinen und das Chaos Radio im besonderen.

Besprochen werden die Aufführung von Olga Neuwirths "Hommage a Nomi" bei dem Festival Maerzmusik, Dennis Gansels Film "Die Welle" (den Daniel Kothenschulte trotz Hauptdarsteller Jürgen Vogel schlicht als "schlechtes Kino" empfand), Craig Gillespies Film "Lars und die Frauen", der "irrsinnig komische und fabelhaft traurige" Erstlingsfilm des israelischen Regieduos Edgar Keret und Shira Geffen, "Jellyfish", und Bücher, darunter Michael Kumpfmüllers Politroman "Nachricht an alle" (mehr in unserer Bücherschau heute ab 14 Uhr).

NZZ, 13.03.2008

Im Interview mit Paul Jandl spricht der aus Wien geflüchtete Germanist Egon Schwarz über den "Anschluss" Österreichs, zu dessen siebzigstem Jahrestag der notorische Otto von Habsburg die Legende von Österreich als erstes Opfer der Nazis aufgewärmt hat (mehr hier). "Schon im März 1938 wurden die schlimmsten Verbrechen von den österreichischen Kadern der Nationalsozialisten begangen. Die kannten sich hier aus, sie hatten ihren Hausjuden, den sie jetzt umbringen oder bestehlen durften. So ging es dann weiter. Ich habe es als Pogrom erlebt. Die Juden mussten die österreichpatriotischen Parolen von den Straßen waschen, vor den jüdischen Geschäften standen breitbeinig die SA-Leute, die verhindern sollten, dass man dort einkauft. Ich habe gesehen, wie man johlend den Juden die Bärte anzündete. Einmal kam ein SA-Mann auf mich zu, der mich verhaften wollte. Ich habe mich geweigert, mitzugehen. Es gab einen Kampf, bei dem ich zuletzt der Stärkere war. Man wusste, es würde einem irgendwann an den Kragen gehen."

Besprochen werden Sinfoniekonzerte mit Bernard Haitink und Marek Janowski beim Lucerne Festival und Bücher, darunter die Monografie über den Architekten Joseph Christian Lillie, Karlheinz Stierles Dante-Erkundungen "Das große Meer des Sinns" und Gianrico Carofiglios Guido-Guerrieri-Krimi "Das Gesetz der Ehre".

Die Filmseite widmet sich Ken Loachs Sozialdrama "It's a Free World" und Matthias von Gunten Film "Max Frisch Citoyen".

Aus den Blogs, 13.03.2008

Neues vom Online-Realnamenzwang meldet Carsten Raddatz: "China macht weiter ernst mit der Olympia-Vorbereitung: ab April gilt für alle Internetcafes ein Identifizierungszwang - User müssen sich fotografieren lassen und ihre Ausweis-Nummer preisgeben. Damit kommt das etwa vor einem Jahr vorgestellte 实名制 (Shiḿingzhi), auch wenn sie es jetzt 实名注册 nennen."
Stichwörter: Olympia

Zeit, 13.03.2008

Tuvia Tenenbom, Leiter des Jewish Theater in New York, erzählt, wie er die Gunst der Stunde nutzte und mit Präsident George Bush ins ihm eigentlich verbotene Saudi-Arabien zu fliegen: "Ich bin der einzige Jude in Saudia. Komisch. Sogar in Nazi-Deutschland gab es mehr Juden... Mir schwirrt der Kopf: Wo genau liegt die Trennlinie zwischen den Saudis und mir? Warum betrachten sie mich als Feind? Ich muss raus und einen Spaziergang machen. Mal sehen, ob ich dahinterkomme, wo ein Jude aufhört und ein Saudi beginnt."

Weiteres: Der Militärhistoriker Martin van Creveld erklärt, warum Söldner seit König Davids Zeiten bei Herrschern so beliebt sind - und so gut geeignet, die neuen "asymmetrischen, diffusen und schmutzigen Kriege" zu führen. In der Randspalte fragt sich Uwe Wesel, wie die FAZ Tilman Jens' geschmacklosen Text über die Demenz seines Vaters Walter Jens hat drucken können. Der Rechtstheoretiker Klaus Günther widerspricht dem Strafrechtler Reinhard Merkel in der Frage, ob der Staat nicht vielleicht doch foltern darf. Volker Hagedorn besucht die Mezzo-Sopranistin Christa Ludwig, die dieser Tage achtzig wird. In Pooh?s Corner erzählt Harry Rowohlt von seinem Empfang beim Bundespräsidenten.

Besprochen werden eine Ausstellung zu Tim Eitel in der Kunsthalle Tübingen und Dennis Gansels Verfilmung der "Welle".

Die heutige Literaturbeilage eröffnet Ulrich Greiner mit einer Hymne auf Feridun Zaimoglus Roman "Liebesbrand". Außerdem gibt es eine vierseitige Musik-Beilage.

Im Politikteil liefert Jörg Lau nach einer umfangreichen Emnid-Umfrage Momentaufnahmen "aus einer umkämpften Zone": "Jeder zweite Deutschtürke hat das Gefühl, in Deutschland unerwünscht zu sein. Doch zwei Drittel sagen auch: Es war alles in allem gut, dass meine Familie hierhergekommen ist. Die überwältigende Mehrheit der Türken in Deutschland wünscht sich, dass auf ihre Eigenheiten mehr Rücksicht genommen wird. Doch fast die Hälfte hat Schwierigkeiten mit der Vorstellung, einen deutschen Schwiegersohn oder eine Schwiegertochter zu akzeptieren."

Tagesspiegel, 13.03.2008

Marcia Pally warnt davor, von den amerikanischen Demokraten eine sanftere Außenpolitik zu erwarten als von den republikanern: "Kennedy (ein Demokrat) intervenierte gegen den demokratisch gewählten Kongolesen Patrice Lumumba, aus Sorge, der Westen könnte den Zugang zur ressourcenreichen Katanga-Provinz verlieren. Er inszenierte die idiotische Invasion in der kubanischen Schweinebucht, die die Welt ein Jahr später an den Rand eines Atomkriegs brachte. Johnson (ein Demokrat) wandte sich gegen den indonesischen Staatschef Sukarno, wegen mangelnder Solidarität im Kalten Krieg, unterstützte das Blutbad Suhartos und Jahrzehnte der Diktatur. Die Regierung Clinton nannte Suharto, in Bezug auf seine Wirtschaftspolitik, 'unseren Mann'."

"Ab sofort gibt es in Berlin einen nationalen Opernleuchtturm und zwei musikalische Stadttheater", interpretiert Frederik Hanssen die jüngsten Beschlüsse Berlin, von zwanzig Millionen Euro für die Opern zehn Millionen der Staatsoper zu gewähren. "Damit entsteht nicht nur eine eklatante Schieflage im hauptstädtischen Bühnengefüge, damit macht sich auch die Opernstiftung letztlich überflüssig."

Werner van Bebber übt scharfe Kritik an einem Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts, nach dem "ein muslimischer Gymnasiast in der Schule beten darf, wie es ihm sein Glaube befiehlt." Sonja Pohlmann meldet, dass Ulf Poschardt als stellvertretender Chefredakteur zur Welt am Sonntag zurückkehrt. Thomas Schmid wird Gesamtchef der Welt-Gruppe.

Welt, 13.03.2008

Für reichlich unseriös hält Hannes Stein Nicholson Bakers Zitat-Verfahren, mit dem er in seinem in den USA bereits heftig umstrittenen neuen Buch "Human Smoke" insinuiert, dass dem Nationalsozialismus gegenüber einzig eine pazifistische Haltung moralisch zu rechtfertigen gewesen wäre: "Hitler erscheint gemäß den Quellen, die Baker auswählt, weniger wie ein Verbrecher und eher als ein Patient: im Grunde eine effeminierte Künstlerseele, leider dem Wahnsinn verfallen, die durch Churchills und Roosevelts Kriegslüsternheit in ihrem Wahn nur bestärkt wurde. Außerdem hätte jeder noch so kleine Waffenstillstand doch wenigstens einen Tag Frieden, also einen Tag Urlaub vom Hass und vom Morden bedeutet!" (Hier ein heftiger Verriss in der New York Times, hier Lob in der Los Angeles Times. Und hier eine sehr ausführliche Diskussion.)

Weitere Artikel: Peter Dittmar konstatiert angesichts der Liechtensteinischen Weigerung, Kunstwerke aus eigenem Besitz an deutsche Museen herauszurücken: "Liechtenstein hat offensichtlich den Russen abgeschaut, wie man die Kunst-Ausleihe als politische Keule benutzen kann." Ausgesprochen töricht findet Tilman Krause den Boykott des Pariser "Salon du livre" durch arabische Länder aufgrund der Tatsache, dass in diesem Jahr Israel Gastland ist. Sven Felix Kellerhoff hat sich mit Rainer Eppelmann unterhalten, Chef der Bundesstiftung zur Aufabeitung der SED-Diktatur. "bas" porträtiert die Kinderbuchautorin Sonya Hartnett, diesjährige Trägerin des Lindgren-Preises. Aus Anlass des Erscheinens einer 22-teiligen DVD-Box mit dem Gesamtwerk von Wolfgang Petersen spricht Peter Zander mit dem Regisseur. Günter Agde schreibt zum Tod des Schauspielers Erwin Geschonneck.

Auf der Forum-Seite erinnert sich der Schriftsteller Alexander Hans Gusovius, wie die - heutzutage auf Quasi-"Ermächtigungsgesetze" zum Klimaschutz drängenden - 68er die Universitäten in ihren "eisern demagogischen Griff" nahmen und "die Medienlandschaft eroberten", in der einzig die aufrechten Inseln Springer und FAZ ein wenig Freiraum boten.

Besprochen werden die Berliner Ausstellung "Macht und Freundschaft. Berlin. St. Petersburg 1800-1860", Peter James' Kriminalroman "Nicht tot genug", Dennis Gansels Film "Die Welle", Regina Schillings Dokumentation "Bierbichler", Gela Babluanis Regiedebüt " 13 Tzameti" und der Kinderfilm "Horton hört ein Hu".

SZ, 13.03.2008

"Wenn es überhaupt einen Schluss gibt, den man aus der Geschichte ziehen kann, von 1940 bis heute, so lautet er: Man kann die Menschen nicht zum Guten bombardieren", sagt Nicholson Baker, dessen Buch über den Beginn des Zweiten Weltkriegs, "Human Smoke", gerade in Amerika erschienen ist, im Interview. "Es ist unmöglich, jemanden dadurch zu zivilisieren, dass man ihn mit einem Sprengsatz zerreißt. Wenn man Bomben vom Himmel wirft, entsteht nicht Unterwerfung, sondern Hass. Man weigerte sich aber, diese Lektion zu lernen, obwohl sie nicht besonders schwierig ist, und auch nach dem 11. September 2001 übernahmen wieder einmal die Generäle das Regime."

Weitere Artikel: Andrian Kreye kommentiert gerührt die Liechtensteiner Absage einer für Mai in der Münchner Pinakothek geplanten Ausstellung "Wiener Malerei des Biedermeier aus den Sammlungen des Fürsten von und zu Liechtenstein". Tim B. Müller hat dem in Budapest lehrenden syrisch-britischen Islamwissenschaftler Aziz Al-Azmeh zugehört, der an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften eine "Carl Heinrich Becker Lecture" über die Entstehung des Islam aus dem Geist der Spätantike gehalten hat. Stefan Koldehoff berichtet, dass die Berliner Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen den früheren Kultursenator Thomas Flierl und seine Staatssekretärin Barbara Kissler - wegen der Restitution von Kirchners Bild "Berliner Straßenszene" an die Erben des ursprünglichen Besitzers - endgültig eingestellt hat, da "keinerlei strafrechtlich relevanten Pflichtverletzungen festzustellen seien". Martin Z. Schröder stellt den diesjährigen Träger des Tiemannpreises, den Typographen Florian Hardwig und den Patron des Preises, den Jugendstilmaler und Buchgestalter Walter Tiemann vor. Helmut Böttger schreibt einen Nachruf auf den großen DDR-Schauspieler Erwin Geschonneck, der am Dienstagmorgen im Alter von 101 Jahren in Berlin gestorben ist. In einer kleinen Geisterbeschwörung wird zur Leipziger Buchmesse der konservative Philosoph und Mitformulierer der Karlsbader Beschlüsse von 1819, Adam Müller zitiert: "Der deutsche Patriot hat seine stille Freude darüber, daß überhaupt geschrieben wird."

Besprochen werden Craig Gillespies Film "Lars und die Frauen", Philippe Vallois' wiederentdeckter schwuler Liebesfilm von 1976 "Johan" (der Susan Vahabzadeh mit "mitreißender Unverfrorenheit" auch in der Wahl der künstlerischen Mittel begeistert hat), Roland Rebers Film "Mein Traum", Gela Babluanis "klaustrophobisch-eisiges" Thrillerdebüt "13 Tzameti", die Ausstellung "Gert und Uwe Tobias" im Kunstmuseum Bonn, die theatralische Familienaufstellung des Performance-Kollektivs She-She-Pop im Berliner HAU, eine Ausstellung mit Porträtskulpturen aus den Kreisen um Stefan George im Literaturarchiv Marbach und Bücher, darunter Warlam Schalamows Gulag-Erzählungen "Durch den Schnee" (mehr in unserer Bücherschau heute ab 14 Uhr).

FAZ, 13.03.2008

Anlässlich der dritten Plenarsitzung der Deutschen Islamkonferenz (Website) plädiert Regina Mönch für mehr Öffentlichkeit zum einen, den Verzicht auf falsche Kompromisse zum anderen: "Wenn anderthalb Jahre verständnisvoller Defensive des Staates die Islamkonferenz lediglich von Konflikt zu Konflikt treiben, die Öffentlichkeit aber gar nicht oder nur sehr bruchstückhaft darüber informiert wird, muss man fragen, ob ein Konsens überhaupt das Ziel sein sollte. Es gibt mit doktrinären Funktionären aller Couleur keinen glaubwürdigen Konsens, sondern bestenfalls ein Bekenntnis zum Dissens, zur kulturellen Differenz. Sonst geben wir unsere Identität auf."

Weitere Artikel: Christian Geyer freut sich über die auf dem Sachbuchmarkt zu beobachtende Ausbreitung von Wirtschaftskritik, die sich gegen "die schleichende Ausweitung von ökonomischen Gesichtspunkten zu kulturellen" wehrt. In der Glosse warnt Jochen Hieber anlässlich der Kooperationsvereinbarung von WAZ-Online-Portal DerWesten und dem WDR vor "staatsmonopolistischem Medienkapitalismus". Von einer Feierstunde im Auswärtigen Amt zur Eröffnung des "Ständigen Sekretariats der 'Task Force for International Cooperation on Holocaust Education, Remembrance and Research' (ITF)" berichtet Alexander Cammann. Konstanze Crüwell hat das umgebaute Frankfurter Museum Liebieghaus besichtigt. Hannes Hintermeier kommentiert die Weigerung des wegen Verfolgung von Steuervergehen eingeschnappten Fürstentums Liechtenstein, Kunst, wie eigentlich längst vereinbart, an Bayern auszuleihen. Dieter Bartetzko macht uns näher mit Briseis aus der "Ilias" bekannt, die in einem gestrigen Text von Manfred Lossau zu Raoul Schrott und dem Zorn des Achill vorkam. Michael Marek war mit Pham Thanh Cong, einem der wenigen Überlebenden des dort von den Amerikanern verübten Massakers, in My Lai unterwegs. Gerhard R. Koch gratuliert dem Komponisten Hans-Joachim Hespos zum Siebzigsten.

Auf der Medienseite findet Michael Hanfeld ein Urteil, das der SPD die Beteiligung an Fernsehsendern erlaubt, "ebenso geschichts- wie politikvergessen". Gina Thomas informiert über eine BBC-Reihe mit dem Titel "White", die sich mit dem "Leben der weißen britischen Arbeiterklasse" beschäftigt.

Auf der Kinoseite wird die Laudatio abgedruckt, die der Schauspieler und Publizist Hanns Zischler zur Verleihung des Marburger Kamerapreises auf den Kameramann Renato Berta hielt. Marc Hairapetian hat sich mit dem Schauspieler Karlheinz Böhm unterhalten. Michael Althen schreibt zum Tod des Schauspielers Erwin Geschonneck.

Besprochen werden die Gießener Aufführung von Georg Philipp Telemanns Oper "Emma und Eginhard", die Marbacher Ausstellung "Das geheime Deutschland" zur Plastiken-Produktion aus dem George-Kreis, Dennis Gansels Film "Die Welle", ein Kölner Konzert des Musikers Shantel und Bücher, darunter der Briefwechsel zwischen dem Verleger Siegfried Unseld und dem Autor Peter Weiss (mehr dazu in der Bücherschau des Tages ab 14 Uhr).