15.10.2003. Ein 42-jähriger australischer Schriftsteller mit dem schönen Namen DBC "Dirty But Clean" Pierre hat den Booker Prize gewonnen. Wir haben nach Informationen im Netz gesucht.
Der 42-jährige australische Schriftsteller
Peter Warren Finlay wurde gestern abend für sein Buch
"Vernon God Little", eine "satirische Erzählung über das zeitgenössische Amerika", mit dem
Booker Prize 2003 ausgezeichnet. Erschienen ist der Roman des zur Zeit in Irland lebenden Autors allerdings unter dem Pseudonym
DBC Pierre. Publiziert wurde der Roman bei
Faber & Faber.
DBC Pierre
steht für
"Dirty But Clean" Pierre, ein Pseudonym, das nach Jahren, zugebracht in einem "Loch der
Betrügerei und Erfolglosigkeit", in denen sich Finlay wahlweise als gescheiterter Filmemacher, Glücksspieler, Grafiker und bisweilen Schmuggler versuchte, für einen radikalen Neuanfang steht, wie wir dem
Guardian entnehmen. Finlay soll das Appartement seines Freundes verkauft haben, um seine
Drogen- und Spielsucht finanzieren zu können, später soll er hundertausende von Dollars verbraten haben bei dem Versuch, einen Film über seine Suche nach dem
Gold Montezumas zu drehen. So steht es jedenfalls im Guardian. Aus einem
Interview mit dem
Sydney Morning Herald erfahren wir, dass Finlay "sieben gute Freunde hatte, als ich achtzehn war, und nur zwei von ihnen leben noch. Der Grund sind nicht Drogen, sondern 'natürliche Umstände' wie
Schusswunden oder Autounfälle." Ob der Roman da mithalten kann?
"Vernon God Little" erzählt die Geschichte des fünfzehnjährigen Vernon, der als einziger Überlebender eines
High School Massakers schnell für die Tat verantwortlich gemacht wird. Seine Fingerabdrücke sind überall, zudem belastet er sich in einem Interview mit einem eigennützigen Reporter recht ungeschickt selbst. Ein Alibi hat er zwar, doch schämt er sich dessen und verschweigt es. Vernon wird zu "America's most wanted", und begibt sich auf eine wilde Flucht quer durch Texas,
verrät der
Sydney Morning Herald. Unschuldig ist er umgeben von einem Ensemble "grotesker Erwachsener", die in ihm den Schuldigen für ihre Verfehlungen ausmachen, heißt es im Kommentar der "Booker Prize"-Jury.
In Deutschland wird das Buch im kommenden Frühjahr im Aufbau Verlag unter dem Titel
"Jesus von Texas" erscheinen, wie uns der Übersetzer (und geschätzte Perlentaucher-Mitarbeiter)
Karsten Kredel am Telefon freundlich verriet. Wer so lange nicht warten möchte, kann
hier schon einmal das
erste Kapitel des englischen Originals lesen.
Kritiken zum wohlwollend bis euphorisch besprochenen "Vernon God Little" haben wir im
Independent,
Sydney Morning Herald,
Guardian,
Observer,
New Zealand Herald und zweimal im
Telegraph gefunden (einmal
hier, einmal
da).
John Wilson hat DBC Pierre für die
BBC interviewt. Ein Interview aus dem
Observer, in dem Pierre, bzw. Finlay sich ausführlich zum Prozess des Schreibens äußert, ist
hier zu lesen.
Alexander Kraus