Magazinrundschau

Die Magazinrundschau

Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
02.04.2002. In der Lettre sucht Abdelwahab Meddeb nach Gründen für den Niedergang des Islam. Der Merkur denkt über feuilletonistischen Selbsthass nach. Der NouvelObs erzählt die unglaubliche Geschichte von Godards "King Lear"-Verfilmung. Der New Yorker bespricht Rüdiger Safranskis Nietzsche-Biografie. The New Republic zieht Gerhard Richter in den Dreck. Der Economist beschreibt die Suche der Archäologen nach einer Ethik des Grabens. Im Spiegel attestiert Olivier Duhamel Frankreich demokratische Unreife.

Lettre International (Deutschland), 01.04.2002

In der neuen Lettre erklärt Istvan Eörsi (mehr hier), ehemals Regime-Kritiker in Ungarn, warum er nach 1989 schlechten Gewissens für eine Koalition mit den ehemaligen Sozialisten plädierte: Weil die Rechte noch viel schlimmer ist. Bereits 1994 war absehbar, "dass die demokratische Ordnung allein von rechts bedroht ist, von einer Rechten, die - ein osteuropäisches Spezifikum - von den klerikalen, revanchistischen und rassistischen Ausdünstungsgasen der Zwischenkriegszeit angetrieben wird"

Abdelwahab Meddeb, einer der brillantesten arabischen Intellektuellen, versucht sich die Gründe für den Niedergang des Islam zu erklären. Ein wesentliches Moment liegt für ihn in der Feststellung, dass dem Islam der Begriff für eine intellektuelle Elite verlorengegangen sei. Diese traditionelle "Unterscheidung zwischen Elite und Volk wurde unter dem Druck der Demokratisierung ohne Demokratie aufgerieben, die mit ihrem Populismus Bildung verbreitete, ohne an die Qualität zu denken und ohne das hierarchische Prinzip auf die Schaffung einer republikanischen oder demokratischen Elite zu übertragen. So kam es zum Triumph des breiten Volkes, das, wenn es sich eine Technik aneignet, gleich vom Analphabetismus zum Spezialistentum übergeht, ohne sich am Althergebrachten zu üben, was man zu anderen Zeiten Geisteswissenschaften nannte und was heute dem Unnützen gleichgesetzt wird."

Weiteres: Jean Baudrillard kleidet zum wiederholten Male seine "Selber Schuld"-Theorie zum 11. September in den radical chic seiner höheren Diskurse. Carlos Fuentes unterhält sich mit Constantin von Barloewen über die "Kreolische Odyssee". Und Breyten Breytenbach macht sich Gedanken über die "Neuerfindung des afrikanischen Kontinents".

Merkur (Deutschland), 01.04.2002

Nun also auch auf Deutsch: Der Merkur hat den furiosen und bereits heftig diskutierten Essay von Avishai Margalit und Ian Buruma über den Okzidentalismus aus der New York Review of Books in seine April-Ausgabe übernommen. Darin erklären die beiden Autoren, dass sich alle antiliberalen Bewegungen im Hass auf den Westen treffen, auf das Bürgerliche, die Vernunft, die Gleichberechtigung der Frau, vor allem aber auf die Stadt: "Aufstände gegen den Liberalismus sind fast immer mit einem tiefen Hass auf die Stadt verbunden, mit einem Hass auf alles, was zur urbanen Zivilsation gehört: Kommerz, Menschen verschiedener Herkunft, Freiheit der Kunst, sexuelle Freizügigkeit, wissenschaftliche Bestrebungen, Freizeit, persönliche Sicherheit, Wohlstand und die Macht, die damit gewöhnlich einhergeht. Mao Tse-Tung, Pol Pot, Hitler, japanische Agrarfaschisten und natürlich Islamisten haben allesamt das einfache Leben des biederen Bauern gepriesen, der da rein im Herzen ist, nicht durch die Vergnügungen der Stadt verdorben, an harte Arbeit und Selbstverleugnung gewohnt, erdverbunden und obrigkeitshörig." (Das Original ist hier zu lesen)

Dazu gestellt (aber nicht ins Netz) ist ein Text von Siegfried Kohlhammer aus "Die Feinde und die Freunde des Islam" von 1996 über Edward Saids Buch "Orientalismus", dem Margalit und Buruma ihre Thesen quasi entgegenstellen. Said hatte die Unterscheidung von Ost und West, die Behauptung der Differenz, zum Sündenfall der Orient-Wissenschaften erklärt, die allein einem westlichen Dominanzstreben geschuldet sei. Kohlhammer wundert sich, wie dieses antiwissenschaftliche Buch mit "Gemeinplätzen von der Stange" ("Wissen ist Macht") so erfolgreich sein konnte.

Rudolf Helmstetter denkt darüber nach, warum seit Nietzsche Denker den Gedanken an Publizität scheuen - also über feuilletonistischen Selbsthass: "Der spätere schärfste Kritiker der Publizisten war früher selbst einer. Daran ist nichts ehrenrührig, merkwürdig und bedauerlich ist nur, dass er zugleich die geistesaristokratische Ablehnung der Massenmedien kultiviert hat, die bis heute intellektuelle Distinktion beansprucht."

Weitere Artikel: Der Historiker Karl Schlögel bemerkt, dass mit dem 11. September der Raum in die Geschichte zurückgekehrt ist. Virilio ade: "Wir sind durch alle kulturellen Vermittlungen hindurch daran erinnert worden, dass nicht alles Zeichen, Symbol, Simulacrum, Text ist, sondern Stoff Materie, Baumaterial Masse." Carl Nedelmann erklärt, dass es keinen guten Grund gibt, am Cannabisverbot festzuhalten. Joachim Oltmann schreibt über den ewigen Krieg. Und Mariam Lau meint, dass von der Mafia nur noch ein arthritischer Seufzer bleiben wird, wenn man die Sopranos betrachtet oder die Tatsache, dass selbst die großen Familien heute geklaute Viagra-Tabletten verkaufen. Außerdem finden sich Texte zu Arthur Schnitzler, Heinz Rühmann, Paul und Gisele Celan, zu Antisemitismus und der Ohnmacht der Geisteswissenschaften.
Archiv: Merkur

Nouvel Observateur (Frankreich), 28.03.2002

Am 3. April läuft in Frankreich der Godard-Film "King Lear" an, der seit seiner Premiere in Cannes 1987 aus komplizierten Gründen nicht mehr zu sehen war. Der Nouvel Observateur erzählt die in Teilen wirklich unglaubliche Geschichte. Sie beginnt damit, dass 1985 in Cannes Godard und der Produzent Menahem Golan von Cannon Film einen Vertrag für eine "King Lear"-Verfilmung skizzierten - während des Mittagessens "auf einer Papiertischdecke". Sie endet damit, dass Godards in die Jetztzeit verlegte und in Englisch gedrehte Version nun auch in die Kinos kommt, von der Verleihfirma mit französischen Untertiteln versehen - sehr zu Godards Missfallen, der Shakespeare immer "unübersetzbar" fand. In der Mitte der Geschichte kommen einige Bankenpleiten vor, ein beleidigter Norman Mailer, der ursprünglich das Drehbuch geschrieben hatte und den King Lear eigentlich auch spielen sollte, sowie die Suche nach einem neuen Lear-Darsteller, die neben Anfragen bei Rod Steiger, Sting, Lee Marvin und Woody Allen auch zu Richard Nixon führte, der bei gebotenen "500.000 Dollar pro Drehtag" laut Godard immerhin "zögerte". Wie gesagt: unglaublich.

Von erschlagender Simplizität sind im Vergleich dazu die Probleme der französischen Museen. Die Hausherren von Louvre und Centre Pompidou, Henri Loyrette und Jean-Jacques Aillagon, antworten auf fünf Fragen zur aktuellen Lage ihrer Institutionen: u.a. über den Bedeutungswandel nach dem 11. September, wirtschaftliche Zwänge und Zukunftsperspektiven.

Ein Text porträtiert die neue, junge Generation erfolgreicher Autoren der Editions Minuit, von Jean Echenoz über Christian Gailly und Laurent Mauvignier bis zu Marie Ndiaye. Rezensiert werden schließlich eine Ausgabe der Liebesbriefe von Edith Piaf und Marcel Cerdan, ein Roman des libanesischen Schriftstellers Elias Khoury, und Jorge Semprun stellt eine Erzählung von Soazig Aaron vor.

London Review of Books (UK), 04.04.2002

In einem Essay versucht Charles Nicholl eine Annäherung an eine "real global icon", das berühmteste Gemälder der Welt: Leonardo da Vincis Mona Lisa. Nicholl weiß nicht nur, dass das Bild zu Leonardos Zeit für nur 550 Lire gehandelt wurde, in Donald Sassoons kultureller und historischer Geschichte des Bildes ("Mona Lisa. The History of the World's Most Famous Painting"), findet er auch einen entscheidenden, wenn auch eher profanen Grund für die Berühmtheit der lächelnden Dame: "the fact that the painting came to France with Leonardo in 1516, rather than staying in Italy, and that it ended up in the Louvre as a result. Why did gorgeous Leonardo ladies like Cecilia Gallerani and Ginevra de' Benci (both seemingly sexier than the sallow, broad-browed Gioconda) not catch the collective imagination as she did? One answer is that during the 19th century - the key period in her route to celebrity, according to Sassoon - the Gioconda was drawing the crowds in Paris, while Cecilia and Ginevra were languishing in private collections in Krakow and Liechtenstein."

Weiteres: R.W. Johnson stellt Joseph Persicos Band über "Roosevelt's Secret War" vor, Andy Beckett bespricht ein Buch, das erklärt, wie die Antiglobalisierungsbewegung unsere sozialen Demokratien herausfordert ("The Protest Ethic" von John Lloyd), und Terry Castle bewegt sich auf den Spuren ihres Großonkels über die Schlachtfelder des Ersten Weltkriegs.

Economist (UK), 30.03.2002

Wie neutral war die Schweiz, und wie neutral konnte sie sein? fragt ein Artikel und zitiert aus Berichten der Untersuchungskommission, die das Verhältnis des Alpenlandes zu Nazideutschland zu untersuchen hatte: "Switzerland plainly did have its share of shameless profiteers. One of the new studies released last week focused on its weapons makers. By one means or another, they supplied the Allies; they paid huge bribes to get also into the German market. They undermined their own country's defence, exposed it to blackmail, and defied neutrality, the historians maintain." Ärgerlich nur, dass den Schweizern die hellen Seiten ihrer Vergangenheit so viel lieber sind als die dunklen und sie auch noch drauf bestehen, nicht die einzigen schwarzen Schafe gewesen zu sein.

Ein anderer Beitrag befasst sich mit der Ethik des Grabens. Spätestens seitdem eBay ägyptische Ausgrabungsfunde feilbietet, erfahren wir, entwickelt die Archäologie so etwas wie ethische Sensibilität. "These ethical concerns fall into three broad areas. First, there is the question of how to treat human remains ... Next is the question of ownership of artefacts ... A third ethical problem concerns the preservation of sites. Should battlefields be left alone as memorials, redeveloped for tourism, or preserved for the archaeologists of the future?" Gute Frage, meint der Economist, seltsam allerdings, "that it has taken so long for archaeologists, investigators of the relics of the past, to recognise that archaeological standards, too, are products of their time".

Außerdem: Die Cover-Story erklärt, wie die hohen Preise für Einzelhäuser in aller Welt (ausgenommen Japan und Deutschland) die Rezesssion milderten, ein Business-Artikel fragt, ob die Europäer auf das mobile Internetsystem "i-mode" abfahren werden und wie die Japaner künftig Cartoons und Horoskope aufs Handy laden wollen, wir lernen über die traurigen finanziellen und strukturellen Probleme der Oxford University, und "Books and Arts" stellt uns den Crossover-Jazzer Uri Caine vor.
Archiv: Economist

New Republic (USA), 02.04.2002

Ist Jed Perl ein wichtiger Kunstkritiker in den USA? Immerhin schreibt er für The New Republic, und was er über Gerhard Richter im Speziellen (aber auch über deutsche Künstler im allgemeinen) zu sagen hat, klingt überaus unfreundlich: "Gerhard Richter is a bullshit artist masquerading as a painter. His retrospective, at the Museum of Modern Art until May, is a colossal bummer -a hymn to deracination, a visual moan. This seventy-year-old artist works in paint on canvas, but what he sends out into the world are not paintings so much as they are Neo-Dadaist puzzles engineered to inspire philosophical flights of fancy among art professionals who are more interested in massaging their world-weary minds than in using their jet-lagged eyes." Kann so einer denn ein wichtiger Kunstkritiker sein?

Archiv: New Republic

Spiegel (Deutschland), 30.03.2002

Der Titel befasst sich mit dem Fall Peter Müller und dem Eklat um das Zuwanderungsgesetz und sieht beides als Teil eines "schmutzigen Wahlkampfs". Im Dossier: Ein Gespräch mit Bundeskanzler Schröder über seine Anteile am unwürdigen Schauspiel, und ein Beitrag von Jürgen Leinemann, der den Wahlkampf zum Bundesligaspiel erklärt: Borussia Dortmund gegen Bayern München.

Im Gespräch attestiert der Politologe und Staatsrechtler Olivier Duhamel Frankreich demokratische Unreife und ein "ernsthaftes Problem mit der öffentlichen Moral", sollte Chirac erneut die Präsidentschaftswahl gewinnen: "In jeder anderen westlichen Demokratie wären die Affären (die Korruptionsverdächtigungen gegen Chirac, die Red.) vor der Wahl aufgeklärt worden, entweder durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss oder durch die Feststellung eines Gerichts. Dann wäre Chirac entweder reingewaschen, und die Verdächtigungen, welche die Politik vergiften, hätten ein Ende, oder er wäre weg."

In einem weiteren Interview erklärt uns die ehemalige Untersuchungsrichterin und Elf-Fahnderin Eva Joly, was die Korruption nicht nur für Chirac so attraktiv macht: "Vom ersten kriminellen Akt, der Absprache der gegenseitigen Vorteilsnahme, bis zum Verschleiern der Tat findet alles im Stillen statt. Im Vergleich zu anderen Verbrechen gibt es keine sichtbaren Spuren der Gewalt und keine aufgebrochenen Türen. Der starke Wille, sich zu bereichern, das Fehlen aggressiven Handelns und das verschwindend geringe Risiko erwischt zu werden, das sind die entscheidenden Punkte. Es ist ein einfacher und schneller Weg, um zu viel Geld zu kommen."

Ferner: In der Spiegel-Serie über Flucht und Vertreibung der Deutschen aus dem Osten beschreibt Ullrich Fichtner das Schicksal Königsbergs und seiner Bewohner. Lars-Olav Beier verreißt den deutschen Kino-Thriller "Tattoo" ("die Untiefen des deutschen Fernsehkrimis"). Matthias Schulz stellt uns den vulgärsten Dichter Roms vor. Sein Name: Catull. Und nur im Print zu lesen ist ein Gespräch mit den Pet Shop Boys über das Elend der aktuellen Hitparaden-Stars.
Archiv: Spiegel

Profil (Österreich), 01.04.2002

Dem österlichen Profil-Heft ist nichts heilig. Ein Buch des Profil-Cartoonisten Gerhard Haderer, "Das Leben des Jesus", das unter anderem einen kiffenden Jesus-Hippie zeigt, erregt Österreichs Gemüter, insbesondere die der katholischen Kirche. Die Titelgeschichte "Was heilig ist" liefert deshalb aus gegebenen Anlass "eine Kulturgeschichte der Blasphemie". Alain Cabantous "Geschichte der Blasphemie" wird bemüht, in der darauf hingewiesen wird, das Jesus just wegen Gotteslästerung ans Kreuz genagelt worden war. Für den Maler und Bildhauer Alfred Hrdlicka heizt Blasphemie ja "die Diskussion über die Religion erst an. Die braven Kirchenbilder tun das nicht." Profil befragt dazu Experten: Der Talkmaster und "blasphemische Prediger" Hermes Phettberg, der sich im Grunde als Kirchenvater sieht, äußert sich über die Nichtexistenz Gottes und den Akt des Gegenstinkens: "Ich bin kein Spötter, sondern ich erdenke die Kirche neu und baue an ihr weiter. Und werde dabei immer inniger." Der ÖVP-Politiker Peter Marboe verteidigt den Wiener Kardinal Schönborn, der gegen Haderers Buch von der Kanzel zu Felde zog, und der Karikaturist Manfred Deix amüsiert sich über die "Harmlosigkeiten", über die man sich in Österreich so schön erregen kann. Mehr Bilder hier. Felix Austria!
Archiv: Profil

New Yorker (USA), 02.04.2002

Claudia Roth Pierpont hat Rüdiger Safranskis Nietzsche-Biografie gelesen und fragt sich, ob man über den Mann schreiben darf, ohne seine "antidemokratischen Aspekte" zu erwähnen. "A landmark volume almost by definition, Safranski's work ? is initially striking less for what the author has to say than for what he has chosen to leave out. Although he ably explores the anti-democratic aspects of Nietzsche's thought, its political uses and abuses after the philosopher's death are treated solely in an epilogue, where Safranski also confines his only consideration of Nietzsche's published writings about the Jews. These priorities do not necessarily constitute defects. Much has already been written about the subjects slighted here, and Safranski's book is, after all, about a philosophy, not its consequences. Yet his silences loom large in a work addressed to the general reader, and make one question whether it will ever be possible for Nietzsche to be released from the history that he inherited and helped to shape", schreibt sie.

Weiter lesen dürfen wir Leonard Michaels Erzählung "Of Mystery There Is No End" und Jerome Groopmans riesigen Artikel über die Frage, ob chirurgische Eingriffe bei chronischen Rückenschmerzen wirklich nützlich sind.

Besprochen werden Robin Williams onstage, David Finchers Film "Panic Room" (mehr hier) mit Jodie Foster, Forest Whitaker und Dwight Yoakam und George P. Pelecanos' Krimi "Hell to Pay".

Nur in der Printausgabe: Tad Friend berichtet, dass Peter Bogdanovich wieder Filme dreht. William Finnegan schickt einen Brief aus Bolivien. Und Ian Parker erzählt, wie ein legendärer Verleger mit Schriftstellern umgeht (leider verrät die Unterzeile den Namen des Verlegers nicht.)
Archiv: New Yorker

Outlook India (Indien), 02.04.2002

In der Outlook-Coverstory konstatiert Soma Wadhwa eine alarmierende Zunahme von "Lifestyle-Krankheiten" in Indiens stressgeplagten, westlich-orientierten Metropolen. "Young and career-obsessed upwardly mobile Indians are suffering from something infinitely more serious than premature mid-life crises. A disturbing range of ailments - from hypertension to heart disease to diabetes - is felling them younger and faster than ever before." Aber es kommt noch viel schlimmer: "Sex, a big stress-buster, has itself become a victim of modern-day living. Sexologist Reddy says patients with complaints of reduced libido are at an all-time high now. With both spouses caught up in careers, there's hardly any time, intimacy or inclination for sex." Haben wir das eigentlich noch vor oder schon hinter uns?

Außerdem: Sonia Varma verurteilt das pietätlose Verhalten der Presse im Fall der ermordeten Politikertochter Natasha Singh. Und Pratap Bhanu Mehta stellt uns ein Buch vor, das nachzuweisen versucht, wie sehr das Ausmaß ethnischer Konflikte in indischen Städten von der Existenz bzw. Nicht-Existenz interkommunaler sozialer Strukturen abhängt, in die sowohl Hindus als auch Moslems eingebunden sind. Ausschlaggebend für ihre Formierung bzw. Zerstörung aber, so die streitbare These des Autors, sei nicht die Politik, sondern die lokale Geschichte.
Archiv: Outlook India

New York Times (USA), 31.03.2002

David Davidar, Chef von Penguin India, hat einen Roman geschrieben, den jetzt HarperCollins herausbringt. Akash Kapur nennt "The House of Blue Mangoes" (hier eine Leseprobe) "a polished and accomplished book that shows little of the typical hesitancy or overwriting of first novels ... an ambitious effort that represents something of a throwback to an earlier movement in Indian literature, before the minimalism that has been fashionable of late, when authors like Salman Rushdie and Vikram Seth painted vast tableaus that portrayed the stories of individuals even as they allegorized the nation." Fein, meint Kapur, verrät uns aber auch, woran das Buch krankt: Beim Versuch, dem westlichen Leser schwergewichtige indische Themen - "The struggle between family and society, the often violent obligations of tradition, the dislocations of history" - nahezubringen, werde der Autor allzu oft zum Fremdenführer - "the narrative is drowned by a surfeit of explanation aspirations."

Dass die Koexistenz von Journalisten und Politikern durchaus eine friedliche sein kann, findet Ben Macintyre in einem Buch Frank Brunis bestätigt (Auszug "Ambling Into History"). Für die N.Y. Times begleitete Bruni die Präsidentschaftskampagne George W. Bushs und entdeckte den Menschen im Kandidaten. Andere Bücher mögen Bushs politische Philosophie, seinen Platz in der Geschichte analysieren, schreibt Macintyre. "This, by contrast, is a book about what America's president is like: his personality and predilections, manners and mannerisms, temper and tastes. This is history as anecdotage - a collection of the 'small moments' that parallel the larger events - and seeks to make human sense of Bush ... it forms a fascinating if unfinished portrait of a complicated and in some ways elusive man."

Außerdem in der Review: Eine Sammlung mit Short-Stories der 85-jährigen Edith Templeton (Auszug "The Darts of Cupid"), gleich drei Bücher über Baseball, darunter eine literarische Anthologie mit Texten u.a. von Richard Ford, Robert Frost und William Carlos Williams (dazu gibt es auch eine Audio-Diskussion zu Thema "Mein liebstes Baseballbuch"), und der Boox-Comic warnt vor der Gruppendenken-Herdenmentalität des "One City, One Book"-Projekts.
Archiv: New York Times