24.03.2003. Die Lettre schildert die Wiederkehr der Zauberer in Afrika. In der NY Review of Books erzählt Tim Judah, warum die Kurden keine Angst vor den Irakern haben. In Atlantic Monthly stellt Robert D. Kaplan die nächsten beiden Ziele im Krieg gegen den Terror vor: Eritrea und Jemen. Literaturen erklärt, wie man nicht über Sex schreiben sollte. Prospect diskutiert die Demokratiefähigkeit arabischer Staaten. Der New Yorker erklärt, wie Washington und London einen gefälschten Bericht über das irakische Atomwaffenprogramm lanciert haben. Der Economist sieht mit dem Irakkrieg Nuclear-Möchtegerne gewarnt. In der London Review of Books empfiehlt Edward Said eine Studie über britischen Kolonialismus.
Outlook India, 31.03.2003

Bis zuletzt wurde in den Redaktionsstuben der
Outlook India der Atem angehalten, die neue Ausgabe musste warten - doch vergeblich. Sie haben es nicht geschafft, die Inder; die "Men in Blue" waren der "Supermacht" erlegen, und die heißt im
Cricket Australien. Jetzt, nach der
Finalniederlage am Sonntag,
fragt sich Sandipan Deb: "Ist das australische Team
menschlich? (...) Was sind das für Chips in ihren Köpfen, die darauf programmiert sind, mit extremer Strenge jeden Gedanken abzutöten, der auch entfernt in die Richtung eines
schmutzigen Wortes mit fünf Buchstaben steuert, das mit einem "d" beginnt, ein stummes "b" enthält und mit einem "t" endet? Machen sich diese Typen auch manchmal Gedanken?" Und trotzdem glaubt er: "Sie waren
schlagbar. (...) Wir haben sie gewinnen lassen."
Auch Manu Joseph hadert, analysiert, erlaubt sich ein bisschen Pathos und
fragt: "Sollten wir
weinen? Nein." Hoch das Haupt! Und egal, was irgendjemand jetzt sagt, immer daran denken: "Geschichte wird von den Siegern geschrieben. Doch das heißt nicht, das sie richtig ist."
Weitere Artikel: Paul Danahar
war in
Bagdad, als die Hunde zu heulen begannen und wenig später die ersten Cruise Missiles einschlugen. Er kann sich nicht vorstellen, warum irgendjemand in der Stadt die Amerikaner für
Befreier halten sollte.
Seema Sirohi hat einen Report zum
Gesundheitszustand indischer Amerikaner gelesen und
räumt auf mit dem "weichen und flauschigen" Mythos von der hochgebildeten und gut verdienenden
Model Minority. Immigranten aus Indien bekommen öfter
Krebs als der Durchschnitt der Amerikaner, fast ein Viertel von ihnen hat
keine Krankenversicherung und die Rate häuslicher
Gewalt gegen Frauen ist in ihren Familien überdurchschnittlich hoch. Die häufigste Todesursache bei 15 bis 24jährigen ist
Selbstmord. Little India hat drastische gesundheitliche und soziale Probleme; es ist, schreibt Sirohi, "ein Mikrokosmos von Big India mitsamt seiner kulturellen Fragilitäten, Annahmen und Tabus."
New York Times, 23.03.2003

Als ein "funkelndes Gespräch über die Darstellung des
Leids"
preist ein begeisterter John Leonard das neue Buch von
Susan Sontag, "Regarding the Pain of Others" (
erstes Kapitel). Sontag schreibt über das Geschäft des
Kriegsfotografen, der von Krise zu Krise reist. "Sie folgt den Spuren des Fotojournalismus von
Roger Fenton im
Tal des Todes nach dem Angriff der Light Brigade ... zu Hungersnöten in Indien und Massakern in
Biafra und Napalm in Vietman und ethnischen Säuberungen auf dem
Balkan ... Sie hat ungewöhnliche Dinge zu sagen über Kolonialkriege, Gedenkstätten, christliche Ikonographie,
Lynchpostkarten, Virginia Woolf, Andy Warhol, Georges Bataille und St. Sebastian", meint Leonard. "Und sie provoziert, in gewohnter Weise." Zum Abschluss versucht der Rezensent noch ein Kompliment. "Während sie so viele
ernstzunehmende Denker bewundert hat, ist sie selbst zu einem geworden."
Dieser Film über den Kriegsfotografen
James Nachtwey könnte Sontag inspiriert haben.
Judith Shulevitz hat für den
Close Reader ein interessantes Buch gelesen, ''Transgressions: The Offenses of Art" von
Anthony Julius. Der fragt sich, ob es wirklich immer
Kunst ist, wenn man, wie es die Avantgarde heute fast ausschließlich tut, ein
beliebiges Tabu der Gesellschaft aufspürt und verletzt. "Andres Serranos Foto von einem in
Urin getauchten Kruzifix, Barbara Krugers anklagende Slogans oder Robert Mapplethorpes Selbstporträt mit einer
Peitsche, die aus seinem
Anus ragt, um einige gefeierte Beispiele zu nennen, sind eindeutig dazu bestimmt, wenigstens manche Betrachter zu beleidigen. Bloß, die Bemerkung, dass Regelverletzungen, indem sie zur Norm wurden,
banal geworden sind, wird langsam selbst banal, und erklärt lange nicht so viel wie es scheint."
Außerdem besprochen: Suzanne Rutas
empfiehlt "The Point of no Return" (
erstes Kapitel), das Debüt von
Siddhartha Deb, die Geschichte vom
"indischen Don Quichote" Dr. Dam, ein idealistischer Republikaner, der immer zur falschen Zeit am falschen Ort ist. Laura Miller
erinnert Scott Spencers neuer Roman
"A Ship Made of Paper" (
erstes Kapitel) an einen Gerichtsprozess, in dem die Protagonisten Iris und Daniel,
Liebende und Ehebrecher, die Welt auf die Anklagebank laden. William Finnegan
schwärmt von
"Reporting Civil Rights" (
erstes Kapitel), zwei voluminösen Bänden mit nahezu
200 Essays, Reden, Artikeln und Reportagen zum Kampf um die
Bürgerrechte von 1941 bis 1973. Neben der umfassenden Darstellung der verschiedenen Strömungen und Entwicklungen aus erster Hand sind die Sammelbände zudem ein "schmeichelndes"
Porträt des amerikanischen Journalismus, notiert Finnegan.
Economist, 21.03.2003

Der
Economist fragt sich, ob der militärische Eingriff im
Irak nicht auch
positive Folgen haben könnte, indem er zukünftigen Konfliktpartnern in Sachen
Massenvernichtungwaffen nahelegt, in Anbetracht der eventuellen Konsequenzen den Konflikt auf
diplomatische Weise zu lösen. "Um die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen einzudämmen, muss der
Preis für Möchtegern-Wucherer in die Höhe getrieben und der
Nutzen, den man glaubt, durch solche Waffen zu haben, geschmälert werden. Indem Amerika es mit dem Irak aufnimmt, demonstriert es anderen
Nuklear-Möchtegernen, wie hoch der Preis für einen Regelverstoß sein kann."
Weitere Artikel: Wie der Vater, so der Sohn? Nicht ganz,
meint der Economist. Denn
George Bush Seniors Golfkrieg war ein anderer als der seines Sohnes. Es scheint sogar, als sei der zweite Golfkrieg das
genaue Gegenteil des ersten:
weniger Alliierte und mehr Zustimmung in der amerikanischen Bevölkerung. Mit dem parlamentarischen Beschluss einer militärischen Beteiligung Großbritanniens im
Irak scheint sich das Schicksal zu
Tony Blairs Gunsten gewendet zu haben. Und das,
so der Economist, verdankt er vor allem den
Fehlern seiner Gegner. Zwar
lobt der Economist das von
Gerhard Schröder vorgelegte ambitionierte
Reformpaket, doch wird der Kanzler an dessen
Umsetzung gemessen werden.
Gelobt wird auch
Dana Priests Buch "The Mission: Waging War and Keeping Peace with America's Military", in dem die Pentagon-Spezialistin harsche Kritik übt an der lautlosen Übernahme der
politischen Spitze Amerikas durch
Uniformträger. Schließlich gibt es neue wissenschaftliche
Erkenntnisse über die Psychologie der
Verschwörungstheorien und deren sofortige
Anwendung auf die
Firmenbeteiligung am geplanten Wiederaufbau im
Irak, denn die Hauptlizenz bekommt wahrscheinlich Halliburton, die frühere Firma des amerikanischen Vize-Präsidenten
Dick Cheney.
Außerdem, ein verschmitzter
Nachruf auf den mit 104 Jahren gestorbenen Mediziner
William Sunderman: "Er erzählte von Freunden, die sich nach
Florida zurückgezogen hatten. Zuerst, sagte er, hätten sie regelmäßig
Golf gespielt und vor dem Abendessen ein Glas getrunken. Später spielten sie weniger Golf und fingen um die Mittagszeit mit dem Trinken an. 'Dann vergaßen sie das Golfspielen ganz, wurden
Alkoholiker und starben.' Doktor Sunderman sagte, er persönlich habe zuviele Interessen um sich zurückzuziehen."
Nur im Print zu lesen ist die Frage, was für ein
Sieg im Irak zu erwarten ist.
London Review of Books, 20.03.2003

Was
Catherine Halls Studie ("
Civilising Subjects: Metropole and Colony in the English Imagination 1830-67") über
Jamaica als Brennpunkt des
britischen Kolonialismus zu etwas Besonderem macht, ist, dass sie "geladen ist mit der
existentiellen Dringlichkeit gelebter Leben, mit hart gewonnenen Einsichten, umkämpften Anliegen und epochalen Veränderungen ",
findet Edward Said. Dies beruhe vor allem darauf, dass Hall selbst unzertrennlich mit dem Thema verwoben sei, da die Pfarrerstochter einerseits aus dem
baptistischen Missionszentrum Birmingham stamme, von dem die Missionierung Jamaicas ausging, und zudem mit dem Jamaica-britischen Historiker
Stuart Hall verheiratet sei. Und auch wenn Said Hall vorwirft, schriftliche Dokumente als Beweise zu werten, ohne deren spezifischen - etwa literarischen oder philosophischen - Status zu hinterfragen, und die
Kultur nicht genug als historisch differenziertes Konzept zu behandeln, dessen Bedeutung und Verflechtungen sich wandeln, bleibt diese Studie seiner Ansicht nach
"im besten Sinne dialektisch" und wird sicher interessante Denkanstöße für Empire-Historiker und politische Aktivisten liefern, "für die es kein Scherz sein kann, dass
George Bushs Hauptwählerschaft, jetzt da er auszieht, die Welt erst zu
bestrafen und dann mit amerikanischer Macht wiederaufzubauen,
siebzig Millionen evangelische und
fundamentalistische amerikanische
Christen sind, von denen viele
Baptisten sind."
Weitere Artikel: Mark Ford ist ziemlich
beeindruckt vom mehrschichtig verzweigten Erzählen eines
Harry Matthews, dem einzigen Amerikaner in der von
Raymond Queneau mitbegründeten französischen Literaturbewegung des
OuLiPo (
Ouvroir de Litterature Potentielle), und der Anthropologe Michael Gilsenan hat sich
auf die Spur der
arabischen Diaspora in Sudostasien gemacht. Schließlich
schreibt Thomas Jones in Short Cuts über gefühlte und tatsächliche
soziale Ungerechtigkeiten im
britischen Schulsystem. Als Schmankerl gibt es dazu die
dritte Seite von
Art Spiegelmans Comic "In the Shadow of No Towers".
Nur im Print zu lesen, unter anderem,
Hal Fosters Einschätzung der Pläne für
Ground Zero.
Times Literary Supplement, 19.03.2003

Graham Robb
zieht seinen Hut vor
Theophile Gautier, der
lieber mittelmäßig als ein
Genie sein wollte - und dabei doch ein recht passabler Literat und
brillanter Journalist geworden ist, wie die neu erschienene Werkausgabe
"Romans, Contes et Nouevelles" beweise. "
Genies sind sehr
engstirnig. Der Mangel an Intelligenz hält sie davon ab, die Hindernisse zwischen sich und ihren Zielen zu sehen."
Claire Tomalin
registriert mit großer Befriedigung, dass die viktorianische Fotografin
Julia Margaret Cameron (mehr
hier) nicht mehr nur als
amüsante, aber lächerliche Person dargestellt wird, sondern endlich wieder als "kluge und kreative" Künstlerin, "deren Bilder einmal in einem Atemzug mit den Gemälden von
Tizian und
Rembrandt genannt wurden".
Richard D. Altick
erzählt die Geschichte des viktorianischen Skandalpaares
Arthur Munby und
Hannah Cullwick, über das es auch eine neue, doch in seinen Augen enttäuschend unoriginelle Biografie von
Diane Atkinson gibt. Besprochen wird außerdem die
Aufführung von
Jean-Claude Carrieres Stück "The Little Black Book" in den Riverside Studios in Hammersmith.
Spiegel, 24.03.2003

Der Titel - wie immer online nur gegen Bezahlung zugänglich - umfasst siebzig Seiten zum
Irakkrieg. Darunter ein Artikel über die aktuelle
Friedensbewegung, die sich vor allem aus "jungen Menschen" rekrutiere, bei denen ein "ebenso echter wie
schlichter Glaube an das Gute" inzwischen alle anderen denkbaren Grundlagen ihres Protestes ersetzt habe.
Nicht online lesen dürfen wir das Gespräch mit
Heinrich August Winkler über das
Ende der Weimarer Republik sowie eines mit
Louis Begley über "seine Erinnerungen an die
Bombardierung Warschaus".
Lettre International, 01.04.2003

Mit der Wiederkehr
okkulter Gewalt in Afrika hat sich
Johannes Harnischfeger befasst. Er berichtet von dem nigerianischen "Propheten Eddie", der wegen des Vorwurfs der
Zauberei von den
"Bakassi Boys", einer bewaffneten Miliz, die ausdrücklich auch gegen Okkultismus kämpft, exekutiert wurde. "Der Mann Gottes, so spekulierten Zeitungen, habe 93 Menschen getötet, um mit Hilfe von
Leichenteilen besonders wirksame
Zaubermittel herzustellen. In der Gegend von Onitsha, einer Großstadt im Igboland, im Südosten Nigerias, zum Beispiel vermutete man, daß Eddy seine Hände im Spiel hatte, als aus der Entbindungsstation eines Krankenhauses in einer Nacht
16 Babys gestohlen wurden. Wegen seiner enormen Kräfte, die es ihm ermöglicht hatten, sich jahrelang jeder Verfolgung durch die Staatsbehörden zu entziehen, stand Edward Okeke im Verdacht, kein gewöhnlicher Sterblicher zu sein, sondern ein
Mischwesen: 'halb Mensch, halb Geist'. Auf Plakaten, die auf allen größeren Märkten im Igboland zu kaufen waren, ist er daher mit doppeltem Gesicht abgebildet: einer
Engelsmaske, die sich von einer
tierartigen Dämonenfratze abhebt..." Harnischfeger sieht den Ursprung von Okkultismus und Hexenverfolgung in einem "moralischen Trauma. Der soziale und politische Niedergang hat die Bewohner Nigerias in eine Welt versetzt, in der das Verhältnis von
Gut und Böse, Schuld und Sühne aus der Balance geraten ist ... Da sich keine Wege aus dem
Elend öffnen, kreisen die Gedanken immer wieder um mögliche
Verschwörungen, die mit monströsen Mitteln ins Werk gesetzt werden."
In einem Schwerpunkt befasst sich die
Lettre mit
Europa.
Pierre Rosanvallon (mehr
hier)
versucht, Europas Gestalt vor dem Hintergrund der Globalisierung zu bestimmen und kommt zu dem Schluss, dass aufgrund des
fehlenden europäischen demos auf die Nationalstaaten nicht verzichtet werden kann. Trotzdem ist er der Meinung, "dass die Gestaltung Europas auf ihre Weise heute erneut darauf abzielen muss, eine bestimmte Form des Universellen im kleinen zu realisieren, eine
Universalität, die durch globale Regulierung nicht zu erreichen ist".
Karl Schlögel (mehr
hier)
denkt über "das
östliche und mittlere Europa als grandiosen Verschiebebahnhof" nach und fordert angesichts der bevorstehenden Osterweiterung eine Auseinandersetzungen mit der "Tragödie der Vertreibung" nach dem Zweiten Weltkrieg. Weitere Beiträge zum Thema "Fragiles Europa" kommen von Emile Tode, Karl Markus Gauß und Ulf Peter Hallberg.
Auszugsweise online lesen dürfen wie außerdem ein
Gesprächt zwischen Swetlana Alexijewitsch und
Paul Virilio (mehr
hier und
hier) über die Auswirkungen des Tschernobyl-GAUs auf unser Weltbild: "Die Katastrophe von
Tschernobyl ist deshalb außergewöhnlich, weil sie die
astronomische Zeit betrifft, die Zeit der Generationen, der Jahrhunderte und Jahrtausende." Und der
Wirtschaftswissenschaftler Joseph Stiglitz erklärt den weltweiten
Antiamerikanismus als Reaktion auf die neoliberale Globalisierung und kritisiert das "Mantra der
Deregulierung".
Im Print bietet diese
Lettre-Ausgabe genug Stoff für die nächsten drei Monate:
Giorgio Agamben fragt nach der rechtlichen Legitimität des
Ausnahmezustands. Gavan McCormack beschreibt in einer langen Reportage "
Nordkorea unter Zwang".
Amitav Ghosh denkt über
Terror und Geschichte nach.
Abdelwahab Meddeb erinnert an
Blütezeiten des Islam. Außerdem finden sich literarische Texte von
Ian McEwan,
Raymond Queneau und
Bora Cosic sowie Poesie von
Kenneth White und
Etel Adnan. Für optischen Genuss sorgen die wunderbar organischen Fotografien von
Ann Mandelbaum.
New York Review of Books, 10.04.2003
Der Historiker Tony Judt (mehr
hier)
vermisst in der derzeitigen amerikanische Debatte nicht so sehr das
Wissen um die Geschichte, sondern ein Gespür für ihre
Tragik. "Dass die USA in der modernen Zeit eine solche Reihe von außenpolitischen Erfolgen vorweisen können, liegt in großem Maße daran, wie Dean Acheson einmal sagte, dass 'wir
Glück mit unseren Gegnern hatten'. Das muss nicht so bleiben. Wir hatten auch Glück mit unseren Führern. Das ist definitiv nicht so geblieben. Es gibt im Moment viel zuversichtliches Gerede über das kommende
Amerikanische Jahrhundert, doch vor hundert Jahren glaubten auch viele, dass Deutschland den Schlüssel für eine neue Ära in der Hand halten würde. Wie Raymond Aron bemerkte: Das zwanzigste Jahrhundert hätte das
Deutsche Jahrhundert werden können."
Tim Judah (mehr
hier)
berichtet aus den Autonomie-Gebieten im Norden Iraks, wo er vor Beginn des Krieges den kurdischen Vertreter der Stadt Shoresh,
Hajar Mullah Omar, getroffen hat: "Omar sah nicht
sonderlich besorgt aus. So weit ich sehen konnte, bestand seine einzige Vorbereitung auf den Krieg in einer
Kalschnikow, die in Reichweite seines Schreibtischs lag. Draußen spielten Kinder weiterhin in der Sonne, Frauen erledigten die
Wäsche und die Männer schienen gar nichts zu machen. Omar glaubt nicht, dass hier viel passieren wird. Seiner Aussage nach schlüpfen irakische Offiziere und Soldaten mehrmals in der Woche über die Grenze und bitten die
Kurden, nicht anzugreifen, wenn der Krieg beginnt. Er behauptet: "Sie sagen, sie werden nicht kämpfen: 'Greift uns nur nicht an, sondern gebt uns Zeit, zu Euch
überzulaufen oder zu entkommen.'"
Zu lesen ist auch der
Brief des amerikanischen Diplomaten
John Brady Kiesling an seinen Chef
Colin Powell, mit dem dieser seinen
Dienst quittiert hat: "Bis zu dieser Regierung habe ich glauben können, dass ich, wenn ich die
Politik meines Präsidenten vertrete, auch die Interessen der amerikanischen Bevölkerung und der Welt vertrete. Das kann ich nicht mehr... Wir haben begonnen, dass
größte und effektivste Netz internationaler Beziehungen zu zerreißen, das die Welt je gekannt hat. Unser gegenwärtiger Kurs wird
Instabilität und Gefahr bringen, aber keine Sicherheit."
Etwas abseits vom Weltgeschehen
blickt Doris Lessing (mehr
hier) auf
Zimbabwe, das einstige
"Juwel Afrikas", das seit seiner Unabhängigkeit vom Mugabe-Regime stetig heruntergewirtschaftet wurde - unter dem
Schweigen der liberalen Öffentlichkeit. "Welche
Verbrechen wurden im Namen der
politischen Korrektheit begangen! Ein Mann konnte mit
Mord davonkommen, wenn er nur
schwarz war. Mugabe tat dies viele Jahre lang."
Besprochen werden die
Leonardo-Ausstellung im New Yorker
Metropolitan Museum,
Stuart Banners amerikanische
Geschichte der
Todesstrafe und
Jospeh Roths Berlin-Report "What I saw" (deutsch: "Joseph Roth in Berlin").
The Atlantic, 01.04.2003

Zum Irakkrieg hat
Atlantic Monthly eine ganze Reihe älterer Artikel aus dem Archiv geholt und freigeschaltet:
Zum Beispiel Mark Bowdens ausführliches
Porträt Saddam Husseins: "Der
Gesalbte, der glorreiche Führer, der direkter
Nachkomme des Propheten, Präsident des Irak, Vorsitzende des revolutionären Kommandorates und
Doktor seiner eigenen Rechte steht um drei Uhr morgens auf. Er schläft in der Nacht nur drei oder vier Stunden. Sobald er aufgestanden ist, geht er schwimmen. All seine
Paläste haben
Pools. Wasser ist ein Symbol des Wohlstands in einem Wüstenstaat wie dem Irak, und Saddam verspritzt es überall ... Er hat einen
schlimmen Rücken, und Schwimmen hilft. Es hält natürlich auch fit. Das befriedigt seine
Eitelkeit, die geradezu episch ist, aber Fitness ist auch aus einem anderen Grund wichtig. Er ist jetzt sechsundfünfzig,
ein alter Mann, aber da seine Macht in
Angst, nicht in Zustimmung gründet, darf man ihm das Altern nicht ansehen. Der
Tyrann kann es sich nicht leisten,
gebeugt, gebrechlich und grau zu werden."
Oder Robert D. Kaplans
Post-Saddam-
Szenario, das sich nicht besonders ermutigend liest, aber wahrscheinlich recht realistisch ist: "Unser Ziel im Irak sollte eine
säkulare Übergangs-Diktatur sein, die die
kaufmännischen Klassen über die konfessionellen Trennungslinien hinweg vereint."
Für das aktuelle Heft hat sich Kaplan in
Eritrea und dem
Jemen umgesehen, den wahrscheinlich nächsten
Etappen im "Krieg gegen den Terror". Während es Eritrea dank
"albanischer Abschottung" und
"maoistischer Mobilisierung" zu einem halbwegs stabilen Staat gebracht hat, so Kaplan, sieht es im
Jemen ziemlich düster aus: "Nehmen Sie den
Wadi Hadhramaut, eine hundert Meilen lange Oase in Südosten des Jemen, bewohnt seit 1000 vor Christus. Trotz seiner Abgeschiedenheit und einer Geschichte von
Stammesfeindschaften, hat die Region über Jahrhunderte Verbindungen zu Indien und Indonesien aufrechterhalten. Der
Nizam von Hyderabad hat seine
Bodyguards ausschließlich unter den Kriegern der Hadhrami rekrutiert. Auch mit Saudi-Arabien ist die Gegend verbunden, über die alten
Karawanen-Routen der Beduinen. Heute ergibt dies alles das passende
soziale und ökonomische Netzwerk, in dem eine Organisation wie
Al Qaida ihr globales Geschäft betreiben kann - vor allem weil Osama bin Ladens Familie genau in dieser Hadhramaut-Gegend ihren Ursprung hat."
Weitere Artikel: Christopher Hitchens (mehr
hier)
wirft einer ganzen Reihe Autoren - von
Salman Rushdie über
Oriana Falaci bis zu
V.S. Naipaul - vor, in ihrer
Kritik am Islam nicht stringent genug zu sein. Einzige Ausnahme ist ihm
Stephen Schwartz, der gerade das Buch "The Two Faces of Islam" veröffentlicht hat, in dem er mit der
Wahabitischen Ausrichtung hart ins Gericht geht, wie auch in einem online zu lesenden
Interview. Michael Kelly
bemerkt mit Blick auf einige "lamentierende" oder gar
Antikriegsgedichte schreibende Autoren, wie "schwer, gefährlich, verdammt mutig, selbstlos und wirklich einsam" es im Moment sein muss, das
Gewissen der amerikanischen Nation zu sein. James Wood
fragt, wie gut der
Romancier Henry James eigentlich wirklich war. Perry Anderson
zeigt sich enttäuscht von William Taubmans
Chruschtschow-Biografie. Außerdem sind die
Kurzgeschichte "We have a Pope" von
Christopher Buckley zu lesen sowie Gedichte von
Jesse Iott,
W. D. Snodgrass und
T. R. Hummer.
Nur im Print: Der Historiker und Journalist Richard Brookhiser zeichnet ein ausführliches
Porträt George W. Bushs. In einem Online-Interview
erklärt er, wie
Bush "tickt" und versichert, dass der Mann zwar absolut
uncharismatisch und unfähig sei, zwei Sätze hintereinander zu sagen, dabei aber
ziemlich intelligent und ein
hervorragender Manager sei.
Literaturen, 01.04.2003

Schluss mit den
Patriarchen, und der übermächtigen Aufarbeitung von Vaterkonflikten in der Literatur: jetzt erobern die
Mütter die Szenerie der literarischen Betrachtung. Aber weder die "Blut-und-Boden-
Heldenmütter" noch die "deutschen
Übermuttis der Nachkriegszeit", sondern
neue Mütter, die ihre Autonomie schon mal auf Kosten anderer ausleben.
Und so hat sich Sigrid Löffler in zwei
Katia-Mann-Biografien nach der Figur der
Matriarchin umgesehen. Allerdings ohne Erfolg, wie sich herausstellt, denn sowohl in
Inge und
Walter Jens' "
Frau Thomas Mann. Das Leben der Katharina Pringsheim" als auch in
Kirsten Jüngling und
Brigitte Rossbecks "
Katia Mann. Die Frau des Zauberers" ist von der strahlenden Matriarchin nichts zu sehen: "Sie ist den femininen Seiten ihres Mannes mit ihrer eigenen
Vermännlichung entgegengekommen, wie die Altersbilder des Paares deutlich machen, die einen gezierten Thomas und eine stämmige Katia mit männlichem Haarschnitt und Outfit zeigen." Aufopferungsvoll und doch zu männlich, um eine
gute Mutter zu sein, erscheint sie, was Sigrid Löffler zu dem skurrilen Fazit führt: "Vielleicht könnte man ja
Thomas Mann als Katharina Pringsheims
erfolgreichstes Hätschelkind betrachten. Daran, dass sie der
einzige Mann in der Familie gewesen ist, kann kaum ein Zweifel bestehen."
Zum selben Thema - allerdings nur in der Printausgebe - gibt es auch das
Literaturen-Gespräch, in dem die Autorin
Zsuzsa Bank, die Verlegerin
Antje Kunstmann und die Schauspielerin
Eva Mattes über weiblich Rollenerwartung und Selbstwahrnehmung diskutieren. Und schließlich wird nach
neuen Weiblichkeitskonzepten Ausschau gehalten: Caroline Neubaur sucht im Sachbuch und Frauke Meyer-Gossau im Roman.
Aus London
berichtet David Flusfeder über den britischen
"Bad-Sex"-Preis (mehr
hier), der laut seinem Erfinder
Auberon Waugh zum Ziel hat, "die Aufmerksamkeit auf die kruden, geschmacklosen, oft
nachlässig geschriebenen und redundanten
sexuellen Passagen in modernen Romanen zu lenken, um solches künftig zu verhindern". Denn nicht immer will man Dinge lesen wie: "Und dann brach mein Körper, wie eine Kathedrale, in Geläut aus. Der
bucklige Glöckner im Turm war losgesprungen und schwang jetzt wie verrückt an seinem Glockenseil." Dann schon eher so etwas: "Während die Erregung des
Majors steigt, wechselt er von
'Halali!' zu 'Auf geht's!' und das Bett stöhnt bei dem Versuch, seine strukturelle Integrität aufrechtzuerhalten." Oder doch nicht?
Weitere Artikel: Richard David Precht
erinnert sich an die Welle der
"Little Big Men" in den achtziger Jahren, eine Zeit, in der ein
Autor vom
Trickbetrüger bis zum Nachtwächter schon alles gewesen sein musste, um glaubwürdig zu wirken. Aram Lintzel ist im
virtuellen kulturellen Wien herumgeschlendert und hat vor allem
"alten Glanz" vorgefunden.
Prospect, 01.04.2003

Ist
Demokratie westlichen Zuschnitts in der
arabischen Welt möglich? Oder widerspricht sie grundsätzlich der traditionellen politischen Kultur der islamischen Zivilisation? Der
Prospect stellt in seiner
Titelgeschichte Ansichten und Prognosen zur umstrittenen Frage nebeneinander:
"Arabischen Gesellschaften", schreibt
Adam Garfinkle, "fehlen drei Voraussetzungen zur Demokratie: Die Überzeugung, dass die Quelle politischer Autorität innerhalb der
Gesellschaft liegt, die Vorstellung einer
Mehrheitsregierung und die Akzeptanz der
Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz." Regierungsgewalt beruhe auf einem Konsensmodell, dem die Annahme einer äußeren Autorität und natürlicher Hierarchien innerhalb der Gesellschaft zugrunde liegen. All das sei keineswegs gleichbedeutend mit Tyrannei. Wer aber dem Irak Demokratie aufzwingen wolle, warnt Garfinkle, müsse mit einem Bumerangeffekt rechnen.
Robin Banerji ergänzt: Arabische Autokratien seien deshalb so sattelfest, weil die Gesellschaften aus
Patronatsgeflechten bestehen, in denen fast alle sich einer väterlichen Macht unterordnen, um so die eigene Stellung zu sichern und gehört zu werden.
Ahmad Samih Khalidi sucht nach einem
Mittelweg, der demokratisches Wahlrecht mit traditionellen Regierungsformen versöhnen könnte, während
Kenneth M. Pollack und
Daniel L. Byman solche Überlegungen zurückweisen: Alles andere als ein konsequenter Weg Iraks zur Demokratie, meinen sie, hätte entweder schwache Regierungen oder
neue Saddams zur Folge - und in jedem Fall keine stärkere Repräsentation der Mehrheit der Bürger. Und es sei falsch, dass Demokratie arabischen Gesellschaften zu fremd und deshalb dort nicht durchsetzbar sei: "Demokratie ist nicht nur richtig, sie ist auch
realistisch." Da hat
Fouad Ajami zwar seine Zweifel, er wäre aber schon mit einer Semi-Demokratie zufrieden und erklärt, warum er ein
föderalistisches Staatsmodell im Irak für die beste Idee hält.
Es gibt keine bindende Wahrheit mehr, nur noch Versionen davon? Haben wir nur noch die Wahl zwischen Relativismus und Skeptizismus? Des Weges kommt die nach Ansicht vieler "pferdefüßige und
dreifach gehörnte Figur des
Richard Rorty" und meint: Es geht doch gar nicht um die richtige Repräsentation der Welt, sondern nur um den überzeugenderen Diskurs - wer
mehr Anhänger hat, setzt seine Werkzeuge besser ein. Hört also endlich auf, nach der Wahrheit zu suchen und daraus Autorität abzuleiten. Simon Blackburn
findet, dass Rorty selber nichts anderes macht und empfiehlt einen Reality Check.
Weitere Artikel: William I. Hitchcock
berichtet über die in den
USA vorherrschende Wahrnehmung vom
Zweiten Weltkrieg - amerikanische junge Männer, die Demokratie im Herzen tragend, besiegen ohne nennenswerte alliierte Hilfe die deutschen Faschisten - und zeigt, wem der heroische Mythos gerade jetzt wieder nützt. Ken Worpole
erklärt mit Bedauern, auf welche Weise sich die
Kultur des Begräbnisses im vergangenen Jahrhundert gewandelt hat und wie man das an der Architektur unserer Friedhöfe ablesen kann. Und Anthony Gottlieb
kommentiert John Horgans Versuch, hinter das Geheimnis
nichtreligiöser mystischer Bewegungen zu kommen, auch wenn er selber keines entdecken kann.
New Yorker, 24.03.2003

Ziemlich viel Lesestoff in dieser Ausgabe. Nicholas Lemann
rekonstruiert in einem "Letter from Washington"
Bushs Entscheidungsprozess für einen Krieg , und Jon Lee Anderson
beschreibt aus
Bagdad die Berichtslage in einer belagerten Stadt.
Seymour M. Hersh hat schließlich
recherchiert, wie es dazu kam, dass die US-Regierung einen
gefälschten Bericht über das
irakische Atomwaffenprogramm akzeptierte und fragt sich, wer hier eigentlich wen belogen hat. Grundlage ist ein
geheimer Bericht der CIA und ihres Chefs George Tenet vom 24. September vergangenen Jahre, wonach der Irak zwischen 1999 und 2001 versucht habe, "fünfhundert Tonnen
Uran aus Niger zu beziehen, dem weltweit größten Produzenten." Das Material könne "bei entsprechender Verarbeitung auch zum Waffenbau verwendet" werden. "Am gleichen Tag veröffentlichte in London
Tony Blairs Regierung einen Bericht, der viele der Informationen enthielt, die dem US-Senat als geheimes Material übergeben worden waren - der Irak habe versucht, 'bedeutetende Mengen an Uran' von einem nichtgenannten afrikanischen Land zu kaufen, 'obwohl (der Irak) kein laufendes Atomwaffenprogramm hat, wofür er es brauchen kann'." Zwei Tage später habe Colin Powell bei einer Anhörung vor dem Foreign Relations Committee diesen Versuch des Irak als "
Beweis für bestehende Atompläne" gewertet. "Die Aussagen von Tenet und Powell trugen dazu bei, die
Demokraten zu beruhigen, und zwei Wochen später die überwältigenden Mehrheit der Resolution zu ermöglichen, die dem Präsidenten das Kongressmandat für einen Angriff gegen den Irak gab."
Des weiteren zu lesen: die
Erzählung "When I Woke Up This Morning Everything I Had Was Gone" von
T. Coraghessan Boyle (mehr
hier). David Remnick
denkt über die Bedeutung von "
Demut" nach einer geschlagenen Schlacht nach, Nancy Franklin
kommentiert die amerikanischen
TV-Kriegsberichterstattung, und Anthony Lane
analysiert noch einmal die möglichen
Beweggründe für die Politik von
Tony Blair.
Besprechungen:
John Updike sieht Don DeLillo (mehr
hier) in seinem neuen Roman "Cosmopolis" (Scribner) auf seiner "nach-christlichen Suche nach einer tieferen Ordnung" bei der "
globalen Computerisierung" angekommen: "der Null-Eins-heit der Welt, dem digitalen Imperativ, der jeden Atemzug der Milliarden Erdenbewohner definiert." Robert Conquest
rezensiert eine Studie des Politikwissenschaftlers William Taubman über
Nikita Chruchtschow "The Man and His Era" (Norton), außerdem gibt es
Kurzbesprechungen, darunter von einer
Kulturgeschichte der Masturbation.
Alex Ross
berichtet über ein
Berlioz-Festival im Lincoln Center, Nancy Franklyn
stellt die beiden
TV-Krimiserien "Without a Trace" und "The Shield" vor und schwärmt von Emmy-Gewinner
Michael Chiklis in letzterer. David Denby war im
Kino und sah die Stephen King-Verfilmung
"Dreamcatcher" von
Lawrence Kasdan, in dem ein "grässlicher Wurm" die Rolle des Monsters spielt, sowie die Independent-Produktion
"Raising Victor Vargas" von
Peter Sollett.
Nur in der
Printausgabe: eine Betrachtung über "Isolation und Einfluss" von
Noam Chomsky, ein Bericht über
Golfen in Manhatten (da fragt man sich schon, wo dafür eigentlich Platz sein soll) und
Lyrik von Franz Wright und Richard Wilbur.
Espresso, 27.03.2003
CNN ist im zweiten Golfkrieg großgeworden durch schnelle, professionelle und unabhängige Berichterstattung. Zumindest mit der Unabhängigkeit ist es mittlerweile vorbei und CNN zum
Staatsfernsehen verkommen,
schimpft Giorgio Bocca. Ja, der ganze "amerikanische Journalismus hat in wenigen Jahren seine Grundsätze der Autonomie, der Unabhängigkeit aufgegeben, die zwar immer schon zum großen Teil ein
Marketingmärchen waren, aber trotzdem ein Gegengewicht dargestellt haben. Heute hat der amerikanische Journalismus ebenso wie der europäische begriffen, dass sie
der Politik untergeordnet sind, der Regierung, dem unangefochtenen Protagonisten: die ersten Seiten sind den Worten von George W. Bush und seinen Ministern gewidmet oder zitieren die Führer der Opposition, das wirkliche, reale Land ist aus der Berichterstattung verschwunden."
Geld ist heutzutage zum einzigen Wert geworden, klagt Bocca, und die
Regierung, die das Geld druckt, die wirkliche Macht. "In den amerikanischen Zeitungen und im Fernsehen ist es mittlerweile
sehr gefährlich, sich gegen diese beiden Mächte zu stellen." (Ach ja? Da soll er uns erst mal den
Seymour Hersh Italiens zeigen!)
Der
Espresso gibt neuerdings zu vielen Artikeln eine ganze Reihe von zusätzlichen Quellen im Netz an, in diesem Fall etwa zu einer irakischen
Tageszeitung, dem
Staatsfernsehen und der
Nachrichtenagentur, außerdem zu amerikanischen 'oppositionellen' Medien wie der
Seite von
Ken O'Keefe, dem Anführer der menschlichen
Schutzschilde, und ein
offener Brief von
Michael Moore, in dem er dem Präsidenten vorwirft, mit dem Krieg nur von den immensen Problemen im eigenen Land ablenken zu wollen. Verwiesen wird außerdem auf zwei neue Bücher zum Thema
Journalismus in Amerika, die vergangene Woche in der
Book Review der
New York Times besprochen wurden (siehe vorige
Magazinrundschau).
Ansonsten gibt es diese Woche vor allem Kriegsberichterstattung, etwa ein
Porträt des amerikanischen Oberbefehlshabers
Tommy Franks.