Magazinrundschau

Die Magazinrundschau

Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
13.09.2004. Im ungarischen Elet es Irodalom ärgert sich Istvan Eörsi über die Heuchelei des abgedankten Premiers Peter Medgyessy. Reportajes annonciert Gabriel Garcia Marquez' ersten literarischen Text seit zehn Jahren. Al-Ahram beschreibt die unerwarteten Folgen der Diskriminierung arabischer Amerikaner. Der New Yorker befürchtet eine Umdefinierung des Wahlrechts. In der Gazeta Wyborcza erklärt die Historikerin Anna Wolff-Poweska, warum uns die Polen so gern anbrüllen. Im Espresso erzählt der Regisseur Michael Radford, wen Marlon Brando als Shylock sehen wollte. Der Merkur widmet sich dem Ressentiment, Folio dem Erdöl.

Elet es Irodalom (Ungarn), 03.09.2004

In der prominentesten kulturellen Wochenzeitung Ungarns verabschiedet der Schriftsteller Istvan Eörsi den kürzlich zurückgetretenen ungarischen Premier Peter Medgyessy. Nach seinem Regierungsantritt von 2002 wehrte sich Medgyessy gegen Vorwürfe wegen seiner Stasi-Vergangenheit mit dem abenteuerlichen Argument, er habe damals als Geheimagent ein contra-sowjetisches Ziel im Auge gehabt. "Man nimmt eine solche Erklärung von einem Humoristen lachend zur Kenntnis. Wenn jedoch ein Ministerpräsident so etwas behauptet, ist es unsere gemeinsame Schmach", schreibt Eörsi. "Ich würde einen abgestürzten Mann nicht noch einmal in seinen eigenen Schmutz tauchen lassen, wenn er nicht gerade jetzt dessen gewahr würde, was ihm als leitenden Funktionär des Kadar-Regimes nicht aufgefallen ist, nämlich dass die Politik eine hässliche Sache sein kann. Jetzt, da seine Inkompetenz für alle außer Zweifel steht, wird er plötzlich klug und erklärt: er sei enttäuscht davon, was bis jetzt die Substanz und der wesentlichste Inhalt seines Lebens war."

Der große Flaneur der ungarischen Gegenwartsliteratur und Mitherausgeber von Magyar Lettre Internationale Endre Kukorelly denkt über die allmählich auch Ungarn erreichende Nostalgiewelle nach: "Polizeistaat, sechziger Jahre, es war nicht witzig. Sondern? Jedenfalls war es lange, zumindest in meiner Meinung, zumindest für mich. Für jemanden, der am Beginn 9 und am Ende 19 Jahre alt war, waren die Sechziger unwahrscheinlich lange." Und dann sinniert er über die "schwindelerregende Anziehungskraft" des Kommunismus nach: "Er setzt uns in die Kindheit zurück. Wir können wieder ein sich willkürlich benehmendes, an der Herrschaft ungerechter Erwachsenen leidendes, sich widersetzendes Kleinkind sein."

Für György Gömöri, ungarischer Dichter und Emeritus Fellow am Darwin College in Cambridge, endete das 20. Jahrhundert weder am 1. Januar 2000, noch am 11. September 2004, sondern am 14. August 2004, am Todestag von Czeslaw Milosz (mehr hier). Gömöri erinnert sich an seine Begegnungen mit Milosz: 1957 in Strasbourg in der Sommer-Universität von Radio Freies Europa und 1963 an der Universität Berkeley in Kalifornien, wo beide osteuropäische Lyrik unterrichteten. Milosz war für ihn "ein gläubiger, polnischer Ketzer", für den der Glaube "nicht als von Anfang an gegeben galt und auch kein konstanter Zustand, aber ein grundsätzliches menschliches Bedürfnis war." (Hier geht es zu einem anderen Milosz-Essay des Autors auf Englisch)

Gazeta Wyborcza (Polen), 11.09.2004

Die Historikerin Anna Wolff-Poweska vom Posener West-Institut (offizielle Webseite), erklärt in der Gazeta Swiateczna, dass der Beschluss des polnischen Parlaments vom Freitag, deutschen Entschädigungsansprüchen mit polnischen Forderungen nach Kriegsreparationen zu begegnen, nicht nur den beiderseitigen Beziehungen schadet, sondern auch den Deutschen keine Angst einjagen wird. "Es zeigte sich, dass es unseren Abgeordneten nicht um Dialog geht, sondern hauptsächlich darum, die eigenen, sehr spezifischen Interpretationen der Geschichte zu präsentieren (...) und die eigene moralische Überlegenheit zu demonstrieren". Der rechtlich nicht verbindlichen Entschließung des Sejm ging eine Debatte voran, über die Wolff-Poweska nur den Kopf schütteln kann. Die Aussagen der Vertreter national gesinnter Gruppierungen im Parlament vergleicht die Historikerin mit der offiziellen antideutschen Propaganda der Volksrepublik. "Nichts irritiert unsere Abgeordneten mehr, als wenn man die Größe und Macht Polens nicht öffentlich bewundert. Die Deutschen soll man anbrüllen, beschuldigen, angreifen, sich in die Brust werfen, damit der Feind uns nicht der Furcht bezichtigt. Einstimmig verkündete man also das Ende der 'Ära der Weichheit und Nachsicht' gegenüber dem westlichen Nachbarn".

"Im September oder Oktober ahnte niemand, dass der Zerfall des Ostblocks so schnell und radikal vonstatten gehen wird. Niemand ahnte, dass das polnische Beispiel einen 'Herbst der Völker' verursachen wird." Vor genau 15 Jahren wurde das Kabinett von Tadeusz Mazowiecki bestätigt - die erste osteuropäische Regierung ohne einen Kommunisten an der Spitze seit dem Zweiten Weltkrieg. Zu den Umständen dieses revolutionären Ereignisses äußert sich der Politiker und Publizist im Interview. Angesprochen wird auch die bis heute heiß diskutierte "Schlussstrich-Passage" aus seinem Expose. "Diese Passage verkündete den evolutionären Charakter der Veränderungen. Keine Revolution, denn die endete in der Geschichte immer mit einer Hexenjagd. In meinem Expose war auch nicht die Rede davon, dass die Vergangenheit nicht beurteilt wird, dass diejenigen, die für Verbrechen verantwortlich sind, schuldlos bleiben. Ich war damals und bin heute noch der Ansicht, dass dies der einzige Weg war, um Polen sicher durch diese schwierige Phase zu führen. Eine außerordentlich schwierige Phase. Heute weiß kaum jemand noch, wie schwierig sie war."
Archiv: Gazeta Wyborcza
Stichwörter: Antideutsche, Ostblock, Hexenjagd

Reportajes (Chile), 12.09.2004

Während alle Welt den zweiten Teil seiner Memoiren erwartet, überrascht Gabriel Garcia Marquez mit dem ersten literarischen Text seit zehn Jahren, meldet das chilenische Magazin Reportajes (einfache Registrierung): Für den 15. Oktober hat soeben die Verlagsgruppe RandomHouse-Mondadori die Veröffentlichung von "Memorias de mis putas tristes" angekündigt, einem gut hundert Seiten langen Roman über einen Greis, der sich zur Feier seines 90. Geburtstages eine Liebesnacht mit einer Jungfrau gönnen will - spanischsprachige Startauflage: eine Million. Gabriel Garcia Marquez zufolge ist der Roman auch ein Remake von bzw. eine Hommage an "den einzigen Roman, nach dessen Lektüre ich Neid empfand": Yasunari Kawabatas Klassiker aus dem Jahr 1962 "Die schlafenden Schönen".

Kaum weniger gut aufgestellt präsentiert sich Steven Spielberg: Auch in Chile läuft in diesen Tagen sein neues Opus "The Terminal" an. Im begleitenden Interview findet Spielberg unter anderem die folgenden klärenden Worte: "Hollywood ist angeblich das reinste Haifischbecken, aber das stimmt nicht. In Hollywood gibt es viele Leute, für die es einfach nichts Schöneres gibt als Geschichten zu erzählen, Filme zu machen, Geld zu verdienen, neue Talente zu entdecken und kompetitiv und kreativ zugleich zu sein. Zum größten Teil ist Hollywood eine kreative und progressive Gemeinschaft großartiger freier Individuen."

In Chile spitzt sich derweil der kompetitiv-kreative Wettlauf der beiden aussichtsreichsten Kandidatinnen um das 2005 neu zu vergebende Präsident(innen)amt zu. (Perlentaucher beziehungsweise Reportajes berichteten: hier und hier) Regierungskoalitionsinterne Hauptkonkurrentin der großartig freien Michelle Bachelet - derzeit sozialistische Verteidigungsministerin und laut Selbsteinschätzung "supergeerdet im Alltag" - ist die vielleicht nicht ganz so entspannt freie derzeitige christdemokratische Kanzlerin Soledad Alvear. Reportajes bietet einen aus 50 Punkten bestehenden Rundum-Check der beiden Rivalinnen im Haifischbecken.
Archiv: Reportajes

Al Ahram Weekly (Ägypten), 13.09.2004

Drei Jahre nach dem 11. September und den anschließenden Diskriminierungen arabischer Amerikaner hat Laila Saada einige ihrer Repräsentanten - den Chefredakteur der wichtigsten englisch-arabischen Zeitschrift Aramica, eine Vertreterin des Arabisch-Amerikanischen Anti-Diskriminierungskommitees und andere mehr - besucht und eine Bestandsaufnahme unternommen. Ihre Ergebnisse: Stereotype Darstellungen arabischer Menschen in den Medien dominieren (aber das war auch schon vor 9/11 so), doch der Aktivismus in den Reihen der Communities hat zugenommen. Vor allem aber: Aus dem Gefühl der kollektiven Benachteilung heraus hat sich eine neue multiethnische und multireligiöse arabisch-amerikanische Identität verfestigt - die Opfer des Patriot Act rücken zusammen, und das könnte schon bei den diesjährigen Wahlen eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen.

Gamal El-Ghitani, einer der renommiertesten Schriftsteller und Oppositionellen Ägyptens, Redakteur des Literaturzeitschrift Akhbar Al-Adab, fährt wie viele seiner Kollegen zur Frankfurter Buchmesse, doch ausdrücklich nicht als Delegierter der arabischen Liga. Seine Kritik am offiziellen Programm: Die Autoren sind zumeist von Kulturbeamten der Teilnehmerländer handverlesen worden, wichtige Autoren fehlen, hastig wurden Übersetzungen zusammengeschustert statt vorhandene neu aufzulegen, der kulturelle Tenor der Veranstaltungen kommt engen orientalistisch-touristischen Vorstellen entgegen. Und das Schlimmste: die dumme, defensive Konzentration auf das "Image" der arabischen Welt.

Weitere Artikel: Jill Kamil erzählt die Geschichte des Al-Hilali-Epos, das von der Unesco in den Stand eines "Meisterwerks des oralen und immateriellen Kulturerbes der Menschheit" erhoben wurde, um es so vor dem - ganz wörtlich, da es sich um ein mündlich überliefertes Versepos handelt - Vergessen zu bewahren. Lubna Abdel Aziz berichtet, dass Oliver Stone allen zuvorgekommen ist, die in Hollywood von Alexander dem Großen träumten: Scorsese, Spielberg und Lucas, Ridley Scott und Mel Gibson. Colin Farrell wird Alexander spielen, Angelina Jolie seine Mutter und Anthony Hopkins Ptolemäus I. Und schließlich: In einer übervölkerten Stadt, zwischen deren Mauern im Hochsommer die Hitze steht - wo ist da der beste Ort, um frische Luft zu schnappen? Wo ist es "kühler im Sommer, und sonnig im Winter"? - Vivian Salama war über den Dächern von Kairo unterwegs.
Archiv: Al Ahram Weekly

New Yorker (USA), 20.09.2004

Jeffrey Toobin analysiert, wie US-Generalstaatsanwalt John Ashcroft (mehr) und das Justice Department das Wahlrecht "umdefinieren", und fragt sich, ob die Behörde sich bereit macht, "Wahlbetrug zu verhindern oder Wähler von der Wahl abzuhalten". So ermögliche das Bundesgesetz dem Justizdepartment zwar die Flexibilität, sich entweder auf die Zulassung von Wahlberechtigten oder die Wahlintegrität im Rahmen der Wahlgesetze zu konzentrieren, doch hätten "solche Betonungsverschiebungen ernsthafte Auswirkungen darauf, wie Stimmen abgegeben und gezählt werden. Theoretisch stellt niemand das Ziel der Eliminierung von Wahlbetrug in Frage, doch die Vorstellung, Bundesstaatsanwälte mit der Wahlaufsicht zu befassen, beunruhigt viele Bürgerrechtsanwälte, schließlich seien nur wenige US-Staatsanwälte mit den Gesetzen zum Schutz der Wahlberechtigung vertraut."

Patricia Marx schreibt über noch unentschiedene Wähler, die angeblich einfach nicht genug über Kerry wissen, um ihn wählen zu können. Zu lesen ist außerdem die Erzählung "Spider Boy" von Joyce Carol Oates.

Joan Acocella rezensiert Phillip Roths neuen Roman "The Plot Against America" , in dem er sein Spiel mit autobiografischen Elementen auf die Spitze treibe. Leo Carey porträtiert den "unterschätzten" britischen (Krimi)Autor Kyril Bonfiglioli (mehr) und bespricht sein neues Buch "Don't Point That Thing at Me" (Overlook), in dem es um den Diebstahl eines Goya für einen reichen Amerikaner geht. Die Kurzbesprechungen widmen sich unter anderem einer Biografie der von Hitler bewunderten Schauspielerin und Tschechow-Nichte Olga Tschechowa, die der sowjetische Geheimdienst als Agentin rekrutiert hatte. Anthony Lane schließlich bespricht mit äußerst spitzer Zunge die Filme "Wicker Park" von Paul McGuigan, ein Remake von Gilles Mimounis "L'Appartement", und "Infernal Affairs" von Andrew Lau and Alan Mak.

Nur in der Printausgabe: ein Bericht über die Psychotricks, mit denen Unternehmen Persönlichkeitsprofile ermitteln, eine Reportage von Ken Auletta über das Duell der Berater von Kerry und Bush: Bob Shrum und Karl Rove (online ist ein Interview mit Auletta über Kerry, sein Team und die Rolle der Medien im Wahlkampf), Porträts des russischen Clowns Slava Polunin und der Sängerin Gillian Welch sowie Lyrik von Rosanna Warren, Ron Slate und Liz Rosenberg.
Archiv: New Yorker

Merkur (Deutschland), 10.09.2004

"Ressentiment", schreibt der Merkur in seinem Editorial, "ist unter den negativen Eigenschaften wie Neid und Hass die niedrigste und der Vorwurf daher besonders verletzend". Aber weil das Ressentiment für ihn - ganz im Sinne Nietzsches - nicht nur die "Erkennungsmarke von Zukurzgekommenen" ist, sondern auch "Quelle von Originalität", hegt der Merkur es in seinem diesjährigen Doppelheft in aller Ausführlichkeit.

Thomas E. Schmidt liest die "Dialektik der Aufklärung" als das Beispiel ressentimentgeleiteter Kulturkritik im 20. Jahrhundert. "Wo Aufklärung unterdrückt oder verboten wird, bleiben Horkheimer und Adorno gelassen, gerade dort, wo das aufgeklärte Denken siegreich ist, ereignet sich der vorläufig letzte Akt der weltgeschichtlichen Katastrophe. Ihr antiliberaler und antiwestlicher Affekt ist daher ungefiltert."

Christian Demand ("Die Beschämung der Philister") sieht im Ressentiment dagegen kein Ohnmachts-, sondern ein Machtphänomen, "die in der Kunstwelt so bewährte wie allgegenwärtige Diskursstrategie nämlich, sich jeglicher öffentlicher Kritik ... dadurch elegant zu entledigen, dass man die Einwände pauschal mit Ressentiment gegen 'die Kunst' als solche gleichsetzt ... Das wenig attraktive Signum dieser Form des ästhetischen Ständedenkens ist - darin treffen sich Nietzsches höhnische Einlassungen über die christliche 'Sklavenmoral' mit dem Eliteanspruch der Wissenden in der bayerischen Architektenkammer - ein Grundton der Herablassung, der schnell vom gönnerhaft aristokratischen Degout in offene Häme umschlagen kann."

Weiteres: Rainer Paris mokiert sich über einen ausufernden Opferkult. "Opfer ist jetzt, wer sich als Opfer fühlt." Nur im Print behandelt werden die Lust an der Negation, der ewige Nörgler und Rechthaber Karl Kraus, Männerhass, Selbsthass und die Kunst des Rühmens.
Archiv: Merkur

Outlook India (Indien), 20.09.2004

Wo Satyajit Ray seine Aufmerksamkeit dem Individuum schenkte, betrachtete Mrinal Sen die indische Gegenwart mit dem Bewusstsein von Klassengegensätzen, und doch ist es, schreibt Sandipan Deb, unmöglich, über einen der beiden großen Filmmacher zu schreiben, ohne den anderen zu erwähnen - ihr Alter, ihre Liebe zu Kalkutta und eben ihre Gegensätze verbinden sie. In diesem Artikel aber steht Sen im Mittelpunkt, der unter dem Titel "Always Being Born" seine Memoiren veröffentlicht hat - "mit großer Leidenschaft geschriebene Erinnerungen, vom Herzen kommend und ohne alle Bedenken, der Öffentlichkeit den Blick ins Innerste der Seele zu gestatten."

"Gutes Design kann beinahe jeden besser aussehen lassen" und Indien hat eine ebenso reiche wie lange Tradition der Mode. Grund genug für Outlook, in einem Dutzend Kategorien die besten Designer des Subkontinents zu küren. Shobita Dhar listet die Gewinner auf und stellt die Nummer 1 vor: Ritu Kumar, deren "Stoffe, Technik, Schnitte und Farben Indien verkörpern".

Weitere Artikel: Seit dem 2. September, dem Beginn des neuen Schuljahres, ist in französischen Schulen das Tragen religiöser Symbole untersagt. Das bedeutet unter anderem, dass Sikhs keinen Turban mehr tragen dürfen. Die betroffenen Schüler und Studenten, berichtet Ranvir Nayar, wollen sich damit nicht abfinden. Amitava Kumar legt den Lesern Nadeem Aslams Roman "Maps for Lost Lovers" ans Herz: weil er - ein Fingerzeig für Hinduisten - Courage hat, und weil seine Sprache "mit der Schönheit von Urdu-Poesie parfümiert" ist.
Archiv: Outlook India
Stichwörter: Kalkutta

Espresso (Italien), 16.09.2004

Lorenzo Soria erzählt ein wenig rund um den "Kaufmann von Venedig" (hier die Handlung zum Nachlesen), der vor zwei Wochen auf dem Filmfestival eben jener Stadt Premiere hatte. So erfahren wir, dass Regisseur Michael Radford am liebsten Marlon Brando in der Rolle des Shylock gesehen hätte. Der wollte aber nicht. "Er ließ uns wissen, dass die Sache ihn nicht interessiere. Er habe die Welt des Theaters als junger Mann verlassen und als alter Mann denke er nun gar nicht daran, wieder zurückzukehren. Allerdings schlug er einen Ersatz vor, er erinnerte sich an die Zeiten des 'Paten', als er Don Vito und ein anderer Schauspieler Michael Corleone spielte. 'Die einzige Person, die ich mir vorstellen könnte, und ich empfehle ihn mit Nachdruck, ist Al Pacino."

Der Wirtschaftswissenschaftler und New York Times-Kolumnist Paul Krugman (mehr) kommentiert den Parteitag der Republikaner, um schließlich schwere Geschütze aufzufahren. "Das alles zeigt auch, dass ein Großteil der Leute, die an dieser Versammlung teilgenommen haben, Amerika hassen, auch wenn sie die Nationalflagge schwenken. Das sind Leute, die eine monolithische, kontrollierte Gesellschaft wollen. Es sind Leute, die Angst haben, die die Freiheit, die Vielfältigkeit und die Komplexität unseres Landes verabscheuen."

Annalisa Piras nimmt eine Londoner Ausstellung zu Jimi Hendrix zum Anlass, noch einmal dessen Bedeutung für die Musikgeschichte herauszustreichen, den Londoner Club "The Marquee" (mehr) zu würdigen und den Hendrix-Spezialisten Carlo Verdone zu interviewen. Monica Maggi entdeckt eine Subkultur, die mittlerweile groß genug ist, um auch vom Espresso wahrgenommen zu werden: Frauen, die schwere Motorräder fahren.
Archiv: Espresso

Point (Frankreich), 13.09.2004

In einem umfangreichen Essay stellt der französische Philosoph und Journalist Roger-Pol Droit (mehr) den Begründer und Vordenker des Islamismus vor, den Schriftsteller und Dichter Sayyid Qutb (1906-1966, mehr hier und hier). Er schreibt: "In Qutbs kosmischer Vision, stellt sich das Volk Gottes (die wahren Muslime) den Juden und Christen entgegen, welche schon seit jeher und ohne Erfolg versucht haben, es zu vernichten ... Jene Passagen im Koran, welche zur Vergebung und Toleranz gegenüber den Juden anhalten, empfiehlt Qutb keinen Wert beizumessen." Sein "theologischer Totalitarismus" ziele auf einen "langen Krieg im Namen Gottes", jeglicher Laizismus gelte als "Verbrechen", jede "Freiheit zum Nichtglauben" werde abgelehnt. Als bestes Werk über das Denken von Qutb empfiehlt Droit "Mystique et politique. Le Coran des islamistes. Lecture du Coran par Sayyid Qutb, Frere musulman radical (1906-1966)." von Olivier Carre. Mehr journalistisch ausgerichtet sei dagegen das Buch des amerikanischen Autors Paul Berman "Les habits neufs de la terreur" (Terror und Liberalismus), zu dessen französischer Ausgabe Pascal Bruckner ein Vorwort geschrieben hat.

In seiner Kolumne kommentiert Bernard-Henri Levy in dieser Woche das Drama von Beslan und bezeichnet die Geiselnahme von Kindern als "neuen Eskalationsgrad" des internationalen Terrorismus. Für eine derartiges "Gräuel" gebe es "keine Entschuldigung", auch die "bemitleidenswerte und tragische" Geschichte Tschetscheniens könne weder zur Erklärung noch zur Rechtfertigung der Verbrechen an den "kindlichen Märtyrern" herhalten. "Trotzdem. Ja, trotzdem darf uns diese Tatsache nicht davon abhalten, zumindest ein Minimum an kritischer Reflexion der Hintergründe und Begleiterscheinungen des Dramas anzustellen". So führt Levy etwa Putins Desinformationspolitik an, beklagt die "Al-Qaidisierung" Tschetscheniens und kritisiert die "beschämende" und "feige" westliche Außenpolitik gegenüber Russland. Levy fordert abschließend "die restlose Verurteilung dieses Faschismus unserer Zeit, den der Terrorismus islamistischen Ursprungs darstellt. Und zweitens die Ablehnung einer Politik, die zum Leid der Welt beiträgt und offensichtlich nichts in Ordnung bringt."
Archiv: Point

New Republic (USA), 13.09.2004

Der irische Dichter Seamus Heaney greift zur Feder, um den verstorbenen Czeslaw Milosz zu betrauern. Neben einer ausführlichen Würdigung des Werks erinnert sich Heaney an zwei Begegnungen mit dem bereits betagten Milosz in Krakau Anfang der Neunziger: "Beim ersten Mal war er ans Bett gefesselt, zu krank um eine Konferenz zu seinen Ehren zu besuchen. Das zweite Mal hatte er sich in seinem Wohnzimmer niedergelassen, genau im Angesicht der lebensgroßen Bronzebüste seiner zweiten Frau Carol. 30 Jahre jünger als er, starb sie 2002 einen schnellen und grausamen Tod an Krebs. Und als er so da saß auf der einen Seite des Raums, die Büste ihm gegenüber, schien der alte Dichter sie und alles andere bereits von fernen Gestaden aus zu betrachten. Zu dieser Zeit wurde er von seiner Schwiegertochter gepflegt, und vielleicht war es neben seiner entrückten Erscheinung auch ihre über allem schwebende Aufmerksamkeit, die an den alten Ödipus denken ließ. An den alten König Ödipus, bewacht von seinen Töchtern im Hain auf Kolonos, der nun den Ort erreicht hatte, von dem er wusste, er würde hier sterben. Kolonos war nicht sein Geburtsort, aber es war der Ort, an dem er zu sich selbst zurückkehrte, zur Welt und ins Jenseits; genau das könnte man auch von Milosz in Krakau sagen." (Von Milosz selbst gelesene Gedichte gibt es hier)
Archiv: New Republic

Spiegel (Deutschland), 13.09.2004

Klaus Brinkbäumer war beim Petersburger Dialog in Hamburg, auf dem auch Dr. Leonid Roschal sprach - Kinderarzt in Moskau, Direktor des Instituts für Katastrophenmedizin und einer der Vermittler, die mit den Geiselnehmern in Beslan verhandelt hatten: "Er sagt: 'Von meinem Standpunkt aus betrachtet, tobt bereits der Dritte Weltkrieg. Er hat bereits begonnen.' Es ist still im Großen Festsaal. Nicht mal Gorbatschow redet noch. Es ging in Beslan nicht um Tschetschenien, sagt Roschal, 'es ging darum, einen neuen Spannungsherd zu erzeugen, deshalb haben sie keine russische Schule besetzt, sondern eine Schule des Nachbarvolkes'. Schäuble legt den Kopf schief, Gorbatschow hält seinen Kopfhörer in der Hand, er braucht keine Übersetzung. Die Terroristen haben Erfolg, sagt Dr. Roschal, 'die Stimmung in Beslan ist jetzt so: Wir marschieren gegen Inguschien! So beginnt die Tragödie, so beginnt dort der Krieg, in dem Tausende sterben werden'."

Außerdem: Barbara Supp hat mit der Sängerin Senait über ihr Buch "Feuerherz" gesprochen, in dem die Sängerin von ihrem Leben als Kindersoldatin im äthiopisch-eritreischen Bürgerkrieg berichtet. Irina Repke und Gunther Latsch haben die SED-Vergangenheit von Frank Gottschalk recherchiert - dem Mann, der mit "Plus 6" den ersten deutschen Pornografie-Sender plant, mit Sitz in Vorpommern. Besprochen wird Kitty Kelleys Buch "Der Bush-Clan", eine "umfassende Sammlung aller Schandtaten, die sich der Präsidenten-Clan jemals hat zu Schulden kommen lassen", wie Hans Hoyng genüsslich versichert.

Nur im Print: Ein Auszug aus Joachim Fests Erinnerung; ausgewählt wurde die Passage über "die schwierige Liebe" zwischen Hannah Arendt und Martin Heidegger. Es gibt eine "Schadensbilanz" nach dem Brand in der Weimarer Anna Amalia Bibliothek. Außerdem ein Interview mit Friedrich Merz über "die Verirrungen der Konservativen in der Reformpolitik". Und ein Gespräch mit IG-Metall-Chef Jürgen Peters über die gewerkschaftliche "Reform-Renitenz und die Rolle der Gewerkschaften in der Autoindustrie".

Im Titel zu Alexander von Humboldt spricht Hans Magnus Enzensberger im Interview "über die ansteckende Kraft des Humboldtschen Erkenntnisdrangs, die gegenwärtige Jammersucht der Deutschen und die Rolle des widerständigen Intellektuellen gestern und heute".
Archiv: Spiegel

Economist (UK), 10.09.2004

Wenn Soldaten nicht kämpfen, müssen sie unterhalten werden. Das hat das Pentagon dazu veranlasst, mit der nationalen Kunststiftung National Endowment for the Arts (NEA) zusammenzuarbeiten, berichtet der Economist amüsiert. Frucht dieser Zusammenarbeit sei eine Theatertruppe, die durch die in den USA gelegenen Armee-Stützpunkte toure und den Soldaten jetzt statt langbeiniger, gesinnungs-stärkender Blondinen Shakespeares "Macbeth" biete - zur Aktivierung des "Braveheart-Effekts". Dass bei Shakespeare aus Machtgier gemordet wird und am Ende so ziemlich jeder über die Klinge gesprungen ist, will Dana Gioia, Leiter des NEA, jedoch nicht als politische Andeutung verstanden wissen: "Es ist bloß ein kurzes, bekanntes Stück ohne viel Bühnenbild und mit kleiner (und schnell abnehmender) Besetzung. Darüber hinaus, fügt er hinzu, ist es ein Stück über Soldaten. Nun ja, klar, in der Tat kommen gelegentlich welche vor, manchmal als Bäume."

Wären die Taten von Beslan im Krieg begangen worden, sie müssten als Kriegsverbrechen gelten. Doch Wladimir Putins Versuch, aus dem 3. September einen russischen 11. September zu machen, verschleiert nicht nur die Tatsache, dass die Tschetschenien-Krise eine inner-russische Angelegenheit ist, er könnte sich sogar als gefährlich herausstellen, lesen wir im Aufmacher.

Weitere Artikel: Fred Bergsten (Direktor des Institute for International Economics), erklärt die fünf Hauptrisiken, die die Weltwirtschaft bedrohen: Drei davon gehen auf die Rechnung der USA. Trotz des bisherigen Kopf-An-Kopf-Rennens der beiden amerikanische Präsidentschaftskandidaten, so der Economist, könnte der eindeutige Sieger neuen Umfragen zufolge George Bush sein. Begrüßt wird die Initiative einiger renommierter humanmedizinischer Fachzeitschriften, nur noch über offiziell bekanntgegebene klinische Versuche zu berichten (sehr zum Ärger der Pharmaindustrie).

"Als die Behörden endlich damit aufgehört hatten, sich darüber zu sorgen, ob Napoleon oder Bismarck oder der Kaiser oder Hitler seine Armee geradewegs hindurchschicken könnte, fingen sie an, sich über die Ausgaben aufzuregen." Wenn es einem zu verdanken ist, dass der Eurotunnel dennoch gebaut wurde, dann ihm, so der Economist in seinem Nachruf auf Alastair Morton. Als wahres Geschenk an den Dichter lobt der Economist Edwin Williamsons Biografie von Jose Luis Borges ("Borges: A Life", Leseprobe). Da Williamson ausschließlich auf Borges' Schriften und Werke zurückgreife, um den "inneren" Dichter zu beschreiben, will es scheinen, Borges selbst habe seine eigene Autobiografie geschrieben - sozusagen aus dem Jenseits.
Archiv: Economist

Folio (Schweiz), 01.09.2004

Schwarzes Gold oder Exkrement des Teufels? Folio widmet diese Ausgabe dem Öl und seiner, beziehungsweise unserer Zukunft.

Schon immer galt seine Leidenschaft dem Öl, zuerst als Öljäger und nun als "Kassandra der Ölindustrie": Der englische Geologe Colin Campbell erklärt im Gespräch mit Andreas Heller und Andreas Dietrich, dass es nicht darauf ankommt, wann der letzte Tropfen Öl gewonnen wird, sondern wann es zum "Ölpeak" kommt, sprich wann die Hälfte der Ölvorkommen erschöpft sein wird. "Der Ölpeak ist der größte Wendepunkt in der Geschichte der Menschheit. Die Ökonomen sagen immer: Die Steinzeit endete nicht, weil es keine Steine mehr gab, sondern weil ein natürlicher Fortschritt stattfand zu Bronze, Eisen und so weiter. Es gab noch massenhaft Steine, aber man fand Besseres. Diesmal aber gehen uns die Steine aus, und es ist nichts Besseres in Sicht. Wir sind eine Treppe hochgestiegen, jetzt stehen wir zuoberst, nun geht es wieder runter - nicht weil wir das wollen, sondern weil uns die Natur dazu zwingt." Mehr von und über Campbell finden Sie hier.

Weitere Artikel: Daniel Litvin rekapituliert die Geschichte der Ölabhängigkeit und prophezeit uns einen baldigen Zwangsentzug. Klaus Jakob erklärt, warum Öl ein Fastalleskönner ist. Serge Enderlin war im neuen Öldorado Kasachstan zu Besuch und hat erfahren, dass Chef-Architekt Wladimir Laptew davon träumt, die kasachische Hauptstadt Astana zum Berlin Eurasiens zu machen. Markus M. Haefliger hat fünf Erdölländer gefragt, was sie aus ihren Schätzen machen. Es wird aufgedeckt, was Fönfrisuren, Hummer und Cocktails aus St. Pauli mit Öl zu tun haben. Von wegen nichts als Wasser! - Susan Boos stellt die wenigen Menschen vor, die an Öl- und Gasvorkommen im Schweizer Boden glauben. Und Victor Kocher hat das Klischee des Ölscheichs auf Herz und Nieren überprüft.

Schließlich die Duftkolumne: Luca Turin schwärmt von "Chypre" - Francois Cotys "parfumistischem Gegenstück zum Konzert in drei Sätzen" - und bedauert, dass es keine Frauen mehr gibt, die es wagen würden, solche eigensinnigen Parfums zu tragen.
Archiv: Folio

Times Literary Supplement (UK), 10.09.2004

Adam Ashforth wundert sich, dass der Name Tsietsi Mashinini, der am 16. Juni 1976 in Soweto als "brillanter und charismatischer Student" den Widerstand gegen die Apartheid angeführt hatte, so sehr in Vergessenheit geraten ist. Deshalb begrüßt er auch "A Burning Hunger", einen "historischen Roman" von Lynda Schuster, der "dem Leser die Möglichkeit gibt, mit dem Blick auf ein Familienleben einen Eindruck von den Kräften zu bekommen, die die Geschichte eines gesamten Landes formen". Allerdings stört er sich an dem Vorwort, in dem Schuster den Kampf gegen die Apartheid zu einer Geschichte von "Gefangennahme, Folter, Exil, Trennung und Verlust" auf der einen Seite, von "Würde, Mut und Stärke" auf der anderen verklärt: "Das ist aufgeblasener Unsinn. Selbst die Wahrheitskommission fand die moralische Landschaft des Anti-Apartheid-Kampfes etwas komplexer." Aber im Buch selbst, versichert Ashforth, "kann der Leser die durch ihren Prolog auferlegten Demütigungen vergessen".

Weiteres: Jeremy Treglown arbeitet sich durch die Familienverhältnisse der "Naughty Nine" Garmans, doch auch Cressida Connollys Biografie "The Rare and the Beautiful" hat ihm nicht erklären können, warum die "Garmans nicht so berühmt sind wie die Mitfords", wo doch Kathleen die Frau des amerikanischen Bildhauers Jacob Epstein wurde, Douglas der Liebhaber von Peggy Guggenheim, und sowohl Lorna wie auch Laurie Lee den Künstler Lucian Freud beglückten.

Claude Rawson kann sich für die Bibliografie begeistern, die Dirk F. Passmann und Heinz J. Vienken in "The Library and reading of Jonathan Swift" zusammengestellt haben. Und David Horspool bespricht Jonathan Coes "The Closed Circle".

New York Times (USA), 12.09.2004

Eine wahre Fundgrube, diese Ausgabe! Art Spiegelman hat ein neues Buch geschrieben - oder besser: ein neues Buch gezeichnet? David Hajdu weiß nicht so recht, was er mit "In the Shadow of no Towers" anfangen soll. "Ein seltsam dünner, aber robuster Zwitter von einem Buch - eine intime Erinnerung an die Attacken auf das World Trade Center, die Spiegelman aus der Nähe miterlebt hat, ein Schwadronieren über ihre Auswirkungen auf die Welt im Allgemeinen und den Autor im Besonderen, und eine Monografie der Sonntagszeitungs-Comic-Strips des frühen 20. Jahrhunderts, alles auf 42 überformatigen Seiten."

"Ist diese Sammlung ein Revival oder ein hübsches Grab", fragt William Deresiewicz angesichts der "Gesammelten Erzählungen" von Isaac Bashevis Singer (mehr). Um dann nur umso begeisterter zu applaudieren. "Drei dicke Bände bringen den allergrößten Teil seiner Kurzerzählungen zusammen, fast 200 Geschichten insgesamt. Und was war er für ein Kurzgeschichtenschreiber! Der schiere Überfluss seiner Produktion, zusammen mit seinem berühmten Interesse am Sex, lässt an einen jüdischen Boccaccio denken, und Singer ist wirklich boccaccianisch in seiner Ausgelassenheit, seiner Leichtigkeit und seiner Fantasie. Ich habe mich vielleicht zweimal gelangweilt, während ich die 2.500 Seiten dieser Sammlung gelesen habe."

Weiteres: Begleitet von einer vor Understatement bebenden kurzen Vorrede druckt die New York Times Book Review "The Bargain" ab, die "vermutlich letzte unveröffentlichte Erzählung" von Truman Capote (hier mehr über ihn, hier mehr von ihm), geschrieben vor mehr als fünfzig Jahren. Leon Wieseltier schreibt einen poetischen Nachruf auf den polnischen Schriftsteller und Nobelpreisträger Czeslaw Milosz.

Der Nihilismus hat ganz Amerika erfasst, behauptet Cornel West in "Democracy Matters" (Leseprobe). Caleb Crain bewundert zwar die "enorme" Allgemeinbildung des Autors, überzeugt ist er aber noch lange nicht. Dafür schreibe West zu "nachlässig". Harvey Weinstein und Jonathan Burnham von Miramax wollen auch auf dem Buchmarkt Geld verdienen und haben deshalb Kristin Gore, die Tochter Al Gores, damit beauftragt, das Buch zu schreiben, kolportiert Ana Marie Cox. Und verreißt auch gleich wie nebenbei das "Sammy's Hill" (erstes Kapitel) betitelte Ergebnis. "Es ist nicht schlecht, es ist halt auch nicht gut."

Das New York Times Magazine nur noch kurz: Abgedruckt ist ein Auszug aus Stephen Greenblatts vielgelobtem Buch "Will in the World: How Shakespeare became Shakespeare". Hier überlegt er, warum Shakespeare so unsterbliche Stücke schreiben konnte: Zunächst durch genaue Beobachtung von Alltagsszenen - und ein wenig Magie. "Bei einer Gelegenheit war Shakespeare offensichtlich beeindruckt vom Gelächter des Londoner Mobs über das Opfer einer öffentlichen Exekution. Ich glaube, beim Nachdenken über dieses Lachen fand er nicht nur einen Weg, den grausamen Hohn zu unterminieren, sondern auch seine eigene Fähigkeit - und die des Theaters -, innere Vorgänge darzustellen. Das Ergebnis - ein bedeutender Moment in Shakespeares Entwicklung als Künstler und Mensch - war 'Der Kaufmann von Venedig'."

James Traub porträtiert den "No. 1 guy in the world's No. 1 city": Donald Trump. Walter Kirn schlägt vor, den 11. September ad acta zu legen. Das Datum werde sowieso nur missbraucht. Lisa Belkin berichtet im Titel über die Integration eines behinderten Kindes in einen ganz gewöhnlichen Kindergarten.
Archiv: New York Times