Magazinrundschau

Die Magazinrundschau

Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
03.05.2005. Im polnischen Magazin Ozon stößt Andrzej Stasiuk an seine Toleranzgrenze. In Reportajes sieht Francis Fukuyama die Europäer kurz vor dem Ende der Geschichte. In der Gazeta Wyborcza verkündet Adam Michnik die polnische Variante der Kapitalismuskritik: non serviam. Der Merkur empfiehlt gegenüber dem Iran ein wenig "tough love". In Le Point singt Bernard Lewis ein Lob auf die Empfindlichkeit. In Nepszabadsag warnt der kanadische Anwalt von Yukos-Chef Chodorkowskij vor einem Schröder-Putin-Pakt. Das TLS weiß, warum Künstler Wittgenstein lieben. Folio stirbt in schwarzweiß. In der New York Times erklärt Thomas L. Friedman: Die Welt ist eine Scheibe.

Ozon (Polen), 28.04.2005

Ein neues Magazin ist in Polen seit letzte Woche auf dem Markt - die Wochenzeitschrift Ozon. Weniger Tagespolitik, mehr gesellschaftliche und kulturelle Themen scheinen das Profil auszumachen. Der Schriftsteller Andrzej Stasiuk war zum Beispiel im slowenischen Ljubljana und berichtet von einem ehemaligen Gefängnis das von Künstlern umgestaltet wurde und jetzt als hippes Hostel fungiert. "Ehrlich gesagt war ich nicht begeistert. Ich konnte nicht schlafen, weil mir bewusst wurde, dass die Popkultur mit einer unreflektierten Freude sich so etwas Obszönes und Zweideutiges wie ein Gefängnis aneignet. Der Dreck, der Gestank, die Erniedrigung, die Einsamkeit und der Fluch wurden wie mit einem Zauberstab in ein 'space of freedom with the inspiration' verwandelt - für 20 Euro in einer Zweibettzelle."

Weitere Artikel: Tomasz P. Terlikowski fragt in der Titelgeschichte, ob es in Polen einen neuen Patriotismus gebe. "Der aktuelle Patriotismus ist anders als der von vor 20-30 Jahren, als wir für die Freiheit gekämpft haben. Heute geht es um die kleinen Dinge, um die Pflege der positiven Werte". Ein Porträt ist Alex Dancyg gewidmet. Der in Warschau geborene Kibbuznik schult Reiseführer von israelischen Schulgruppen, die nach Polen zum "Marsch der Lebenden" fahren. "Es ist nicht leicht, jungen Israelis die komplizierten Beziehungen beider Nationen zu erklären. Die gemeinsame Geschichte von Polen und Juden ist aber viel mehr als der Holocaust", erklärt Dancyg.

Archiv: Ozon

Reportajes (Chile), 30.04.2005

"Wer hätte gedacht, dass die Religion zu Beginn des dritten Jahrtausends die Hauptrolle im politischen Leben der USA übernehmen würde?", fragt sich Mario Vargas Llosa in der aktuellen Ausgabe von Reportajes. "Ich schreibe diesen Artikel in San Francisco und gestern, bei einer Fahrt durch die Vororte der Stadt, hingen an so gut wie allen Schulen, an denen wir vorbeikamen, Einladungen zu religiösen Begegnungen. Jedes Wochenende nehmen 120 Millionen US-Amerikaner an religiösen Veranstaltungen teil - eigentlich verbringen nur in einigen fundamentalistisch-islamischen Staaten so viele Menschen so viel Zeit mit religiösen Praktiken wie in der Heimat Walt Whitmans." Mario Vargas Llosa erklärt es sich vor allem als Reaktion der von der Liberalität der sechziger und siebziger Jahre überforderten Landbevölkerung, ohne ernsthaft um die demokratische Zukunft einer Gesellschaft besorgt zu sein, "in der die Ausübung der Freiheit durch jeden Einzelnen so verbreitet ist".

Ein wenig anders sieht es Francis Fukuyama, den Mario Vargas Llosas Sohn Alvaro für dieselbe Ausgabe von Reportajes interviewt hat: "Man spricht viel über die explosionsartige Ausbreitung des religiösen Empfindens in den USA, ich bin mir aber nicht sicher, ob das wirklich etwas so Neues ist. Ich glaube, Europa ist der einzige Ort auf der Welt, der vollkommen säkular geworden ist. Trotz des großen Interesses am Papst, das meiner Ansicht nach weniger religiös begründet ist als vielmehr im Zusammenhang mit seiner politischen Rolle beim Ende des Kommunismus steht, ist in Europa die Säkularisation unbestreitbar viel weiter vorgeschritten. Daraus dürften sich auch zukünftig Spannungen zwischen den USA und Europa ergeben. Die Europäer sind jedenfalls dem 'Ende der Geschichte' schon wesentlich näher, weil sie tatsächlich versuchen, Politik nicht mehr bloß als Kampf um die Macht zu betrachten."
Archiv: Reportajes

Gazeta Wyborcza (Polen), 30.04.2005

Chefredakteur Adam Michnik zieht in einem langen Essay eine Parallele von Stendhals Zeiten, der nachnapoleonischen Restauration, zum heutigen Polen. Auch damals, analysiert Michnik, herrschte der Mammon: "Statt der Demokratie regierte das Geld; statt der großen Ideen - das Geld; statt Würde, Ehre und Solidarität - das Geld". Und heute? "Warum haben wir die Menschenrechtscharta gegen eine Kreditkarte eingetauscht? Warum hat der päpstliche Aufruf: 'Besiege das Böse durch das Gute!' nicht zur Verwandlung der gehässigen Verleumder und jener, die die Wahrheit in den Stasiakten suchen, geführt? Wir mögen unsere heutige Welt nicht ... Sie erscheint uns trivial, schwer und feige." Wie schon in seinem letzten Essay plädiert Michnik für die ehrenvolle Verweigerung: "Ehre bedeutet auch, den Großen und Reichen sagen zu können: non serviam".

Witold Gadomski bilanziert Polens Jahr in der EU: "Das erste Jahr der Mitgliedschaft fällt überraschend gut aus", insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht. Schwarzmalern zum Trotz fließen die Gelder, vor allem aus Agrar- und Strukturfonds, nach Polen, Investoren kaufen Aktien von polnischen Unternehmen, und der Export von Lebensmitteln ins westliche Europa stieg um mehr als vierzig Prozent. "Es ist aber ein Fehler, sich auf die finanzielle Hilfe aus Brüssel zu fixieren", warnt Gadomski. Es liege im eigenen Interesse, die Hausaufgaben zu machen und Euro-reif zu werden - "unabhängig davon, was in unserer Umgebung passiert".
Archiv: Gazeta Wyborcza
Stichwörter: Geld, Michnik, Adam, Restauration

Polityka (Polen), 27.04.2005

Auch in der Polityka untersucht Aleksander Kaczorowski, wie sich Polen seit dem EU-Beitritt verändert hat. Vor allem die Außenwahrnehmung hat sich verändert, unterstreicht der Autor: "In den letzten zwei Jahren ist kein wichtiges Ereignis und keine kontroverse Diskussion in Europa ohne polnische Beteiligung abgelaufen: der Irakkrieg, der Streit um die Verfassung und die Verlegung von Arbeitsplätzen, die Orange Revolution in der Ukraine und der Tod Johannes Paul II". Sogar der berüchtigte Pferdewagen, der als Illustration von Polenreportagen immer verwendet wurde, sei verschwunden! "Nach diesen 12 Monaten in der EU steht eines fest: das Bild Polens in den alten Mitgliedsstaaten hat sich wesentlich verbessert und in einigen hat man sich sogar zum ersten Mal ein richtiges Bild gemacht. Vielleicht exportieren wir nicht so viel wie die Tschechen, und ziehen nicht so viele Investitionen an wie die Slowaken, aber dafür schreibt man über uns das Meiste. Und, was noch wichtiger ist, man schreibt positiv über uns."

Wo ist bloß die Arbeit, fragt zum "Tag der Arbeit" der Schriftsteller Edwin Bendyk. "Gott vertrieb Adam und Eva aus dem Paradies und verdammte sie zur Arbeit. In Volkspolen wurde man für den Müßiggang bestraft. Heute ist Arbeit für viele Menschen ein unerreichbarer Luxus. Diese Art von Arbeit, an die wir uns gewöhnt haben, gehört immer mehr der Vergangenheit an. Und das ist erst ein Problem!"
Archiv: Polityka

Outlook India (Indien), 09.05.2005

Der BBC-Korrespondent Daniel Lak wollte ein Bild von Indien ohne "Ochsenkarren" zeichnen, doch Gurcharan Das zufolge hat er sich übernommen. Sein Essayband "Mantras of Change" ist für Das trotz aller Bemühung um einen Panorama-Blick am Ende auch nicht mehr als ein "Potpourri der Images". Oder vielleicht ist es gerade der Versuch, alles zu erfassen, der Lak zum Verhängnis wird? "Der arme Journalist, der es sich zur Aufgabe macht, Indiens Essenz zu erfassen! Ich jedenfalls vermute, dass es ein großer Schriftsteller sein wird, unser Hinglish-Tolstoi vielleicht, der eines Tages das unmögliche Bild bannen wird", schreibt Das.

Shobita Dhar war auf der sechsten India Fashion Week und setzt ihre Berichterstattung über den internationalen Aufstieg indischer Mode fort. Pallava Bagla meldet, dass der Tsunami auch ein kleines archäologisches Geschenk zurückgelassen hat: In Mamallurpan/Tamil Nadu wusch die zurückweichende Welle steinerne Heiligtümer frei. Und Sonia Jabbar lobt Mishi Sarans Buch "Chasing the Monk's Shadow" über den chinesischen Buddhisten-Mönch Xuanzang, der im Jahr 627 Indien umschritt - es bewegt sich, schreibt sie, "zwischen Vergangenheit und Gegenwart und erweist sich nicht nur durch rigorosen historischen Forschergeist, sondern auch durch inspirierte Prosa als erhellend."
Archiv: Outlook India
Stichwörter: Fashion, Fashion Week, Tsunami

Merkur (Deutschland), 01.05.2005

Leider nicht online zu lesen ist Mariam Laus Text über den Iran und Westen, in dem sie die gleiche Art der "tough love" gegenüber dem Iran empfiehlt, mit der schon die Sowjetunion in die Knie gezwungen worden sei: "Es könnte also sein, dass sich der Westen am klügsten darauf verlegt, mit einem nuklearen Iran zu leben. Die Islamische Republik hat mehrmals in der Vergangenheit ihren Pragmatismus unter Beweis gestellt, und bei der Afghanistan-Invasion oder beim Krieg gegen Saddam keine Scheu gehabt, mit dem großen Satan zusammenzuarbeiten Warum also nicht den Kalten Krieg noch einmal aufleben lassen und rote Linien markieren: Israel wäre eine, die Hisbollah eine andere, während man gleichzeitig Sicherheitsarrangements für andere Verbündete in der Region schafft und ein Inspektionsregime wie im Irak."

Der Bonner Politikwissenschaftler Thomas Speckmann hält nichts von militärischen Interventionen und die bisherigen UN-Operationen in Afrika, Afghanistan oder auf dem Balkan allesamt für gescheitert. Goldrichtig findet er dagegen, dass sich die UN angesichts des Genozids in Ruanda verdrückt hat: "Was wäre das Ergebnis eines solchen Eingriffs gewesen? Sicherlich, Hunderttausende Menschenleben wären zumindest kurzzeitig gerettet, aber der Konflikt, dessen Wurzeln bis in die Kolonialzeit reichen, wäre damit nicht gelöst worden. Es mag auf den ersten Blick hin zynisch erscheinen, doch der Fall Ruanda steht nicht nur für das augenscheinliche Versagen der internationalen Staatengemeinschaft, sondern auch für die Katharsis von zwei Konfliktparteien durch totale Vernichtung." Gern würden wir wissen, ob die Ruander das auch so positiv sehen!

Weiteres: Rainer Paris denkt in seiner Soziologie-Kolumne über das Vertrauen nach, über Looping-Prozesse eskalierenden Misstrauens, Tit-for-Tat-Prinzipien und darüber, warum Männer bei Emanzen Reißaus nehmen. Harry Nutt wünscht sich ein Role-Model für die Verlierer des großen Glücksspiels.

Nur im Print: Tony Judts Artikel über die Zukunft Europas als Supermacht (online ist die Originalversion aus der New York Review of Books zu lesen). In einer Standortbestimmung der Feinde der offenen Gesellschaft, weiß Ulrike Ackermann von einer Umfrage zu berichten, nach der 19 Prozent der Deutschen glauben, die Anschläge vom 11. September seien von CIA und Mossad begangen worden.
Archiv: Merkur

London Review of Books (UK), 05.05.2005

Verstört wehrt sich Tom Nairn gegen die spirituelle Vereinnahmung, die in "Multitude", Michael Hardts und Antonio Negris jüngstem globalphilosophischen Essay, am Werk ist. "Wenn die Aussichten auf globale Demokratisierung wirklich so gut sind, wie diese Propheten es behaupten, hätte dann nicht ein empirischerer, sachlicherer Ton genügt? Statt dessen hören wir einen exaltierten und visionären Gesang, bis hin zum höchsten Ton der Verzückung". Dem Leser wird hier ein Radikalismus nahegelegt, der nichts anderes ist, als eine "sonderbare Art der Frömmelei", findet Nairn.

"Warum sich daran stören, dass die Deutschen ins Land einfallen - fallen Sie selbst dort ein, mit der U-Bahn und dem Bus" - James Meek hat in Christian Wolmars U-Bahn-Buch ("The Subterranean Railway: How the London Underground Was Built and How It Changed the City For Ever") nachgelesen, wie die Londoner U-Bahn ihre Krakenarme weit in die Vororte streckte (und die Londoner dazu ermutigte, den Stadtkern zu verlassen) und überblickt nun "142 Jahre, in denen völlig fremde Menschen zusammen in Behälter gequetscht und in Höchstgeschwindigkeit unter der Erde befördert werden und dabei versuchen, keinen Augenkontakt herzustellen".

Weitere Artikel: Für Daniel Soar hat sich mit der Lektüre von Svetislav Basaras Roman "Chinese Letter" bestätigt, dass "der sich selbst beobachtende und vom Zweifel geplagte Beobachter", in diesem Fall der zwanghaft imaginierende und paranoide Schriftsteller Fritz, die wohl literarisch potenteste Figur überhaupt ist. Thomas Jones kann es kaum erwarten, "The Hitchhiker's Guide To The Galaxy" im Kino zu sehen und ergeht sich in wilden Spekulationen über den noch nicht gesehenen Film - nur für den Fall, dass es die Erde bis zur angedachten Kinovorstellung nicht mehr gibt. Und schließlich erfreut sich Peter Campbell an der erfinderischen Amateurhaftigkeit von August Strindbergs kleinen Bildern, die zur Zeit in der Tate Modern zu sehen sind.

Point (Frankreich), 02.05.2005

In der Reihe "Quarto" erscheint bei Gallimard unter dem Titel "Islam" eine Sammlung der Werke des Islam-Experten Bernard Lewis (mehr) der als der bedeutendste lebende Orientalist gilt. Le point bringt Auszüge aus Lewis' ausführlichem Vorwort zu der neunbändigen Reihe, in dem er erstmals über seinen intellektuellen Werdegang und seine schon von Kindheit an bestehende Faszination für den Orient erzählt. Er schreibt unter anderem: "Vor einigen Jahren hat man mir in einem Interview folgende Frage gestellt: Warum beschäftigen Sie sich immerzu mit heiklen Dingen? Die Antwort, habe ich meinem Gesprächspartner gesagt, ist in Ihrer Frage schon enthalten. Ein empfindlicher, heikler Punkt im Körper eines Individuums oder in einer Gesellschaft ist immer das Zeichen einer Dysfunktion. Die Empfindlichkeit ist eines der Mittel, das unseren Körper in die Lage versetzt, uns zu warnen und unsere Aufmerksamkeit zu fordern. Und genau das versuche ich zu tun."

In seinen Bloc-notes wirft Bernard-Henri Levy einen Blick in die USA und fasst zusammen, wie einige europäische Ereignisse derzeit in Amerika gesehen werden. So lobt er, dass die Presse in Kommentaren zur Papstwahl nicht in den europäischen Chor der Aufregung über Ratzingers Zeit in der Hitlerjugend eingestimmt habe: "Keine Germanophobie, dieses Verbrechen gegen den Geist. Keine Verteufelung, dieser Blödsinn. Die amerikanische Presse nimmt Benedikt XVI ernst und schlägt vor, ihn nach seiner Arbeit zu beurteilen. Umso besser." Ein weiteres großes Thema in den Medien sei das sich abzeichnende Nein Frankreichs zur europäischen Verfassung. Man frage sich: "Warum verrennen sich diese Leute so? Wie kann man glauben, gegen den Liberalismus zu kämpfen, wenn man mit seiner Stimme das Risiko eingeht, ihn zu stärken?"
Archiv: Point

Nepszabadsag (Ungarn), 30.04.2005

"Mittel- und Osteuropa wird in ernsthafte Schwierigkeiten geraten, wenn sich das autoritäre System Wladimir Putins in Russland verfestigt", mahnt der kanadische Anwalt Robert Amsterdam und Verteidiger des in Moskau inhaftierten Yukos-Chefs Michail Chodorkowskij im Gespräch mit der größten ungarischen Tageszeitung: "Gerhard Schröder ist zum Beispiel ein dicker Freund Putins geworden. Es hatte aber noch nie ein schönes Ende, wenn Deutschland und Russland über den Kopf der Ostmitteleuropäer hinweg die Gebiete unter sich aufzuteilen begannen ... Das Land der Sliwowiki (der "starken Männer" des Putinschen Geheimdienstes) ist kein Rechtsstaat." Laut Amsterdam wenden sich die USA und Westeuropa allmählich von Putin ab, "nur Schröder und Berlusconi unterstützen Putin weiterhin".

In einem kämpferischen Beitrag, betitelt "Elegie über den 1. Mai", spricht sich der Philosophieprofessor Miklos Gaspar Tamas für ein soziales Europa und gegen die - in seinen Augen neoliberale - EU-Verfassung aus: "Die Europäer haben nichts daraus gelernt, dass der Erste Weltkrieg, aus dessen Staub alle späteren Monster hervorkrochen, ausbrach, weil Zusammenhalt und Solidarität fehlten - dazu gehörte die Auflösung der Zweiten Internationale. Europa wird heute durch Eigennutz, gegenseitige Verdächtigungen, Misstrauen und Hass 'zusammengehalten'. Die Europäer sind hasserfüllt: im Osten wegen des fremden Kapitals, im Westen wegen der fremden Arbeitskräfte. Die Westeuropäer meinen, die für weniger Geld arbeitenden Osteuropäer seien das westliche Lohnniveau senkende Streikbrecher - zu Recht ... Die Osteuropäer meinen, ihre Landwirtschaften werden durch die Agrarsubventionen egoistischer Westler zerstört - wiederum zu Recht. Im Osten wie im Westen hasst man die Einwanderer, die Gastarbeiter, die Asylbewerber ... Dem Ersten Mai ist damit sein Gehalt, die weltweite Solidarität der Arbeitnehmer, abhanden gekommen. Dieser Begriff ist überholt, unzeitgemäß, nicht mehr in - genauso wie Andre Gide und der steife Kragen. Wir werden einen teuren Preis dafür zahlen müssen."

Wie kann der Journalismus im digitalen Zeitalter überleben? - fragt der Publizist Miklos Blaho: "Die jüngere Generation nutzt fast nur noch die Informationsdienste von Google oder Yahoo, weil sie so Nachrichten und Weblogs je nach individuellem Interessen selektieren und gruppieren kann ... Die Tageszeitungen verlieren ihre Vorrechte, die Fakten darzulegen und die Prioritäten der Nachrichten zu bestimmen. Die Leser übernehmen die Redaktion. Aber die Tageszeitungen sind doch nicht ganz verloren: Die Weblogs kommentierten bislang die Tagespresse kritisch, korrigierten ihre Fehler, führten ihre Debatten weiter. Bald könnte es umgekehrt sein: die Tageszeitungen könnten den Weblogs einzelner Blogger ähnlich geschrieben werden, aber zusätzlich von ihren Kapital- und Geisteskräften, ihren Connections und Werbemöglichkeiten profitieren. Das ist ihre Überlebenschance."

Außerdem: ein Interview mit dem Historiker Götz Aly (mehr hier) über sein zusammen mit Christian Gerlach (mehr hier) verfasstes, in ungarischer Übersetzung erschienenes Buch "Das letzte Kapitel", eine historische Analyse des Mordes an den ungarischen Juden.
Archiv: Nepszabadsag

Elet es Irodalom (Ungarn), 30.04.2005

"Die westliche Welt kann sich bald im monumentalen historischen Bild des Byzantinischen Reiches widergespiegelt sehen" - lautet die These des Ästhetikprofessors Akos Szilagyi. "Das Byzantinische Reich stellte eine innige Verflechtung der Zivilisationen von Europa und Asien dar. Die Beziehung des Reiches zum Osten war nie so problematisch, wie sich diese Beziehung im Westen der Neuzeit gestaltete. Der sich globalisierende Westen, mit seinen verschwommenen Gesichtszügen, sucht verzweifelt nach Antworten auf die Frage, wie er sich gegenüber dem Osten - der arabischen Welt, der Türkei, Japan und China - verhalten soll. Und umgekehrt: Auch der sich auf seine eigene Art und Weise globalisierende Ferne und Nahe Osten definiert seinen Bezug zur westlichen Welt neu. Wer wird wessen Problem lösen? Das ist 'Gegenwartsmusik'."

György Litvan hat die Autobiografie des renommierten ungarischen Wirtschaftsforschers Janos Kornai gelesen und wurde auf Passagen aufmerksam, in denen der in Budapest lebende, jedoch auch vor der Wende regelmäßig an amerikanischen Eliteuniversitäten lehrende Professor wie beiläufig beschreibt, wie er von Stasi-Spitzeln in London beobachtet wurde: "Diese Herren werden nicht namentlich erwähnt, er nennt auch seine inländischen Spitzel nicht, deren Namen er nach 1989 in seiner Akte las. Kornai befasst sich auch nicht explizit mit der großen Stasi-Debatte der letzten Monate - trotzdem stellt dieses Buch eine Widerlegung der aus pragmatischen Gründen verbreiteten Lüge dar, dass die Bespitzelung ungarischer Staatsbürger nur auf die Abteilung III/III des damaligen Innenministeriums beschränkt gewesen sei, der Rest des Ministeriums habe sich mit 'patriotischen Aufgaben' befasst."

Weiteres: Gabor Körner, renommierter Experte der polnischen Literatur, feiert die erste ungarische Übersetzung der "Ungöttlichen Komödie" des polnischen Klassikers Zygmunt Krasinski. Der Filmkritiker Lorant Stöhr berichtet über das renommierte ungarische Underground-Filmfestival "Mediawave". In einem offenen Brief an die ungarische Regierung protestieren mehrere, sich für Menschenrechte und Umweltschutz einsetzende Organisationen gegen die Verhaftung von drei russischen Staatsbürgern, die friedlich vor dem ungarischen Parlament demonstriert hatte, dabei jedoch ein heikles Thema ansprachen: eine verheerende Umweltkatastrophe, ausgelöst durch ein ungarisches Atommülldepot im Uralgebirge.

Folio (Schweiz), 02.05.2005

"Sterben ist aber nicht so schlimm: Die Grafik wechselt auf Schwarzweiß, man wird auf einem Friedhof wiedergeboren, muss eine Weile seine Leiche suchen, dann geht es in alter Frische weiter. Ich entdecke 34 verschiedene Arten, schwarzweiß zu werden ..." Das Videospiel, dem sich das neue NZZ-Folio widmet, macht's möglich. Tom Felber hat sich im Selbstversuch vier Tage und vier Nächte in das Online-Rollenspiel "World of Warcraft" eingeloggt und dabei zwei Kilo abgenommen. Hinterher hatte er das Gefühl, "mehr erlebt zu haben als sonst in zwei Monaten, ja erlebt, nicht nur gespielt."

Steven Pool ist die Frage, weshalb Computerspiele eine derartige Faszination auslösen können, von der medientheoretischen Seite angegangen. Als "zehnte Kunst" - nach den sechs klassischen und den drei modernen Künsten Film, Fernsehen und Comic - sagt er ihnen eine glorreiche Zukunft voraus: "Sie sind heute in der gleichen Situation wie Filme oder Jazz vor dem Zweiten Weltkrieg: populär, aber verachtet, einer ernsthaften Auseinandersetzung nicht wert. Heute gibt es hingegen eine unüberschaubare Masse an ausgezeichneter Literatur über Film und Jazz, die unser Verständnis für diese Kunstformen stark erweitert hat. Ich bin überzeugt, dass dasselbe in fünfzig Jahren für Videospiele der Fall sein wird."

Weitere Artikel: Von Monika Halkort lernen wir, dass man in Südkorea als Computerspieler reich werden kann. Die "Game-Boys", fünf der weltweit bedeutendsten Spieledesigner, äußern sich zu Stichworten wie Gewalt, Kinder und Frauen. Reto U. Schneider hat sich von der Berliner Firma Yager Development in technische Details des Spielprogrammierens einweihen lassen. Und über die Computerspielindustrie als ernstzunehmende ökonomische Größe erfahren wir von Claude Settele, es gebe "Berichte, wonach in mehreren Ländern die Umsätze mit Videogames die Einnahmen an den Kinokassen übertreffen." Schließlich informiert Stefan Schmitt, dass heutige Verhaltens- und Erziehungswissenschaftler Videospielen erstaunlich viel Positives abzugewinnen vermögen.

Luca Turin unterscheidet in seiner Duftnote diesmal drei Kategorien von Herrendüften: Neben "Düften, die einfach großartig riechen", gebe es noch die Kategorien "monogrammierte Pantoffeln" und "junger Bock ... Hier bedürfen die meisten Männer (erstaunlicherweise sogar die schwulen) einer Lektion in Zurückhaltung. Die wichtigste Maxime lautet: Wenn Sie glauben, Sie müssten es tragen, lassen Sie die Finger davon."
Archiv: Folio

New Yorker (USA), 09.05.2005

Hendrik Hertzberg kommentiert ausführlich den Fall um die Hintergründe für einen Artikel des Journalisten Robert Novak, der 2003 die verdeckt arbeitende CIA-Beamtin Valerie Palme enttarnt und damit einen politischen Riesenskandal ausgelöst hatte. Damals war die Frage: Die Information war ihm von einem Mitarbeiter des Weißen Hauses zugespielt worden, und sollte vor allem Palmes Mann, Joseph C. Wilson, diskreditieren. Dieser hatte im Niger eine Bestätigung für einen Uran-Deal mit dem Irak finden sollen, das Gerücht aber eben nicht bestätigen können. Inzwischen hat sich die Geschichte auf zwei weitere Journalisten, Matthew Cooper and Judith Miller, ausgeweitet und zu einem Grundsatzstreit zwischen Regierungsbehörden und Presse über journalistischen Quellenschutz entwickelt: Cooper und Miller sollen Informanten preisgeben. "Sie könnten sich vor die Wahl gestellt sehen, entweder ihr Versprechen zu brechen oder ins Gefängnis zu gehen; und es ist mehr als wahrscheinlich, dass sie sich aus persönlichen und beruflichen Gründen für letzteres entscheiden werden ... Das wäre eine seltsame Art der Gerechtigkeit und eine einzigartig grausame Parodie von Verantwortlichkeit."

Weitere Artikel: Jeffrey Goldberg porträtiert den Pentagonbeamten Douglas J. Feith, einen der Schlüsselstrategen des Irakkriegs. Zu lesen ist außerdem die Erzählung "Along the Highways" von Nick Arvin.

Joan Acocella bespricht neue Choreografien von Martha Graham und ihrer Dance Company, der Mark Morris Dance Group und des indischen Nrityagram Dance Ensembles. John Updike rezensiert zwei Romane der chinesischen Schriftsteller Su Tong und Mo Yan. Die Kurzbesprechungen widmen sich unter anderem den Erinnerungen einer britischen Ghostwriterin, die für einen exzentrischen Londoner Verleger Reden, Romane und eine Zeitungskolumne schrieb. Peter Schjeldahl führt durch eine Retrospektive mit Arbeiten des amerikanischen des Foto-Realisten Robert Bechtle im San Francisco Museum of Modern Art. Und Antony Lane sah im Kino "Kingdom of Heaven? von Ridley Scott und die Verfilmung von "The Hitchhiker?s Guide to the Galaxy?.

Nur in der Printausgabe: ein Bericht über einen Trend in Großbritannien, wo geplagte Hausfrauen offenbar serienweise Tagebücher veröffentlichen, der dritte Teil von Elizabeth Kolberts Reportage über den Klimawandel, ein Porträt des Saxophonisten Sonny Rollins und Lyrik von Katha Pollitt und Michael Longley.
Archiv: New Yorker

Times Literary Supplement (UK), 29.04.2005

Terry Eagleton hat den Sammelband "The Literary Wittgenstein", gelesen, und fragt sich, warum ausgerechnet der Philosoph Ludwig Wittgenstein eine große Inspiration für so viele Künstler war. Die Antwort: "Sehr viele Dichter und Maler hüten sich vor den anämischen Abstraktionen der Philosophie. Doch genau dies tut auch Wittgenstein; und das ist vielleicht auch ein Grund, warum Schriftsteller und Komponisten die Gastfreundlichkeit an Wittgensteins Werk so schätzen." Die Gastfreundlichkeit beziehungsweise das "nach Hause kommen" spielt bei Wittgenstein eine große Rolle, wie der Essay von David Schalkwyk klarmache. "Während die russischen Formalisten dachten, der Zweck der Kunst sei eine Entfremdung vom Vertrauten, war es für Wittgenstein umgekehrt. Das Gefühl der Entfremdung - des Schwindel, der Betörung, des Deplatziertseins ist genau das, was die Therapie, die wir Philosphie nennen, zu überwinden versucht. Für Wittgenstein entdeckt die Philosophie das, was immer da war, und ... was wir immer gekannt haben, ohne zu wissen, dass wir es kannten." Für Eagleton ist es "also nur oberflächlich überraschend, dass ein Schriftsteller, der scheinbar so transparent und hartnäckig unerhaben ist wie Wittgenstein, so verlockend ist für Künstler, die geistige Geheimnisse, das Rätselhafte und versteckte Tiefe schätzen."

Economist (UK), 29.04.2005

Wie bei jeder britischen Parlamentswahl gibt der Economist auch dieses Mal sein politisches Votum ab. Und mit einem weinenden Auge muss er feststellen, dass Tony Blairs Labour nicht nur das kleinste Übel, sondern auch das Beste ist, was die politische Riege Großbritanniens zu bieten hat. "Wäre die Parlamentswahl lediglich ein Referendum über Tony Blair und die Labour-Regierung, die er seit 1997 angeführt hat, dann bestünde tatsächlich die Möglichkeit, dass die Wähler ihm und Labour einen Schlag versetzen. Auch der Economist hätte nicht schlecht Lust dazu, wenn auch zweifellos aus anderen Gründen. Doch ist dies eben kein Referendum, sondern eine Abstimmung darüber, welche der drei großen nationalen Parteien die glaubwürdigste und am besten geeignete Regierung für die nächsten vier oder fünf Jahre bietet. Unsere Antwort auf diese Frage lautet wie die Ergebnisse der Wahlumfragen: Gewinnen sollte wieder Labour, unter der Führung von Tony Blair." Verdient hätten das die Tories allemal, nicht zuletzt, wie der Economist an anderer Stelle findet, aufgrund ihres miserablen Wahlkampfes.

Neben den Wahlen widmet diese Ausgabe einen weiteren Schwerpunkt dem Öl. Unter anderem begrüßt der Economist die Gründung der US-amerikanischen "Energy Future Coalition", die sich für eine Abkehr vom Öl einsetzt. Spannend findet der Economist dabei vor allem die Zusammensetzung dieser "geo-grünen" Lobby, denn neben eingefleischten Baum-Umarmern finden sich auch radikalkonservative Sicherheitsexperten, denen schon schlecht wird, wenn sie das Wort "grün" nur hören.

Außerdem zu lesen: Dass die EU Anzeichen von Erweiterungsmüdigkeit erkennen lässt, dass man in Frankreich schon darüber nachdenkt, wie mit dem sich anbahnenden Nein zur EU-Verfassung umzugehen ist, dass 30 Jahre nach Ende des Vietnam-Krieges zwar nicht die Amerikaner gesiegt haben, wohl aber der Kapitalismus, dass der Pop-art-Pionier Eduardo Paolozzi gestorben ist, und schließlich dass die islamistischen Parteien der arabischen Welt lange nicht so demokratiefeindlich sind, wie man es vielleicht erwarten würde.
Archiv: Economist

Al Ahram Weekly (Ägypten), 28.04.2005

Iman Hamam beschäftigt sich mit der Entwicklung des libanesischen Films seit dem Ausbruch des Bürgerkrieges vor dreißig Jahren und registriert eine Hinwendung zum Archivarischen und eine Betonung des Alltäglichen, der subjektiven Geschichten des Krieges, die dem offiziellen Realismus - der Vorstellung der Erklärbarkeit - mit surrealistischen oder multiplen Perspektiven begegnen. Hamam erläutert das am Beispiel von Maroun Baghdadis Film "Little Wars" (1982), der mit dem Motiv der Blindheit spielt und um Figuren kreist, die in ihren Bemühungen, sich dem Krieg zu entziehen, umso tiefer in ihn verwickelt werden: "Angesichts des Surrealistischen der Bilder fragt man sich: Wessen Realismus wird hier präsentiert? So wie (dem erblindeten) Hassan und Sorayas blindem Onkel wird dem Zuschauer eine eigene Perspektive zugestanden. Die Präsenz der Figuren ist absurd, aber nicht weniger absurd sind die Ereignisse um sie herum, von denen sie ihre Blindheit nicht trennen oder fernhalten kann. Ihr Wunsch, 'außen vor' zu bleiben, ist unerfüllbar."

Jill Kamil kündigt die baldige Neueröffnung des Koptischen Museums als hochmoderne Einrichtung der Wissensvermittlung an und ist voller Zuversicht, dass die fehlerhafte zeitliche Kategorisierung koptischer Geschichte und Artefakte - ein Hauptgrund für die relative Obskurität der vormuslimischen, christlichen ägyptischen Kultur - behoben sein wird. Dina Ezzat nimmt den Weltbuchtag der UNESCO zum Anlass, ägyptische Leser und Verleger danach zu fragen, was gut ist und was besser sein könnte auf dem Buchmarkt. Reham El-Adawi porträtiert den aufstrebenden jungen Modemacher Abdel-Haq Mohamed.
Archiv: Al Ahram Weekly

New York Times (USA), 01.05.2005

Alle Augen sind auf den Nahen Osten gerichtet. Aber die Welt verändern werden nicht diese Verlierer der Globalisierung, sondern die Gewinner wie China und Indien, schreibt Thomas L. Friedman in seinem Traktat "The World is Flat" (erstes Kapitel), nach Meinung Fareed Zakarias eine ebenso weitsichtige wie "exzellente" Standortbestimmung zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Durch die technologische Vernetzung wird die Geografie immer unbedeutender. Bill Gates bringt es auf den Punkt. "Wenn man vor dreißig Jahren die Wahl gehabt hätte, als Genie in Bombay oder Shanghai oder als durchschnittliche Person in Poughkeepsie geboren zu werden, hätte man Poughkeepsie gewählt, weil dort die Chancen auf ein wohlhabendes und erfüllendes Leben viel größer waren, erklärt er Friedman. 'Jetzt', sagt Gates, 'würde ich lieber als Genie in China geboren werden als ein Normalo in Poughkeepsie." Hier stellt Friedman seine wichtigsten Argumente kurz in einem Artikel vor.

Trotz aller essayistischen Brillanz zieht der Schriftsteller Jonathan Lethem seinen Kafka den mehr als 300-seitigen Reflexionen Roberto Calassos über K. vor. Denn "Kafka ist so zugänglich für Leser wie er dunkel ist für Interpreten. In seiner Kommunikation mit dem Unbennenbaren, mag Kafka sich in die Gesellschaft gnostischer Seher reihen. Aber er ist auch so fremd und cool wie die beste Zeichnung von M.C. Escher, so bestürzend derb wie nicht nur Philip Roth und Samuel Beckett sondern auch R. Crumb; so giftig und furchterregend wie Poe und Lynch. Sie ist eine der genauesten und schneidendsten, die je zu Papier gebracht wurde, was von uns niederen Schreibern als Vorwurf aufgefasst werden könnte. Aber sie haut einem auch die Birne weg, wie eine Spur Kokain es tut."

Weiteres: John Grisham bespricht Buzz Bissingers fesselndes Porträt von Tony La Russa ("Three Nights in August"), Manager der Baseballmannschaft St. Louis Cardinals. Hier das Vorwort. Budd Schulberg stellt die "ebenso hingebungsvolle wie peinlich genau recherchierte" Orson-Welles-Biografie von Clinton Heylin vor. Randy Cohen will eine literarische Karte New Yorks entwerfen und bittet alle Leser der New York Times Book Review um Mithilfe. Es geht dabei nicht um die Wohnorte von Schriftstellern, sondern um die Ecken der Stadt, an denen sich deren Geschöpfe herumgetrieben haben.

Peter Maass berichtet im New York Times Magazine von einer neuen Entwicklung im Kampf gegen die Aufständischen im Irak: Ein ehemaliger General der irakischen Armee, Adnan, befehligt eine 5000 Mann starke Kommandotruppe, die mit Billigung der USA und im Auftrag der irakischen Regierung mit schmutzigen, aber erfolgreichen Methoden sunnitische Terroristen bekämpft. Als ein Untergebener berichtet, dass ein Waffenlager der Rebellen entdeckt wurde, gratuliert Adnan dem Mann, nicht ohne ihn gleich darauf zu warnen: "'Wenn auch nur eine einzige AK-47 gestohlen wird, bringe ich Dich um'. Nach einer Pause lächelte er und präzisierte die Drohung. 'Nein', sagte er, 'Töten werde ich nur Deine' - und er benutzte einen groben Ausdruck für den intimsten Körperteil des Offiziers. Es folgte nervöses Gelächter." Hier ein Audio-Kommentar von Maass mit Bildern von den martialischen Kommandos, die Gilles Peress fotografiert hat.

In den weiteren Artikeln rechnet sich Jonathan Dee durchaus Chancen für christliche Videospiele aus. Und Michael Crowley porträtiert den wegen seiner Glücksspielgeschäfte in indianischen Reservaten umstrittenen Lobbyisten Jack Abramoff. Hier kommentiert James Harding Abramoffs Geschäfte im Slate Magazine).
Archiv: New York Times