Magazinrundschau

Werben Sie gute Spione an

Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
04.03.2008. Die London Review of Books sorgt sich um den Second-hand-Journalismus von Zeitungen. Prospect macht uns bekannt mit der chinesischen Intellektuellenszene. Al Ahram erklärt, warum die Ägypter am liebsten Fahnen made in China kaufen. Caffe Europa fragt: wo war Tariq Ramadan, als Milan Kunderas Bücher auf der Buchmesse in Kairo verboten wurden. Der Guardian macht Bekanntschaft mit Luthers PR-Mann. Die Gazeta Wyborcza untersucht das Selbstbewusstsein polnischer Arbeitnehmer.

London Review of Books (UK), 06.03.2008

In seinem Buch "Flat Earth News" (zu deutsch etwa: "Nachrichten von der Weltscheibe") stellt der Journalist und Reporter Nick Davies dem britischen Journalismus ein verheerendes Zeugnis aus. Leider, meint John Lanchester in seiner Rezension, hat er nur allzu recht: ""Der Stand der Dinge ist heute, dass 'der Kern des aktuellen Journalismus' darin besteht, 'weitgehend unüberprüftes Second-Hand-Material rasch umzuverpacken, viel davon einzig dazu bestimmt, den politischen oder kommerziellen Interessen derjenigen, die dieses Material liefern, zu dienen'... 'Flat Earth News' erklärt genau, wie der Druck aussieht, der Tag für Tag auf die Praxis des Journalismus ausgeübt wird. Geschichten müssen billig sein, das heißt 'schnell zu recherchieren' und 'gefahrlos zu publizieren'; sie müssen 'gesicherte Tatsachen auswählen', vorzugsweise aus offiziellen Quellen; sie müssen 'den elektrischen Zaun meiden', d.h. sie dürfen sich gar nicht erst auf potenzielle Quellen von Ärger wie das Verleumdungsrecht und die Israel-Lobby einlassen; sie müssen auf 'allgemein akzeptierten Ideen' beruhen und dürfen keinen von der Mehrheit gehegten Ansichten widersprechen; sie müssen komplizierte oder voraussetzungsreiche Themen meiden und immer 'beide Seiten einer Sache darstellen'."

Weitere Artikel: Andrew O'Hagan erzählt in allen Details, die er herausfinden konnte, die Geschichten von Anthony Wakefield und John Spahr, eines britischen und eines amerikanischen Opfers des Irakkriegs, die beide am 2. Mai 2005 ums Leben kamen. Als Korrespondent in Israel hat Yonatan Mendel erlebt, wie die israelischen Journalisten immer dann, wenn es um den Konflikt mit den Arabern geht, ihre Unparteilichkeit verlieren. Jeremy Harding denkt über "atrocity museums" nach, Museen also, die Gräuel ausstellen. Peter Campbell hat die große Peter-Doig-Retrospektive in der Tate Britain besucht.

Rue89 (Frankreich), 01.03.2008

Rue 89 stellt das Buch "Triomphe de la vulgarite" (Editions de l?Olivier) über Sarkozys Frankreich vor, und dessen Autor Marc-Vincent Howlett, Philosoph und Lehrbeauftragter an der Hochschule für Angewandte Künste, der zwar noch nicht so bekannt sei, dessen "Wut, treffsichere Rhetorik und präzise Attacken" jedoch sehr viel versprechend seien. "Nicolas Sarkozy ist in keiner Weise ein neuer oder innovativer Politiker. Howlett zeigt mit heiterer Schärfe, was für ein Sarkozy ist: 'Er gibt sich gern für jemanden anderen aus. Er könnte Putin und/oder Busch sein. Er will uns überzeugen, dass er das Gesicht der Welt verändern wird, indem er der Welt ins Gesicht sieht; doch was er ansieht, ist nicht die Welt. Giscard d'Estaing wollte Frankreich tief in die Augen blicken. Nicolas Sarkozy schaut auf seine Amtsgenossen.' Das Neue an diesem Essay ist, dass es darin weder um Vermenschlichungstaktik und 'Bling-Bling', die Einwanderungspolitik und Diskriminierung, noch um den enthemmten Liberalismus geht, wenn er die Vulgarität des neuen Bewohners des Elysee-Palasts angreift. Sondern um Sarkozys Verhältnis zur Macht und zur Geschichte."
Archiv: Rue89

Prospect (UK), 01.03.2008

In seiner faszinierenden Titelgeschichte berichtet Mark Leonard aus dem Inneren der chinesischen Universitäts- und Intellektuellenszene, in der er drei Jahre lang recherchiert hat. Vergleichsweise offen wird hier über die Zukunft Chinas und über Staats- und Ökonomiemodelle diskutiert. Nach Jahren der Dominanz einer marktwirtschaftsliberalen "neuen Rechten" erstarkt jetzt eine "neue Linke", die über mögliche sozialdemokratische Optionen für China nachdenkt: "Wang Hui ist eine der Führungsfiguren dieser neuen Linken, einer losen Gruppierung von Intellektuellen, die zunehmend die öffentliche Stimmung und den Ton politischer Debatten bestimmen. Wang Hui hat ursprünglich nicht Politik, sondern Literatur studiert, wurde aber durch seine Rolle in den Studentendemonstrationen auf dem Platz des Himmlischen Friedens im Jahr 1989 politisiert. Wie die meisten jungen Intellektuellen glaubte er damals fest an das Potenzial des Marktes. Nach dem Massaker aber zog sich Wang Hui in die Berge zurück, wo er zwei Jahre in einem Versteck verbrachte und Bekanntschaft mit Bauern und Arbeitern schloss. Seine Erfahrungen in dieser Situation haben zu Zweifeln an der Gerechtigkeit des unregulierten freien Marktes geführt und ihn zur Überzeugung gebracht, dass der Staat bei der Verhinderung von Ungleichheit eine wichtige Rolle zu spielen hat."

Weitere Artikel: Trevor Phillips bespricht Shelby Steeles Buch "Obama, ein gefesselter Mann", in dem der konservative schwarze Autor erklärt, dass Barack Obama das Versprechen eines geeinten Amerika nicht wird halten können: die riesigen Unterschiede zwischen Schwarz und Weiß seien auf Dauer nämlich nicht vergessen zu machen. Robert Reich wiederum hat nichts dagegen, dass Amerika bei Barack Obama Inspiration für einen Neuanfang sucht. Jonathan Wolff kommentiert die Tatsache, dass Großbritannien heute mehr Leute ins Gefängnis sperrt denn je zuvor.
Archiv: Prospect

Al Ahram Weekly (Ägypten), 27.02.2008

Auch auf ägyptischen Märkten sieht man immer mehr chinesische Waren, notiert Dena Rashed. Sie sind oft billiger und besser als die heimischen Produkte. Beim Afrika Cup in Kairo wurde das besonders schmerzhaft deutlich. "Ich muss zugeben, dass viele Leute eigens nach den Nationalflaggen fragten, die in China hergestellt wurden, weil sie länger halten', sagt Abdu Gouda, der beim Ahli Club in Kairo arbeitet und seit vierzig Jahren vor dessen Tor die Wimpel des Clubs sowie ägyptische Nationalflaggen verkauft. Gouda kauft die Flaggen in Al-Moski, wo Großhändler Hunderte von anderen Kunden mit verschiedensten Waren versorgen. Ägyptische Flaggen sind ein paar Pfund teurer als chinesische, und sie sind laut Gouda eben auch nicht so gut."
Archiv: Al Ahram Weekly

New Yorker (USA), 10.03.2008

In einem wunderbaren Essay über das Wesen der Garderobe amerikanischer Comic-Helden entwickelt Michael Chabon Grundlagen zu einer Theorie der Transformation durch eine "zweite Haut". Bestechend belegt er sie anhand einer Spielszene aus seiner Kindheit, in der er und ein Freund sich mittels Badetüchern in Superhelden verwandelten: "Indem wir redeten, unsere Capes zuknoteten und Flip-Flops gegen unsere Fußsohlen klatschten transformierten wir nicht nur uns selbst. Auf unserem Weg zum Pool transformierten wir die Welt, formten sie zu einem Ort, in dem dieses möglich war: Dass die Wiedergeburt eines Artus-Ritters in Gesellschaft eines heiligen mittelamerikanischen Hexenmeisters Trost und Kameradschaft finden konnte. Ein paar Jungs aus Columbia oder Cleveland konnten sich eine komplette Welt superheldenhafter Abenteuer ausdenken. (...) Dafür mussten wir nur der ständigen Einladung folgen, welche die Superhelden-Comics mittels eines Handtuchs an uns richteten. Es war eine Einladung, in die Welt ihrer Geschichte einzutreten, am aktuellen Geschehen der Comics teilzuhaben. Und mit dem Zuknoten eines magischen Badetuchs etwas zu tragen, was wir in uns verborgen wussten."

Weitere Artikel: Lauren Collins porträtiert Michelle Obama, die die Rolle der amerikanischen Politikerehefrau derzeit neu erfindet. Zu lesen ist außerdem die Erzählung "Raj, Bohemian" von Hari Kunzru und Lyrik von Dan Chiasson und Stephen Dunn.

Janet Malcolm beschreibt das boshafte Vergnügen an der Lektüre von Cecily von Ziegesars Bestseller-Serie "Gossip Girl" (deutsch: "Ist es nicht schön, gemein zu sein?") über weibliche Teenager der New Yorker Oberschicht. John Lanchester bespricht einen Band über Düfte: "Perfumes: The Guide" (Viking), geschrieben vom wunderbaren Luca Turin (mehr hier). Und David Denby sah im Kino den Thriller "The Bank Job" von Roger Donaldson und Jacques Rivettes Verfilmung einer Balzac-Novelle "Die Herzogin von Langeais" ("Ne touchez pas la hache"), die letztes Jahr auf der Berlinale lief.

Nur im Print: Porträts des Ehepaars Isabel und Ruben Toledo, Künstler und Modedesignerin, sowie eines Pariser Designers, der Iggy Pop nacheifert, und ein Bericht über neuen technischen Schnickschnack.
Archiv: New Yorker

Caffe Europa (Italien), 01.03.2008

David Bidussa erinnert Tariq Ramadan und alle jene, die die Einladung israelischer Schriftsteller zur Buchmesse in Turin kritisierten, daran, dass es in den arabischen Ländern immer noch weit mehr zu kritisieren gibt als in Norditalien. "Die Attitüde von Tariq Ramadan und der Vereinigung der arabischen Schriftsteller ist nicht so sehr fragwürdig in dem, was sie sagen, sondern vor allem durch das, was sie nicht verteidigen, nämlich die Freiheit. In den Tagen, in denen Tariq Ramadan den Boykott der Buchmessen von Turin und Paris forderte, wurde Milan Kundera auf der Buchmesse in Kairo zensiert und seine Bücher nicht zugelassen. Keiner von denen, die sich als große Verteidiger der Freiheit präsentieren und die Unterdrückung geißeln - allen voran Tariq Ramadan - keiner hat sich die Zeit genommen, hat Worte gefunden oder einen Weg, aus dem Klagechor über Israel auszuscheren, um in Kairo für die Freiheit des Buches einzutreten."
Archiv: Caffe Europa

Guardian (UK), 01.03.2008

Die Ausstellung zu Lucas Cranach in der Royal Academy zeigt Eamon Duffy, dass Künstler keine unbändigen Individualisten sein müssen, die gegen jeden moralischen und ästhetischen Zwang aufbegehren. Sie können auch einfach "geniale Geschäftsleute" sein: "Als enger Freund Martin Luthers erschuf Cranach mehr oder weniger im Alleingang das visuelle Vokabular für Luthers Rebellion gegen die Katholische Kirche. Cranach vermaß die Entwicklung seines Freundes vom glutäugigen Mönch zum maßgeblichen Reformer in einer Reihe von Porträtdrucken und Gemälden. Seine Massen-Produktion machte Luther zum bekanntesten Gesicht im Europa des 16 Jahrhunderts und zur definitiven Ikone der neuen Religion. Doch selbst in seiner Hochzeit als Luthers PR-Mann arbeitete er ebenso hart an lukrativen Aufträgen für den mächtigsten katholischen Geistlichen in Deutschland: Kardinal Albrecht von Brandenburg, eben der Mann, dessen unverhohlener Ablasshandel Luther überhaupt erst zum Protest bewegt hatte. Freundschaft, Kunst und ideologische Reinheit waren schön und gut, aber für Cranach war Geschäft vor allem Geschäft."

Die Briten bewundern John Milton, doch sie lieben ihn nicht, bedauert die Schriftstellerin Claire Tomalin, die ihn für den aufregendsten britischen Dichter hält, kein Gedicht könne mit "Paradise Lost" mithalten: "Milton bringt einen zum Nachdenken, er zieht einen in die Auseinandersetzung über Macht, Gut und Böse, über Verantwortung, Unschuld und das Recht zu wissen. Er zeigt Gott, der uns dieses Recht vorenthält, aber wir wissen, dass Milton selbst dieses Recht in seinem wütenden Essay "Areopagitica" über die Freiheit der Presse verteidigt hat."
Archiv: Guardian

Nepszabadsag (Ungarn), 01.03.2008

Der Medienwissenschaftler Peter György porträtiert den umstrittenen polnischen Künstler Artur Zmijewski, der eine Ausstellung in Budapest hat. Gezeigt wird unter anderem das Video "80064", in dem ein Auschwitz-Überlebender seine Häftlingsnummer neu tätowieren lässt (mehr hier und hier): "All die Provokationen Zmijewskis, seine mit kühlem Kopf durchdachten, komplizierten Werke zielen auf die polnische Gesellschaft ab - auf das Land, das sich als Opfer eines schrecklichen Krieges versteht. Denn Abwehrhaltung und Verdrängung können nicht mit humanistischer Pädagogik aufgelöst werden. Zmijewski will - so scheint es - eine Gesellschaft mit weniger Lügen, Selbstmitleid und Gratisstolz... Filme wie 'Roman eines Schicksallosen' oder 'Der Pianist' sind Musterexemplare für eine scheiternde humanistische Pädagogik, die Erlösung und Katharsis verspricht, selbst wenn es dafür keinen Grund gibt. Die ungleich kompliziertere und risikoreichere Ästhetik, die Zmijewski verfolgt - die in ihren Werken neue Zusammenhänge und Horizonte schafft - zwingt zur Selbsterkenntnis. Sie beruhigt uns nicht, sondern sorgt für Verwirrung und bringt uns aus der Fassung."
Archiv: Nepszabadsag

Spectator (UK), 01.03.2008

Als er noch Redakteur beim Independent war, entwickelte Charles Leadbeater unter anderem die "Bridget Jones"-Kolumne. Als freier Autor wendet er sich anderen Innovationen zu und hat jetzt ein Buch über die Kreativität der Masse im Internet geschrieben. Matthew d'Ancona lässt sich dankbar erklären, wie traditionell doch vieles im Internet ist. "Tatsächlich glaubt Leadbeater, dass die Internetgemeinde in vielerlei Hinsicht eine Wiederbeschwörung alten Brauchtums und gemeinsamer Traditionen ist, die von der industriellen Organisation des 20. Jahrhunderts verschüttet wurden. 'Dieses ganze Gerede davon, das Internet sei etwas Neues, ist falsch', sagt er. 'Es funktioniert dann am besten, wenn auf Älteres zurückgegriffen wird .' Dass eine Ansammlung von Amateuren Inhalte erstellt und miteinander teilt, das sei der Kern der Brauchtumskultur, nur für die digitale Ära aktualisiert. Peer-to-Peer-Empfehlungen bilden den Kern modernen Marketings und sozialer Netzwerke. Zum ersten Mal tauchte dieses Verfahren in den wissenschaftlichen Zeitschriften des 17. Jahrhunderts auf."
Archiv: Spectator

Gazeta Wyborcza (Polen), 04.03.2008

Nach Jahrzehnten politisch missbrauchter Klassenkampfrhetorik und der wilden Transformationsperiode scheint sich das Selbstverständnis der polnischen Arbeitnehmer zu stabilisieren, konstatiert im Interview der Soziologe Juliusz Gardawski. Als "Arbeiterklasse" oder gar "Proletariat" will sich kaum jemand bezeichnen, aber "in den Umfragen wird eine klare Trennung zwischen Herrschenden und Beherrschten sichtbar. Wenn man dann aber nach Konflikten fragt, wird über Ideologie gesprochen, nicht über ökonomische Interessen. Konflikte über Eigentum oder Kapital gibt es scheinbar nicht". Die unter anderem durch Migration entspannte Arbeitsmarktsituation hat immerhin dazu geführt, dass sich die Menschen immer mehr trauen, für ihre Rechte einzutreten - ein wichtiger Akt war vor kurzem ein Streik in der Supermarktkette "Tesco", der erste dieser Art bei einem privaten Arbeitgeber.
Archiv: Gazeta Wyborcza
Stichwörter: Arbeiterklasse, Proletariat

Times Literary Supplement (UK), 29.02.2008

George Brock liest eine Reihe von Neuerscheinungen zu Nordirland, die ihm vor allem Antwort auf das große Rätsel gaben, warum eigentlich die IRA bereit war, zu relativ wenig Bedingungen so viel preiszugeben: Sie war heillos vom MI5 unterwandert, selbst Freddie Scappaticci, Chef der gefürchteten Sicherheitsabteilung der IRA, arbeitete für die Briten. "Wenn es Lehren aus dem Anti-Terror-Kampf in Ulster zu ziehen gibt, dann diese: "Werben Sie gute Spione an. Werben Sie noch mehr an. Dann lassen Sie die Zeit für Sie arbeiten. Die Morde, das lange Warten und die Komprosmisse der Exit-Strategie werden die Moderaten zermürben. Dann warten Sie noch ein wenig. Danach dürfen die Politiker kommen."

Warum sieht alle Welt Lateinamerika nach links driften?, fragt sich David Gallagher vom vom chilenischen Centro de Estudios Publicos. In Argentinien übernimmt Cristina Kirchner das Präsidentenamt von ihrem Mann Nestor und wird in peronistischer Tradition weiterregieren - also "weniger Marx als Mussolini". Und in Venezuela? "Hugo Chavez finanziert populistische, anti-kapitalistische Politiker in ganz Lateinamerika, kein Land ist immun gegen seinen Einfluss. Mit seinem 'bolivarischen' Traum von der Einheit des Kontinents unter seiner Ägide ist er der neue Imperialist der Region. Seltsamerweise kommt Chavez damit durch, sich als Mann der Linken zu verkaufen. Dabei ist sein autoritärer Populismus näher am Faschismus. Die großen Nutznießer seiner bolivarischen Revolution sind Chavez' eigene Megalomanie und eine neue Brut sogenannter Boligarchen."

Odra (Polen), 04.03.2008

Über die gerade in Frankfurt/Main gezeigte Ausstellung "Hans Poelzig (1869-1936). Architekt-Lehrer-Künstler" schreibt Mateusz Hartwich: "Die sehr gelungene und gestaltete Ausstellung kontextualisiert klug das Werk Poelzigs. Auf abstrakterer Ebene zeigt sie die ambivalenten Verbindungen zwischen Avantgarde und Gebrauchskunst - im 20. Jahrhundert nicht selten politisch missbraucht. Sie mythologisiert den Modernismus nicht, und macht aus ihrem Helden keine Gottheit. (...) Es ist auch gelungen, den typischen Fehler für Architekturausstellungen zu vermeiden: die Fetischisierung von Plänen, die oft nur für Eingeweihte lesbar sind." Etwas bedauerlich sei jedoch, dass das Architekturmuseum in Wroclaw/Breslau, das sich mit den Bauten der Moderne in dieser Stadt (u.a. Poelzigs) intensiv auseinandersetzt, lediglich als Leihgeber fungierte und nicht in die Konzeption einbezogen wurde.
Archiv: Odra
Stichwörter: Breslau, Poelzig, Hans

New York Times (USA), 02.03.2008

Gershom Gorenberg berichtet im Sonntagsmagazin über wachsende Spannungen zwischen den amerikanischen und israelischen Juden. Wer als amerikanischer Jude in Israel einwandern will, bekommt häufig Schwiergikeiten mit den religiösen Behörden des Landes, die unter anderem entscheiden, wer überhaupt ein Jude ist: "Seth Farber ist ein orthodoxer Rabbi amerikanischer Herkunft. Seine Organisation - Itim, das 'Jewish Life Information Center' - hilft Israelis bei der Orientierung in der Bürokratie des Rabbinats. Er erklärte mir, dass die Ansprüche des Rabbinats an die Beweise für das Judentum einer Person so streng sind wie noch nie, viel strenger als sich die meisten amerikanischen Juden vorstellen können. Im Blick auf jüdische Organisationen, vor allem die wesentlichen Gemeinde- und philanthropischen Organisationen des amerikanischen Judentums sagt er: 'Achtzig Prozent der Vorstände in diesen Vereinen würden den Standard nicht erreichen.'"

Außerdem schreibt Elizabeth Weil über eine immer stärkere Tendenz zur Geschlechtertrennung an amerikanischen Schulen. Und Andrew Meier porträtiert den exzentrischen russischen Romancier und Politiker Edward Limonov.

In der Book Review bespricht Patrick Cockburn das Buch "Dreams and Shadows - The Future of the Middle East" (Auszug), in dem die Reporterin Robin Wright ein recht optimistisches Bild über die gemäßigte Opposition in vielen arabischen Staaten entwirft: "Der islamische Extremismus ist nicht mehr die wichtigste, interessanteste oder dynamischste Kraft im Nahen Osten." Und hier das erste Kapiel aus Stephen Kings neuem Roman "Duma Key".
Archiv: New York Times