Magazinrundschau

Material für weitere Vaudevilles

Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
05.04.2011. Der Globe and Mail reist ins arktische Nunavut, das ein failed state zu werden droht. Tehelka porträtiert Onir, den einzigen offen schwulen Filmregisseur Bollywoods. In Salon fragt sich Jachym Topol, warum die tschechische Kritik so harsch auf Vaclav Havels Debütfilm reagiert. Der New Yorker entwirrt die komplizierte Gemengelage im Jemen. Polityka stellt fest: Die Polen lesen nicht. Wenn Gandhi nicht bisexuell war, warum macht Joseph Lelyveld dann so viele Andeutungen in die Richtung, fragt Outlook India.

Globe and Mail (Kanada), 03.04.2011

Wie eine Regierung im Umgang mit der Urbevölkerung erst Fehler macht, und dann beim Versuch, sie gutzumachen, alles noch schlimmer macht - das kann man beispielhaft anhand von Patrick Whites fünfteiliger Reportage über das arktische Nunavut studieren. Nunavut ist ein Territorium im Nordosten Kanadas, das vor 12 Jahren weitgehende Autonomie eingeräumt bekam, damit die Inuit selbst über ihr Leben bestimmen können. Das Ergebnis ist eine Katastrophe. Gewalt, Alkoholismus, Selbstmorde und eine Regierung, die eine paternalistische Kultur hochhält, deren Grundlage - die Robben- und Waljagd - längst zerstört ist. "Die politische Kultur Nunavuts ist sehr populistisch und zugleich tief konservativ. Es gibt einen starken Widerstand gegen Veränderungen, die Tradition wird verehrt. Junge Männer zur Jagd zu ermutigen, gilt als Heilmittel für praktisch jedes soziale Problem, auch wenn die Ermutigung zum Schusswaffengebrauch in einem derartig gewalttätigen Klima fragwürdig erscheint. Die Ansichten der Mehrheit über die Rolle der Frau, Abtreibung oder Schwulenehe geht zurück auf die Ära vor den Suffragetten. Alte haben die höchste Autorität, ihre Weisheit ist so unhinterfragbar wie die eines Orakels." Aber die Jungen sind in der überwältigenden Überzahl. Wie in Tunesien oder Ägypten...
Archiv: Globe and Mail

Tehelka (Indien), 02.04.2011

Sunaina Kumir stellt das sehr seltene Exemplar eines wirklich unabhängig produzierten Films eines professionellen indischen Regisseurs vor: gedreht hat ihn Onir, der der einzig bekennende Schwule im weiteren Bollywood-Zusammenhang ist und für seinen Debütfilm "My Brother Nikhil" (hier die NYT-Kritik) viel Lob erhielt: "Es ist ja sehr die Frage, ob es so etwas wie ein Independent-Kino in Hindi überhaupt gibt; schließlich werden die meisten Film, die sich als Indies bezeichnen, in Wahrheit von großen Studios und noch größeren Marketing-Budgets unterstützt. Wäre es aus sonst keinem Grund: [Sein jüngster Film] 'I Am Omar' ist wichtig schon als einer der ganz wenigen wirklichen Indie-Filme seit langer Zeit. Seine Macher bezeichnen ihn als Indiens ersten crowd-gesourcten Film. Kurz gesagt, ist es so, dass Freunde von Regisseur Onir und Freunde von Freunden auf seinen auf Facebook geposteten Aufruf reagierten, in dem er um Einzelbeiträge von 1000 Rupien (rund 15 Euro, PT) aufwärts bat. Mehr als 400 Leute waren bereit dazu und ihnen allen gehört nun gemeinsam mit seinem Regisseur dieser Film. 'I Am Omar' besteht aus vier Kurzfilmen, die jeder für sich oder im Zusammenhang gesehen werden können und durch einen subtilen thematischen Faden zusammengehalten werden. In 'I Am Omar', in dem Rahul Bose die Hauptrolle spielt, geht es um Schwulenrechte in Indien."
Archiv: Tehelka
Stichwörter: Bollywood, Indie

Salon.eu.sk (Slowakei), 31.03.2011

In Lidove noviny wundert sich der Autor Jachym Topol (hier auf Englisch), dass Vaclav Havels Film "Abgang" von der tschechischen Filmkritik so harsch kritisiert wurde (mehr hier). "Wir leben in einer Welt voll verrückter Wendungen. Es genügt, sich beim Verlassen des Kinos daran zu erinnern, dass unser derzeitiger Herrscher, ein Experte für alles, sich die Hände reibt, während er die Listen seiner Feinde überprüft, die vergleichbar sind mit jenen Listen, die die kommunistische Geheimpolizei zusammengestellt hat. Oder dass es möglich ist, einen Kulturminister zu haben, der unfähig ist, einen schlüssigen Satz zu formulieren und statt dessen nur Hass versprüht. Oder dass ein Herr in hoher Position behauptet, er stamme nicht von Affen ab, sondern vermutlich von Außerirdischen. Himmel! Wo immer man in Tschechien hinsieht, findet man genug Material für weitere Vaudevilles."
Archiv: Salon.eu.sk

Economist (UK), 31.03.2011

Vorsichtig optimistisch (und tendenziell sehr islamfreundlich) kommentiert der Economist die Aussicht, dass vor allem die Islamisten von den Revolutionen im arabischen Raum profitieren könnten. Was nichts daran ändert, dass es da derzeit ganz schön seltsame Bettgenossen gibt: "Irgendwas stimmt nicht ganz an Muammar Gaddafis Behauptung, die libysche Revolution sei eine Al-Qaida-Verschwörung. Diese Dschihadis unterstützen schließlich mit großem Enthusiasmus die von der NATO angeführten Bombardierungen. 'Ein Segen', meint etwa Sufian bin Qumu, der sechs Jahre als Gefangener in Guantanamo verbracht hat und LKWs für Osama bin Ladens sudanesische Transportfirma chauffierte, bevor er sich in die afghanischen Lager aufmachte. 'Exzellent', findet auch Abdel Hakim al-Hisadi, ein Rebellenkommandeur, der sein Training im Lager Khost erhielt, der Basis von Bin Laden in Afghanistan. 'Das hat wirklich unseren Blick auf den Westen verändert. Er hat unser Volk gerettet und wir haben uns zu bedanken.'" (Deutlich skeptischer als der Artikel fallen die Kommentare darunter aus.)
Archiv: Economist

Rue89 (Frankreich), 03.04.2011

Ein junger Ägypter, der in Frankreich aufwuchs und eine Woche vor den ersten Demonstrationen nach Kairo zurückkehrte, schildert im Interview seine Erlebnisse und erzählt von Toten und Verletzten, dem grassierenden Misstrauen während des Umsturzes und den Veränderungen seither. Seine Zukunftserwartungen und -prognosen klingen keineswegs optimistisch, das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben laufe auf Sparflamme. "Ich sehe keinerlei positive Entwicklung gegenüber der Situation von vor zumindest fünf Jahren. Mit der Revolution ist alles in Scherben gegangen und Ägypten muss in jetzt wieder bei Null anfagen. Die Leute leben von einem Tag auf den anderen ... Jeder hat Angst, dass die Muslimbrüder diese Instabilität jetzt nutzen, um ihre Vorstellungen durchzusetzen. Während der Revolution haben alle geglaubt, dass ein von Mubarak befreites Ägypten seinen ehemaligen Ruhm zurückerlangen würde, und alle Arbeit hätten."
Archiv: Rue89
Stichwörter: Muslimbrüder, Rue89

Vanity Fair (USA), 01.05.2011

Eine Herbizid-Attacke auf die Weinstöcke der Lage La Romanee-Conti ist in etwa so gravierend wie ein Säure-Attentat auf die Mona Lisa: Die vier Hektar große Lage im Burgund produziert die teuersten Pinot Noirs (und damit Weine) der Welt, 6.000 Euro pro Flasche in jüngeren Jahrgängen. Und dennoch ist es passiert. Der Täter, der perfide vorging, ist zum Glück gefasst, schreibt Maximilian Potter in einer langen Vanity Fair-Reportage, und erklärt, warum diese Meldung so wenig zirkulierte: "In den französischen Medien war kaum etwas über den Vorfall berichtet worden, der doch ein beispielloses und Aufsehen erregendes Verbrechen war. In den Vereinigten Staaten gab es nur Kurzmeldungen in der Weinpresse. Niemand im Burgund - inklusive des Patriarchen der im Familienbesitz befindlichen Domäne, Aubert de Villaine - wollte öffentlich darüber sprechen." Und um das jetzt durch Vanity Fair gebrochene Schweigen zu erklären, "sagte die Lokalpolitikerin und Winzerin Jeanine Gros: "'Wein' und 'Gift', diese beiden Wörter gehören einfach nicht in einen Satz."

In einer zweiten langen und schönen Geschichte erzählt Microsoft-Mitbegründer Paul Allen, wie er einst Bill Gates kennenlernte und wie er sich 1983 von Microsoft trennte.
Archiv: Vanity Fair

New Yorker (USA), 11.04.2011

Werden die Protestierenden einen Weg zwischen Diktatur und Anarchie finden?, fragt sich Dexter Filkins in einer beeindruckenden Reportage aus dem Jemen. Filkins entwirrt das unendlich komplizierte politische Geflecht um den Staatspräsidenten Saleh und lässt Akteure unterschiedlichster Herkunft zu Wort kommen. Das größte Problem scheint zu sein, das weit und breit niemand in Sicht ist, der besser als Saleh wäre. Trotz der mutigen Demonstanten, die vor der Staatsgewalt nicht zurückgewichen sind. Doch das auf Korruption basierende Regime scheint jetzt zu bröckeln, schreibt Filkins: "Yemens ökonomische Krise hat sich verschärft. Westliche Regierungsvertreter erzählten mir, dass Salehs Regime nicht mehr in der Lage sei, die Kredite für Nahrungsmittelimporte zu beschaffen. Es war schwierig zu erkennen, wieviel von dem Chaos wirklich war und wieviel vom Regime angezettelt wurde, um internationale Ängste zu erwecken. Saleh wies immer häufiger auf die Situation in Somalia hin. 'Wir sind eine Stammesgesellschaft', erklärte er dem Satellitensender Al Arabiya. 'Jeder wird seinen Stamm unterstützen und wir werden in einem zerstörerischen Bürgerkrieg enden.'"

Weiteres: In einer Sammelbesprechung stellt der in Italien lebende britische Schriftsteller Tim Parks unter der Überschrift "Italiens unglücklicher Geburtstag" einige neuere Publikationen zum Thema vor. James Surowiecki erklärt, weshalb es erlaubt sein sollte, in der Arbeitszeit im Internet zu surfen. Alex Ross bespricht eine Aufführung der H-moll-Messe des Bach Collegium Japan in der Carnegie Hall und John Eliot Gardiners Einspielungen von Bach-Kantaten.
Archiv: New Yorker

Point (Frankreich), 31.03.2011

In seinen Bloc-notes diskutiert Bernard-Henry Levy drei Fragen, die sich im Zusammenhang mit dem internationalen Eingreifen in Libyen stellen. Neben den beiden Frage nach der Rechtmäßigkeit des Einsatzes und warum er gerade in Libyen, und nicht in Bahrein oder Syrien stattfindet, analysiert er auch die Frage nach dem Danach. "Was weiß man über die Aufständischen? Und woher nimmt man eigentlich, dass dieser bunt zusammengewürfelte Zusammenschluss aus alten Oppositionellen und ehemaligen Dienern des Regimes zu einem neuen Libyen führen wird? ... Man weiß zum Beispiel, dass unter den elf Ratsmitgliedern, deren Namen bekanntgegeben wurden, keine Islamisten sind. Und man weiß, dass sich unter den zwanzig anderen, deren Namen derzeit aus Sicherheitsgründen geheim gehalten werden, Repräsentanten aus allen Landesteilen befinden und dass die Stammesgefahr - absichtlich? - überschätzt wurde. Ich denke, selbst wenn der Rat nicht von heute auf morgen einen churchillschen Parlamentarismus einführt, wird er diesem kaputten, durch die Diktatur verwüsteten und durch Korruption und Staatskriminalität ruinierten Land ein wenig mehr Demokratie injizieren - und dieses ,ein wenig mehr? wäre bereits ein Segen."
Archiv: Point
Stichwörter: Libyen

Polityka (Polen), 04.04.2011

Sobolewska Kyziol gibt einen Überblick über den polnischen Buchmarkt. Rein ökonomisch sieht es gar nicht schlecht aus, und auch anspruchsvolle Literatur gedeiht in ihrer Nische. Aber: "Über die Hälfte der Polen liest nicht (56 Prozent über 15 Jahre erklären, im vergangenen Jahr keinerlei Kontakt mit einem Buch gehabt zu haben). Selbst Schülern und Studenten gelingt es, den Kontakt mit Büchern zu vermeiden: 27 Prozent haben einen Text gelesen, der länger als drei Seiten (oder drei Bildschirme) war. Ein Fünftel der Personen mit Hochschulbildung hatte im vergangenen Jahr Kontakt mit einem Buch."
Archiv: Polityka
Stichwörter: Buchmarkt

Guardian (UK), 02.04.2011

Der Schriftsteller Jonathan Coe war Gastdirektor des Filmfestival "From Page to Screen" in Bridport. Dass großartige Bücher immer schlechte Filme ergeben, kann er nicht bestätigen: "So wie John Hustons 'Die Toten' sehen wir uns Joseph Loseys 'Accident' an und spüren wie uns der Unterkiefer herunterklappt bei dem Gedanken, dass es einmal eine Zeit gab, in der etwas so unverschämt Anspruchsvolles eine kommerzielle Finanzierung und weite Verbreitung fand. Der Film macht keine Zugeständnisse an sein Massenpublikum, wenn es darum geht, die nur indirekt angedeutete Atmosphäre von Mosleys Roman zu vermitteln: Das Überraschendste daran ist heute, dass der Film es wagt, die ganze Ambiguität des Originals beizubehalten. Das könnte auch der Grund dafür sein, dass die Verbindung von moderner Literatur und Kino heutzutage so selten glückt, obwohl sie doch leicht eine natürliche Partnerschaft bilden könnten: Viele der besten modernen Erzählungen tendieren zu Doppelbödigkeit und offenem Ende, während das kommerzielle Kino aus Geschlossenheit und festgezurrten Enden zunehmend einen Fetisch macht."

Decca Aitkenhead hat AC Grayling getroffen, den sie als die Samtversion von Richard Dawkins und Christopher Hitchens beschreibt. Seine säkulare Bibel "The Good Book" enthalte nämlich, darauf legt Grayling Wert, kein schlechtes Wort über Gott, eigentlich überhaupt keins: "Grayling greift auf klassische säkulare Texte aus Ost und West zurück und tut 'damit genau das, was die Bibel-Macher mit den heiligen Texten taten: sie umarbeiten zu einem großen Schatz an Einsicht, Trost, Inspiration, Erbauung und Verständnis in den großen nichtreligiösen Traditionen der Welt'. An seinem Opus hat er mehrere Jahrzehnte gearbeitet, und das Ergebnis ist ein extravagantes gelehrsames Manifest für rationales Denken."
Archiv: Guardian

Merkur (Deutschland), 01.04.2011

Der Architekt und Autor Georg Franck untersucht noch einmal die Ökonomie der Aufmerksamkeit, die Prominenz in ungeahnten Dimensionen produziert und die aus Beachtung in einem Maße Kaiptal schlägt, dass Pierre Bourdieu die Waffen strecken würde. "Wer in diesem Geschäft reüssieren will, darf nicht zunächst auf Distinktion aus sein. Für diejenigen, die sich in den Medien um Präsentationszeit und -fläche rangeln, ist heikle Selektivität ein unerschwinglicher Luxus. Aus Sicht der Medienprominenz gehört eine sündhafte Portion Snobismus dazu, den Zuspruch der Massen zu verschmähen. Das Achten auf Distinktion a la Bourdieu würde für sie bedeuten, sich um ihr Bestes zu bringen, nämlich um ihre Popularität. Wer es zu Reichtum gebracht hat, hat dann auch gelernt, was Professionalität in diesem Geschäft heißt. Es kommt nicht darauf an, vornehm zu tun, sondern zu begreifen, dass die Medien nicht nur als Banken, sondern auch als Börsen fungieren. Die Medien investieren: Präsentationsfläche und -zeit; sie nehmen ein: Aufmerksamkeit. Beides, Aufwand und Ertrag, wird gemessen und publiziert."

Außerdem: Jürgen Kaube beklagt statistische, begriffliche und theoretische Beliebigkeit in der Soziologie der Ungleichheit. Hermann Lübbe schreibt im über Geld und Werte. Stephan Wackwitz nähert sich dem New Yorker Hipster. Und Reinhold Schmücker stellt fest, dass es in der Kunst keine Fehler mehr gibt.
Archiv: Merkur

New York Times (USA), 03.04.2011

In Indien hat Joseph Lelyvelds Gandhi-Biografie einen ziemlichen Wirbel ausgelöst, berichten Vikas Bajaj und Julie Bosman. Denn Lelyveld hat nahegelegt, dass Gandhi eine homosexuelle Beziehung mit dem deutschen Architekten Hermann Kallenbach hatte (die Leser der NYT Book Review erfahren das allerdings erst aus diesem Bericht, nicht aus der Besprechung letzte Woche, sie hätten das Wall Street Journal lesen müssen). Der von Hindu-Nationalisten regierte Bundesstaat Gujarat hat das Buch inzwischen verboten. "'Das Geschriebene ist pervers in seiner Natur', sagte der Ministerpräsident von Gujarat Narendra Modi nach dem Verbot über das Buch. 'Es hat die Gefühle aller verletzt, die fähig sind, gesund und logisch zu denken.' Indiens Justizminister M. Veerappa Moily erklärte am Dienstag, 'das Buch verleumde nationalen Stolz und Führerschaft', was nicht toleriert werden könne. Die Regierung 'erwägt, das Buch zu verbieten.'" Keine gute Nachricht für Indiens Homosexuelle.

Henry Kissinger hat zwei Einwände gegen Jonathan Steinbergs große Bismarck-Biografie: "Steinbergs Feindseligkeit gegen Bismarcks Person verleitet ihn manchmal dazu, seine Charaktereigenschaften über seine strategischen Konzepte zu stellen. Der zweite Einwand betrifft die direkte Linie, die Steinberg von Bismarck zu Hitler zieht." Nonsense, findet Kissinger. "Trotzdem ist 'Bismarck: A Life' die beste Biografie in englischer Sprache."

Und: Interessant, aber "langweilig" findet Michiko Kakutani David Foster Wallaces unvollendeten Roman "The Pale King".
Archiv: New York Times

Outlook India (Indien), 11.04.2011

Sheela Reddy möchte Joseph Lelyvelds Gandhi-Biografie auf keinen Fall verboten, sondern diskutiert wissen. Aber den Autor, der sich gegen den Vorwurf verwahrt hat, er hätte Gandhi als Homosexuellen dargestellt, findet sie doch etwas sensationsheischend, um nicht zu sagen heuchlerisch. "Lelyveld beginnt damit, seine Leser zu warnen: 'In einem Zeitalter, in dem das Konzept der platonischen Liebe wenig glaubwürdig erscheint, können ausgewählte Details über die Beziehung und Zitate aus den Briefen leicht so arrangiert werden, dass sie zu bestimmten Schlussfolgerungen führen.' Dann leitet er seine Leser unerklärlicherweise zu genau der Schlussfolgerung, vor der er sie gerade gewarnt hat: Uns wird erzählt, dass Kallenbach lebenslang Junggeselle war, Gymnast und Bodybuilder [...] 'Selbst wenn Gandhi nicht in ihn vernarrt war, fühlte er sich doch auf jeden Fall hingezogen zu dem Architekten.' Und Lelyveld weiter, aus einem von Gandhis Briefen zitierend: 'Dein Porträt (das einzige) steht auf dem Kaminsims meines Schlafzimmers.' Er beschreibt liebevoll die Details in Gandhis Brief: Baumwolle und Vaseline, 'eine beständige Erinnerung'."
Archiv: Outlook India