Magazinrundschau

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Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
29.10.2013. Im Guardian sieht der Unternehmer Jean-Louis Gassée kein Kraut mehr gegen die totale Überwachung gewachsen. Elet es Irodalom freut sich über den Buchpreis für Terézia Mora. Guernica berichtet über die Flüchtlingswelle von Syrien nach Armenien. Die Technology Review erklärt, warum Krebsmedikamente so teuer sind. In der NYRB skizziert Claire Messud das Dilemma Albert Camus'.

Guardian (UK), 28.10.2013

Die totale Überwachung der Bevölkerung ist nicht mehr rückgängig zu machen. Dieses niederschmetternde Resümee zieht der in Kalifornien lebende französische Unternehmer Jean-Louis Gassée aus der NSA-Affäre: "Wir haben absolutes Wissen einer Gruppe von Menschen gegeben, die dieses Wissen für sich behalten wollen, die zu glauben scheinen, sie selbst wüssten es am besten - aus Gründen, die sie nicht nennen können oder wollen - und die sich über das Gesetz gestellt haben. General Keith Alexander, der Chef der NSA, schlägt vor, dass 'Gerichte und Politiker' die Medien davon abhalten sollen, unsere Spionagetätigkeiten zu enthüllen. Ist die Situation hoffnungslos? Können wir nur noch beten, dass wir nicht eines Tages die bösen Jungs wählen, die die Überwachungswerkzeuge zu unserem Schaden benutzen werden? Ich fürchte, so ist es."

Glenn Greenwald kommentiert die jüngsten Enthüllungen und geht dabei besonders auf die Heuchelei der Europäer ein: "Erstens, beachten Sie, wie uninteressiert Kanzlerin Angela Merkel reagierte, als vor Monaten enthüllt wurde, dass die NSA deutsche Bürger massenhaft überwachte und wie sie sich erst empörte, als sich herausstellte, dass auch sie ein Zielobjekt war. ... Zweitens, all diese Regierungen erklären jetzt, wie neu diese Enthüllungen seien, wie glücklich sie seien, dies alles zu erfahren, und wie sehr sie Reformen befürworteten. Wenn das stimmt, warum erlauben sie dann, dass die Person, die ihnen all diese Erkenntnisse verschaffte - Edward Snowden - von der amerikanischen Regierung strafrechtlich verfolgt wird?"

Außerdem: Der Autor Christopher de Bellaigue würde das moderne Istanbul jederzeit tauschen gegen das alte, von Orhan Pamuk beschriebene.
Archiv: Guardian

Elet es Irodalom (Ungarn), 25.10.2013

Dass Terézia Mora den Deutschen Buchpreis 2013 erhalten hat, freut begreiflicherweise auch die Ungarn. Mit László J Győri spricht sie über ihren Roman "Das Ungeheuer", mit dem sie die Härten der Arbeitswelt geißeln will, und über den besonderen Status der ungarischen Literatur in Deutschland: "Es ist in Deutschland bekannt, das in Ungarn Bücher erscheinen, die auch für das deutsche Publikum interessant sind. Darüber muss man sich freuen, das ist nicht selbstverständlich. Wir müssen den bedeutenden Autoren wie Kertész, Esterházy und Nádas dankbar sein. Sie bereiteten den Weg für die anderen vor. (…) Wir sind unverändert beliebt, nur unsere Regierung ist es nicht. Aber die Ungarn werden nicht mit ihrer Regierung verwechselt. (…) Man weiß hier, dass ein Land eine Regierung bekommen kann, die für niemanden gut ist."

Guernica (USA), 15.10.2013

Die Journalistin und Anwältin für Bürgerrecht Alia Malek berichtet über die armenische Flüchtlingswelle, die der Bürgerkrieg in Syrien seit 2011 ausgelöst hat. Viele armenische Christen sind seit mehr als 100 Jahren vor allem in der nordsyrischen Stadt Aleppo ansässig, wo sie seit dem Genozid 1915 eine bedeutende Minderheit in Syrien darstellten. Nun bleibt vielen nichts anderes übrig als in ein Land auszuwandern, das sie nicht als ihre Heimat ansehen. Armenien profitiert von dieser Auswanderung. "Regierung und Privatleute unterstützten syrische Armenier bei der Jobsuche und bei der Überführung ihrer Geschäfte nach Armenien. Schließlich war die Gemeinschaft in Aleppo arbeitsam und wohlhabend und Armenien brauchte Arbeitskräfte, Investitionen und einen Schubs für die Wirtschaft, die in hohem Maße auf Subventionen angewiesen war. Viele sahen in Syriens Verlust eine Antwort auf die Probleme Armeniens."

Außerdem: Autor Daniel Woodrell ("Sweet Mister", "Winter's Bone" - ein Roman, der mindestens zehn mal abgelehnt wurde) spricht im Interview über das Leben in den Ozarks und seinen neuen Roman "The Maid's Version".
Archiv: Guernica

Express (Frankreich), 25.10.2013

Es gibt ein Genre von Politikerbüchern, das in Frankreich gern gepflegt wird. Gleich nachdem man ein Kabinett verlassen hat, wartet man mit seinen salzigsten Insidererinnerungen auf. So auch Nicolas Sarkozys ehemaliger Kulturminister Frédéric Mitterrand, der in Frankreich als Moderator und Autor sehr bekannt ist. Jérôme Dupuis ist im Express etwas befremdet über dieses Buch, weil Mitterrand praktisch ausschließlich über die hübschen Hintern von Kollegen und Söhnen von Kollegen schreibt. Aber er berichtet auch über ein Missverständnis zwischen Nicolas Sarkozy und Angela Merkel, das der NSA vielleicht entgangen ist. Was Sarkozy über Merkel sagte, hat Mitterrand so notiert: "Mein einziges Problem mit Angela, wirklich mein einziges, ist ihre Kohlsuppe. Jedes Mal wenn sie mich einlädt, will sie mir Rotkohlsuppe machen. Am liebsten mag sie Rotkohlsuppe mit Paprika. Sie ist fest davon überzeugt, dass das eine Vorliebe von mir ist, seit ich die Suppe beim ersten Mal aus Höflichkeit gelobt habe. Jedes mal wieder will sie mir diese Suppe machen, ich versuche abzuwinken, aber sie denkt, das tue ich aus Zurückhaltung. Ich verabscheue Rotkohlsuppe mit Paprika. In der Küche ist das wohl die Sache, die ich am heftigsten verabscheue."
Archiv: Express

Pitchfork (USA), 21.10.2013

Zehn Jahre nachdem Elliott Smith unter unklaren Umständen ums Leben kam, lässt sich Jayson Greene den Werdegang des Musikers von Freunden und Weggefährten nacherzählen. Als Smith 1998 für seinen Song "Miss Misery" in Gus van Sants Film "Good Will Hunting" für einen Oscar nominiert wurde, galt er noch als Geheimtipp und wurde hauptsächlich von Musikerkollegen verehrt.
"MARGARET MITTLEMAN [Managerin]: Die Oscar-Organisatoren wollten, dass er auf der Treppe sitzend performte. Sie wollten wirklich, dass er dieser Typ ist, der rauskommt und sich auf die Treppe setzt. Also ging ich zitternd zu Oscar-Produzent Gil Cates und sagte: 'Tut mir leid, aber das wird nicht passieren. Er wird es nicht tun.' Elliott sagte gar nichts, ich musste mich um alles kümmern, es war sehr stressig.
LARRY CRANE [Produzent]: Die Oscar-Leute kamen zu Margaret und sagten, dass er nur eine Strophe und einen Refrain spielen soll, und Elliott sagte, 'Dann mache ich es gar nicht'. So einfach war das. Also sagten sie, dass sie jemand anderen sei Lied spielen lassen würden: 'Hier ist Billy Joel!' Oder Matt Damon mit Zylinder."

Am Ende durfte Smith den Song doch selbst, im Stehen und in voller Länge spielen. Gewonnen hat allerdings Celine Dion.


Archiv: Pitchfork
Stichwörter: Damon, Matt, Sant, Gus van, Celine

San Francisco Magazine (USA), 22.10.2013

Gary Kamiya lebt seit mehr als vierzig Jahren in San Francisco und ist seit je fasziniert von Tenderloin, dem berüchtigsten Viertel der Stadt, in dem Drogendealer, Prostituierte und Diebe ihr Unwesen treiben. Obwohl TL, wie es dort genannt wird, mitten in der Innenstadt liegt, macht sich eine Gentrifizierung, wie sie in anderen amerikanischen Städten um sich greift, dort noch nicht bemerkbar. Woran liegt das, wundert sich Kamiya, wo San Francisco doch im Geld schwimmt? Der Hauptgrund ist die eigenartige Wohnsituation dort: Es gibt in TL fast nur Einzimmerwohnungen. Die seien doch ideal für junge Leute, meint die Stadt und will diese mit günstigen Mieten anlocken und so das Viertel aufwerten. Wenn das gelänge, käme das einem Wunder gleich, findet Kamiya. "Am Ende, so sieht es das Szenario vor, wird aus der Gegend ein funktionierender, verrückter Flickenteppich: ein von Block zu Block, von Gebäude zu Gebäude wechselndes Patchwork von Wohlstand und Armut, Schwarzen und Weißen, Asiaten und Latinos. Einzimmerwohnungen neben renovierten Apartments, Sozialwohnungen neben neuen Eigentumswohnungen. Es ist nicht Pacific Heights. Aber es ist ein produktives, pulsierendes Viertel im Herzen von San Francisco." Gentrifizierung also, ohne dass Tenderloin seine Seele und seinen Charme verliert?

Magyar Narancs (Ungarn), 03.10.2013

Viel diskutiert wird in Ungarn das Projekt eines Holocaust-Mahnmals. Der Kunsthistoriker und Hochschullehrer Péter György kritisiert die Bezeichnung und das Konzept der geplanten Gedenkstätte am ehemaligen Güterbahnhof von Józsefváros, die "Haus der Schicksale" (Sorsok Háza) heißen und vor allem der ermordeten Kinder gedenken soll. Die Gedenkstätte soll im nächsten Jahr eröffnet werden, um an den siebzigsten Jahrestag der Deportation der ungarischen Juden zu erinnern. György stört schon der Name "Haus der Schicksale". "Über den Tod eines Menschen können wir nur dann als Schicksalsereignis sprechen, wenn derjenige die Freiheit hatte, seinen eigenen Tod zu sterben. (…) Aus diesem Grunde ist eine Ausstellung nicht vorstellbar, die das Leben der Juden... so zeigt, als führte es Schritt für Schritt zwangsläufig ins Ghetto... Das würde so aussehen, als würde man den Nationalsozialismus in die europäische Tradition einbetten wollen. Es ist noch nicht zu spät den Namen und das damit verbundene Konzept zu verändern."
Archiv: Magyar Narancs

Technology Review (Deutschland), 22.10.2013

Als der Pharmakonzern Sanofi im vergangenen Jahr das Darmkrebsmedikament Zaltrap auf den Markt brachte, geschah etwas nie dagewesenes: die Ärzte des großen New Yorker Krebszentrums Memorial Sloan-Kettering erachteten den Preis von monatlich 11.000 Dollar für zu hoch und erklärten öffentlich, es nicht verschreiben zu wollen. "Es war das erste Mal, dass sich prominente Mediziner gegen die Einführung eines hochpreisigen Krebsmedikaments aussprachen", berichtet Barry Werth. Sanofi halbierte daraufhin den Preis - allerdings nicht für die Patienten: "Der Konzern reduzierte nicht den offiziellen Preis, sondern bot Ärzten Rabatte und andere Vergünstigungen von rund fünfzig Prozent an. Sanofi zahlte also Prämien an Ärzte, die Zaltrap verschrieben. In anderen Worten: die Entscheidung zielte nicht darauf ab, die Kosten für diejenigen zu senken, die für das Medikament bezahlten, sondern Ärzte und Institutionen dazu zu verleiten, aus dem beachtlichen Aufschlag Kapital zu schlagen - so lange das Angebot gilt."
Stichwörter: Memorial, Medikamente, Werther

LA Weekly (USA), 28.10.2013

Eine neue Horrorwelle, genannt Mumblegore, sucht den US-Indiefilm heim, berichtet Amy Nicholson: Ihre Protagonisten sind eng vernetzt, scheuen keine noch so bescheidenen Produktionsmittel und zeichnen sich durch einen sehr eigenen Zugang zum Genre aus. Am wichtigsten für ihren Erfolg aber "ist der Siegeszug von Video-on-Demand. Im Jahr 2003 hätte ein No-Name-Film ordentlich DVDs absetzen müssen. Ein kostspieliges Risiko sowohl für die Produzenten als auch für das Publikum, das 15 Dollar auf einen Film setzen muss, der am Ende nichts taugt. Streamingportale wie Netflix, iTunes und Amazon Prime haben die Preise pro Sichtung auf wenige Pennys gesenkt und versprechen ihren Kunden umgekehrt eine ganzes Füllhorn an Filmen. Das bedeutet, dass Produzenten, die ihre Kosten niedrig - sehr niedrig - halten, davon ausgehen können, ihre Investition wieder einzuspielen. Gesetzt den Fall, sie produzieren Horrorfilme. 'Dies ist die neue Autokino-Zeit', sagt Devin Faraci, Herausgeber des Onlinemagazins Badass Digest. 'Die Jugendlichen brauchen etwas, zu dem sie miteinander rummachen können und das naheliegendste dafür ist es, Horrorfilme zu drehen und zu kaufen. Das reicht zurück in die Zeit, als diese sonderbaren, alten Exploitationstreifen entstanden. Da sagte dann ein Typ mit Geld, wir wollen einen Film drehen, 10000 Virgins go to Hell. Du hast sieben Tage Drehzeit, ich brauche sieben Brüste und zwei Enthauptungen für den Trailer - an die Arbeit.'"

Zur weiteren Information hat Westword dankenswerterweise "11 Mumblegore Movies You Need to See" aufgelistet.
Archiv: LA Weekly

Economist (UK), 26.10.2013

Der Economist greift nach den Sternen: Immer mehr Firmen interessieren sich für interstellare Raumfahrt. Wenn da nur nicht die Distanz wäre, die es selbst der mit 17 Kilometer pro Sekunde durchs All schießenden Voyager-Sonde erst in 75000 Jahren gestattet, Alpha Centauri B zu erreichen. "Nukleare Energie könnte hier für Abhilfe sorgen. Dr. Dysons von Bomben angetriebenes Gefährt würde etwa 130 Jahre benötigen, um diese Strecke hinter sich zu bringen... Doch nukleare Raketen bringen ihre eigenen Probleme mit sich. Zum einen sind sie wegen des mitgeführten Treibstoffs sehr groß. ... Und der Treibstoff, um den es geht, ein ³He genanntes Isotop, ist nicht leicht zu finden. Das Daedalus-Team vertritt die Annahme, dass es wohl aus der Atmosphäre des Jupiter abgebaut werden könnte, von Menschen, die sich dann bereits im Sonnensystem ausgebreitet haben." Dazu passend erwägt der Economist an dieser Stelle, wie sich wohl der Handel zwischen den Sternensystemen ökonomisch sinnvoll organisieren ließe.
Archiv: Economist
Stichwörter: Raumfahrt, Raketen

Fast Company (USA), 28.10.2013

Neal Ungerleider stellt eine Reportage-Webseite vor, die mit nachrichtendienstlichen Tools das nicht-google-indizierte "deep web" durchforstet: Vocative, ein von dem israelischen Sicherheits-Unternehmer Mati Kochavi gegründetes Medium, steht damit für einen neuen Trend, meint Ungerleider: Open Source Intelligence. "2013 zeigte Jordan Harbinger bei der Hackerkonferenz Defcon, wie er sensible Informationen von Angestellten eines Vertragspartners des Verteidigungsministeriums erhielt, indem er als Headhunter bei LinkedIn auftrat. Es gibt Hinweise, dass NSA-Angestellte und Vertragspartner die Codenamen hochgeheimer Projekte bei LinkedIn gepostet haben. In New York posten Polizisten anonymisierte Berichte über ihre Jobs und ihre Ansichten zu Straffällen bei einem Bulletin Boards wie Thee Rant. Dann gibt es die Tech-Firmen, die obsessiv Quora und GitHub beobachten um herauszufinden, was die Konkurrenz vorhat. Mit anderen Worten: Data mining und das Durchsuchen von sozialen Medien und Bulletin Boards kann Stoff für viele Geschichten liefern."
Archiv: Fast Company

New York Review of Books (USA), 28.10.2013

Fünfzig Jahre nach der Entkolonialisierung geraten die arabischen Revolutionen in eine tragische Sackgasse. Vielleicht erklärt dieser Hintergrund das große Interesse, das die Übersetzung von Albert Camus' Schriften zu Algerien in den amerikanischen Kulturzeitschriften auslöst. Auch damals steckte Algerien in einem Dilemma, dessen Grausamkeit niemand genauer empfinden konnte als Camus - und das ihm von linken Intellektuellen bis heute hämisch vorgehalten wird. Claire Messud, selbst Tochter eines pied noir beschreibt es in knappen Sätzen: "Schon seit den dreißiger Jahren hat Camus die moralischen Rechte der indigenen algerischen Bevölkerung anerkannt und verlangt, dass diese Rechte gewährt wurden. Aber sein Beharren auf Gerechtigkeit erlaubte ihm nicht, die andere algerische Bevölkerung im Stich zu lassen: Er versuchte Lösungen zu präsentieren, die die Rechte aller Algerier schützen sollten. Da er nicht durchdrang, fiel er in Schweigen."

Außerdem: Stephen Breyer, Richter am Supreme Court, spricht über seine Liebe zu Marcel Proust, mit dessen Recherche er Französisch gelernt hat.

Advocat (USA), 24.10.2013

The Advocate hat dem NSA-Enthüllungsjournalisten Glenn Greenwald ein ausführliches, wenn auch etwas peoplehaftes Porträt gewidmet: "In den fünf Tagen, die ich mit Greenwald verbrachte", schreibt Natasha Vargas-Cooper, "entpuppte er sich als lebhaft, gesellig, emotional und als totaler Charmeur. Es wurde auch klar, dass die größte Antriebskraft für seine Arbeit nicht ein verbissenes Bekenntnis zu abstrakten Idealen ist, sondern die enge Beziehung, die er zu einigen wenige Menschen aufgebaut hat, sei es sein Geliebter David Miranda, Edward Snowden, ein geisterhafter Name auf einem Message Board im Internet oder die Schar halbblinder sklerotischer Straßenköter, um die er sich kümmert."
Archiv: Advocat

Nepszabadsag (Ungarn), 29.10.2013

Auch die Wochenendausgabe von Népszabadság beschäftigt sich mit der geplanten Holocaust-Gedenkstätte. Csaba Sós fordert, dass sich die Regierung klar von der Horthy-Ära distanzieren soll. "Es gibt keinen Anlass an der Lauterkeit der Regierungsabsichten zu zweifeln. Aber es muss weitergedacht werden, denn über Konzeption und Entscheidung gab es keine breite fachliche, demokratische Konsultation. Der ungarische Holocaust ist keine jüdische, sondern eine gesamtgesellschaftliche Angelegenheit. (...) Eine würdige Erinnerung am 70. Jahrestag des ungarischen Holocaust ist nicht möglich, ohne dass die ungarische Regierung klar mit dem Geist des Horthy-Regimes bricht. Sie muss es eindeutig vor der Öffentlichkeit verurteilen. Und sie muss ermöglichen, dass die Holocaust-Institutionen ihre Arbeit autonom, in fachlicher und personeller Unabhängigkeit und mit ausreichender Finanzierung verrichten können."
Archiv: Nepszabadsag
Stichwörter: Unabhängigkeit, Autonome

New Republic (USA), 27.10.2013

Diane Mehta stellt die Comic-Porno-Figur Savita Bhabhi vor, eine fordernde Frau, die im patriarchalen, pornobesessenen Indien durchaus feministische Züge hat, so Metha: "Als Rollenmodell hat Savi nicht den besten Geschmack - sie verführt Teenager, einen BH-Verkäufer, einen Terroristen - aber sie ist herrisch, verspielt, provozierend und bekommt was sie will. Sie feiert eine Orgie mit drei Poker-Kumpels ihres Ehemanns, einfach weil sie das sexy findet. Aber sie ist eine selbstbeherrschte Frau. [Zeichner] Deshmukh erklärte mir, er wolle zeigen, dass Sex keine Einbahnstraße sei und die Gesellschaft zu einer größeren Offenheit gegenüber weiblicher Sexualität antreiben. 'Ich wollte mit Savita Bhabhi zeigen, dass indische Frauen auch sexuelle Wünsche haben', sagt er. 'Indien ist ein Land, das sexuell immer noch gefesselt ist. Um die Ketten zu brechen, müssen indische Frauen ihre Wünsche zeigen.'"
Archiv: New Republic

New York Times (USA), 26.10.2013

Jeff Himmelman begleitet die philippinische Mannschaft des Tankers Sierra Madre, den die amerikanische Armee nach dem Zweiten Weltkrieg aufgegeben hatte. Heute liegt er bei den Spratly-Inseln im Südchinesischen Meer vor Anker und wird als Ausgangspunkt für Expeditionen zur Überwachung der umliegenden Inseln genutzt. China, Taiwan, Vietnam, Malaisia, Brunei und die Philippinen erheben Anspruch auf die Inselgruppe und haben jeweils einen Teil davon besetzt. Ein hohes Öl- und Gasaufkommen sowie ein großer Fischreichtum machen die Spratlys zu einem stark umkämpften Gebiet. Die Macht vor Ort aber haben die Chinesen: "Obwohl ein für die Chinesen unvorteilhaftes Schlichtungsurteil - das frühestens im März 2015 gefällt werden wird - für sie zu einem Imageproblem werden könnte, ist China nicht wirklich eingeschǘchtert, was zum Teil daran liegt, dass es keinen Vollstreckungsmechanismus gibt. 'Lassen Sie uns ehrlich sein', sagt Stephanie Kleine-Ahlbrandt [vom United States Institute of Peace]. 'Die Chinesen haben im Prinzip gelernt, Hegemonie wie die USA zu betreiben. Sie sagen, dass die USA unverhohlen internationales Recht verletzen, wenn es in ihrem Interesse ist. China sieht: Das ist das, was first-class-Mächte tun."'

Außerdem: Glenn Greenwald und Bill Keller führen eine interessante Diskussion über "objektiven" Journalismus.
Archiv: New York Times