Magazinrundschau

Gottgleiche Perspektive

Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag Mittag
18.04.2023. Die LRB begutachtet das neue Genre der message news, die Soldaten von der Front posten. Wenig russischen, aber viel zaristischen und sowjetischen Agitprop findet Osteuropa in den von Russland besetzten ukrainischen Gebieten. New Line staunt über die erfolgreichen feministischen Antifeministinnen in Modis BJP. Hakai nimmt den Antarktistourismus unter die Lupe. Die Poetry Foundation stellt die Dichterin Amy Clampitt vor. La regle du jeu setzt seine Reihe über Proust und den Rechtsextremismus fort. Und tolle Neuigkeiten aus der Reproduktionsmedizin, verkündet der New Yorker: Wir können uns demnächst auch als Einzelne selbst reproduzieren.

New Lines Magazine (USA), 17.04.2023

Die indische Abgeordnete Pragya Singh Thaku ist nur das prominenteste Beispiel: Die Hindu-Nationalistin steht unter Verdacht, an einem gegen Muslime gerichteten Terrorattentat teilgenommen zu haben, ihr Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Und so lange ist sie eine der populärsten Politikerinnen in Narendra Modis Bharatiya Janata Party (BJP), erzählt Sanya Dhingra. Dabei ist sie nur eine Politikerin in einer ganzen Kohorte äußerst ehrgeiziger hindunationalistischer Frauen, die in der indischen Politik nach oben wollen, ein paradoxes Phänomen, so Dhingra. "Als sich der Hindu-Nationalismus als eine Ideologie herauskristallisierte, die die angeblich indischen Traditionen vor Kolonialismus und westlichen Werten und Normen bewahren wollte, war die Sorge um die Rolle der Frau in der hinduistischen Gesellschaft ein wichtiges Thema. Westliche Werte wurden mit Individualismus und Freiheit assoziiert wurden, dagegen mobilisierten Hindu-Nationalisten Frauen, die traditionelle Ideen von Weiblichkeit und Häuslichkeit über westliche stellten. (...) Ein Jahrhundert später führt diese konservative Weltanschauung der Hindutva-Organisationen zu einer paradoxen Art von Frauenpolitik. Oftmals lauter und militanter als ihre männlichen Kollegen, bestimmen diese Frauen die hindu-nationalistische Agenda in ihren Regionen, während sie gleichzeitig gegen Patriarchate kämpfen, um politisch aufzusteigen. Zwischen diesen widersprüchlichen Impulsen, ihren Aufstieg in einer patriarchalischen Organisation zu verhandeln, und einem gewandelten Sinn für Feminismus entsteht in Indien eine neue Form des von Frauen geführten Hindu-Nationalismus."

New Yorker (USA), 17.04.2023

Reproduktionsmedizin ist ein Milliarden-Dollar-Business, lernt Emily Witt bei den Recherchen für ihre Reportage, eines, das möglicherweise kurz davor ist, eine weitere biologische Schallmauer zu durchbrechen. In-Vitro-Fertilisation ermöglicht seit mehr als vierzig Jahren, einen Embryo außerhalb des Körpers zu zeugen, mithilfe der In-Vitro-Gametogenese könnten nun sogar Geschlechtszellen künstlich aus anderen Zellen hergestellt werden, wie die Autorin bei ihren Besuchen mehrerer Biotechnologie-Firmen lernt, die sich diese Technik zu Nutze machen wollen - mit ganz verschiedenen Zielen. "Das Labor hat den IVG-Vorgang mit Mäusen wiederholt, in diesem Falle hat es befruchtete Embryos zustande gebracht, deren Geschlechtszellen mit Stammzellen männlicher Mäuse hergestellt wurden - 'Mäuse mit zwei Dads', wie ihre Publikation im akademischen Journal Nature es nennt. Futuristen spekulieren bereits über weitere Einsatzmöglichkeiten, zum Beispiel Embryos, die aus der DNA von vier Menschen statt zweien geschaffen werden, oder sogar sogenannte 'Unibabies', als Resultat einer Person, die sich mit sich selbst reproduziert." Während das eine mit diesen Innovationen und möglichen Entwicklungen beschäftigte Unternehmen sich fragt, welche ethischen und sozialen Fragen ein solch futuristischer und auch teurer Prozess aufwirft, sieht eine andere CEO die biotechnologischen Neuerungen mehr als mögliche Lifestyle-Optimierung: "Wir haben Grund zur Hoffnung, dass diese Innovation Frauen ermöglicht, eine künstliche Befruchtung mit weit weniger Nebenwirkungen zu überstehen, weniger Zeitaufwand und weniger Kosten - so, dass man die Eizellenentnahme praktisch in einer Art Gefrorene-Eizellen-Kiosk durchführen kann. Für mich ist es fast wie eine Art Erweiterung des klassischen Kosmetikstudios, in der es ein Akt der Selbstfürsorge ist, sich um die eigene Reproduktions- und Fruchtbarkeitsgesundheit zu kümmern", wird sie von Witt zitiert. Die Frage, ob die (mögliche) Zukunft der Fruchtbarkeit eher als Utopie oder doch mehr als Dystopie zu betrachten ist, lässt die Reporterin offen.

Außerdem: Adam Gopnik liest ein Buch über die Folgen des Königsmords in England. Louis Menand denkt über das Konzept der "Kreativität" nach. Clare Bucknell amüsiert sich mit vergessenen Drogentrips im 19. Jahrhundert. Laura Miller liest Dennis Lehanes Roman "Small Mercies" über die Rassenunruhen in Boston 1974, nachdem dort die Rassentrennung in den öffentlichen Schulen aufgehoben worden war. Und Anthony Lane sah im Kino Ari Asters Film "Beau is afraid" mit Joaquin Phoenix.
Archiv: New Yorker

Osteuropa (Deutschland), 17.04.2023

Nach der langwierigen militärischen Besetzung ukrainischer Gebiete tut sich Russland auch schwer, die Gebiete symbolpolitisch zu okkupieren. Der Geograf Mykola Homanyuk beschreibt, wie die Besatzer versuchen, mit einem Mix aus zaristischer Symbolik und sowjetischer Agitprop die Gebiete zu vereinnahmen. Denkmäler huldigen Katharina der Großen, Potemkin und Puschkin huldigen, Straßen werden umbenannt in Promenade des Komsomol, Marschall-Schukow-Damm oder Straße des 50-jährigen Jubiläums der Oktoberrevolution. Russische Nationalsymbole sollen erst einmal ebenso außen vor bleiben wie Leninstatuen: "Ein profaner Grund ist, dass ein großer Teil der Denkmäler, die im Jahr 2014 im Zuge des Leninopad' ('Leninfall' in Anlehnung an Laubfall) demontiert wurden, anschließend zerstört wurden. Eine Rolle könnte aber auch spielen, dass Lenin im Putinschen Weltbild ja eine durchaus negative Rolle zukommt. Diesen machte Russlands Präsident in seiner Rede zur Anerkennung der sogenannten Volksrepubliken von Donezk und Lugansk, die er drei Tage vor dem Losschlagen seiner Armee am 21. Februar 2022 hielt, dafür verantwortlich, dass 'riesige Gebiete, mitsamt ihrer Bevölkerung, die zum historischen Russland gehörten, den neu geschaffenen, oft völlig willkürlich zugeschnittenen Verwaltungseinheiten, den Unionsrepubliken übergeben wurden'. In Cherson, wo zunächst ebenfalls das im Jahr 2014 demontierte Denkmal wiedererrichtet werden sollte, verkündete die Verwaltungsbehörde der Besatzer später, dass an diesem Ort ein Denkmal für Katharina die Große aufgestellt würde."
Archiv: Osteuropa

London Review of Books (UK), 13.04.2023

James Meek sieht sich auf den einschlägigen Telegram-Kanälen all die Video-Clips an, die von ukrainischen oder russischen Soldaten hochgeladen werden und die für ihn eine ganz neue Form von Information darstellen: message news. Die Aufnahmen von brennenden Hubschraubern oder Panzerkolonnen unter Beschuss sind subjektiv und agitatorisch, aber viel substanzieller als reine Propaganda. "Diese Videos sind weder körnig, noch verwackelt oder undeutlich. Sie wurden auch nicht, wie die meisten Kampfaufnahmen in früheren Kriegen, aus einem eingeschränkten Blickwinkel auf dem Boden gedreht oder bei Nacht, das Ereignis in der Ferne verwirrend verschwommen. Es handelt sich um hochauflösende Panoramabilder im Breitbildformat, bei Tageslicht mit einer Drohne aufgenommen wurden. Alle etablierten Nachrichtenagenturen haben diese Videos aufgegriffen. Für Zivilisten meiner Generation sehen sie geradezu filmisch aus, wie Luftaufnahmen aus einem High-Budget-Epos. Aber sie haben auch ein Merkmal von Videospielen, nämlich die gottgleiche Perspektive, sie können das sehen, was direkt vor ihnen liegt, aber auch die Konfliktarena von oben betrachten. Eine Möglichkeit, die Kommandanten, geschweige denn einfache Soldaten, in der Vergangenheit nicht hatten. Dank handelsüblicher Drohnen haben sie die jetzt." Manche Videos sind aber auch so erschütternd, schreibt Meek, dass sie von beiden Seiten gleichermaßen geteilt werden. Der Clip eines russischen Soldaten zeigt seine Einheit unter heftigem Granatenbeschuss an der Schwelle des Todes: "'Das ist mein Panzer, der brennt', berichtet der Videoautor. In etwa dreißig Minuten wird die Munition in die Luft gehen. Ein großes Hallo an alle, live von der Front. Hier seht ihr aus erster Hand, was los ist. Das ist die Stadt der Fotzen, aber wir setzen sie unter Druck, scheiß drauf. Ruhm sei Russland.'"

Der indische Oligarch Gautam Adani, der selbst dann noch von Jo Johnson, Jared Kushner und Benjamin Netanjahu hofiert wurde, als sich sein Imperium in Luft aufgelöst hatte, ist nicht der einzige, der seine Nähe zu Premier Narendra Modi in Geld verwandeln konnte. In einem für ihn typischen Rundumschlag zürnt Pankaj Mishra gegen die indische Elite und ihre Kostgänger in West und Ost: "Die Zahl der Inder, die hungrig schlafen gehen, stieg von 190 Millionen im Jahr 2018 auf 350 Millionen im Jahr 2022; fast zwei Drittel der Kinder unter fünf Jahren, die im vorigen Jahr starben, fielen Unter- und Mangelernährung zum Opfer. Gleichzeitig ging es Modis Höflingen prächtig. Der Economist schätzt, dass der Anteil der Milliardäre in Indien, die ihren Reichtum der Vetternwirtschaft verdanken, innerhalb von sechs Jahren von 29 Prozent auf 43 Prozent gestiegen ist. Einem aktuellen Oxfam-Bericht zufolge besaß das reichste Prozent Indiens im Jahr 2021 mehr als 40,5 Prozent des gesamten Reichtums - eine Zahl, an die die berüchtigten Oligarchien in Russland und Lateinamerika nicht annähernd heranreichen. Die neue indische Plutokratie verdankt ihren rasanten Aufstieg Modi, und dieser hat unverhohlen klargestellt, welche Gegenleistung er erwartet. Im Rahmen des von ihm 2017 eingeführten Systems der 'Wahlanleihen' kann jedes Unternehmen oder jede Interessengruppe seiner Partei unbegrenzte Geldsummen zukommen lassen, wobei die Transaktion vor der öffentlichen Kontrolle verborgen bleibt."

La regle du jeu (Frankreich), 12.04.2023

Patrick Mimouni setzt seine faszinierende Artikelserie über Proust und den Rechtsextremismus fort (Resümee von Teil 1 und Link, hier Teil 2). Proust, konstatiert er zu Beginn des dritten Teils, war zumindest zu seinen Lebzeiten ein Autor, der vor allem von der extremen Rechten wahrgenommen und geschätzt wurde. Das lag vor allem daran, dass ihn Charles Maurras, der Gründer der Action française, und sein Ko León Daudet protegierten. Und die Zeitung gleichen Titels hatte eine Hunderttausender-Auflage. Die berühmte und ungleich renommiertere Nouvelle Revue Française (NRF) propagierte Proust zwar auch - aber das war nur ein kleiner Zirkel von Intellektuellen. Die Stimmung bei Daudet änderte sich mit dem vierten Band der "Recherche", "Sodom und Gomorrha", wo das Thema Homosexualität im Vordergrund steht, und später nach Prousts Tod 1922. Daudet trauerte zunächst. Aber mit Proust, so Mimouni, war der dezidiert jüdische Intellektuelle ins öffentliche Leben eingetreten, neben Bergson, Freud und Einstein. "Mit seiner Prosa, die fast ohne Absätze und Interpunktion auskommt und einer Seite in der Bibel oder im Talmud gleicht, verkörperte Proust in den Augen einer immer größer werdenden Leserschaft den jüdischen Intellektuellen schlechthin. Und indem er ihn verkörperte, brachte er zwangsläufig die Frage ins Spiel: Was ist ein jüdischer Intellektueller?" Vielleicht hat auch Prousts Erfolg in Deutschland dazu beigetragen: Jedenfalls wandte sich Daudet nach Prousts Tod dezidiert von ihm ab: "In Bezug auf Proust sprach er nicht von 'Judentum', sondern zog es vor, von 'Intellektualismus' zu sprechen. Er wollte mit seiner Invektive nicht zu weit gehen. Aber in seinem Vokabular bedeutete eine 'vollständig jüdische' oder 'vollständig intellektualisierte' Natur dasselbe. In Wirklichkeit erinnerte er auf seine Weise an Prousts Talmudismus."
Archiv: La regle du jeu

HVG (Ungarn), 16.04.2023

Der Bildungsexperte und Kuratoriumsvorsitzender der Republikon Stiftung (Budapest), Gábor Horn, beklagt in der Wochenzeitschrift HVG das gescheiterte Projekt der Verbürgerlichung in Ungarn, das insbesondere mit der Wende als große Erzählung zur Motivation und Identität begann. "Der hierzulande mehrfach stockende, in seiner Gänze nie entwickelte Prozess der Verbürgerlichung wurde durch Fidesz bewusst eingestellt: aus machtpolitischer Perspektive gelangte sie zu der Erkenntnis, dass die erneute Stärkung der Kádársche Ansicht 'der Staat wird es schon richten' mehr Stimmen bringen würde. Zusätzlich wurde ein eigentümlich protektionistischer und deformierter Markt etabliert und parallel dazu quasi die Welt der Kultur besetzt, Schulen wurden enteignet, die Eigenständigkeit der lokalen Gemeinschaften durch Entzug ihrer finanziellen Ressourcen eliminiert und die schwachen zivilgesellschaftlichen Organisationen und Strukturen als Feinde bekämpft. Das Ergebnis dieser Aktivitäten ist der Tod des Bürgertums."
Archiv: HVG
Stichwörter: Ungarn

Spectator (UK), 18.04.2023

Im Spectator fürchtet Adrian Wooldridge, das die alte Elite von einer neuen, woken, abserviert wird. Und mit ihr die Meritokratie. Schon jetzt, stellt er fest, besetzen die Woken überall neu geschaffene Posten, für die man selbst nicht unbedingt akademische Exzellenz braucht, diese aber überwachen kann: "In Yale gibt es inzwischen ebenso viele akademische Verwaltungsbeamte wie fest angestellte Professoren. Viele von ihnen tragen Titel, in denen das Wort 'Vielfalt' vorkommt, wie z. B. 'Chief Diversity Officer' und 'Deputy Chief Diversity Officer'." In Britannien ist man noch nicht ganz so weit, aber auch dort haben es sich viele Bürokraten "angewöhnt, sich auf Interessengruppen zu verlassen, die einen Teil der Arbeit für sie erledigen. Stonewall ist bereit (gegen eine Gebühr) zu bescheinigen, ob unsere Bildungsstätten LGBT+-freundlich sind, indem sie sie an einem Diversitätsindex messen und sie dann in ihr Diversity-Champions-Programm aufnehmen. Universitäten können nur dann Forschungsgelder erhalten, wenn sie von Athena Swan akkreditierte 'Leads' beschäftigen, die mit von Athena Swan akkreditierten Maßnahmen nachweisen, dass sie integrative Arbeitgeber sind. ... Die Annahme ist immer die gleiche: Angehörige ethnischer Minderheiten können es nicht aus eigener Kraft schaffen, sondern brauchen die Hilfe einer tugendhaften Bürokratie."
Archiv: Spectator
Stichwörter: Diversity, Bürokratie, Woke

Poetry Foundation (USA), 27.02.2023

Amy Clampitt, geboren 1920 in Iowa, war 58 Jahre alt, als ihr erstes Buch veröffentlicht wurde. Sie war eine durch und durch moderne Frau, lernt Heather Clark aus der neuen Clampitt-Biografie von Willard Spiegelman, "Nothing Stays Put". Unsentimental, aufgeschlossen und beharrlich: Sie schrieb ihr ganzes Leben lang, Romane (offenbar nicht so gute) und später Gedichte, die viel besser waren. Clampitt arbeitete für die Oxford University Press und machte sich später als Lektorin selbständig. "Nachdem sie von zehn großen Verlagen abgelehnt worden war, schrieb sie 1954 an ihren Vater: 'Ich ziehe einen ehrenvollen Misserfolg einem bedeutungslosen Erfolg vor, aber ich habe noch nicht aufgegeben.' Sie blieb dran, angetrieben von einem hartnäckigen Gefühl der Berufung. 'Schriftstellerin ist das, wozu ich bestimmt bin', schrieb sie an ihren Bruder. Spiegelman sieht in dieser Entschlossenheit einen Schlüssel zu ihrem Erfolg. 'Sie machte sich selbst zur Schriftstellerin, indem sie ständig schrieb.' ... Spiegelman ist hervorragend auf Clampitts intellektuelles Leben und ihre Ambitionen eingestimmt; ihr bescheidener, sparsamer Charakter; ihre Identifikation mit den Underdogs; ihr unbesungener politischer Aktivismus; und ihre Lebensfreude. Spiegelmans Prosa ist elegant und unaufdringlich, und seine Recherchen sind beeindruckend. Besonders gut gelingt es ihm, Clampitts literarische und philosophische Sensibilität herauszuarbeiten - wie sie in ihrem Leben und Werk 'Keats'sche Üppigkeit und Quäker-Strenge' vermischte. Zu ihren Tagebüchern schreibt er: 'Man bekommt den Eindruck einer Frau, die zu allem bereit, aber in allem unsicher ist. Sie ist erfahrungshungrig, kühn und zaghaft zugleich'. Er vergleicht ihren 'weiten, sogar undiskriminierenden Blick' mit dem von Whitman: 'Wie er ist sie 'groß' und 'enthält eine Vielzahl'.'"

Hier kann man sie 1994 lesen hören:

Hakai (Kanada), 11.04.2023

In der Antarktis wird diesen Sommer gut was los sein: Um die 100.000 Touristen werden erwartet, das Geschäft mit den Reisen ins Packeis boomt bei ansehnlich zweistelligen Wachstumraten, schreibt Jen Rose Smith. Umweltschützer sehen darin ein gewaltiges Problem - nicht nur wegen der hohen CO2-Ausstöße, die mit einem Besuch in der Antarkis einhergehen, und weil der Tourismus das Eis zum Schmelzen bringt: "Jede touristische Ankunft schlägt mit 75 Tonnen Schneeverlust zu Buche, so eine Studie aus dem Jahr 2022, da der schwarze Ruß, den ein Kreuzfahrtschiff ausstößt, den Tauprozess beschleunigt, indem er das Sonnenlicht abschirmt." Aber auch eingeschlepptes Saatgut auf der Kleidung der Touristen ist ein Problem, "da ein Großteil des Tourismus in den eisfreien Küstenzonen stattfindet, wo sich die größte, erdgebundende Biodiversität des Kontinents befindet. Dort nicht angestammte Pflanzen werden mit der voranschreitenden Klimaerwärmung nur noch hartnäckiger. Die antarktische Ökologin Dana Bergstrom (...) hat erforscht, welches Risiko Besucher darstellen, die invasive Pflanzen einschleppen, indem sie deren Hosentaschen und Pullover abgesaugt hat. ... 'Bei diesen Staubsaugereien sind wir auf alle gängigen Unkrautarten aus Nordamerika und Europa gestoßen.' Das Wiesen-Rispengras, dessen Samen vier Jahre lang überleben können, ist nun in der Antarktis fest zuhause. ... Die Folgen des antarktischen Tourismus in den Griff zu kriegen erweist sich als kompliziert. In der Antarktis gibt es keine nationale Regierung, die Kontrolle ausüben könnte, die Gouvernance wird vom Antarktisabkommen aus dem Jahr 1961 gewährleistet, das von 55 Parteien getragen wird. Regeln für die Antarktis festzulegen ähnelt daher eher dem, wie man mit Weltallschrot im Erdorbit fertig wird als den Tourismus im spanischen Barcelona oder auf den Osterinseln zu regulieren. 'Es gibt da einfach viele verschiedene Instanzen mit geopolitischen Interessen und sie alle arbeiten zusammen, um diesen riesigen Teil der Erde zu verwalten und das macht es schwierig, dass eine Stimme hier das Ruder übernimmt', sagt Peter Carey vom Polar-Institut des Wilson-Centers. 'Man muss alle 55 Instanzen dazu bringen, zu sagen: Ja, so machen wir das. Das ist die größte Herausforderung.'"
Archiv: Hakai