Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift
A2 widmet sich dem Begriff des
Anthropozän, den der niederländische Nobelpreisträger
Paul Crutzen im Jahr 2000 aufbrachte, um die aktuelle Erdepoche zu beschreiben, in der der Mensch zu einem maßgeblichen geologischen Faktor geworden ist. "Das Konzept des Anthropozän",
schreibt die Soziologin Tereza Stöckelová, "hat Einfluss auf die Naturwissenschaften selbst. Viele Forscher haben bereits begriffen, dass sie ihre Forschungsgegenstände nicht mehr als Entitäten oder Phänomene betrachten können, die unabhängig von gesellschaftlichen und politischen Dynamiken sind. (…) Das Anthropozän steht somit nicht nur für eine neue Ära in der Entwicklung des Planeten, sondern auch in der Wissenschaft." Stöckelová möchte den Begriff gegen seine vielen Kritiker verteidigen. Ihrer Meinung nach liegt seine Stärke gerade in seiner
hybriden Gestalt, die es möglich macht, einerseits technisches Denken und Handeln zu politisieren und andererseits komplexere Argumente und nicht sofort sichtbare Tatsachen in die Politik einzubeziehen. "Zu Recht lässt sich am Anthropozän-Begriff kritisieren, dass er die
ungleichmäßige Verteilung der menschlichen Planetenbeeinflussung außer Acht lässt. Schließlich hat jener Teil der Menschheit, der kapitalistische und sozialistische Modernisierungsschübe durchlaufen hat, einen dramatisch größeren Anteil an den anthropogenen Prozessen als alle übrigen - die hingegen von den globalen Veränderungen oft am stärksten betroffen sind. Tatsächlich wäre es falsch, 'die Menschheit' im Begriff Anthropozän als einen
einheitlichen Faktor zu begreifen. Zumal die heutigen globalen Veränderungen nicht vom Menschen alleine, sondern immer auch im Zusammenspiel mit diversen Technologien oder auch anderen sich vermehrenden oder mutierenden Tierarten verursacht werden. Ich denke, man sollte 'Anthropos' hier eher im Sinne einer
sich bildenden Menschheit begreifen, die in Zukunft eines effektiveren kollektiven Handelns und Zusammenwirkens fähig sein wird als früher. In diesem Sinne ist das Anthropozän die Epoche des Menschen, der (noch) nicht existiert."