Magazinrundschau - Archiv

Al Hayat

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Magazinrundschau vom 16.10.2007 - Al Hayat

Im Vorfeld der libanesischen Präsidentschaftswahlen sieht Dalal al-Bizri die Hizbullah in der Pflicht. Bevor die Behauptung der Hizbullah, sie stelle die"zahlenmäßige Mehrheit" der libanesischen Bevölkerung, ernst zu nehmen wäre, müsse die Partei zwei Bedingungen erfüllen: Erstens müsse sicher gestellt sein, "dass sich die 'zahlenmäßige Mehrheit' frei entscheiden kann, das heißt, dass es außer der legitimen Staatsgewalt keine andere Gewalt gibt (der sich diese Mehrheit zu fügen hätte). Und zweitens, dass die Wahl (des Präsidenten) aus Loyalität gegenüber dem libanesischen Staat (und nicht im Interesse Irans oder Syriens) erfolgt. Die erste Bedingung verlangt von der Hizbullah, das sie ihre Waffen abgibt und sich so mit den anderen auf eine Ebene stellt. Damit würde sie zugleich die schiitische Bevölkerung aus der Umklammerung befreien (in der sich diese wegen der Sonderstellung der Hizbullah befindet.) Die zweite Bedingung würde es notwendig machen, dass die Wahl (des Präsidenten) aus Loyalität gegenüber dem ganzen Land, und nicht gegenüber einer einzelnen Konfession oder religiösen Schule getroffen wird."
Stichwörter: Präsidentschaftswahlen

Magazinrundschau vom 02.10.2007 - Al Hayat

Der syrische Journalist Yasin al-Haj Salih beschreibt das Paradox, in dem sich die Kritiker des syrischen Regimes befinden: "Es geht immer noch schlimmer - und die Angst vor dem Schlimmeren führt all jene zusammen, die auf internationaler, regionaler oder lokaler Ebene mit dem Regime zu tun haben. Keiner hegt freundschaftliche Gefühle gegenüber dem Regime, aber niemand wünscht sich, dass es verschwindet. Das ist die wichtigste Karte, die das Regime heute noch besitzt. Der verstorbene (Publizist) George Samaha schrieb vor fast zwei Jahren in der libanesischen Tageszeitung al-Safir einen Artikel mit der Schlagzeile: ,Die Stärke des Regimes liegt in seiner Schwäche'. In diesem Artikel wies Samaha daraufhin, dass das Regime seinen Feinden damit drohe, dass es zusammenstürzen könnte."

Magazinrundschau vom 25.09.2007 - Al Hayat

Für keineswegs übertrieben hält Wahid Abd al-Majid die Warnungen des amerikanischen Botschafters bei der Uno, Zalmay Khalilzads. Angesichts der Krisen im Nahen Osten hatte Khalilzad von der Gefahr eines globalen Konflikts gesprochen. Für Abd al-Majid ein durchaus realistisches Szenario: "Was all die Krisen (in der Region) heute miteinander verbindet, ist der Konflikt um die Identität des Nahen Ostens und dessen Zukunft - und damit auch um seinen Platz und seine Rolle in der Welt. Es ist ein Konflikt zwischen denjenigen, die möchten, dass der Nahe Osten sich in die herrschenden Strömungen der Welt eingliedert, und denjenigen, die das zu verhindern trachten. Die Kämpfe, die mit diesem Konflikt zusammenhängen, reichen von den beiden 'inneren' Krisen im Libanon und Palästina über den irakischen 'Holocaust' bis hin zum iranischen Atomprogramm, das einen besonderen Platz in diesem Konflikt einnimmt." Auf internationaler Ebene stünden sich schließlich die USA, der Iran in einem Zweckbündnis mit Russland und al-Qaida gegenüber: "Dies wäre, sollte es dazu kommen, eine völlig neue Konstellation. Es wäre ein globaler Krieg zwischen drei Seiten, von denen es schwer vorstellbar ist, dass sich zwei von ihnen zusammenschließen oder auch nur miteinander kooperieren."

Magazinrundschau vom 11.09.2007 - Al Hayat

Dalal al-Bizri widmet sich dem Gerücht, das trotz aller Dementis die ägyptische Öffentlichkeit während der letzten Wochen in Atem hielt: Präsident Hosni Mubarak sei gestorben. Für Bizri ist dies Ausdruck des "neblig-kafkaesken Klimas", das die Debatten über die politische Zukunft des Landes prägt. "Suzan Mubarak fordert, nach der Quelle der Gerüchte zu suchen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Der Oberste Presserat unter dem Vorsitz von Sawfat al-Sharif trifft sich, um den Umgang der nationalen (das heißt regierungsnahen) und der unabhängigen Presse mit den Gerüchten aus einer 'rechtlichen' Sicht zu überprüfen. Die Anhänger Mubaraks sind also dabei, Vergeltung zu üben. Sollte es aber tatsächlich dazu kommen, dass man die Quelle der Gerüchte findet - und ich meine damit die wirkliche Quelle und nicht nur diejenigen Personen, die das Gerücht später aufgriffen und verbreiteten - hieße dies nicht, der fehlenden Transparenz und dem politischen Autoritarismus ein Ende zu bereiten? Fehlende Transparenz und politischer Autoritarismus sind der beste Nährboden für Gerüchte! Arabien ist ein Land der Mutmaßungen, der Unklarheiten und Eindrücke, ein fruchtbarer Boden für alle Gerüchte."

Die öffentlichen Gebete, zu denen die Fatah im Gazastreifen zum Protest gegen die Hamas aufgerufen hat, werden von Rasim al-Madhun wohlwollend kommentiert: "Die Freitagsgebete auf öffentlichen Plätzen sind nach meiner Ansicht Ausdruck eines breiten öffentlichen Protestes gegen die Herrschaft der Hamas und ihr Vorgehen in Gaza. Es ist der erste ernsthafte Schritt der Bevölkerung, die Kontrolle der Moscheen (durch die Hamas) abzulehnen - ein Erfolg für diejenigen, die die Moscheen als Orte des Gebetes und nicht als politische Zentren irgendwelcher Art betrachten."

Magazinrundschau vom 07.08.2007 - Al Hayat

Yasin al-Hajj Salih konstatiert eine Dominanz der Politik und der Religion in den arabischen Gesellschaften des 20. Jahrhunderts. Die Kultur als Produkt des Menschen trat dabei gegenüber den naturalistischen Vorstellungen des Nationalismus und des Islamismus zurück. Länder, denen die kulturellen Grundlagen abhanden kommen, drohen aber, in kleinere Teile zu zerfallen, die ebenfalls für sich beanspruchen könnten, 'natürlich' zu sein. Der Rückgriff auf solche naturgegebenen Formen der Gemeinschaft "macht es auf der einen Seite unmöglich, den Aufbau der Nation als einen bewussten, menschengemachten Prozess zu begreifen. Auf der anderen öffnet es Tür und Tor für wirklich 'natürliche' Formen der Politik, für eine Politik der Identität und des Blutes, der Politik in Gestalt von Familien, Clans und Konfessionen. Vielleicht liegt in dieser Annahme, dass sich die Staaten bereits von der Natur ableiten, der Ursprung für die Spannungen der modernen arabischen Staaten und der Kultur."

Den Erfolg der AKP bei den Wahlen in der Türkei wertet Sami Shurash vor allem als eine Niederlage der Kemalismus: "Die letzten Wahlen brachten der Partei einen großen Teil der Parlamentssitze ein. Es ist aber wahrscheinlich, dass dies nicht an den islamischen Positionen (der AKP) lag, sondern daran, dass ihre politische Vision näher an der Realität ist, dass diese Vision offener, ruhiger und vernunftgeleiteter ist als jene der säkularen, vom Chauvinismus und Militarismus befallenen Parteien, die dem Säkularismus mit ihrer extremen Politik Schaden zufügten und diese zu einem leeren Modell werden ließen. Es war also ganz natürlich, dass die Demokraten, die Kurden, die Armenier und die Alawiten sich vom türkischen Säkularismus abwendeten und sich um den moderaten türkischen Islam sammelten."

Magazinrundschau vom 03.07.2007 - Al Hayat

Mit Verbitterung schreibt die libanesische Kolumnistin Dalal al-Bizri über die Ereignisse in Gaza: "Die 'Sieges'-Feierlichkeiten gehen in unseren Ländern weiter. Jetzt ist Gaza an der Reihe. So sprach (der politische Führer der Hamas) Khaled al-Mashal aus Damaskus von einem 'Sieg des Islam' in Gaza. Einem Sieg durch Niedermachen, Zerstören, durch Gemetzel, durch das Runterstoßen der Menschen von Gebäuden, durch Angriffe auf die verbliebenen Christen und deren Kirchen." Im Unterschied zu vergangenen Erfolgen der Islamisten, die sich, wie die Nazis in Deutschland, durch Wahlen etablieren konnten, handle es sich bei der Machtübernahme der Hamas in Gaza nun um einen Putsch bewaffneter Milizen. "Was aber will die Hamas wirklich?", fragt Bizri und verweist auf ein Interview, welches Mahmoud Zahar, ein Führungsmitglied der Hamas, kürzlich Spiegel Online gab: "In dem Interview bestätigte er, das die Hamas 'natürlich einen islamischen Staat gründen' wolle, 'aber mit der Unterstützung des ganzen Volkes.' Dass heißt, nachdem man die Kontrolle über den Verstand und den Geist der Bevölkerung gewonnen hat."

Von der wachsende Bedeutung des Islam in den lokalen Kämpfen berichtet auch Muhammed al-Haddad: "In der Zeit des Kolonialismus war die Religion ein Faktor, der die Identität bewahren half, aber niemand strebte danach, nach dem Kolonialismus ein religiöses Emirat einzurichten. Die ausgegebene, vereinende Parole war 'Unabhängigkeit', ohne religiöse Programmatik. Es gibt nicht eine arabische Gesellschaft, deren Befreiung vom Kolonialismus von einer religiösen Bewegung verwirklicht worden wäre. Alle arabischen Gesellschaften wurden von politischen Bewegungen befreit, die unter der Parole der Einheit und der Zusammengehörigkeit der Nation angetreten waren."

Magazinrundschau vom 26.06.2007 - Al Hayat

Mit Blick auf die Ereignisse in Palästina, dem Irak und dem Libanon warnt der syrische Menschenrechtsaktivist Akram al-Bunni davor, die Forderung nach einem demokratischen Wandel aufzugeben: "War die demokratische Option nicht schon eines altes Bedürfnis, eine alte Medizin, lange bevor die Krankheit der Korruption, der Rückständigkeit und Gewalt, unter der wir leiden, auftrat?! Stand die Forderung nach Demokratie nicht schon im Raum, bevor der Westen sie mit seinen Projekten politischer Entwicklung und Reform aufbrachte? Sie war für viele ein nationales Ziel an sich, um die Gesellschaft für die Herausforderungen und Bedrohungen von außen zu kräftigen." Angesichts der Tatsache, dass sich der Westen nun wieder seiner alten Politik zuwende und statt auf eine Demokratisierung auf politische Stabilität setze, werde die aktuelle Situation zum Prüfstein der einheimischen demokratischen Kräfte.

Dalal al-Bizri beschreibt die Siegesstimmung, die sich angesichts des 40. Jahrestages der arabischen Niederlage im Sechstagekrieg unter Islamisten ausbreite. Das Jahr 1967 stehe vor allem auch für eine Niederlage des säkularen arabisch-nationalistischen Denkens. Besonders empört ist Bizri aber über die Freude, die eine islamistische Kommentatorin jüngst über die zunehmende Geschlechtertrennung und Verschleierung an ägyptischen Stränden zum Ausdruck brachte. Für Bizri hat damit der "heilige Kampf gegen die säkularen Feinde 'im Inneren'" nun die Strände Alexandrias erreicht.

Magazinrundschau vom 15.05.2007 - Al Hayat

Die Feierlichkeiten zum Tag der Arbeit sind für Walid Mahmud Abd al-Nasir Anlass zu einer überraschenden Beobachtung: das Interesse der islamistischen Bewegungen für die Bedürfnisse der Arbeiter. Ob in Ägypten, im Jemen oder im Iran, in der Vergangenheit sahen die Islamisten im Konzept des Klassenkampfes einen westlichen Import, der die Einheit der islamischen Umma beeinträchtige. Islamistische Strömungen in Ägypten "unterstützten sogar die Streiks, obwohl sie diese noch in der jüngeren Vergangenheit als schädlich für die Stabilität (des Landes) und die Interessen der Umma abgelehnt hatten. (?) Bereits zuvor hatte sich die Hisbollah im Libanon mit den Positionen der libanesischen Arbeiterbewegung gegen die Privatisierungsmaßnahmen der aktuellen Regierung solidarisch erklärt und deren Forderungen nach Rechten und Garantien für die libanesischen Arbeiter unterstützt." Gründe dafür gibt es mehrere: das Vakuum, das die arabische Linke hinterlassen hat, und die Hoffnung der Islamisten, in einem Bündnis mit den Arbeitern ihre Position gegenüber den Regimen zu festigen. Vor allem aber auch die "Ausbreitung einer traditionalistischen religiösen Kultur in den Schichten der arabischen Arbeiterschaft."

Magazinrundschau vom 01.05.2007 - Al Hayat

Dalal al-Bizri berichtet von einer Debatte über die rechtswidrige Entscheidung eines ägyptischen Schuldirektors, einen Kopftuchzwang für muslimische und christliche Schülerinnen anzuordnen. Selbst die Muslimbrüder gaben sich empört, bestanden freilich darauf, die Musliminnen würden das Kopftuch sowieso aus freier Entscheidung tragen. Bizri hält dagegen: "Der Spruch 'Das Kopftuch ist eine Frage der persönlichen Freiheit' könnte, bei aller Vorsicht, für die kopftuchtragenden Musliminnen im Westen gelten, die - ohne Druck durch die Familie oder einer Organisation im Viertel, in der Schule oder in der Moschee, sondern auf der Grundlage einer individuellen Entscheidung - im Tragen des Kopftuches eine 'identitäre' Antwort auf das sehen, was sie als Angriff der westlichen Zivilisation betrachten. Wenn man aber heute und hier bei uns im Orient vom Kopftuch als Zeichen einer 'persönlichen Freiheit' redet, dann zeugt dies von einer schreienden Ignoranz gegenüber dem riesigen Druck, der hier ausgeübt wird, um das Kopftuch zur religiösen Pflicht zu erklären und den unverschleierten Frauen schon jetzt die Hölle zu bereiten. (.) Warten wir solange, bis bewaffnete Milizen in den Straßen auftauchen und alle Unverschleierten töten, Muslime wie Christen? Solange, bis Flugblätter verteilt werden mit der Drohung: 'Kopftuch oder Tod', wie es im (von Islamisten ausgerufenen) 'islamischen Emirat' im Irak bereits der Fall ist?"

Eigentlich müsste man über die aktuellen Prozesse gegen die beiden syrischen Oppositionellen Anwar al-Bunni und Michel Kilo lachen, schreibt Nahla al-Shahal. Aber so unbeschreibbar absurd die Vorwürfe auch sein mögen, das Beispiel anderer Oppositioneller belehre eines Besseren: "Als sie endlich aus dem Gefängnis kamen, war ihr Leben und das ihrer Familien vollständig zerstört - eine echte Todesstrafe, nichts weniger als das."

Magazinrundschau vom 10.04.2007 - Al Hayat

Das Scheitern aller Friedensinitiativen, die in den letzten Jahrzehnten zur Lösung des israelisch-palästinensischen Konfliktes vorgetragen worden, liegt, so schreibt Imad Umar, vor allem an der Verweigerung der israelischen Gesellschaft, sich den eigentlichen Fragen zu stellen: "Zu den wichtigsten dieser Fragen zählt jene nach den Grenzen des Staates Israels, nach der Haltung Israels gegenüber seinen palästinensischen Bürgern, sein Verhältnis zu den Nachbarstaaten und zur regionalen Sicherheit, die Frage bezüglich der israelischen Kontrolle über die Schnittstellen des Lebens der palästinensischen Bevölkerung in den besetzten Gebieten. Wer ist ein Jude, was tun hinsichtlich der historischen und geographischen Bedeutung Jerusalems für die Muslime und Christen? Wie steht Israel zum internationalen Recht? Wie ist das Verhältnis der Juden außerhalb des Landes zum Staat Israel? Was ist mit der Verfassung des Staates? Was hat es mit dem Militarismus der israelischen Gesellschaft auf sich und mit ihrem Chauvinismus? Ist der Staat ein säkularer oder ein fundamentalistisch-religiöser?" (Man wünschte sich nur, die islamischen Staaten würden sich dieses Fragen auch einmal selbst stellen.)