Sehr lesenswert ist
Keith Gessens kurze Geschichte der Ukraine, die auch durchaus kritisch die
Expansion der Nato beleuchtet, ohne damit Putins Angriffskrieg zu rechtfertigen. Schön vor allem, wie Gessen der Ukraine das Recht zugesteht, eine
imperfekte Demokratie zu sein: "Die Ukraine erlebte unter den
Geburtswehen einer Nation. Viele der postsowjetischen Staaten hatten ihre Probleme - korrupte Eliten, ethnische Minderheiten, eine Grenze mit Russland. Die Ukraine hatten von all dem immer noch ein bisschen mehr. Weil sie groß und industrialisiert war, gab es viel, das man stehlen konnte. Weil sie mit
Odessa einen großen Hafen am Schwarzen Meer hatte, gab es einen leicht zugänglichen Seeweg, über den man stehlen konnte. Als die ukrainische Armee 2014 gebraucht wurde, zeigte sich, dass ein Großteil ihrer Ausrüstung
aus diesem Hafen hinausgeschmuggelt worden war. Zu all dem kam, dass die Ukraine vielleicht nicht unbedingt gespalten war, aber doch auch nicht unmittelbar als ein geeintes Gesamtes zu erkennen war. Weil das Land so oft erobert und geteilt worden war, war sein geschichtliches Gedächtnis fragmentiert. In den Wortes eines Historikers: 'Verschiedene Gegenwarten hatten unterschiedliche Vergangenheiten.' Ursprünglich waren die Kosaken Kämpfer, die
der Leibeigenschaft entkommen waren. Ihr politisches System war eine
radikale Demokratie. Darin lag durchaus
etwas Schönes. Doch in Sachen moderner Staatlichkeit hatte dies Nachteile. In einer kurz nach der Unabhängigkeit der Ukraine verfassten, mittlerweile berüchtigten Analyse sagte die CIA voraus, dass das Land wahrscheinlich auseinanderfallen würde. Zwei Jahrzehnte lang tat sie es nicht. Auf Gedeih und Verderb war die Demokratie tief in der politischen Kultur der Ukraine verwurzelt, und während in Russland die Macht
noch nie an eine Opposition übergegangen war, tat sie es in der Ukraine andauernd."
Außerdem
bringt der
Guardian einen Auszug aus
Oliver Bulloughs Aufsehen erregendem Buch
"Butler to the World", das nacherzählt, wie sich die britische Regierung den den Oligarchen andiente und sie gegen Cash mit Immobilien, Ritterschlag und Aufenthaltsrechten ausstattete. Hier geht es um den ukrainischen Geschäftsmann
Dmitry Firtash, der dank eines Deals mit Gasprom quasi über Nacht zum Multimilliardär geworden war, sich dann aber doch lieber nach London abseilte.