Dass Spieler von Videogames
Tränen der Rührung und Ergriffenheit vergießen, hört man selten. Doch genau darauf zielen die unabhängig von der Industrie entstandenen, von gängigen Formaten, Tropen und Mechanismen profund abweichenden
Spiele des aus China stammenden Entwicklers
Jenova Chen ab. Er selbst ordnet seine Spiele daher der
Poesie und dem Kino zu und sieht in ihnen ein Mittel, Menschen unabhängig von Sprache, auf deren Einsatz in Schrift und Ton er bewusst verzichtet, miteinander zu verbinden, wie er im Gespräch mit Matthew Baker
verrät. Bleibt die Frage, wie durchsetzungsfähig dieses Modell in einer
rigoros durchkommerzialisierten Umgebung wie der Spieleindustrie ist. An Anfragen von Studenten, ob seine Firma Leute sucht, hat er jedenfalls keinen Mangel: Denn "viele der boomenden Entwicklerfirmen setzen aufs mobile und soziale Netz. Wenn Studenten dort angestellt werden, dann nicht, um Emotionen, sondern suchterregende Schemata auszulösen. Viele, die dort arbeiten, sind deshalb
enorm unglücklich. Die ökonomischen Rahmenbedingungen gestatten es ihnen jedoch nicht, eigene Studios zu gründen. In gewisser Hinsicht fühle ich mich für diese Leute verantwortlich... Mich beschleicht der Eindruck, dass wir im künstlerischen Segment einen
kommerziellen Erfolg brauchen. Wenn die Leute, und vor allem Investoren, einen solchen Erfolg beobachten, steigt die Bereitschaft,
Geld in künstlerische Projekte zu stecken. ... Pixar ist für mich dafür wahrscheinlich das beste Beispiel."