Anlässlich des Erscheinens eines Essaybands
spricht Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk im Interview über das Verhältnis seines Landes zu
Europa. Er selbst, erzählt er, habe früher immer die Differenzen hochgespielt, um seine türkische Identität besser fassen zu können, heute sehe er das vollkommen anders: "Die
Türkei ist sichtbarer geworden, indem sie ihre Schönheiten ebenso zeigt wie ihre Schattenseiten, etwa die Menschenrechtsverletzungen, die Behandlung der Kurden (trotz beachtlicher Fortschritte) oder die problematische Beziehung zu ihrer Geschichte. Dieses einst verschlossene Land erlebt eine langsame, aber
greifbare Entwicklung. Die jungen Generationen sind Europa gegenüber viel durchlässiger geworden, reisen viel mehr ins Ausland. Ich brauche daher nicht mehr für Europa als kulturelle Konstruktion oder Realität zu werben, weil es sehr präsent ist, auch wenn viele Türken kein Ideal darin sehen." Zu den
europafeindlichen Kräften in seinem Land, einer Allianz aus Ultranationalisten, Mafia und einer militärischen Randgruppe, die auch ihn selbst massiv bedrohten, sagt er: "Sie werden derzeit gerichtlich verfolgt. Aber ihre Wühlarbeit
war erfolgreich und hat den europäischen
Konservativen wie Sarkozy und Merkel, die gegen unseren Beitritt sind, in die Hände gespielt."
Zu
lesen ist außerdem ein Gespräch mit
Volker Schlöndorff, dessen Erinnerungen jetzt in Frankreich erscheinen.