Magazinrundschau - Archiv

openDemocracy

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Magazinrundschau vom 04.08.2014 - Open Democracy

Die "Dancewithme"-Bewegung in Bulgarien hat es geschafft, die korrupte, immer stärker unter dem Einfluss Russlands stehende Regierung zu stürzen, erzählt der in London lebende bulgarische Soziologe Nikolay Nikolov in einem sehr interessanten Hintergrundartikel: Russland versucht vor allem in der Energiepolitik, Bulgarien als trojanisches Pferd in der EU zu nutzen. Die Demokratiebewegung, so Nikolov, "brachte ans Licht, wie viele Menschen in Bulgarien und außerhalb demokratische Werte in der Öffentlichkeit schätzen. Bis dahin gab es nur ein tiefes Gefühl der Isolierung, die Zivilgesellschaft war atomisiert und hatte aufgegeben."

Außerdem in Open Democracy: Slawomir Sierakowski erinnert zum zehnten Todestag an den polnischen Dissidenten Jacek Kuroń.

Magazinrundschau vom 01.07.2014 - Open Democracy

Bei einer Diskussionsveranstaltung im Berliner Wissenschaftskolleg am letzten Freitag beschrieb Irina Scherbakowa von der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial die Situation in Russland ähnlich deprimierend: Noch vor drei Jahren habe die Zustimmung für Putin bei 30 Prozent gelegen. Nach Annektierung der Krim stieg sie auf 80 Prozent! Auch viele Intellektuelle ließen sich anstecken. Nadja Tolokonnikowa, die nach ihrer Freilassung zusammen mit Maria Aljochina die Gefangenenhilfsorganisation "Zone des Rechts" gründete, nimmt in Open Democracy die Hauptvorwürfe auseinander, die von rechts und links gegen NGOs in Russland erhoben werden: "Konservative (von der Russisch-Orthodoxen Kirche bis zu Putin) kritisieren Menschenrechtsaktivisten, weil sie fremde "westliche Werte" einführen wollten. Laut dem Partriarchen Kirill "maskiert das Konzept der Menschenrechte Lügen, Unwahrheiten und beleidigt religiöse und nationale Werte". Hisbollah und Al Kaida belegen Menschenrechtsaktivisten mit ähnlichen Vorwürfen, damit seht er also in guter Gesellschaft, denke ich."

Magazinrundschau vom 03.09.2013 - Open Democracy

In der syrischen Oppostion sind nicht alle Fraktionen für eine Intervention des Westens, erklärt Odai Alzoubi, einige lehnen jedes Eingreifen von außen ab, andere wollen nur ein humanitäres. Die Befürworter schildert er als ziemliche Hardliner: "Eine dritte Partei glaubt, dass wir eine militärische Intervention brauchen. Sie argumentiert so: Es gibt keine moralische oder humanitäre Interventionen, wir müssen die bösen Kräfte des Westens zuhilfe rufen, weil dies der einzige Weg ist, um Assad an einem weiteren Einsatz von Giftgas zu hindern... Trotzdem zieht diese dritte Fraktion die Motive und Ziele der Intervention in Zweifel. Warum jetzt? Was ist mit den mehr als Hunderttausend Syrern, die von Assad getötet wurden? Warum Assad bestrafen? Weil er die Regeln verletzt, die von eben Mächten aufgestellt wurden - die Regeln, die sagen: 'Keine chemische Waffen auf diesem Planeten, weil Amerika es so will.'"

Wie die Faust aufs Auge passt dazu ein Interview mit Noam Chomsky, das Mohammed Attar für die Heinrich Böll Stiftung bereits im Juli dieses Jahres geführt hat: "Lange Zeit hat sich die arabische Welt illusorischen Vorstellungen über die übernatürlichen Mächte der Vereinigten Staaten hingegeben, die mithilfe vertrackter Verschwörungen angeblich alles kontrollieren. In dieser Weltsicht können alle Ereignisse mit imperialistischen Verschwörungen erklärt werden. Aber das ist ein Fehler."

Magazinrundschau vom 06.08.2013 - Open Democracy

In einem langen Gespräch über Freiheit kommt der britische Historiker Quentin Skinner auch auf das von Edward Snowden enthüllte Überwachungsprogramm zu sprechen, dass seiner Ansicht nach mit keinem Freiheitsbegriff zu vereinbaren ist: "Ich denke es ist sehr wichtig zu sagen, dass die bloße Tatsache der Überwachung uns die Freiheit nimmt. Die Antwort jener, sich vor der Überwachung fürchten, konzentrieren sich meiner Meinung nach zu sehr auf die Verletzung der Privatsphäre. Natürlich ist es richtig, dass meine Privatsphäre verletzt wird, wenn jemand ohne mein Wissen meine Mails liest. Aber mein Punkt ist, dass auch meine Freiheit verletzt wird, und zwar nicht nur durch die Tatsache, dass jemand meine Mails liest, sondern schon durch die Tatsache, dass jemand die Macht hat, dies zu tun, wenn er es will. Wir müssen darauf bestehen, dass schon dies uns unsere Freiheit nimmt, weil es uns der Gnade einer willkürlichen Macht ausliefert."

Der russische Historiker Daniil Kotsyubinsky bezweifelt die Nützlichkeit von Geheimdiensten ganz generell: "Der baskische, irische, korsische, tamilische, tschetschenische Terro wird nicht verschwinden, wenn der Geheimdienst den 'letzten Terroristen' gefangen hat, sondern wenn Politiker vernünftige Entscheidungen treffen, die dem Terror jede politische Bedeutung nehmen."

Magazinrundschau vom 11.06.2013 - Open Democracy

Brutale Gentrifizierung mit Vertreibung ganzer Bevölkerungsteile (mit Vorliebe der Roma und anderer Minderheiten) einerseits und eine religiöse Verschärfung sind für Kerem Oktem die Ursachen für die Proteste in der Türkei: "Durch eine Schulreform wurde die Zahl der Religionsstunden an den Schulen erhöht, und viele Schüler werden gezwungen, religiöse Schulen zu besuchen, obwohl ihre Elltern dagegen sind. Das Recht auf Abtreibung wurde eingeschränkt, während die Sozialpolitik auf höhere Geburtsraten und ein Bild der Frau als Mutter und nicht so sehr als gleichberechtigte Person zielt. Der Akoholkonsum wurde gesetzlich weiter erschwert und mit hohen Steuern belegt."

Für Charles Turner ist die Auseinandersetzung in der Türkei mehr als ein Streit zwischen Religiösen und Säkularen. Er vergleicht Erdogan mit Margaret Thatcher, den Kaczynski-Brüdern und Wladimir Putin, die sich alle als Sprecher der "einfachen Leute" mit großen Familien begriffen: "Diese Version der unteren Mittelklasse mit bescheidenen Ansprüchen auf Respektabilität, kombiniert mit Furcht vor und Feindschaft gegen die Künste und ihre Repräsentanten in der liberalen Intelligentsia, war eine Trumpfkarte für Margaret Thatcher, sie brachte den katholisch-populistischen Kaczynskibrüdern einigen Erfolg und Putins asketisch-kommunistische Erziehung macht es ihm leicht, westliche Dekadenz dort zu sehen, wo andere kulturelle Offenheit sehen. Erdogan hat diese antikulturelle Karte in den letzten zehn Jahren immer wieder ausgespielt."

Open Democracy hat ein ganzes Dossier zur Türkei zusammengestellt. Außerdem befassen sich zwei Artikel (hier und hier) mit den Unruhen in Schweden.

Magazinrundschau vom 28.05.2013 - Open Democracy

Am 18. Mai scheiterte der Versuch, ein Gesetz durch das afghanische Parlament zu bringen, das Gewalt gegen Frauen - auch in der Ehe und auch gegen Töchter - verurteilt. Torunn Wimpelmann erklärt den Hintergrund: "Seit Jahren hat die Frage, ob das EVAW-Gesetz (pdf) zur Ratifizierung ins Parlament gebracht werden soll, die Frauenbewegung in Afghanistan gespalten. Die Mehrheit war dagegen. Statt dessen, erklärten ihre Vertreter, solle das Gesetz, das 2009 von Präsident Karzai unterzeichnet worden war, als Dekret des Präsidenten belassen werden, weil es niemals in akzeptabler Form vom Parlament ratifiziert würde. Der verfassungsrechtliche Boden für diesen Kurs ist wacklig. Doch die Tatsache, dass es die bevorzugte Strategie war, wirft ein Licht auf die Spannungen und Schwierigkeiten, die die Förderung von Frauenrechten in Afghanistan seit 2001 plagen."

Magazinrundschau vom 20.11.2012 - Open Democracy

Open-Democracy-Gründer Anthony Barnett warnt vor einem neuen Gesetz, dem "Justice and Security Bill", das gestern im britischen Oberhaus diskutiert wurde: "Stellen Sie sich ein Land vor, in dem der Staat Zugang hat zur gesamten persönlichen Kommunikation all seiner Bürger und, dank seiner Hoheit über die elektronische Infrastruktur, Zugang zu allen persönlichen Daten und Fotografien, die er überwachen kann - ohne richterliche Erlaubnis, nach dem Belieben von Polizei oder Geheimdiensten, deren Korrumpierung durch die Wirtschaft gut dokumentiert ist. Stellen Sie sich weiter vor, die Behörden dieses Landes verabschieden dann ein Gesetz, das eben diesen Behörden das Recht gibt, jeden Vorgang, der ein Verhalten oder Fehlverhalten eben dieser Behörde offenzulegen droht, zu einer Angelegenheit der nationalen Sicherheit erklären zu können, die nicht vor Gericht verhandelt werden darf. Stellen Sie sich weiterhin vor, als kleine Zugabe, diese Behörden könnten Verhörteams 'niederer Völker' ausleihen, so dass sie Folter anwenden und gleichzeitig behaupten können, sie hätten saubere Hände. Vorausgesetzt, das geheime Einverständnis wird nicht offengelegt. Über wen sprechen wir hier? Putins Russland? Das 'neue' China? Die würden sich glücklich schätzen. Begrüßen Sie ein Großbritannien, das erstmals seit Menschengedenken von Liberalen mitregiert wird." Scharfe Worte findet Barnett auch für die Presse, die aus eigennützigen Gründen kaum darüber informiere.

Und: Jan Needle erzählt, wie die britische Armee im Netz ganz offen schlechte Besprechungen seines armeekritischen Buches "The Skinback Fusiliers" organisierte.

Magazinrundschau vom 18.09.2012 - Open Democracy

Anders als etwa in Ägypten oder im Sudan hat sich in Libyen auch Protest gegen die gewaltsamen Ausschreitungen formiert, berichtet Rhiannon Smith: "Als die Neuigkeit bekannt wurde [dass der amerikanische Botschafter Christopher Stevens und drei seiner Mitarbeiter getötet worden waren], gab es eine Demonstration von Trauer und Frustration. Die sozialen Medien wurden überflutet mit Entschuldigungen, Beileidsbekundungen und Aufrufen zu Widerstand. Libyen will der Welt zeigen, dass es diese Attacken und den tragischen Verlust von Leben verurteilt. Viele fühlen sich von dem anti-Islam-Film beleidigt, aber sie wollten auch unbedingt klarstellen, dass dies keine Rechtfertigung ist für das, was darauf geschah. In Tripolis und Benghazi gingen am Mittwoch Menschen auf die Straße und hielten Transparente hoch mit Botschaften wie 'Chris Stevens war ein Freund aller Libyer' und 'Entschuldigt, Menschen aus Amerika. Dies ist nicht das Benehmen des Islam oder unseres Propheten.'"

Magazinrundschau vom 14.08.2012 - Open Democracy

Khaita Sylla beleuchtet auf openDemocracy die bemerkenswerte Rolle, die die senegalesische Jugend bei den Wahlen im Frühjahr gespielt hat. Als Speerspitze der Bewegung zur Abwahl des seit 2000 regierenden Präsidenten Abdoulaye Wade kristallisierte sich die Gruppe Y-en-a-marre (Genug ist genug) heraus, die HipHop und soziale Medien nutzte, ihre Anliegen zu verbreiten: "Sie mobilisierten junge Leute im ganzen Land und sprachen über Möglichkeiten zum Bürgerengagement: Registrierung zur Wahl, Umweltbewusstsein, Bürgerrechte und -pflichten. Sie fassten diese Themen unter dem Konzept 'NTS' zusammen - 'Nouveau Type de Senegalais': die neue Art des Senegalesischen. Dieser Begriff rüttelte die Leute wach und ermutigte besonders die Jugend zur Teilnahme an der Wahl."

Magazinrundschau vom 24.07.2012 - Open Democracy

In seinem Russlandteil hat Open Democracy eine Reihe von Artikeln gesammelt, die sich der Situation von Frauen in Tschetschenien und Dagestan widmen. In beiden russischen Teilrepubliken hat die Islamisierung einen Grad erreicht, der - von steigendem Verhüllungszwang ganz abgesehen - die Unterdrückung und Misshandlung von Frauen schlichtweg billigt, obwohl dies gegen die Gesetze verstößt. Zalina Magomadova findet deutliche Worte: "Unsere Regierung erkllärt uns immer, nach dem Islam dürften wir Frauen dies und jenes nicht tun. Aber keiner scheint sich darum zu kümmern, die soziale Fürsorge für Frauen zu verbessern, Jobs für sie zu schaffen oder ihnen die Bürde harter physischer Arbeit abzunehmen, vor der sie nach dem Islam bewahrt werden müssen. Wie soll eine Frau auf einer Baustelle oder in einem Marktverschlag arbeiten, wenn sie die volle islamische Montur tragen muss, die die Regierung verlangt. Diese Leute picken sich die Regeln aus dem Islam heraus, die in ihre Agenda passen. Und diese Agenda heißt Schikanierung und Unterdrückung der Frauen."

Lisa Kazbekova überlegt, woran es liegt, dass so viele tschetschenische Männer Ramzan Kadyrovs Politik der Islamisierung gerne folgen, obwohl sie den Mann eigentlich hassen. "'Kadyrov hat die Unterstützung der männlichen Bevölkerung dank Fußball, Kopftuch und Propagierung der Polygamie gewonnen', erklärt Amina, Dozentin für Russische Geschichte. Die Rückerlangung der Kontrolle über Frauen war der einfachste Weg, die Selbstachtung der tschetschenischen Männer wieder herzustellen, die in den letzten Jahren stark erschüttert worden war. 'Unsere Männer haben ein kurzes Gedächtnis', fährt Amina fort. Während des Krieges wechselte die Versorgerrolle von den Männern zu den Frauen. Frauen waren nicht nur für die Hausarbeit zuständig, sondern wurde auch die alleinigen Ernährer ihrer Familien. Sie wurden auch, buchstäblich, Beschützer der männlichen Bevölkerung. 'Während des Krieges habe ich immer wieder gesehen, wie Frauen sich unter die Maschinengewehre der Soldaten legten und mit ihren Körpern Ehemänner, Brüder, Söhne und Nachbarn beschützten. Sie haben das sogar für Männer getan, die sie nicht einmal kannten', erinnert sich Amina. Frauen wurden während des Krieges selbstbewusst, während die Männer oft das Haus nicht mehr verließen, weil sie Gefahr liefen, umgebracht zu werden. Frauen qualifizierten sich, setzten ihre Ausbildung fort und nahmen immer mehr Einfluss auf das soziale und politische Leben der Republik. Vielen Männern gefiel diese neue Frauenermächtigung nicht. Und als er an die Macht kam, 'wurde Kadyrow sogar von den Männern unterstützt, die sich den ganzen Krieg lang hinter Frauenröcken versteckt hatten', bemerkt Amina."

Weitere Artikel: Zura Kkatueva beschreibt Fälle häuslicher Gewalt, denen die Frauen ausgeliefert sind, wenn sie nicht ihre Kinder verlieren wollen. Aufgezeichnet ist die Geschichte einer schwer misshandelten jungen Frau. Marina Akhmedova berichtet über mehrere Morde in Dagestan und setzt sich schließlich mit einem Imam zu einem Gespräch zusammen, der ihr erklärt: "Du hast nicht den richtigen Glauben. Du wirst in der Hölle brennen."