Magazinrundschau - Archiv

Przekroj

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Magazinrundschau vom 02.12.2008 - Przekroj

Es ist etwas ruhiger geworden um Dorota Maslowska, seit sie 2006 den renommierten NIKE-Literaturpreis (für ihr zweites Buch "Die Reiherkönigin") erhalten hat. Aber jetzt meldet sich die junge Autorin im Interview mit einer harten Gesellschaftskritik zurück. "Gestern las ich mein letztes Buch, zuvor habe ich es ja nur geschrieben. Es ist für mich ein Buch darüber, dass in unserer Gesellschaft Menschen mit so krass unterschiedlichen Lebenserfahrungen, Konsumpotentialen und Mentalitäten leben, dass sie alle nur 'Verpiss dich' zueinander sagen, und sie verpissen sich; wir leben in so einer Atmosphäre der Missachtung, im Hass, wir schauen uns gegenseitig nicht an, sondern isolieren uns voneinander. Es gibt Ghettos für junge Leute, alte Leute, reiche Leute, arme Leute, wir schließen sogar die Mülltonnen voreinander ab. Es ist mein erstes Buch, in dem ich nicht aufzähle, wen ich missachte, sondern darüber schreibe, dass wir uns alle missachten, und man so nicht leben kann. Die Leute brennen vor Wut auf einander, wir können alle verbrennen."
Stichwörter: Nike

Magazinrundschau vom 14.10.2008 - Przekroj

In den letzten Wochen wurden in Polen einige wichtige Literaturpreise verliehen. Der diesjährige Koscielski-Preis ging an Jacek Dukaj, dessen tausendseitiger Roman "Eis" von Kritikern und Publikum sehr gut aufgenommen wurde. Die Auszeichnung bedeutet aber nach Mariusz Herma auch etwas mehr: "Jacek Dukaj ist, nach Stanislaw Lem, der zweite polnische Fantasy-Schriftsteller, der vom Mainstream akzeptiert wird." Außergewöhnlich sei an Dukaj auch, dass er auch keine Scheu davor habe, "große Themen" in seinen Büchern anzusprechen: "Ich habe mich nie von diesem Minimalismus anstecken lassen, dass ein wahrer Schriftsteller über die Blumen in seinem Garten oder Spaziergänge mit seinem Hund schreibt, während sich nur Möchtegernautoren über Gott, das Universum, Geschichts- und Naturgesetze auslassen. Theologie und Religion sind darüber hinaus sehr wenig erforschte Themen der zeitgenössischen Literatur, und solche unbewohnten Inseln ziehen mich an", zitiert Herma den Schriftsteller. Nur in der Onlineversion gibt es auch ein Interview mit Dukaj.

Bei "Przekroj" online zwar nicht zu sehen, aber auf der Webseite des Autors wiedergefunden: Christopher Herwigs surreale Bilder sowjetischer Bushaltestellen in Mittelasien. Wirklich klasse!

Magazinrundschau vom 16.09.2008 - Przekroj

Adam Michnik ist ja nicht gerade als Fan der Kaczynski-Brüder bekannt. Doch jetzt überraschte er mit der Aussage, dass der polnische Präsident sich in der Georgienkrise nicht nur richtig verhalten hat, ja - er habe Michnik mit Stolz erfüllt. Im Gespräch mit seinem einstigen Zögling Piotr Najsztub in "Przekroj" spricht er sich jedoch gegen eine Konfrontation mit Moskau aus: "Die Demokratie in Russland als Zukunftsprojekt aufzugeben ist schädlich und dumm. Genau so, wie die Sprache des kalten Krieges wieder zu benutzen. Vielleicht geht Russland in die Richtung, und wird uns diese Sprache aufzwingen, aber wir sollten es nicht tun. Putin ist nicht Stalin, er ist ein KGB-Unterleutnant, der für viele Russen als effektiv gilt. Man muss wissen, mit wem man redet, aber man muss reden".

Einige Sonderseiten sind dem Thema Ökologie im Alltag gewidmet. Neben Anleitungen zum "ethischen Leben" des britischen Journalisten Leo Hickman und der energiepolitischen Ernüchterung von Piotr Stanislawski - an Atomstrom führt mittelfristig in Polen kein Weg vorbei - kann man online nachlesen, wie sich Arkadiusz Bartosiak auf die Suche nach "organischer Baumwolle" gemacht hat. Und auch hier die ernüchternde Bilanz: wenn man sich etwas Mühe macht, kann man, insbesondere in den Filialen der großen internationalen Bekleidungskonzernen, entsprechende Produkte finden. Nur: in Polen fragt noch kaum jemand danach.

Magazinrundschau vom 09.09.2008 - Przekroj

Große Aufregung herrscht in Polen über das Kriegsdrama "Das Geheimnis der Westerplatte", das die polnischen Verteidiger nicht als reine Helden, sondern als normale Soldaten mit Hang zu Alkohol und Frauen darstellen will. Das Polnische Filminstitut hat entschieden, die Finanzierung auszusetzen und weitere Gutachten von Historikern abzuwarten, schreibt Igor Ryciak. "Es ist der erste Fall nach 1989, wo Politiker sich so offen eingemischt haben. Es schien, als seien die Zeiten, als Parteiaktivisten und Zensoren über die Realisierung von Drehbüchern entschieden haben, schon längst vorbei. Nein - es ist noch schlimmer. Im Sozialismus haben die Zensoren wenigstens gelesen, was ihnen vorgelegt wurde. Die Kakophonie um den Film über die Verteidigung des polnischen Armeepostens erlaubt es kaum, Wahrheit und Gerücht auseinander zu halten".

Im Windschatten der Kaukasuskrise hat sich "die letzte Diktatur Europas", Weißrussland, zu öffnen begonnen. Kaum wurden politische Gefangene freigelassen, kündigte die EU neue Verhandlungen mit Alexander Lukaschenkos Regime an. Aber von wegen Tauwetter!, schreibt dazu Joanna Wozniczko-Czeczott. Lukaschenko hat einfach nur einen neuen PR-Berater angeheuert: Timothy Bell, der nach eigener Aussage bereits im Falle Margaret Thatchers "aus einer Hausfrau einen Staatsmann" gemacht hat. "Hinter unserer Ostgrenze findet also ein Spektakel statt. In Wirklichkeit geht es natürlich nur ums Geld: westliche Investitionen, westliche Kredite, und eine besser Verhandlungsposition gegenüber Russland, wenn nächstes Mal der Gaspreis neu bestimmt wird".

Magazinrundschau vom 05.08.2008 - Przekroj

Die Titelgeschichte (mit einem tollen Coverbild und der Überschrift "Anführer Europas"!) widmet das polnische Magazin Nicolas Sarkozy, "der seine Komplexe mit Hilfe der großen Politik heilt", aber auch "der seriöseste Politiker Frankreichs seit de Gaulle ist". Viel Aufmerksamkeit erntete der "Telepräsident" durch seine außenpolitischen Initiativen der letzten Zeit, vor allem den Mittelmeerunion-Gipfel. "Wenn man sich die Erfolge genauer anschaut, fällt auf, dass die visionären Vorstöße oft konjunktureller Art sind, dass Sarkozy genau so nah am Staats-Mann wie am Show-man ist, und dass sein größter Verbündeter der letzten Zeit das pure Glück war."

Jarek Szubrycht blickt zurück auf 40 Jahre Heavy Metal - der just im Hippie-Jahr 1968 geboren wurde. Interessant ist dabei die Rezeptionsgeschichte im kommunistischen Polen - von den schwierigen Anfängen bis zur stillschweigenden Toleranz in den Achtzigern. Dazu passt die Geschichte der Band Imperator, die sich vor einem Konzert dem Zensor stellen musste: "Es ging um den Vers: Die Bestie kommt aus der Tiefe. - Was soll das?! - schrie der Beamte - Geht es etwa um die 'Solidarnosc'? - Wie denn - antworteten wahrheitsgemäß die Musiker. - Es geht um Satan. - Na, dann habt ihr Glück. Ihr dürft es spielen."

Magazinrundschau vom 12.02.2008 - Przekroj

Was wurde in den letzten Wochen über "Fear" diskutiert, das Buch, in dem Jan T. Gross' die Ermordung von Holocaustüberlebenden in Polen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs beschreibt (siehe früherer Artikel). Nein, stolz ist er nicht darauf, gesteht der Soziologe im Interview, aber das Gefühl, seine Arbeit gut gemacht zu haben, hat er schon. "Dieses Buch ist so wichtig, weil wir als Polen unsere Identität durch Erinnerung und Reflexionen über die Geschichte konstruieren. Also muss diese Geschichte wahr sein, und gerade solche Katastrophen berücksichtigen." Mit dem Thema polnische Juden hat er abgeschlossen, gesteht am Ende Gross, "was ich zu sagen hatte, habe ich gesagt".

"In den zwanzig Jahren zwischen den beiden Weltkriegen wurde für Kunst und Kultur mehr getan als in den letzten 19 Jahren", schreibt Tadeusz Nyczek über die Ausstellung zur polnischen Kunst der Zwischenkriegszeit im Warschauer Nationalmuseum . "Nach der Lähmung, die die Teilung ausgelöst hatte, brach im unabhängigen Polen die Kunst wie ein Vulkan aus und holte den Rückstand zu Europa auf. Dieser Schub kam zwar nicht aus dem Nichts, aber diese zwanzig Jahre gaben der polnischen Kultur den Schwung, der es ihr erlaubte, die Jahrzehnte der Reglementierung und Zensur zu überdauern." Schade nur, dass man für diese Ausstellung fast genau so lange gebraucht hat, wie die dargestellte Epoche dauerte, bemerkt Nyczek.

Magazinrundschau vom 22.01.2008 - Przekroj

Milena Rachid Chehab hat eine neue Gattung polnischer Arbeitsmigranten entdeckt: 'Expats' in der Ukraine! "Es sind Experten, die das Licht des freien Marktes in den Osten tragen. Wir kannten diese Spezies bisher nur in Form von Ausländern, die Anfang der 90er Jahre die Topmanagerposten in westlichen Firmen einnahmen, die den polnischen Markt betraten. Jetzt kommt der Domino-Effekt: Polen, die über die Jahre Erfahrungen gesammelt haben, geben sie an die Ukrainer weiter, die in wirtschaftlicher Sicht am Beginn der Transformation stehen". Warum es sich lohnt, von Warschau nach Kiew zu ziehen? "Lieber ein großer Fisch im kleinen Teich, als ein kleiner im großen sein", beschreibt es kurz einer der befragten Manager.
Stichwörter: 1990er, 90er

Magazinrundschau vom 18.12.2007 - Przekroj

Gut eine Woche vor dem Beitritt Polens zum Schengen-Abkommen begab sich Katarzyna Jaroszynska auf Patrouille an die neue EU-Ostgrenze. Dank EU-Hilfe verfügt der polnische Grenzschutz nicht nur über modernstes Equipment, sondern wurde unter anderem auch von nordamerikanischen Indianern im Fährtenlesen geschult. "Es ist ein endloses Katz-und-Maus-Spiel: die Grenzschützer verkleiden sich als Angler, die Schmuggler spielen verirrte Touristen. Beide Seiten werden vor allem nachts aktiv. Und beide Seiten sind bestens vorbereitet: modernste Ausstattung, GPS-Empfänger und schnelle Autos sind Standard. Es bedarf ungeheurer Konzentration, viel Zeit und Geduld sowie zig im Wald verbrachter Nachtstunden um Erfolge in diesem Bereich erzielen zu können."
Stichwörter: Schengener Abkommen

Magazinrundschau vom 27.11.2007 - Przekroj

"Regisseur Jan Klata wird wohl der einzige polnische Künstler gewesen sein, der sich über die Wahlniederlage Jaroslaw Kaczynskis nicht gefreut hat", glaubt Lukasz Drewniak. Der Theaterrebell arbeitet nämlich seit einiger Zeit an einer Neuinszenierung des Stückes "Szewcy" ("Die Schuster") des modernistischen Schriftstellers Witkacy. "In den letzten zwei Jahren hat man keine Gelegenheit ausgelassen, von der Bühne aus die Wirklichkeit zu kommentieren. (...) Statt Grauen erzeugt Klatas Stück jetzt Gelächter. Aber mit der PiS-Regierung verschwindet nur ein leichter Gegner fürs Theater, viel schwieriger wird es, gegen Tusk zu punkten. Versuchen aber muss man es, denn das Theater ist doch sowieso immer dagegen."

Ein großes Dossier ist dem "wankenden Imperium" Amerika gewidmet: vom schwachen Dollar, der das Land auch für polnische Touristen immer attraktiver macht, über die Stärke der (Pop)Kultur, und die unbegreifliche Waffenkultur, bis hin zu den Problemen in den bilateralen Beziehungen (Irak, Afghanistan, Raketenschirm - woher kennen wir das? - und Visapflicht für Polen). Im Aufmacher erinnert Lukasz Wojcik daran, dass sich jede Analyse vom Niedergang eines Imperiums an Edward Gibbons Klassiker "Verfall und Untergang des römischen Imperiums" messen lassen muss. "Nach Gibbon waren vier Gründe die wichtigsten beim Fall des Römischen Imperiums: eine zu große militärische Anstrengung (in Mesopotamien, dem heutigen Irak!), soziale Dekadenz, religiöse Konversionen und Einfälle der Barbaren. Mindestens zwei dieser Phänomene rauben heute dem amerikanischen Imperium den Schlaf." Wojcik erinnert auch daran: "Bisher wurde das Vakuum nach einem gefallenen Imperium immer durch ein neues Imperium gefüllt. Heute scheint das kommunistische China der einzige Kandidat dafür zu sein. Vielleicht sollte uns also das Wohlergehen unserer amerikanischen Imperialisten am Herzen liegen?"

Magazinrundschau vom 23.10.2007 - Przekroj

Rafal Kostrzynski befasst sich mit der umstrittenen Zukunft des Kosovo - ein Streit, der den Zusammenhalt der EU gefährde. "Eine einseitige Unabhängigkeitserklärung würde einen weiteren Schlag gegen die gemeinsame Außenpolitik der EU bedeuten. Rumänien und die Slowakei wollen wegen ihrer ungarischen Minderheit kein unabhängiges Kosovo, Griechenland fürchtet den albanischen Separatismus im benachbarten Makedonien. Auch Zypern und Spanien befürchten Abspaltungen. Die Gegner der kosovarischen Souveränität können jedoch nur eines: demonstrativ die Aufnahme diplomatischer Beziehungen verweigern". Das Worst-Case-Szenario nach der Unabhängigkeitserklärung wäre nach Meinung des Experten Adam Balcer eine Intervention der KFOR, um die völkerrechtliche Integrität Serbiens zu bewahren. Oder die serbische Armee übernimmt das - was einer Neuauflage von 1999 gleichkäme.