Magazinrundschau - Archiv

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17 Presseschau-Absätze - Seite 2 von 2

Magazinrundschau vom 14.12.2010 - Salon.com

In seinem Buch "The Master Switch: The Rise and Fall of Information Empires" (Leseprobe) erzählt der Juraprofessor Tim Wu (Homepage) die Geschichte der Informationsindustrie - Telefon, Radio, Filme, Fernsehen - als eine Geschichte, die jedesmal von freien Systemen zu Monopolen führte, erklärt eine von dem Buch sichtlich angeregte Laura Miller. Und dem Internet, fürchtet Wu, wird es nicht viel anders gehen: "Obwohl Wu versucht, ausgewogen zu sein und anerkennt, dass Monopole nahtlos Service, Effizienz, Qualitätsinhalt und manchmal sogar niedrige Preise bieten können, schlägt sein Herz doch eindeutig für die wilde und wirre Natur des weit offenen Modells, wie es derzeit online ist. ... Kommunikationsmonopole mögen stabil sein, führt Wu aus, und sie ermutigen die Entwicklung neuer Ideen, die in ihr bestehendes Geschäftsmodell passen wie beispielsweise die firmengesponserte Brutstätte Bell Labs. Aber sie schalten auch reflexhaft alles aus, was die 'schöpferische Zerstörung' umwälzender Erfindungen einzuleiten droht. Eine Art irrationale 'Paranoia' (Wus Bezeichnung) hat Bell dazu getrieben, die Erfindung der Magnettonbänder durch einen seiner Ingenieure in den 1930ern zu unterdrücken - sie dachten irgendwie, dies könnte 'die Öffentlichkeit dazu verleiten, nicht mehr zu telefonieren'."
Stichwörter: Monopole, Wu, Tim, Paranoia

Magazinrundschau vom 23.11.2010 - Salon.com

Angesichts von Forderungen der Tea Party und von Republikanern, an den beiden "unabänderlichen Resultaten" des amerikanischen Bürgerkriegs zu kratzen - Illegalität der Sezession und Abschaffung der Sklaverei - macht der Historiker Glenn W. LaFantasie seinem schönen Namen alle Ehre mit einem Gedankenexperiment: Was wäre gewesen, wenn General Lee nach dem Gefecht von Appomattox NICHT kapituliert hätte? Sein sehr lesenswertes Szenario, das einige Lektionen aus den Kriegen in Vietnam, Irak und Afghanistan verarbeitet, hat eine Pointe: "Aber halt mal, schreien Sie, das ist nicht fair! Sie haben die Nation ja nach 1952 den gleichen Weg gehen lassen wie in der Wirklichkeit! Sie haben jedes Recht sich aufzuregen und mir vorzuwerfen, ich hätte das Spiel manipuliert. Denn das habe ich. Tatsache ist: Man kann die Geschichte nicht ändern, gleichgültig wie oft Hobbyhistoriker kontrafaktische Salonspielchen spielen oder Politiker versuchen zu diktieren, was in Geschichtsbüchern stehen sollte".

Magazinrundschau vom 26.10.2010 - Salon.com

Mit großem Interesse hat Laura Miller ein Buch über westafrikanische Hexenlager gelesen. Soll niemand glauben, es handele sich um ein völlig abseitiges Thema: Allein im Lager von Gambaga, Ghana, leben 3.000 der Hexerei beschuldigter Frauen, die aus ihren Heimatorten vertrieben wurden. "Bei ihrer Recherche hat die kanadische Journalistin Karen Palmer festgestelllt, dass der Glaube an Hexerei oft ganz handfeste Gründe hat. Die Hexenlager sind "das Ergebnis einer Stammesgesellschaft auf der Suche nach einem Sündenbock. 'In Afrika sollte jedes Missgeschick - alles, was geschieht - einen Grund haben', erklärt ihr einer ihrer Übersetzer. Krankheit, Naturkatastrophen, Unfälle - all diese Dinge werden mit großer Wahrscheinlichkeit den schwächsten Mitgliedern der Dorfgemeinschaft angelastet: Frauen, die aus dem gebärfähigen Alter heraus sind und keine einflussreichen männlichen Verwandten haben. Andere Ziele sind ruppige oder hochnäsige Frauen, oder erfolgreiche. Eine der Angeklagten, mit denen sich Palmer unterhalten hat, hatte ihr guter Geschäftssinn ein kleines Vermögen eingebracht, das den Neid anderer Kleinhändler weckte. Als sie Geld verlieh und die unsympathische Eigenschaft zeigte, es von ihren Gläubigern zurückzufordern, war ihr Schicksal besiegelt."
Stichwörter: Geld, Ghana, Neid, Sündenbock

Magazinrundschau vom 24.08.2010 - Salon.com

Clay Shirky spricht im Interview über sein neues Buch "Cognitive Surplus", über die Bedeutung der digitalen Revolution für Verlage, Autoren und Leser. Eine der Schwierigkeiten, die digitale Revolution zu erfassen liegt für ihn darin, dass wir für viele Dinge nicht mehr die richtigen Wörter haben. "Ich habe diese Russland-Polen-Theorie. Sie geht so: einer der Gründe, warum Polen nach dem Zusammenbruch des Kommunismus so viel besser dasteht als Russland, ist, dass die Polen nur eine Generation lang unter dem Kommunismus lebten. Es gab also Leute, die sich an die früheren Zeiten erinnern konnten. Nicht so in Russland. Dort weiß kein Mensch mehr, wie das Leben vor 1916 war." In der Buchindustrie hat sich seit dem Zweiten Weltkrieg nichts verändert. "In so einer Situation passiert es leicht, dass ein Wort für das ganze Geschäft steht. Eine Produktionsmethode, ein Produkt, eine kulturelle Referenz - alles wird in dieses eine Wort gepackt. Man sieht das sehr deutlich beim Fernsehen. Sie gehen in einen Laden, kaufen einen Fernseher und dann kommen Sie nach Hause und gucken Fernsehen. Aber der Fernseher, den Sie kaufen ist nicht das gleiche wie das Fernsehen, das Sie gucken. Wir benutzen für das Objekt das gleiche Wort wie für den Informationsfluss. Das verwirrt uns nicht, weil wir wissen, was Fernsehen ist. Jetzt plötzlich gibt es Videos auf Telefonen und Computer und die Frage, 'was ist Fernsehen?' wird sehr kompliziert. Was Bücher angeht: Als Bücher wird eine Form langer Texte bezeichnet. Sie sind physische Produkte. Und dann gibt es die Menschen, die ihr ganzes Leben mit der Produktion langer Texte und ihrer Verwandlung in physische Produkte beschäftigt sind. Das fällt jetzt alles auseinander." Was ein Ebook ist, wissen wir im Grunde noch gar nicht.

Magazinrundschau vom 22.06.2010 - Salon.com

In einem mit weiterführenden Links gespickten Artikel beschreibt Glenn Greenwald die seltsame Beziehung zwischen Adrian Lamo, der den mutmaßlichen Whistleblower Bradley Manning anzeigte, und Kevin Poulsen, der darüber in Wired berichtete. Manning hatte in einem AOL-Chatroom behauptet, er habe das Material über das Apache-Video an Wikileaks weitergereicht. Manning wurde vor zweieinhalb Wochen verhaftet. Insgesamt, so Greenwald, passt diese Verhaftung gut in die Strategie der Regierung, Wikileaks zu diskreditieren. Bei Zeitungen ist das nicht nötig, die sind viel kooperativer: "Was WikiLeaks für die mächtigsten Interessengruppen so bedrohlich macht, ist, dass sie es nicht kontrollieren können. Selbst wenn Whistleblower in der Vergangenheit einem wirklich guten Journalisten bei einer der großen Zeitungen Informationen über Korruption oder kriminelles Verhalten weitergeleitet hat, konnten Regierungsvertreter kontrollieren, wie diese Informationen veröffentlicht wurden. Als die NYT 2004 erfuhr, dass die Bush-Regierung illegal Amerikaner abhörte, bestellte George Bush Herausgeber und Chefredakteur der NYT ins Weiße Haus und verlangte von ihnen, die Geschichte nicht zu publizieren. Die Zeitung blieb ein Jahr darauf sitzen, bis Bush wiedergewählt worden war. Als Dana Priest von der Washington Post erfuhr, dass die CIA ein Netzwerk von Geheimgefängnissen unterhielt, kam sie der Aufforderung von "höheren Regierungsbeamten" nach, nicht die Länder zu nennen, in denen diese Gefängnisse standen, damit die USA diese Länder weiter für derartige Projekte nutzen konnten."

(Siehe zur Verhaftung von Manning auch Jesse Walker in Reason und Xeni Jardin in BoingBoing hier und hier.)

Magazinrundschau vom 16.10.2007 - Salon.com

Zehn der mächtigsten Frauen Hollywoods an einem Tisch - darunter die Regisseurinnen Kimberley Pierce ("Boys Don't Cry"), Nora Ephron ("Schlaflos in Seattle") und Patty Jenkins ("Monster"), die Produzentin Lynda Obst ("Contact") sowie die Universal-Studiochefin Laura Ziskin - unterhalten sich über ihre Chancen, ihre Triumphe und Niederlagen in einem Männer-Business. Es ist ein fantastisches Gespräch, realistisch ohne Selbstmitleid, oft sehr witzig, gelegentlich entlarvend, aber insgesamt kaum überraschend. Die Drehbuchautorin Margaret Nagle ("Warm Springs") bringt die Geschlechter-Asymmetrie in einer Anekdote auf den Punkt: "Ich werde das nie vergessen; ich arbeitete mit diesem Produzenten zusammen und sein Kind hatte eine Ohrenentzündung und er verließ das Meeting und alle schwärmten 'Oh, mein Gott, er ist so großartig'. Und ich dachte mir: 'Wenn ich da jetzt ans Telefon gegangen wäre und das Meeting verlassen hätte, weil mein Kind eine Ohrenentzündung hat, dann hätten sie mich verdammt noch mal zum Teufel gewünscht.' Es wäre vorbei gewesen. Sie hätten bei meinem Agenten angerufen. Ich erinnere mich, dass ich nur dachte: 'Wahrscheinlich bist du eh auf dem Weg zu deiner Geliebten, nicht zu dem Kind mit der Ohrenentzündung.'"

Magazinrundschau vom 02.09.2002 - Salon.com

Alle lieben Google, schreibt Farhad Manjoo im führenden amerikanischen Online-Magazin, nur David Brandt nicht: Er betreibt die Homepage google-watch.org und beschwert sich über zwei Dinge: cookies, die Google setzt, und die auf 36 Jahre gespeichert werden - hiermit kann Google Suchabfragen speichern, was unter Datenschutz-Aspekten bedenklich ist. (Allerdings kann jeder an seinem Browser die Cookies-Funktion ausschalten.) Und der "PageRank", der Google berühmt gemacht hat: Der "PageRank" bezeichnet die Wichtigkeit einer Homepage für Google, und eine Seite ist desto wichtiger, je mehr Links von anderen Seiten auf sie gesetzt werden. Brandt findet das undemokratisch, dies allerdings auch, weil die Unterseiten seiner NameBase ihm bei Google zu niedrig rangieren. "Für Leute, die Google lieben und ohne die Suchmaschine nicht leben können - also die große Mehrheit unter uns - mögen Brandts Argumente absurd erscheinen", schreibt Manjoo. "Aber Brandt hat sein Leben damit verbracht, Autoritäten in Frage zu stellen, und Google geht er in der selben Weise an. Google ist heute ein Autorität im Web, sagt er, und Google hat soviel Macht, dass es kontrolliert werden muss."