Magazinrundschau - Archiv

Salon.eu.sk

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Magazinrundschau vom 25.06.2013 - Salon.eu.sk

Lev Rubinshtein schreibt bei Salon.eu.sk (eigentlich in der russischen Zeitschrift Grani) einen sehr hübschen Artikel über Äußerlichkeiten bei Menschen und wie man sie lesen muss. In der Sowjetunion, so schreibt er, war das eine hohe Kunst, und er erinnert sich an einen Freund, der sie besser beherrschte als er selbst. Er wies Rubinshtein darauf hin, das Gorbatschows Muttermal in der Prawda neuerdings nicht mehr wegretuschiert wurde: "'Weißt du, das heißt?' 'Du meinst, das hat eine Bedeutung?' 'Na klar', sagte er. 'Es bedeutet, dass sie die Leute nicht mehr einsperren werden. Und vielleicht lassen sie die schon Eingesperrten raus. Vielleicht darf Sacharow zurück nach Moskau. Und sie ziehen die Truppen aus Afghanistan zurück.' Voller Scham muss ich gestehen, dass ich lauthals lachen musste, als ich diese verrückten Propheziungen hörte."

Magazinrundschau vom 04.06.2013 - Salon.eu.sk

Die Gazeta Wyborcza hat den Preis "Frau des Jahres" an die "tapfere und kluge" kubanische Bloggerin Yoani Sánchez verliehen, die die Lügen des Castroregimes aufdeckt. In der Begründung erklärt Adam Michnik, warum der Kampf gegen linke Lügen und rechte Lügen immer auch ein Kampf für die Demokratie ist: "Demokratie ist die Kunst des Kompromisses und des Pluralismus, während Autoritatismus die Kunst des Krieges und des Diktats ist. Das sind Fähigkeiten, die die heutigen Feinde liberaler Werte hoch entwickelt haben. Es ist kein Faschismus, es ist ein originales Projekt, aber eins, das auf den Stereotypen und Praktiken der 30er Jahre aufbaut. Jede Sphäre des Lebens wird nach den Parteiinteressen beurteilt. Ethische Werte, Wissenschaft und Kunst müssen ständig bekämpft werden. Die Vergangenheit wird neu geschrieben und aus Lügen zusammengesetzt. Darum ist auch die Zukunft auf Lügen aufgebaut. Diese Leute kennen keine Kompromisse."

Magazinrundschau vom 23.04.2013 - Salon.eu.sk

Wenn der Blogger und Aktivist Alexej Nawalny wegen der blödsinnigen Anklage, er habe Holz gestohlen, eingesperrt wird, dann haben die Zentristen endgültig verloren, meint der Krimiautor Boris Akunin. "Dann werden unweigerlich die Revolutionäre zum Mainstream der Opposition. Dann gibt es keine harmlosen Clowns mehr wie Limonow oder wütende Intellektuelle wie Kasparow und Piontkowski. Neue Führer und neue Techniken des Kampfes werden erstehen. Und ihr Hauptslogan wird kompromisslos sein: 'Entweder kriegen wir sie oder sie kriegen uns.'"

Außerdem: In einem Artikel für Elet es Irodalom, von Salon.eu.sk ins Englische übersetzt, erklärt Ilma Rakusa, was Europa für sie bedeutet.

Magazinrundschau vom 02.04.2013 - Salon.eu.sk

Andrzej Stasiuk macht einen kurzen Ausflug in die Hohe Tatra zu den lebenslustigen Goralen, die ursprünglich aus Rumänien kommen, sich im Laufe der Zeit aber zu einer Art Super-Urpolen gewandelt haben: "Man könnte sagen, dass die Goralen eine einzigartige Marke geschaffen haben. Und auch wenn sie damit auf eine Nachfrage von außen reagieren, verinnerlichten sie viele lokale Elemente ihres ausgedachten Wesens: die Kleidung etwa oder das Essen. Keine andere Gruppe im Land bietet eine solch perfekte Kombination aus Realität und mythisch-ästhetischem Projekt. Die Goralen sind eine Fiktion, die machtvoller als die Realität geworden ist. Sie bekamen ihre Chance im späten 19. Jahrhunderten und nutzten sie geschickt. Und Talent ist erblich."

Außerdem übernimmt Salon aus Tygodnik Powszechny Auszüge aus einem Text von Jerzy Pilch, in dem er von seiner Parkinson-Erkrankung berichtet: "Das unerträgliche Verlangen, wenigstens einmal noch einen Teller Suppe essen mit dem Löffel zu können. Die Mühen, die das Anziehen von Schuhen im Winter bereitet und Höllenqualen gleichkommen, wie ein Bär auf dem Jahrmarkt tanzt man zum Vergnügen eines unsichtbaren Publikums. Dies sind nur einige der Handicaps, die es wert sind, verewigt zu werden. Nicht mehr schreiben zu können, ist eine andere Sache. Kaum zu verstehen, aber entscheidend."

Magazinrundschau vom 12.02.2013 - Salon.eu.sk

Salon hat einen langen Brief Adam Michniks an Michail Borissowitsch und Michail Chodorkowski aus der Gazeta Wyborcza ins Englische übersetzt. Michnik schreibt hauptsächlich über Chodorkowskis Autobiografie, die ihn beeindruckt hat. Etwa, dass Chodorkowski bei den Komsomolzen war. Für den jungen Michnik konnten das nur entweder Verfechter der Diktatur oder Opportunisten sein. "Aber manchmal traf ich Menschen, die mit dem System gebrochen und sich der Opposition angeschlossen hatten, was mein manichäisches Weltbild verkomplizierte. Was mich noch mehr verstörte waren die Veränderungen nach 1989, als die polnische Gesellschaft zerrissen war. Die Sprache des scharfen Antikommunismus und Nationalismus verwandelte sich in ein politisches Projekt und in die reaktionäre Rhetorik der Intoleranz oder der persönlichen Abrechnungen. Diese Leute suchten keine Verbündeten, mit denen sie ein demokratisches Polen aufbauen konnten - sie wollten eine nationale Hexenjagd gegen Parteimitglieder entfesseln. Sie waren, so nannte ich sie, Antikommunisten mit einem bolschewistischen Gesicht."

Magazinrundschau vom 25.09.2012 - Salon.eu.sk

Reformen, immer nur Reformen, stöhnt Jacek ?akowski in der polnischen Polityka (von Salon.eu.sk ins Englische übersetzt). Das wollen sie alle. So eine Große Reform macht was her, die lockt und glitzert und kein Mensch interessiert sich mehr für die nervigen Einzelheiten, die erst über Scheitern oder Gelingen entscheiden. Man nehme nur das Gesetz zur Deregulierung von Berufen. "Es ist eine hübsche Idee, die durchaus etwas wert ist, aber ihre verführerische Kraft verfälscht die Realität und schwächt bei den Verführten die Kraft, kritisch zu denken. Im Ergebnis werden einleuchtende Ideen (zum Beispiel, dass der Taxifahrer im Zeitalter von GPS den Stadtplan nicht mehr im Kopf haben muss) mit umstrittenen Vorschlägen (Abschaffung des Notariats) und eindeutig gefährlichen Vorschlägen (Abschaffung der Befähigungsnachweise für Sporttrainer) in den selben Deregulierungstopf gerührt. Jede Reform produziert Adrenalin - wie eine Schlacht."

Ebenfalls in der Polityka (hier auf Deutsch) denkt Adam Krzeminski über den Euro nach und ermuntert die polnische Regierung, jetzt den Beitritt Polens in die Eurozone einzuleiten.

Magazinrundschau vom 10.04.2012 - Salon.eu.sk

Auf der Fahrt zu Vaclav Havels Begräbnis denkt Martin Simecka über den Unterschied zwischen Tschechen und Slowaken nach. Es überrascht ihn selbst, dass es tatsächlich Unterschied gibt. Die Slowaken sind zum Beispiel viel realistischer als die Tschechen, glaubt er. "In tiefen Tälern lebend, die von bedrohlichen Bergen umgeben sind, haben sie besser verstanden, dass sie an der Peripherie leben und ihr Überleben von ihrer Loyalität mit einem fernen Zentrum der Macht abhängt. Diese Loyalität ist das Schicksal eines kleinen Staates in der Europäischen Union, deren Zentrum weit im Westen liegt. Es ist einer der Gründe, warum die Slowaken den Euro übernommen und auch sonst alles getan haben, um sich als verlässliches Mitglied der europäischen Gemeinschaft zu zeigen. Anders als Vaclav Havel haben die meisten Tschechen, die hussitische Tradition der Rebellion beschwörend, nicht verstanden, dass sie genau so Provinz sind wie die Slowaken. Statt dessen benehmen sie sich wie die Briten. Sie leben auf einer eingebildeten Insel, von der sie jeden vertrieben haben, der diese Einbildung bedrohen könnte - Bären und Wölfe ebenso wie Sudetendeutsche. Darum gehören sie zu den leidenschaftlichsten Gegnern der Europäischen Union, in die Havel sie getrieben hat."

Magazinrundschau vom 27.03.2012 - Salon.eu.sk

Es gibt Spannungen zwischen Polen und Ungarn: beunruhigt beobachtet die polnische Linke Viktor Orbán, der zunehmend auch in Polen Anhänger findet. Trotzdem wurde am 23. März der Tag der polnisch-ungarischen Freundschaft gefeiert, ganz so, wie es einstimmig in beiden Parlamenten beschlossen wurde. In Przekroj erdichtet Hubert Klimko-Dobrzaniecki (von salon.eu.sk ins Englische übersetzt) bei so viel Einvernehmen in der Politik eine Neufassung eines polnischen Sprichworts: "Anstatt 'der Ungar und der Pole, immer freundlich / gemeinsam reitend, gemeinsam trinkend. Laut und fröhlich alle beide / Gott segne ihre Seelen', sollte es heißen: 'der Ungar und der Pole, immer freundlich / gemeinsam wählend, gemeinsam trinkend. Bedrückt und traurig alle beide / das Kreuz im Sejm segne ihre Seelen.' Die Ungarn haben wohl ebenfalls ein Kreuz in ihrem Parlament aufgehängt, auch wenn mir die Umstände nicht ganz klar sind, unter denen es dorthin gekommen ist. Um ehrlich zu sein, das einzige Kreuz, das mich jemals wirklich berührt hat, hing bei einem McDonalds an der Autobahn von Wien nach Budapest. Es ist nicht so, dass ich Kreuze nicht mag oder sie nicht unterstütze. Ganz im Gegenteil. Ich schätze und befürworte sie. Aber es war etwas besonders Bewegendes an diesem Kreuz, das da über dem Mülleimer zwischen Ketchup und Senf hing. Offensichtlich sehen die Ungarn das Kreuz etwas anders als die Polen, aber nichtsdestotrotz sind sie Unseresgleichen..."
Stichwörter: Orban, Viktor, Wien, Autobahn

Magazinrundschau vom 06.03.2012 - Salon.eu.sk

Die slowakische Politik ist bis in die Grundfesten korrupt - das zeigen die "Gorilla-Files", an deren Bekanntwerdung Peter Holubek, ein ehemaliger Mitarbeiter des slowakischen Geheimdienstes, und der kanadische Journalist Tom Nicholson maßgeblich beteiligt waren, erzählt Martin Simecka in Respekt (hier auf Englisch). Holubek hatte vom November 2005 bis August 2006 eine Wohnung abgehört, die ein Treffpunkt von Regierungsmitgliedern mit Mitarbeitern der Penta-Investmentgruppe war. Das Material tippte er ab und leitete es an Nicholson weiter, der jahrelang versuchte, slowakische Medien dafür zu interessieren. Vergeblich, und das bei diesem Stoff! Jetzt ist es im Internet erschienen und hat einen Riesenskandal ausgelöst: "Das Dossier enthüllt, dass einer der Menschen, die regelmäßig den mächtigen Penta-Mitarbeiter Jaroslav Hascak trafen, der damals neu ernannte Wirtschaftsminister Jirko Malcharek war. In ihren Gesprächen spielt Hascak den Lehrer, der einen Novizen in die mysteriösen Wege des Systems einweiht. ... So informiert Hascak den Minister über die Höhe der Summen, die er seinen Beratern zahlen soll, die ebenfalls in den Kommittees sitzen, die über die Privatisierung der Energiekonzerne entscheiden: 'Drei Millionen (slowakische Kronen, das sind über 100.000 Euro) an Sevcik, zwei Millionen an Vlasaty, der Rest später, wenn der Deal abgeschlossen ist' lesen wir in dem Dossier. Natürlich würde Malcharek viel mehr bekommen, Millonen von Euro." (Mehr dazu auch von Michal Hvorecky in der Welt.)
Stichwörter: Hvorecky, Michal

Magazinrundschau vom 24.01.2012 - Salon.eu.sk

Ach wie schön wäre es, wäre die Autofabrik, in der sein Vater arbeitete, erhalten worden, seufzt Andrzej Stasiuk. Dort wurde das einzige Auto produziert, das Polen je hervorbrachte, ein Auto namens "Sieg". Stasiuk erinnert sich daran, wie er den Vater zusammen mit seine Mutter vor den Fabriktoren abholte: "Ich blickte auf zu einer dunklen Silhouette, die sich vor der Sonne abzeichnete. Ich war sechs Jahre alt, aber ich erinnere mich an den Mix der Gerüche: Schweiß, Bier, dunkler Tabak, der Fabrikgeruch nach rotgühendem Metall, Schmiere, Benzin und die durch Schweißmaschinen ionisierte Luft. So roch die Welt der Männer."
Stichwörter: Geruch, Mutter, Stasiuk, Andrzej, Roche