11.10.2007. Der Literaturnobelpreis geht in diesem Jahr an die britische Schriftstellerin Doris Lessing.
Der
Nobelpreis für Literatur geht in diesem Jahr an die britische
Schriftstellerin Doris Lessing. In ihrer Begründung
preist die Schwedische Akademie die inzwischen 87-jährige Lessing, zu deren großen Themen die Kolonialherrschaft über Afrika und die Emanzipation der Frau gehörten, als "
Epikerin der weiblichen Erfahrung, die mit
Skepsis, Feuer und visionärer Kraft eine gespaltene Zivilisation der genauen Prüfung unterzogen" habe. Vor allem ihr
"Goldenes Notizbuch" nannte die Akademie eine "Pionierleistung", die zu der "Handvoll Bücher gehört, die über den Blick des 20. Jahrhunderts auf das Verhältnis zwischen Mann und Frau informierten".
Der Vorsitzende der Akademie, Horace Engdahl, sagte: "Dies ist eine der
wohldurchdachtesten Entscheidungen, die wir jemals getroffen haben." Lessing ist erst die
elfte Frau, die den Literaturnobelpreis erhält. Zu den hochgehandelten Favoriten hat sie in den letzten Jahren nicht mehr gezählt. Deutlich besser im Kurs standen Philip Roth, Thomas Transtromer, Amos Oz und Ko Un, und zumindest bei den britischen Buchmachern auch Les Murray und Claudio Magris.
Der
Standard hat
erste Reaktionen unter Schriftstellern gesammelt:
Elfriede Jelinek, die selbst vor drei Jahren ausgezeichnet wurde, findet den Nobelpreis für Lessing überfällig: "Ich hatte sogar gedacht, sie hätte ihn
schon längst."
Michael Köhlmeier meint, Lessing habe den Nobelpreis "sicher verdient", findet es jedoch "unverständlich" und "fast eine Trotzhaltung" der Akademie, dass der US-Autor Philip Roth wieder nicht zum Zug gekommen ist.
Umberto Eco hat Lessing als "große, individuelle literarische Seele" bezeichnet. Aber er bemerkte auch unter Hinweis auf Harold Pinter, der 2005 ausgezeichnet wurde: "Es ist sehr außergewöhnlich, dass sie (die Akademie) den Preis zwei Mal in so kurzer Zeit
an das gleiche Land verleiht".
Die
Welt lässt Kritik zu Wort kommen: Demnach findet
Marcel Reich-Ranicki die Entscheidung für Lessing "bedauerlich". Er sei der Ansicht, dass die angelsächsische Welt, "viele, jedenfalls mehrere bedeutendere, wichtigere Schriftsteller hat".
Denis Scheck findet die Entscheidung zwiespältig: Politisch sei die Entscheidung zu begrüßen, "weil hier eine Vorkämpferin des Feminismus und des Anti-Rassismus geehrt wird. Ästhetisch dagegen ist es eher
eine Pleite."