Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
04.11.2006. Warum sich der Chef des Börsenvereins Sorgen um die Preisbindung macht. Weshalb Ossis besser als Wessis lesen. Wie sich die Mayersche als dritte Kraft im Buchhandel positioniert. Und wo Biografien erfolgreicher sind als in Deutschland.

buchreport.express

Einen "atemberaubenden Expansionskurs" beobachtet buchreport bei der Mayerschen und vermeldet neue Filialen oder Übernahmen in Iserlohn, Wuppertal und Bocholt. Ende 2008, rechnen die Dortmunder vor, habe die Mayersche 27 Buchhandlungen mit einer Verkaufsfläche von über 50000 Quadratmeter. In Nordrhein-Westfalen sei die Mayersche Marktführer, bundesweit die dritte Kraft hinter DBH (Hugendubel, Weltbild u.a.) und Thalia (hier ein Artikel über die neue Thalia-Filiale in Darmstadt). Im Interview mit buchreport gibt sich der Ober-Mayer Hartmut Falter wortkarg: sechs Fragen, sechs Antwortsätze - ohne Relevanz, um zitiert zu werden.

Im Interview mit Rainer Uebelhöde verteidigt Stefan Könemann, Vorsitzender des Börsenverein-Landesverbands NRW, die föderale Struktur des Verbands. Gleichwohl müssten "alle Arbeitsprozesse auf den Prüfstand" gestellt werden. Neben dem Interview widmet sich buchreport mit zwei großen Artikeln der Reform des Verbandes. Am Donnerstag entscheidet die Abgeordnetenversammlung, ob in Zukunft ein neues Branchenparlament die Aufgaben der Abgeordnetenversammlung übernimmt. Außerdem sollen in dieser Woche die Buchhandelsregeln neu gefasst werden; dabei geht es unter anderem um die Einhaltung des Erstverkauftages.

Anlässlich der großen Medienkampagne zur Schröder-Biografie durchleuchtet buchreport das Geschäft mit Memoiren - die, anders als in den USA oder Großbritannien (Marktanteil von bis zu 10%), hierzulande keinen besonders hohen Stellenwert besitzen. Der Umsatzanteil von Biografien pendele in Deutschland um 2,5%. Die Schröder-Biografie rangiere derzeit knapp vor Hape Kerkeling auf Platz eins der Spiegel-Bestsellerliste.

Weitere Artikel: Weltbild erweitert die Aktivitäten außerhalb des Buchhandels und eröffnet zusammen mit B.O.B. Best of Books Bücher-Verkaufsflächen in drei Familia-Warenhäusern. Der Systemdienstleister TMI kauft den Rackjobber Librofino (Rackjobber bestücken beispielsweise Bücherregale in Verbrauchermärkten). Der Hauptverband des Österreichischen Buchhandels hat vor Gericht Preisbindungsverstöße der Medienhandelskette Libro gestoppt. Passend zum Thema, hat der Hanauer Buchhändler Dieter Dausien ein Duden-Paket des ADAC für deren Mitglieder abmahnen lassen - ebenfalls wegen eines Verstoßes gegen die Preisbindung. Gräfe und Unzer startet ein neues Sachbuchprogramm (hier der Artikel). Und hier die Bestsellerlisten.

Börsenblatt

Selten hat sich der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, Alexander Skipis, bislang mit einem Kommentar im Branchenblatt Börsenblatt zu Wort gemeldet. Diesmal geht es um das wichtigste Gesetz der Branche, die Preisbindung (Hintergrund sind die jünsten Verstöße des ADAC Verlags mit Brockhaus sowie von Libro in Österreich). Skipis macht sich Sorgen, dass solche Verstöße im politischen Raum "als Zeichen minderer Wertschätzung des Kulturgutes Buch durch uns selbst gewertet werden." So riskiere die Branche den Status einer besonderen Handelsbranche (hier der Artikel).

Passend zum Kommentar horcht Sabine Cronau auf das Echo in der Branche zu den jüngsten Preisbindungsverstößen, mit denen ADAC und Brockhaus die Grenzen des Preisbindungsgesetzes ausgelotet haben (ein Duden-Paket wurde für ADAC-Mitglieder für 39,90 Euro verkauft, unter dem Ladenpreis). Er sei entsetzt, "dass immer wieder große, starke Unternehmen ohne Not zündeln", sagt der Verleger Christoph Links. Rowohlt-Geschäftsführer Lutz Kettmann: "Es ist wie mit der Schwangerschaft: Ein bisschen schwanger gibt es nicht." Die Preisbindungstreuhänder beschäftigen sich derzeit besonders mit Mängelexemplaren, die eigentlich keine sind und im Internet und in Supermärkten verhökert werden.

In der Serie zur Zukunft des Lesens erklärt der Hirnforscher Thomas Münte im Gespräch mit Börsenblatt-Chefredakteur Torsten Casimir, was zwischen der Sinneswahrnehmung auf der Retina und dem Sinnesverstehen passiert. Interessant dabei: Leser aus den neuen Bundesländern schnitten bei Lesetests besser ab als die Wessis.

Weitere Artikel: Pia Preuß zeigt Perspektiven, wie sich Kind und Beruf in der Buchbranche verbinden lassen - bei Fischer beispielsweise mit einer verlagseigenen Krabbelstube. Im Menschen-Ressort stellt Andreas Trojan Michael Lemling, den neuen Geschäftsführer der Münchner Buchhandlung Lehmkuhl vor, dem die Provokation und das Widerständige liege. Ursula Escherig porträtiert den bekannten Übersetzer Frank Heibert, der einen Roman ("Kombizangen", Hoffmann & Campe) geschrieben hat. Den Fragenbogen hat diesmal Rene Kohl von der Versandbuchhandlung Kohlibri ausgefüllt. Der Stroemfeld Verlag will die Kafka-Ausgabe auch ohne Fördermittel von der DFG fortführen. In der Schweiz hat die Wirtschaftskommission des Nationalrats eine Fortsetzung der Arbeit an einem Buchpreisbindungsgesetz beschlossen.
Archiv: Börsenblatt