Die Buchmacher

Zarter Aufschwung

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
09.04.2007. Warum die Verlage bei elektronischen Enzyklopädien multimedial wettrüsten. Inwiefern der Kritiker eine Pflicht zum strengen Urteil hat. Weshalb der stationäre Buchhandel einen zarten Aufschwung erlebt. Und wie die Süddeutsche Zeitung ihre "Bibliothek" fortsetzt.

buchreport.express

Na, das sind ja mal sanfte Töne vom buchreport: Im Aufmacherartikel berichten die Dortmunder über "einen zarten Aufschwung ganz ohne spektakulären Anstoß": Im ersten Quartal habe der stationäre Buchhandel ein kleines Umsatzplus von 1,4 Prozent hingelegt. Dabei sei der "zarte Aufschwung" nicht etwa durch eine schwache Vergleichsbasis erleichtert worden: Im ersten Quartal 2006 sei immerhin ein Plus von 2,6 Prozent ausgewiesen worden. Da im zweiten halbjahr neben einem neuen "Harry Potter" weitere Romane mit Bestseller-Potenzial in den Startlöchern stünden, blickt buchreport zuversichtlich in die Zukunft.

Mit einem "Paukenschlag" starte der Verlag der Süddeutschen Zeitung in den Bücherfrühling: Die "SZ-Bibliothek" werde ab dem 21. April mit einer zweiten Staffel fortgesetzt. Erster Band: "Frühstück bei Tiffany" von Truman Capote (Kein & Aber). Beim Preis habe das Zeitungshaus einen Euro draufgelegt (5,90 statt 4,90 Euro) - angeblich wegen der gestiegenen Papierpreise, laut buchreport jedoch, weil die lizenzgebenden Verlage und großen Buchhandelsfilialisten Druck ausgeübt hätten. Von der ersten Staffel habe die SZ 11,3 Milionen Exemplare verkauft. Hier der Artikel.

Der Autor Helmut Beckmann bietet seinen Roman "Almtraum" zeitgleich als gedruckte Ausgabe von Books on Demand (BoD) sowie kostenlos im Internet als Fortsetzungsgeschichte an. "Print und Internet kannibalisieren sich nicht zwangsläufig", zitiert buchreport Wolfgang Tischer, Betreiber des mit BoD kooperierenden Portals www.literaturcafe.de.

Weitere Themen: Bei Herder erscheint am 16. April eine Jesus-Biografie aus der Feder von Papst Benedikt XVI. ("Jesus von Nazareth"). Angeblich hat der Verlag schon 110.000 Vormerker auf der Liste (hier der Artikel). Carl Ueberreuter kauft den Lappan Verlag (Umsatz 2006: 5 Mio Euro). Bei der ARD steht nicht nur die Literatursendung "Wickerts Bücher", sondern auch "Druckfrisch" von Denis Scheck auf der Kippe. Laut ARD-Kulturchefredakteur Thomas Baumann werden die Sendungen künftig entweder alternierend ausgestrahlt - oder eine von beiden fällt weg.

Börsenblatt

Harald Fette hat elektronische Enzyklopädien getestet und ein multimediales Wettrüsten der Verlage ausfindig gemacht. So werde die neue Version des "Brockhaus multimedial" mit einem Planetarium, mit dem der Hobbyastronom im virtuellen Flug Sonnensystem und Galaxien erkunden könne, ausgeliefert. Microsoft habe seine "Encarta" um ein Kinderlexikon erweitert. "Ein digitales Lexikon hat mehr zu bieten als die entsprechende Buchausgabe, mehr als nur Bilder und Textinformationen", bilanziert der Autor. Was in dem Artikel zu kurz kommt, ist jedoch die Frage des Pricings - wie setzen die Verlage den Preis an im Vergleich zu Print-Produkten? Und welches Medium zukünftig als Datenträger eine Rolle spielen wird.

In seinem sehr lesenswerten Kommentar schreibt der Verleger Jochen Jung über die Pflicht des Rezensenten zum strengen Urteil. Auf die Frage, warum "man nicht einfach der freundlichen Schwester den Vortritt lässt und ansonsten mit des Sängers Höflichkeit schweigt", antwortet Jung: "Weil Sie, liebe Leserin, lieber Leser, aber durchaus auch Sie, lieber Autor, liebe Autorin, ein Recht darauf haben, ernst genommen zu werden. Und ernst genommen werden heißt, dass Ja und Nein gleiches Recht haben und sogar gleiche Pflicht." Verrisse müssten schrecklich sein, "ab-schrecklich nämlich".

Ueberreuter bringt eine Großdruck-Edition auf den Markt. Ob der Markt solch eine Edition braucht? Beim "Rundruf" erklärt das Gros der vom Börsenblatt angesprochenen Sortimenter, dass Großdruckbücher kaum nachgefragt werden.

Weitere Themen: Amazon greift im Vorfeld des neuen "Harry Potter" in die Trickkiste und bietet die deutsche und englische Ausgabe zusammen für 48,90 Euro an. Formal sei an dem Kombipreis nichts auszusetzen, so das Börsenblatt, Sortimenter würden dennoch verärgert reagieren. "Suggeriert doch wieder mal ein Großer, dass er kleine Preise hat. Dabei stochert Amazon beim Preis der Übersetzung im Nebel - so wie alle anderen", kommentieren die Frankfurter. Im "Menschen"-Ressort porträtiert das Börsenblatt den Autor Per Petterson.
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