Die Buchmacher

Freie Preise, freies Handeln

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
17.03.2008. Warum das Bundeskartellamt gegen die Preisbindung ist. Wer bester Verleger und Misthaufen in einer Person ist. Weshalb auf der Bestsellerliste so viel los ist. Und wie Fachhändler gegen Ketten kämpfen.

Börsenblatt

Leipziger Buchmesse hat das Börsenblatt eine facettenreiche Ausgabe vorgelegt. Chefredakteur Torsten Casimir und Christina Schulte interviewen den Präsidenten des Bundeskartellamtes, Bernhard Heitzner. Dabei geht es unter anderem um die Fusionsvorhaben von Thalia (will Buch Kaiser schlucken) und DBH (52 Karstadt-Buchabteilungen). Bei beiden Projekten habe das Kartellamt eine vertiefende Prüfung eingeleitet, um die Wettbewerbssituation zu analysieren - der Buchhandel sei wegen der vielen regionalen Märkte sehr komplex. Angesprochen auf die Preisbindung, erklärt Heitzner, er sei vom Branchengesetz wenig begeistert. "Die freie Preisbildung ist der wesentliche Kern für freies unternehmerisches Handeln."

Im Gastkommentar erklärt der Verleger Jochen Jung, warum es auch auf der Publikumsmesse in Leipzig letztlich ums Geldverdienen geht. "Und wenn die phänomenale Lese- oder richtiger: Zuhörlust der Leipziger auch dieses Jahr wieder zu fast 1000 Veranstaltungen führen wird, dann nicht nur, um der Eitelkeit der Autoren und dem Wissensdurst der Leipziger Genüge zu tun, sondern um sie zum Kaufen zu animieren - auf dass die Signale in die ganze Republik funken."


KNV und Libri starten einen Pilotversuch und legen ihre Bücherwagendienste in Berlin zusammen. Im Interview schildert KNV-Chef Frank Thurmann die Folgen der Zusammenlegung für das Sortiment. "Unser Ziel ist es, zu rationalisieren und zu optimieren. Einschränkungen für den Buchhändler soll es nicht geben, es kommt allenfalls zu geringfügigen Verschiebungen bei den Anlieferzeiten.". Die Kooperation sei eine Reaktion auf die ständig steigenden Kosten im Transportbereich und dem Wunsch der Branche nach Rationalisierung im Verkehr. "Darüber hinaus ist keine Zusammenarbeit geplant."

Anlässlich der Musikmesse Frankfurt äußert sich Bärenreiter-Verlegerin Barbara Scheuch-Vötterle zur viel kritisierten Gymnasialreform und zur Gefahr, dass das Fach Musik im Schulbetrieb in den Hintergrund rückt. "Wir als Bärenreiter-Verlag, aber auch andere Musikverlage und -verleger, haben schon viele Gespräche mit Politikern geführt. Umgesetzt wurde bisher aber leider nur wenig", erklärt die Verlegerin. Und erinnert an ein Bonmot von Innenminister Otto Schily: "Wer Musikschulen schließt, gefährdet die innere Sicherheit."


Weitere Themen: Holger Heimann führt zum 100-jährigen Bestehen von Rowohlt ein Interview mit dem Verleger Alexander Fest, der sich dazu positionieren muss, warum er für Daniel Kehlmann "Deutschlands bester Verleger", für eine Autorin allerdings ein "arroganter kleiner Misthaufen" ist. "Verlegersein heißt auch", antwortet der großgewachsene Reinbeker, "dauernd Autoren (oder Leute, die es werden wollen) zu enttäuschen, also, wenn Sie wollen, dauernd für irgendwen ein ,Misthaufen' zu sein." Das Hamburger Medienunternehmen Edel Entertainment hat den Rockbuch Verlag übernommen und setzt damit seinen angekündigten Wachstumkurs im Buchbereich fort (hier die Meldung). Nils Kahlefendt hat den Dresdner Autor Marcel Beyer besucht, der in seinem neuen Roman "Kaltenburg" (Suhrkamp) die geschichte von Dresden literarisch vermisst. Die vom Börsenverein initiierte Volltextsuche libreka! hat den technischen Dienstleister gewechselt: Das Bureau van Dijk Electronic Publishing (BvDEP) hat zur Leipziger Buchmesse die technische Umsetzung von der hgv publishing services, einem Unternehmen der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck, übernommen. Hintergrund unklar - die Konzepte zur Weiterentwicklung der Plattformen seien unterschiedlich gewesen, heißt es (hier).
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

buchreport hat die Frühjahrsprogramme der Verlage noch einmal studiert und kommt zu dem Schluss: "Auch ältere Branchenangehörige können sich nicht erinnern, dass in einem Frühjahr ein derart starkes Roman-Programm um Aufmerksamkeit gebuhlt hat." Seit vergangener Woche habe sich die "Spiegel"-Bestsellerliste auf den ersten zehn Plätzen komplett erneuert. "Die Angebots-Mischung aus Historien-Altmeister (Follett), von Goethe geadelter Altherren-Erotik (Walser), Feuilleton-Ekel ("Feuchtgebiete"), Debattenroman (Littells "Die Wohlgesinnten") und All-Age-Fantasy ("Schicksal der Zwerge", "Bis(s) zum Abendrot") bietet dem geneigten Publikum eine denkbar breite Auswahl."

Außerdem untersucht buchreport den Run der Buchhandlungen auf Einkaufscenter. Die Zahl der Center habe sich in den vergangenen 25 Jahren nahezu verdoppelt, aktuell seien laut Branchenverbund German Council of Shopping Centers etwa 50 geplante Malls in der Pipeline. "Trotz der Kritik an der Center-Vermehrung und der damit verbundenen sinkenden Flächenproduktivität setzen die Buchfilialisten nach wie vor auf die Einkaufszentren", analysiert buchreport. Eine besonders innige Beziehung pflegten Thalia und ECE - in acht geplanten oder bereits in Kürze öffnenden Centern habe sich Thalia bereits eingemietet.

Weitere Themen: David Wengenroth unterhält sich mit Eduard Pelzer, Inhaber eines Spielwarengeschäfts in Karlsruhe, über eine dortige Kooperation von Fachgeschäften, die sich im Wettbewerb mit Handelsketten und Shopping-Centern zusammengeschlossen haben - deren Waffen und Rezepte (mehr Service, gemeinsame Gewinnspiele, Schulranzen-Party) jedoch auch nicht besonders effektiv oder attraktiv zu sein scheinen. Ingo Schiweck begrüßt im Kommentar, dass immer mehr Hörbuchverlage wie zuletzt (teilweise) Random House Audio USA auf Digital Rights Management als Kopierschutz verzichten. Der Internetbuchhändler Amazon hat die Kaufempfehlungen für Kunden optisch aufgewertet und um neue Web-2.0-Funktionen erweitert. Die Großagenturen Curtis Brown und International Creative Management (ICM) bündeln in Großbritannien ihre Kräfte. Hier das Inhaltsverzeichnis und hier die Bestsellerlisten.