Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
11.10.2004. Diese Wochen lesen Sie: Wie die neuen Billigbücher an der Preisbindung zerren. Wer Eichborn den Pendo Verlag abkauft. Und wo Christa Wolf demnächst ihre Bücher veröffentlichen wird. Von Sandra Evertz.

buchreport.express

Die "Buchbranche bangt um ihre Preisbindung" titelt der Buchreport in seiner Messe-Ausgabe. Anlass zur Sorge gibt der Vergleich von Billigbüchern mit den gebundenen Preisen der Original-Ausgaben, der zum "Ausgangspunkt für aggressive Strategien" geworden ist. Als Beispiele nennt das Magazin die Offerten des Weltbild-Konzerns und des Bertelsmann Buchclubs sowie die eigenen Buchreihen der SZ, der Bild-Zeitung und der Zeit. Abgesehen von Ausreißern verstießen sie zwar nicht gegen die Preisbindung, sie wären aber ohne Preisbindung gar nicht oder kaum möglich. Den Buchhändlern falle es zunehmend schwerer, ihren Kunden die vergleichsweise hohen Preise der Neuerscheinungen zu erklären.

Der Buchmarkt steht vor Umbruchprozessen, keine Konvention ist auf Dauer gesichert. Dasselbe gilt für die Frankfurter Buchmesse. "Wir müssen Antworten auf die problematischen Herausforderungen der Zeit finden, wenn wir uns auf Dauer als entscheidender Handelsplatz behaupten wollen", erklärt Messechef Volker Neumann im Buchreport. Die Frankfurter Buchmesse muss, nach Neumanns Meinung, in den nächsten Jahren zu einer umfassenderen Medienmesse wachsen, sich intensiver dem Zukunfts-Thema "Online-Verlegen" widmen, die Dienstleister der Buchbranche stärker integrieren und ihren Ruf als richtungsweisendes Forum für den interkulturellen Austausch ausbauen.

Seine Abstinenz von der Buchbranche währte nicht lange: Nach dem Abgang als Geschäftsführer bei Ullstein Heyne List Ende 2003, hat Christian Strasser der Eichborn AG rückwirkend zum 1. Oktober die Tochter Pendo (Zürich) abgekauft. "Es war ein Angebot, bei dem ich nicht 'nein' sagen konnte", kommentiert Strasser im Buchreport die Verlagsübernahme. Mit dem Verkauf hat Eichborn ein Sorgenkind weniger. Der einzige börsennotierte deutsche Verlag - sein Umsatz sank in 2003 abermals - kündigte einen Strategiewechsel an und will sich künftig ausschließlich auf die "Marke Eichborn" konzentrieren.

Der Buchreport-Umsatztrend verzeichnet für September ein knappes Plus von 0,82 Prozent. Mehr.

Nachdem das ZDF die positive Resonanz von 3,6 Millionen interessierten Zuschauern bei "Unsere Besten - Das Große Lesen" feiern konnte, plant der Sender weitere Bücher-Formate. "Im kommenden Jahr sollen Romane, Sachbücher, Krimis und vielleicht auch noch andere Genres in jeweils separate Rennen geschickt werden", hat der Buchreport erfahren.

Als die Süddeutsche Zeitung ihre 50-bändige SZ-Bibliothek ankündigte, wies die Frankfurter Allgemeine Zeitung ein ähnlich gelagertes Engagement von sich. Jetzt stemmen die Frankfurter ein vergleichbares Projekt: Diesen Monat schon starten sie die DVD-Serie "Die 20 wichtigsten Opern-Aufführungen", zusammengestellt von der FAZ-Redaktion. Monatlich sollen vier Folgen der Kollektion für 69 Euro im Paket erscheinen.

Personalien: Volker Neumann ist zwar laut Vertrag noch bis Ende 2005 Direktor der Frankfurter Buchmesse, doch, so spekuliert der Buchreport, wird er vermutlich schon vorher seine Mission beenden - Namen, die in Verbindung mit der Neumann-Nachfolge genannt würden, seien Oliver Zille (Chef Leipziger Buchmesse), Arnoud de Kemp (Verlagsdirektor Springer Science & Business Media), Klaus Kluge (Marketingmacher Droemer Knaur) und Claudia Reitter (Vertriebschefin Random House). Christa Wolf wechselt von Luchterhand zu Suhrkamp. Econ-Programmleiter Jens Schadendorf hat auf Grund "programmatischer Differenzen" seinen Weggang spätestens zum April 2005 bekannt gegeben. Der kolumbianische Literaturnobelpreisträger Gabriel Garcia Marquez legt nach zehnjähriger Pause überraschend einen neuen Roman vor; die deutsche Übersetzung wird Kiepenheuer & Witsch am 4. Dezember ins Weihnachtsgeschäft schicken.

Meldungen: Suhrkamp widmet dem 2002 verstorbenen Verleger Siegfried Unseld - dieses Jahr hätte er seinen 80. Geburtstag gefeiert - gemeinsam mit der Frankfurter Bürgerstiftung eine Ausstellung. Die Verlagsgruppe Langen Müller Herbig, die Brigitte Fleissner-Mikorey seit September leitet, hat vor, in Österreich zu expandieren, dazu übernimmt Dr. Brigitte Sinhuber mit sofortiger Wirkung die Führung der einstigen Keimzelle des Unternehmens, des Wiener Amalthea Signum Verlags. Der soeben erschienene Roman der 1999 verstorbenen Schriftstellerin Marion Zimmer Bradley entert die Spiegel-Bestsellerliste - des Rätsels Lösung: Diana L. Paxson schrieb "Die Ahnen von Avalon" nach Aufzeichnungen ihrer toten Freundin und Kollegin.

Börsenblatt

Zur Eröffnung der Frankfurter Buchmesse klopfte sich der im kommenden Jahr aus dem Amt scheidende Messedirektor Neumann noch einmal selbst auf die Schulter. Die Messe habe ihre Position als weltweite Leitveranstaltung der Buchbranche weiter ausgebaut. Das bestätigten die im Vergleich zum Vorjahr um ein Prozent gestiegenen Ausstellerzahlen. Bis Ende September hatten sich rund 6.700 Teilnehmer aus 111 Ländern mit einem eigenen Stand registrieren lassen, aus Deutschland kamen 2.750 Firmen.

Nach der Messe ist vor der Messe und so wird in Frankfurt vermutlich in den nächsten Wochen schon an neuen Konzepten gebastelt. In 2005 werden die Internationalen Filmfestspiele Berlin, kurz: die Berlinale, Partner der Frankfurter Buchmesse. "Nachdem der neue Bereich Film & TV schon auf der diesjährigen Messe mehr Raum bekommen hat, soll mit der Kooperation eine zusätzliche Plattform für den Rechtehandel mit Filmstoffen geschaffen werden", erläutert das Börsenblatt.

Verleger Jochen Jung schreibt eine Kolumne zum gestrichenen Buchmesse-Montag und zum "Arbeitseifer" der Aussteller.

Ein Umdenken im Lizenzgeschäft bei Hörbüchern fordert Beltz & Gelberg-Verleger Ulrich Störiko-Blume. Mehr.

Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust erklärt das ideelle und finanzielle Spiegel-Engagement für den Deutschen Buchpreis (siehe auch Archiv): "Ein jährlich vergebener Preis für den besten deutschen Roman kann zur Stärkung der Lesekultur in Deutschland beitragen." Das sei nicht nur ein Anliegen von Schriftstellern, sondern auch von Journalisten. Eine zentrale Auszeichnung für den besten Roman des Jahres habe im übrigen bisher gefehlt. Aust wünscht sich, dass sich aus den Empfehlungen für den Preis eine Art zukünftiger Literaturkanon entwickelt.

Allen Enttäuschungen der vergangenen Monate und Jahre zum Trotz gibt es sie noch, die Optimisten unter den Buchhändlern. "21,2 Prozent der Sortimenter, die sich an der Konjunkturumfrage des Börsenvereins beteiligt haben, hoffen, dass sich ihr Umsatz im laufenden Halbjahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verbessert", berichtet das Börsenblatt. 18,1 Prozent von ihnen erwarteten eine gute, 3,1 Prozent eine sehr gute Umsatzentwicklung.

Die Konzentration am Buchmarkt schreitet rasant fort. Während die "Top 10" der Buchhandlungen 1989 noch sieben Prozent des Gesamtumsatzes erwirtschafteten, gingen Ende 2003 bereits gute 24 Prozent auf ihr Konto. Zu diesem Ergebnis kommt der Konzentrations-Indikator des Langendorf Dienstes, den das Börsenblatt zitiert. Wie die Entwicklung weiter geht, hier.

Der Rechtschreibreform wird von den Schulen eine hohe Akzeptanz bescheinigt, wie Schulbuchverleger, Eltern-, Leher- und Schülervertreter bei einem Pressegespräch der Kultusministerkonferenz unterstrichen. Eine Rückkehr zur alten Schreibung komme nicht in Frage, bekräftigte der Vorsitzende der VdS Bildungsmedien, Gerd-Dietrich Schmidt. Mehr als 14 Millionen Schüler haben seit 1998 die neue Schreibung erlernt.

Meldungen: Die Hamburger Verlagsgruppe Oetinger baut die eigene Marke aus: Auf das Label Oetinger Interaktiv folgt im Februar 2005 Oetinger Audio - das erste Programm ist eine Mischung aus Hörbuchklassikern und neuen Eigenproduktionen.
Archiv: Börsenblatt