Heute in den Feuilletons

Heute in den Feuilletons

Die kommentierte Kulturpresseschau. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.
11.11.2004. Für viel Gelächter, aber auch besorgte Interpretationen sorgt eine Berliner Provinzposse, in der der Kultursenator Thomas Flierl sowie der Feuilletonchef des Tagesspiegels Peter von Becker tragende Rollen spielen. In der FR gratuliert Peter Rühmkorf dem Kollegen Hans Magnus Enzensberger zum 75. Die FAZ erstarrt beeindruckt vor Ulrich Matthes' "Gespenstergesicht" in Volker Schlöndorffs "Neuntem Tag". Auch der Mord an Theo van Gogh sorgt weiter für Reaktionen und Kommentare.

Zeit, 11.11.2004

Im Aufmacher widmet sich Thomas E. Schmidt dem "Berliner Kulturkampf", den Kultursenator Thomas Flierl durch eine "geschickt das Ost-West-Raster benutzende Intrige" noch einmal angeheizt hat, indem er den Feuilletonchef des Tagesspiegels dazu benutzte, den Opernchef in spe, Bernd Fülle, zu meucheln. "Thomas Flierl hat etwas Sphinxhaftes. Was ihn in Sachen Opernstiftung ritt, weiß niemand, am wenigsten seine Staatssekretärin, die mit Fülle verhandelte. Nimmt man das Ost-West-Raster, muss alles wie eine Arbeit nach Plan aussehen. Die Ostintellektuellen werden von ihm wie die Prachtochsen durch die Manege geführt, ein großer Coup der PDS-Kulturpolitik, die symbolische Wiedereroberung Berlins durch die Postkommunisten. Das stimmt natürlich nicht."

Der Bochumer Dramaturg Thomas Oberender feiert seinen lettischen Kollegen, den Regisseur Alvis Hermanis, der mit seinem Jaunais Rigas Teatris demnächst in Berlin gastiert. "Irgendetwas überlebt in diesem Mann und seiner Stadt, das man sich in unseren Westen zurückwünscht, freilich wie ein Kind, das an sein verlorenes Spielzeug denkt. Das Janaus Rigas Teatris bleibt Hermanis' Höhle unter der Zeit, inmitten des Materials ein Hort der Sammlung und Konzentration, in dem alle Vektoren nach innen zeigen, um in die Welt zu gehen."

Weitere Artikel: In der Randglosse demontiert Thomas Assheuer die gewerkschaftlichen, unternehmerischen und trend-philosophischen Mythen von VW. Der Autor Norman Ohler, im September als Stadtschreiber in Ramallah, liefert einen kurzen Bericht von seinem Besuch bei Arafat: "Er sah aus wie niemand sonst auf der Welt und geradezu unpalästinensisch." Jens Jessen erinnert daran, wie sich in den Siebzigern die deutschen Weltrevolutionäre das Palästinensertuch umwickelten und das "Pathos des Kampfes" durch das "Pathos der Weinerlichkeit" ersetzten. Mirko Weber feiert Christian Thielemann, der dem Leben in München angeblich wieder Sinn gegeben hat. Aus Bukarest berichtet Petra Kipphoff, dass ausgerechnet in Ceausescus monströsem Palast des Volkes ein Museum für zeitgenössische Kunst eröffnet wurde (siehe auch unsere Post aus der Walachei vom 5. November). Auf dem Kunstmarkt hat Claudia Herstatt neue exklusive Verkaufsformen kennen gelernt.

Nach dem Wahlsieg von George W. Bush wendet sich der Schriftsteller Richard Ford entsetzt von seinem Land ab, das nun doch nicht "das gute, menschliche, alle einschließende, moralische Land ist", für das er es immer gehalten hat. Der Theoretiker Mike Davis meint dagegen, dass die Wahl kein Kampf um Werte, sondern um Interessen gewesen sei, und wirft den postindustriellen Demokraten vor, ihre arbeitende Basis im Stich gelassen zu haben. Jörg Lau sichtet Exzerpte von "siegestrunkenen Neokonservativen und schockgefrorenen Liberalen", fündig geworden ist er vor allem bei William Kristol im Weekly Standard, und bei Jane Smiley in Slate.

Besprochen werden eine Ausstellung im Frankfurter Architekturmuseum, die Hanno Rauterberg wieder mit der Postmoderne versöhnte, Christoph Hochhäuslers "wunderbarer" Film "Milchwald", Ken Loachs Romanze "Just a Kiss" (die Evelyn Finger das "kathartische Donnerwetter" beschert hat, auf das sie "seit Hamlet, Romeo und Luise Millerin" gewartet hat) sowie vier neue Produktionen aus der Filmwerkstatt Ostwind.

Die sechzigseitige Literaturbeilage eröffnet mit einem Porträt der Schriftstellerin A.L. Kennedy, die Bernadette Conrad als "Königin des Bösen" verehrt.

NZZ, 11.11.2004

Aufgeregt meldet Maseeh Rahman, dass Archäologen bei Grabungen im afghanischen Bamian-Tal möglicherweise auf die Skulptur des schlafenden Buddhas gestoßen sind: "'Professor Tarzi ist auf eine Struktur gestoßen, die bis anhin noch nicht schlüssig identifiziert werden konnte', berichtet Masanori Nagaoka, der Vertreter der Unesco in Kabul. "Es könnte sich aber um die Fußspitze der Skulptur handeln, möglicherweise auch um den Sockel, auf dem die Figur ruhte.'"

Eine tolle Ausstellung hat Hanspeter Künzler in London gesehen, "Black British Style" im Victoria and Albert Museum: "Unter den Ausstellungsobjekten finden sich beispielsweise noch: fünfzig Paar Trainer aus der tausend Paar umfassenden Sammlung des Drum'n'Bass-Stars Goldie; das rote Ledergewand der Rapperin Ms Dynamite; und der Anzug, mit dem Jerry Dammers die jungen Jamaicaner zitierte, welche in den frühen sechziger Jahren den Ska aus ihrer Heimat nach England mitgebracht hatten - zwanzig Jahre später plädierte Dammers in der gemischtrassigen Ska-Band The Specials für ein antirassistisches Britannien. Mehrere schrille Exempel von Batty Riders, den kurvig geschnittenen Hot-Pants aus den Ragga- Dancehalls, sind zu bewundern, überdies auch spektakulär buschige Damenhüte, welche Einwanderinnen beim Kirchenbesuch trugen."

Besprochen werden eine großartige CD-Box mit Aufnahmen des Jazzsaxophonisten Albert Ayler (inklusive "explosiver Free-Jazz-Soli und Kinderlieder-Melodien, ergänzt durch Anklänge an Spirituals, schottische Volkslieder und rudimentäre Marschmusik"), eine Ausstellung zu Rosso Fiorentino im Louvre, und Bücher, darunter Kalidasas "Sakuntala" in neuer Übersetzung ein Band zu neuer Baukunst im Tessin (mehr in unserer Bücherschau ab 14 Uhr).

Berliner Zeitung, 11.11.2004

In der Berliner Zeitung setzt sich Harald Jähner mit der neuesten Intrige des Berliner Kultursenators Thomas Flierl auseinander. Flierl hatte Peter von Becker, den Feuilletonchef des Berliner Tagesspiegels darum gebeten, sich den Kandidaten für die Generaldirektion der Opernstiftung, Bernd Fülle, genauer anzusehen. Becker tat dies - unter dem Vorwand, ein journalistisches Hintergrundgespräch mit Fülle führen zu wollen - und verfasste anschließend für Flierl eine negative Beurteilung Fülles. Lieblingskandidat Fliers für den Posten ist der frühere IM und heutige Basler Intendant Michael Schindhelm. Der Spiegel hatte den Skandal aufgedeckt und von Stasimethoden gesprochen. Für Harald Jähner trifft der Vorwurf nicht: "In Wahrheit ist Senator Flierl mit diesem Vorgang doch ziemlich tief im Westen angekommen. Dass ein Politiker Journalisten einzubetten versucht, in dem er ihnen mit gesteigertem Einfluss ihres Urteils schmeichelt und sie mit exklusiven Informationen belohnt, ist Teil der täglichen Risiken des freiheitlichen Systems, die gerade dem Spiegel bestens vertraut sind. Dass ein Journalist die ethischen Grenzen zwischen Recherche, Politikberatung und Machtmissbrauch überschreiten kann, gehört zu den Grundgefährdungen der Demokratie und nicht zu den Überwachungsstrukturen der Staatssicherheit."

Welt, 11.11.2004

Droht jetzt die "Bürgerkopfversicherungspauschalprämiensteuer"? Mit wachsendem Befremden beobachtet der Historiker Paul Nolte, wie die Union an einem Gesundheitskompromiss laboriert: "Das Erfinden von Begriffen wird dabei nicht ausreichen - jüngste Vorschläge wie die "Kassenprämie" oder nun "Äquivalenzprämie" bestätigen den Spott des politischen Gegners, wonach ein Hering mit langen Ohren aufgetischt werden soll, wenn sich die Familie nicht auf Fisch oder Kaninchen zum Mittag einigen kann. Oder wird das Heil im arithmetischen Mittel liegen: Wir 180 Euro, ihr 110 Euro, dann machen wir es bei 145? "
Stichwörter: Nolte, Paul

FAZ, 11.11.2004

Recht beeindruckt ist Andreas Kilb vom "Gespenstergesicht" des Ulrich Matthes, der von Volker Schlöndorff in der "Neunte Tag" als von den Nazis malträtierter Priester in Szene gesetzt wird: "Die hohlen Augen, die eingefallenen Wangen, die ausgetrockneten, von Schwären bedeckten Lippen - man hat das alles schon auf Fotos gesehen, in Dokumentationen und Katalogen, aber es ist dennoch etwas anderes, es hier aus nächster Nähe vorgeführt zu bekommen, leinwandfüllend, ohne den Schutz von Betroffenheitsformeln und nachholender Reflexion."

Dirk Schümer kommentiert im Aufmacher den Mord an Theo van Gogh als Kollaps des Multikulturalismus in Europa: "Die Gewalttaten in Holland müssen den politischen Eliten in ganz Europa klarmachen, dass gerade die niederländische Laxheit gegenüber offensichtlichen Gesetzesverstößen, die Gewohnheit rechtsfreier Räume inmitten des friedlichen Multikulturalismus, die Fundamentalisten besonders stark machten. Darum lodern nun Moscheen in Europas duldsamstem Land."

Weitere Artikel: Eberhard Rathgeb greift der Aktualität voraus, die nun auch pünktlich eingetroffen ist (Arafat ist angeblich endgültig tot), um eine kleine Geschichte des Palästinensertuchs zu erzählen. Michael Borgolte schreibt zum Tod des Mittelalterhistorikers Josef Fleckenstein. Gemeldet wird, dass das New Yorker Metropolitan Museum für 45 Millionen Dollar ein 20 mal 28 Zentimeter großes Madonnen-Bild des mittelalterlichen Malers Duccio di Buoninsegna (Bild und Artikel der New York Times) erwarb. Christian Schwägerl glossiert den Umstand, dass die Bundesregierung das nächste Jahr als "Einstein-Jahr" ausgerufen hat. Thomas Meißner resümiert das siebte deutsch-israelisch-arabische Autorentreffen in Landau. Heinrich Wefing kommentiert die Berliner Lokalposse um den Berliner Kultursenator Thomas Flierl, der den Tagesspiegel-Feuilletonchef Peter von Becker vorschickte, um den Opernstiftungs-Kandidaten Bernd Fülle für schlecht zu befinden. Jürgen Kaube resümiert eine hochschulpolitische Diskussion in der Berliner Akademie der Wissenschaften.

Auf der Kinoseite beobachtet Michel Althen mit Erstaunen, dass in jüngeren Hollywoodfilmen (etwa in dem Film, den die Deutschen "Der Manchurian Kandidat" nannten) das Vergessen grassiert. Hans-Jörg Rother führte sich beim Cottbusser Festival neue osteuropäische Filme zu Gemüte. Peter Körte empfiehlt das Buch "Never Coming to a Theatre Near You" des amerikanischen Filmkritikers Kenneth Turan. Und Eva.-Maria Magel meldet, dass jetzt 180 europäische Programmkinos im Rahmen des Media-Programms der EU mit den Möglichkeiten des Digitalempfangs ausgestattet werden.

Auf der Medienseite berichtet Jürg Altwegg über die Krise der großen Pariser Tageszeitungen, die nicht ohne Häme übereinander berichten. Auf der letzten Seite erkundet Thomas Speckmann die wahren Gründe des Untergangs der DDR. Tilman Spreckelsen assoziiert munter über Patientenverfügungen, Hirntode, Edgar Allen Poe und die Angst des 19. Jahrhunderts vor dem Scheintod. Und Henrike Rossbach erinnert an den Heiligen Martin, dem die in diesen Tagen verspeisten Martinsgänse geweiht sind.

Besprochen werden Wedekinds "Lulu" im Münchner Volkstheater und ein Abend zum Gedenken an Charles Ives im Karlsruher Kunst- und Medienzentrum.

TAZ, 11.11.2004

Cristina Nord unterhält sich mit Volker Schlöndorff über seinen neuen Film "Der neunte Tag", der die Geschichte eines von den Nazis verfolgten Priesters erzählt. Gegenüber dem Wahrheitsanspruch des Bunker-Gruselfilms "Der Untergang" äußert sich der Regisseur recht skeptisch: "Die historische Wirklichkeit - die gibt es ja gar nicht, die ist ja sowieso eine Fiktion. Selbst wenn damals zufällig eine Kamera mitgelaufen wäre, würde diese Kamera Filmbilder zeigen, nicht die Wirklichkeit. Wir kennen ja Bilder aus den KZs, die von den Nazis beziehungsweise von den Alliierten bei der Befreiung gedreht worden sind, und wir wissen, dass jedes einzelne dieser Bilder mit Vorsicht zu genießen ist. Ist das ein Filmbild? Ist das die Wirklichkeit? Ich habe so viel Literatur verfilmt und mich so oft mit Schriftstellern auseinander gesetzt, dass ich eines begriffen habe: Das Entscheidende ist die Erzählperspektive. Wer erzählt, und was hat er gesehen? Alles hat nur der liebe Gott gesehen. Und der hat keine Kamera."

Auf der Meinungsseite fürchtet der Politologe Claus Leggewie den Fundamentalismus vor allem bei den Protestanten in Amerika: "Der fundamentalistische Protestantismus ist in den Sog einer extremistischen Häresie geraten, deren Neigung zu Manipulation und Politisierung nicht nur Agnostikern Sorge bereitet, sondern auch Gläubige aller Konfessionen beunruhigen muss. Ähnlich wie im islamischen Fundamentalismus wird Religion für weltlich-reaktionäre Zielsetzungen missbraucht. Europa muss sich also nicht 'antireligiös' betätigen. Es muss gerade im Namen seiner religiös-politischen Tradition den Kampf gegen die autoritären Dunkelmänner aufnehmen."

Weitere Artikel: Der Regisseur und Filmjournalist Christian Hochhäusler sieht das Medium Film eingekeilt zwischen Hollywood, Fernsehen und Festival-Ghetto und träumt von offeneren Landschaften. Anna Kistner ist in der tazzwei der Frage nachgegangen, ob die Poetry-Slam noch eine literarische Stilform oder schon Sport ist. Dana Linssen beschäftigt sich noch einmal mit dem filmischen Werk Theo van Goghs, das sie angesichts der Umstände seines Todes nicht in angemessener Weise zur Kenntnis genommen sieht. Christian Berndt empfindet Wolfgang Wagners Entscheidung für Tankred Dorst als angenehme Überraschung.

Besprochen werden: Jonathan Demmes Remake von John Frankenheimers "The Manchurian Candidate", Joseph Rubens Thriller "Die Vergessenen" und Volker Schlöndorffs neuer Film "Der neunte Tag" .

Schließlich Tom.

FR, 11.11.2004

"Nach dem großen antiautoritären Turmoil der späten Sechziger/frühen Siebziger hatten wir uns auf unterschiedliche Weise neu zu fassen und vom sinnlos verwirbelten Ideenstaub abzuheben versucht", schreibt Peter Rühmkorf in einem Geburtstagsbrief für Hans Magnus Enzensberger, der heute fünfundsiebzig Jahre alt wird. "Du Dich in Deiner lyrischen Montgolfiere mit ihrem windbewegten Wimpelschmuck und ich mich in der etwas randläufigen Ackerfurche meines Tagebuches, was natürlich gewisse abweichende Sehweisen zur Folge hatte. Rückblickend würde ich schon sagen, dass sich eine literarhistorisch nicht undelikate Konfiguration noch einmal wiederholte."

Weitere Artikel: Ulrike Brunotte berichtet mit wohligem Schauer von einem Besuch in der vergessenen Langemarckhalle des Berliner Olympiastadions und informiert über den Langemarck-Kult der Nationalsozialisten. Peter Michalzik vermutet hinter Wolfgang Wagners Entscheidung für Tankred Dorst als neuen Ring-Regisseur ein Methusalem-Komplott. Jamal Tuschick war auf einer Silvio-Blatter-Lesung, Silke Hohmann informiert über den Nachwuchsfotografie-Wettbewerb des Kunstvereins Wiesbaden "Gute Aussichten". Birgit Roschy war bei den deutsch-türkischen Filmtagen in Frankfurt. Hans-Jürgen Lehnart beobachtet im Rahmen des 7. Jazzfestes der Frankfurter Musikhochschule verschiedene Stammesrituale.

Besprochen werden eine Gedenkkonzert des Frankfurter Kirchenmusikvereins zum 10. Todestags des Komponisten Kurt Hessenberg, eine Patrick-Roth-Lesung in der Frankfurter Romanfabrik, ein Konzert des Antares-Ensembles in Franfurt, und Bücher, darunter Urs Bitterlis Golo Mann-Biografie "Golo Mann. Instanz und Außenseiter" (mehr in unserer Bücherschau heute ab 14 Uhr).

SZ, 11.11.2004

Die Islamwissenschaftlerin Katajun Amirpur nimmt den Mord an Theo van Gogh zum Anlass, um die Moslems zur Modernisierung ihres Glaubens aufzurufen: "Wenn manche islamische Bestimmungen nicht mit den Menschenrechten zu vereinbaren sind, dann muss man sich von ihnen trennen. Hier einem Kulturrelativismus das Wort zu reden und auch noch Verständnis zu haben für Menschenrechtsverstöße - das ist schlicht falsch und keineswegs tolerant."

Auf der Seite 3 widmet Ijoma Mangold dem "scharfzüngigen Essayisten, schneidenden Polemiker und so wohl artikulierten Lyriker" Hans Magnus Enzensberger zum Geburtstag ein großes Porträt: "Dass die Wandlungsfähigkeit sein Erfolgsgeheimnis ist, wurde schon früh gesehen. Peter Rühmkorf, der andere große Lyriker der Bundesrepublik und 1929er-Jahrgangsgefährte, sagte einmal von sich: 'Ich habe viele Schlachten verloren, aber nie meine Identität.' Bei Hans Magnus Enzensberger verhält es sich eher umgekehrt."

Weitere Artikel: Lothar Müller kommentiert den Streit über die Frage, ob dem Bund die gesetzgeberische Kompetenz zusteht, die Erhebung von Studiengebühren bundesweit zu untersagen. Stefan Koldehoff berichtet, dass das Metropolitan Museum in New York die "Madonna mit Kind" von Duccio di Buoninsegna für die Rekordsumme von 45 Millionen Dollar erworben hat. Ralf Dombrowski resümiert das 40. Berliner JazzFest. In der Reihe "Bewegungsmelder" porträtiert Stephan Schalk den Literaturwissenschaftler Helmut Lethen. Fritz Göttler annonciert die Reihe "New Asian Cinema" im Münchner Werkstattkino.

Besprochen werden Volker Schlöndorffs Film "Der neunte Tag", Jonathan Demmes Film "The Manchurian Candidate" (dazu gibt's ein Interview mit dem Regisseur), die Luc-Tuysmans-Retrospektive im Düsseldorfer K21, ein Beethoven-Abend mit dem Pianisten Andras Schiff, eine "Lulu" in der Inszenierung von Christian Stückl am Münchner Volkstheater und Bücher, darunter Michka Assayas Roman "Zu wahr um schön zu sein" (mehr in unserer Bücherschau heute ab 14 Uhr).