Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
29.08.2005. Diese Woche lesen Sie: Warum sich der Börsenverein über die Deutsche Vermögensberatung aufregt. Was den Verlagen eine bessere Verhandlungsposition gegenüber Google Print sichern soll. Wie die Fnac ihr Konzept zum Exportschlager machen will. Von Sandra Evertz

Börsenblatt

Furchtbar aufgeregt hat sich das Börsenblatt über die Deutsche Vermögensberatung: Sie habe ein in Buchform erschienenes Gespräch mit ihrem Chef, Reinfried Pohl, auf unlauterem Wege in die Bestsellerliste von Media Control gehievt, so der Vorwurf. Absatz fördernd hätte sich eine Gutschein-Aktion zum 30-jährigen Firmenjubiläum ausgewirkt (die Verteilung von 32.000 Gutscheinen über je fünf Bücher), glaubt das Branchenmagazin. Nachdem das Computerwarnsystem von Media Control ein auffälliges Kaufverhalten bei besagtem Titel ("Ich habe Finanzgeschichte geschrieben", Hoffmann & Campe) angezeigt hätte, seien dann die "Verkäufe", bei denen eine Gutschein-Einlösung zu vermuten gewesen sei (fünf Exemplare auf einmal), abgezogen worden. (Und trotzdem: Der Titel hält sich seit Ende Mai in den Verkaufs-Charts. Auch bei den "Wirtschaftsbestsellern" des Buchreports ist er diese Woche wiederholt auf Platz 1).

Musik-CDs und kleine Geschenkartikel haben den Büchern beim Weltjugendtag den Rang abgelaufen. Im 1.000 Quadratmeter großen, von drei Buchhandlungen betriebenen Bücherzelt, welches während der Großveranstaltung auf dem Kölner Neumarkt aufgebaut war, wurden vor allem Bibeln in allen Sprachen, Gebete und spirituelle Literatur verkauft, erfuhr das Börsenblatt. Die Nachfrage nach Büchern sei aber unterm Strich eher verhalten ausgefallen. Ob's daran lag, dass das Bücherzelt nicht mehr von der Papst-Empfehlung am Weltjugendtags-Sonntag profitieren konnte? Benedikt XVI. hatte den Gläubigen in seiner Predigt das gerade neu erschienene Kompendium "Katechismus der Katholischen Kirche" (Pattloch) ans Herz gelegt.

Die vom Börsenverein als Antwort auf Google Print und Amazons "SItB" (siehe Archiv) entwickelte Branchenplattform für digitale Inhalte nimmt Gestalt an. "Statt die Digitalisierung ihrer Bestände außer Haus zu geben, würden Verlage, die sich an der Branchenlösung beteiligen, die Daten auf ihrem eigenen Server (oder bei einem Dienstleister) vorrätig halten", erklärt das Börsenblatt das Prinzip. "Eine zentrale Schnittstelle soll Standards für den Datenaustausch entwickeln und entsprechende Rahmenverträge mit anderen Interessenten aushandeln." Damit erreichten Verlage eine bessere Verhandlungsbasis gegenüber Google & Co., mehr Transparenz sowie die Hoheit über das digitale Terrain.

Amazon verlegt Bücher: Vor zehn Tagen hat der amerikanische Onlinehändler sein Angebot um "Amazon Shorts" erweitert. Die Leser können für 49 Cent die Kurzgeschichte eines bekannten Autors aus dem Netz herunterladen. Rund 60 Autoren sind bereits im Pool, darunter Danielle Steel und Gloria Vanderbilt.

Der US-amerikanische Buchmarkt ist auf dem Weg aus der Krise. Schlecht sieht es weiterhin für das "Mass Market Paperback" (Taschenbücher in gewöhnlicher Ausstattung) aus. Hardcover und Paperbacks konnten laut Fachblatt Publishers Weekly Umsatzzuwächse verbuchen. Große Gewinner der ersten Jahreshälfte waren Kinderbücher und E-Books, die im Sog der allgemeinen Download-Welle offenbar wieder gefragter sind - in der Kategorie "elektronische Bücher" war ein fettes Umsatzplus von 36,1 Prozent zu verzeichnen.

Der neue Houellebecq ist in Deutschland früher als in Frankreich herausgekommen. Der deutsche Lektor von "Die Möglichkeit einer Insel" (DuMont) freut sich über den "enthusiastischen Grundtenor der Medienberichterstattung" hierzulande, beim Verlag wird bereits die zweite Auflage geplant. Die französische Originalausgabe, die kommenden Donnerstag erscheint, startet nicht mit Vorschusslorbeeren der Kritik (mehr hier).

Meldungen: Filialist Buchdepot ist nach Bücherknüller der nächste Discount, der Insolvenz anmelden musste; auch ihm werden Verflechtungen mit dem Pleite gegangenen MA-Riesen Zanolli nachgesagt. Auf die Gefährdung schriftlicher Kulturgüter durch Brände und Alterungsschäden will die "Aktion Lesezeichen" mit Veranstaltungen bundesweit am 2. September aufmerksam machen. Für die Behandlung der nach dem Brand in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek beschädigten 22.000 Bände wird weiter nach geeigneten Technologien gesucht, nach der Restaurierung sollen die Bücher digitalisiert werden. Die Liste der 20 Roman-Anwärter für den in diesem Jahr erstmalig ausgelobten Deutschen Buchpreis steht seit gestern fest. Buddenbrookhaus.de, das wissenschaftliche Angebot des Heinrich-und-Thomas-Mann-Zentrums, soll erweitert werden, so dass den Benutzern bibliografische Angaben zu rund 2.200 Dokumenten in einer Datenbank zur Verfügung stehen.
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

Nach der lokalen, regionalen und nationalen Filialisierung folgt jetzt die weltweite Expansion: Die französische Buchkette Fnac (mit über vier Milliarden Euro Umsatz an der Weltspitze) will ihr Konzept zum Exportschlager machen. In den derzeit 122 Fnac-Medienkaufhäusern in Europa, Brasilien und Taiwan haben Bücher zwar weiter ein symbolisches Gewicht, sie liegen aber mit 18 Prozent Umsatzanteil hinter CD-Roms (33 Prozent) und CDs (23 Prozent) nur auf dem dritten Platz, beschreibt der Buchreport die Geschäftssituation. Erschrecken mag neben der Abkehr vom Buch auch die radikale Reduzierung der Produktvielfalt in den letzten Jahren und der vom Konzern vorgeschriebene Anteil der Selbstbestimmung der Filialen. In Deutschland hatte Fnac sich 1991 niedergelassen, nach kurzer Zeit aber den Rückzug angetreten.

Die "Frankfurter Allgemeine Bücherei" ist gescheitert. Das Frankfurter Oberlandesgericht verpflichtete FAB-Herausgeber Hans Magnus Enzensberger dazu, zunächst seinen Herausgeber-Vertrag mit Eichborn zu erfüllen. Die Planer der bibliophilen FAZ-Reihe hätten das Urteil mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, berichtet der Buchreport. Denn: Erst nach einer juristischen Beratung seien die Vorschauen für weit über 10.000 Euro gedruckt worden. Das Magazin sorgt sich wegen des "nicht zu beziffernden Imageschadens" für die FAZ und Enzensberger.

Auf Achterbahnkurs sind die deutschsprachigen Taschenbuch-Verleger im September. "Auf der einen Seite steigt die Belletristik-Produktion auf 348 Titel (plus 9,34 Prozent), auf der anderen Seite fahren die Verlage ihre Sachbuch-Produktion auf 195 Titel (minus 27,24 Prozent) zurück", analysiert der Buchreport. Insgesamt sinke der Anteil der Novitäten gegenüber dem Vorjahresmonat um sieben Prozent. In der Kalkulation der Taschenbücher gebe es im kommenden Monat ein heftiges Auf und Ab: Sachbücher kosteten mehr als im Vorjahr (10,15 Euro durchschnittlich), belletristische Titel kosteten weniger (8,31 Euro). Billigbuchreihen sei Dank sind die Taschenbücher im September preiswerter (8,97 Euro durchschnittlich) als im Vorjahr.

Kunstbuchhandlungen wollen nicht mehr nur "Schaufenster für billige Onlinehändler" sein. Federführend beklagt der Kölner Walther König die Aktivität der Internetversender auf dem Terrain der fremdsprachigen (nicht preisgebundenen) Kunstbildbände. "In einem Brief an 50 europäische Verleger hat er um Solidarität mit dem Sortiment geworben", weiß der Buchreport. König wolle erreichen, dass die Verlage auf die großen Internethändler einwirkten, die empfohlenen Preise nicht zu weit zu unterbieten.

Meldungen: Sechs Wochen nach Erscheinen der Originalausgabe des sechsten Harry-Potter-Bands hat Übersetzer Klaus Fritz die Übertragung ins Deutsche abgeschlossen (macht 101 Seiten pro Woche). Autor Tom Wolf erhielt den Berliner Literaturpreis "Krimifuchs 2005". Der brasilianische Regisseur Walter Salles verfilmt gemeinsam mit Produzent Francis Ford Coppola Kerouacs "On the Road". Langweilig ist der Blick auf die Spiegel Bestsellerliste Hardcover Belletristik: die Plätze 1 bis 5 unverändert. Dafür etwas mehr Bewegung in den anderen Rubriken.