Angelika Klüssendorf

Alle leben so

Roman
Cover: Alle leben so
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2001
ISBN 9783100382016
Gebunden, 192 Seiten, 18,90 EUR

Klappentext

Alles beginnt damit, dass einer seine Schulden eintreiben will. Doch wer glaubt schon, man könne heute Schulden eintreiben, ohne an Liebe und Lust zu denken? Der Gerichtsvollzieher will nur sein Geld, aber er bekommt Gefühle. Er will vollstrecken, doch er setzt eine Geschichte in Gang. Wenn einer schon pfänden will, jagen sich die Schuldner, dann soll er doch alle Last von ihren Schultern nehmen. Der alternde Chef gesteht an seinem Geburtstag, dass er auf viel zu junge Mädchen steht. Und Elisabeth bekennt, dass sie sich ein blutjunges Gesicht machen lässt, um wenigstens das Opfer eines Betrugs zu werden. Ein junger Dichter verliebt sich erst in Vera von der Fleischtheke und dann in Sophie aus dem Fitnessstudio, die ihn für jemanden anderen hält. Ein Heiratsschwindler in einem roten Ford Mustang, der kräftig in die Liebe investiert, erlebt bei seinem letzten großen Coup eine böse Überraschung.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.02.2002

Angelika Klüssendorfs Roman erinnert Andrea Köhler stark an das Genre des Episodenfilms. Das Scheitern und Hoffen der Figuren scheint ihr durch "keine Ursache und keine Wirkung, oder jedenfalls keine Moral" gezeichnet zu sein. Dennoch empfindet die Rezensentin die betrüblich verwobenen Schattenrisse ostdeutscher Hinterhofschicksale nicht als hoffnungslos, sondern sieht hier "traurige Fabel" und "heiteres Buch" gleichermaßen. In den durchgehend ähnlich nuancierten Charakterdarstellungen Klüssendorfs erkennt die Rezensentin, dass dieser Roman nicht durch die einzelnen Erzählungen, sondern vielmehr durch den Gesamtzusammenhang zum Leser spricht.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 01.10.2001

In dem ersten Roman von Angelika Klüssendorf spiele sich das meiste im Verborgenen ab, so die Rezensentin Maidt-Zinke. Die Verbindungen der drei Hauptpersonen, denen sechs Erzählerstimmen zur Seite gestellt werden, seien dunkel und ließen den Leser in einer gespannten Unruhe, wodurch er versuche, das "schwer durchschaubare System" zu entwirren. Offen bleibt die Frage, ob es sich dabei um ein Bruchstück eines umfangreicheren Romans handle, oder ob es eine bewusst gewählte Strategie sei, "den spröden Reiz" dieser Prosa zu erhöhen. Kennzeichnend für dieses Buch seien auch die "Genickbrüche, im metaphorischen Sinn", die von misslungenen Selbstmordversuchen über gescheiterte Liebeswünsche bis hin zur Trunksucht reichten.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 04.09.2001

Ein Roman soll das sein? Werner Jung will den Text lieber als "Erzählreigen" bezeichnen, eine Folge von Einzelerzählungen, Episoden aus dem Leben einiger Menschen, die, wie Jung unmissverständlich schreibt, "die Arschkarte gezogen haben." Ein Gerichtsvollzieher, ein Heiratsschwindler, ein Schriftsteller tauchen auf aus der "Hefe des Alltags", um dann ganz darin zu verschwinden. Ob es wirklich allen so geht, wie der Titel unterstellt, will Jung nicht ganz glauben, aber die, denen es so ergeht, meint er, lügen sich selbst die Hucke voll: was die Verluste (an Heimat, Bindung, Orientierung) angeht, um die die Autorin "mit Bravour und in gleich bleibend unaufgeregter Manier" erzählend kreist, und das Begehren, das ihnen bleibt.