Ines Geipel

Umkämpfte Zone

Mein Bruder, der Osten und der Hass
Cover: Umkämpfte Zone
Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2019
ISBN 9783608963724
Gebunden, 377 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Seit 2015 haben sich die politischen Koordinaten unseres Landes stark verändert - insbesondere im Osten Deutschlands. Was hat die breite Zustimmung zu Pegida, AfD und rechtsextremem Gedankengut möglich gemacht? Ines Geipel folgt den politischen Mythenbildungen des neu gegründeten DDR-Staates, seinen Schweigegeboten, Lügen und seinem Angstsystem, das alles ideologisch Unpassende harsch attackierte. Seriöse Vergangenheitsbewältigung konnte unter diesen Umständen nicht stattfinden. Vielmehr wurde eine gezielte Vergessenspolitik wirksam, die sich auch in den Familien spiegelte - paradigmatisch sichtbar in der Familiengeschichte der Autorin. Gemeinsam mit ihrem Bruder, den sie in seinen letzten Lebenswochen begleitete, steigt Ines Geipel in die "Krypta der Familie" hinab.Verdrängtes und Verleugnetes in der Familie korrespondiert mit dem kollektiven Gedächtnisverlust. Die Spuren führen zu unserer nationalen Krise in Deutschland.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.07.2019

Unbedingt lesenswert findet Hannes Hintermeier Ines Geipels neues Buch. Dass die Trauerarbeit um den an einem Hirntumor gestorbenen Bruder der Autorin im Text mitunter zu stark in den Vordergrund tritt, kritisiert Hintermeier zwar, Geipels finstere Familiengeschichte, auf die die Autorin aber immer wieder zurückkommt, nüchtern und analytisch, so Hintermeier, nimmt den Rezensenten voll und ganz gefangen. Wie die persönliche Geschichte mit der Geschichte beider Deutschlands verbunden ist, scheint Hintermeier verblüffend und unheimlich, ob Geipel nun von ihren SS-Großvätern erzählt oder dem Vater, der für die Stasi spionierte und die Kinder misshandelte. Über Diktatur und Widerstand und falsche Rollenbilder hat die Autorin viel Aufschlussreiches zu sagen, versichert Hintermeier.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 06.04.2019

Rezensentin Anja Maier hat das autobiografische Buch der ehemaligen DDR-Leistungssportlerin Ines Geipel geschmerzt: Als ob sie eine schlecht verheilte Wunde wieder öffnen würde, um sie richtig zu behandeln, erzählt die Autorin hier laut Maier von ihrer Jugend als Kind eines Stasi-Agenten, der seine Methoden in der eigenen Familie anwandte, und verknüpft sie gekonnt mit anderen historischen Ereignissen dieser Zeit, fasst die Kritikerin zusammen. Die jetzige Professorin an der Berliner Ernst-Busch-Hochschule sei über ihr Talent, schonungslos von unterdrücktem Schmerz zu schreiben, hinaus, eine "Meisterin der Sprache", so Maier. Geipels Versuch, sich die Geschichte als Opfer im Erzählen anzueignen, hat die Rezensentin zutiefst beeindruckt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 01.03.2019

Alex Rühle nennt Ines Geipel eine Entschweigerin. Wie die Autorin in ihrem neuen Buch ihre eigene Familiengeschichte mit dem historischen Makrokosmos der DDR verbindet, scheint ihm gelungen und fern von Privatismus. Beeindruckend findet er Geipels Versuch, das Schweigen über SS- und Stasi-Vergangenheiten in der Familie mit dem Lügensystem DDR kurzzuschließen. Dass sie dabei das Verschweigen von Untersuchungen über Antisemitismus in der DDR offenlegt, die Gewaltentladungen innerhalb ihrer Familie jedoch nur andeutet, kann Rühle verstehen. Die Präsentation des eigenen Schicksals, erkennt er, steht hier nicht im Vordergrund. Kritisch sieht Rühle die allzu knappe Verhandlung psychoanalytischer Theorien im Buch und den ein oder anderen schiefen Vergleich. Inhaltlich aber scheint ihm der Band von großer, aktueller Relevanz.
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