Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
24.11.2003. In dieser Woche: Warum sich die Buchbranche über Harry Potter ärgert. Warum sie trotzdem an ihn glauben will. Wo Jürgen von der Lippe Kollegin Elke Heidenreich Konkurrenz macht. Und wie man auf einer Käsepackung die Buchpreisbindung bricht. Von Sandra Evertz

Börsenblatt

Aufgebracht waren die Sortimenter, weil der Potter-Verlag Carlsen beim fünften Band großzügig Nebenmärkte beliefert hatte. Der Startumsatz soll deshalb, so klagten sie, zum überwiegenden Teil am Sortiment vorbeigeflossen sein (siehe Archiv). Alles Quatsch, meint Carlsen-Geschäftsführer Klaus Kämpfe-Burghardt und meldet sich im Börsenblatt zu Wort: "Fakt ist: Ca. 72 Prozent der Erstauflage haben wir ins Sortiment, geliefert." Carlsen würde Super- und Medienmärkte nicht direkt beliefern, könne dies aber weder dem Sortiment, Barsortiment noch anderen Handelspartnern verbieten, stellte Kämpfe-Burghardt klar. Ach so, die Buchhändler haben also selbst ihre Konkurrenz beliefert...

Das Gesetz zur Buchpreisbindung wird in dieser Legislaturperiode wohl nicht mehr geändert. "Zwar haben sich die betroffenen Ministerien in Berlin offen für die Änderungsvorschläge des Börsenvereins gezeigt, befürwortet wurde jedoch, das Gesetz noch länger auf seine Praxistauglichkeit hin zu beobachten - auch in schwierigen Situationen", berichtet das Börsenblatt. Der Branchenverband regt unter anderem an, eine Räumungsverkaufsklausel aufzunehmen.

"Musik zum Buch" scheint der neue Trend. Diesen Herbst gehen die musikalischen Begleit-CDs in Serie. "Das verstärkte Interesse der Tonträgerproduzenten an der Buchbranche dürfte nicht zuletzt auf den Umsatzeinbruch in der Musikindustrie zurückzuführen sein", vermutet das Börsenblatt. Für die Verlage erschließen sich durch die CD-Buch-Kombi neue Vertriebswege: Bücher landen in den Medienmärkten, CDs bei den Sortimentern. Kleinere Buchhandlungen reagierten skeptisch, weiß das Börsenblatt. Da CDs keiner Preisbindung unterliegen, wird befürchtet, im Wettbewerb mit den großen Tonträger- und Elektronikfachmärkten, den Kürzeren zu ziehen.

Die "Hörbücher des Jahres" sind gewählt und die Deutsche Grammophon kann sich gleich doppelt freuen: Mit Klaus Kinskis Rezitationen (mehr) und Paul Maars "Lippels Traum" lag das Label sowohl in der Erwachsenen- als auch in der Kinder- und Jugendhörbuchsparte vorn. Seit sieben Jahren prämiert der Hessische Rundfunk Hörbücher (mehr). Die öffentliche Preisverleihung findet am 25. Januar 2004 im Staatstheater Wiesbaden statt.

Personalien: Thedel v. Wallmoden löst im Januar 2004 Dieter Beuermann als neuen Vorsitzenden der Stiftung Buchkunst ab. Der "Welt"-Literaturpreis ging an den in Berlin lebenden Amerikaner Jeffrey Eugenides für seinen Familienroman "Middlesex".

Meldungen: Neues Büchermagazin im WDR: Am 21. Dezember geht Jürgen von der Lippe mit "Was liest du?" auf Sendung. Bücher kosteten nach einer Studie des Statistischen Bundesamtes im Oktober 1,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Bundespräsident Johannes Rau machte den ersten Spatenstich für das Literaturmuseum der Moderne in Marbach: Es soll Ausstellungsfläche für 1.100 Schriftsteller- und Gelehrtennachlässe aus dem Bestand des Deutschen Literaturarchivs bieten.

Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

Das Sortiment glaubt an das Weihnachtsgeschäft und rechnet laut Buchreport mit "deutlich besseren Umsätzen als im Vorjahr". Die Gründe sind unter anderem: früher Startschuss mit Harry Potter V Anfang November, ein Verkaufstag mehr ab dem ersten Adventssamstag, viele Geschäfte mit durchgehenden Öffnungszeiten bis 20 Uhr. Den Vorschlag der Grünen und der FDP, auch an den Sonntagen vor Weihnachten zu öffnen, lehnen die vom Buchreport befragten Buchhändler fast einheitlich ab. "Das bringt bestenfalls eine Umsatzverschiebung, überfordert aber personell unsere Möglichkeiten", erklärte Sortimenter Peter Klingel stellvertretend für seine Kollegen. Mehr.

Im Streit um Autoren- und Übersetzerhonorare (Archiv) hat der Schriftstellerverband VS (in der Gewerkschaft ver.di) gerichtlich die Eröffnung eines Schlichtungsverfahrens beantragt. Gleichzeitig habe der VS die Verlage Rowohlt, Random House und Campus zu separaten Verhandlungen aufgefordert, schreibt der Buchreport. "Im Rahmen des Gerichtsverfahrens will ver.di aber auch die Frage wieder aufs Tapet bringen, ob nicht doch der Börsenverein über die gemeinsamen Vergütungsrichtlinien (...) verhandeln muss." Der Verband habe dies bisher mit Hinweis auf seine Satzung abgelehnt.

Für das Schulbuchgeschäft 2004 werden neue Regeln gelten als in diesem Jahr. Das steht für den Buchreport fest. Trotz Preisbindungsgesetz sei die Nachlasspraxis weiter in Bewegung. In Schleswig-Holstein habe der Börsenverein einen Musterprozess verloren, in dem er klären wollte, dass bei Sammelbestellungen ein Rabatt von zwölf Prozent und Nachlassstaffelung einander ausschlössen. Das Europäische Parlamant fordere derweil die Abschaffung der Ausschreibungspflicht für große Schulbuchaufträge - sie mache wegen der Preisbindung keinen Sinn. Mehr.

Buch.de (Thalia-Gruppe) verärgert den Börsenverein. Auf Käse- und Frischkäseverpackungen, zumeist mit einem Preis von unter zwei Euro, werben die Online-Buchhändler mit 3-Euro-Gutscheinen für ihr Angebot bol.de. Für den Börsenverein besteht der Verdacht auf Verstoß gegen die Preisbindung. "Gutscheine scheinen tatsächlich ein großer Trend zu sein, wir müssen noch verstärkter aufpassen", erläuterte Preisbindungstreuhänder Dieter Wallenfells gegenüber dem Buchreport.

Langsam verbessern sich die objektiven Konjunkturdaten. Trotz der positiven Signale sieht David Wengenroth in seinem Kommentar "noch eine lange Durststrecke" für den Buchhandel voraus. Den Sortimentern dürfte sich auch im kommenden Jahr keine andere Perspektive eröffnen, als die, sich auf ihre eigene Kraft zu besinnen", glaubt Wengenroth. Der Buchhandel sei eine Sparte mit attraktiven Produkten und hoch qualifiziertem Personal. In der Krise könnten die Sortimenter lernen, dieses Potenzial konsequenter auszuschöpfen.

Personalien: Weltbild-Geschäftsführer Andreas Nick wechselt zum Jahresbeginn in die Geschäftsführung der Presse-Union.

Meldungen: Die durch Gewinneinbrüche und personelle Veränderungen gebeutelte schweizerische Valora Retail (bis Januar 2003 K-Group), zu der 124 deutsche Bahnhofsbuchhandlungen gehören, hat gegen den ehemaligen K-Group-Geschäftsführer Detlef Horndasch Anzeige wegen der Veruntreuung von rund zwei Millionen Euro erstattet - Horndasch sitzt derzeit in U-Haft. Suhrkamp präsentierte die ersten Bände der Thomas Bernhard -Werkausgabe, die in 2008 fertig sein soll. Die Einführung einer 13-stelligen ISBN (statt der bisher zehnstelligen) ist auf Anfang 2007 terminiert, im Januar 2004 werden die verantwortlichen Gremien die Grundlinien für deren Vergabe benennen. Zum Schluss: die Bestsellerlisten.