Heute in den Feuilletons

Heute in den Feuilletons

Die kommentierte Kulturpresseschau. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.
20.08.2004. Die FR besucht die Mutter aller Superclubs, wo sogar die Wände atmen. Die NZZ besucht das Haus in Mexiko, wo der legendäre Ziegenbart Leo Trotzki seine Hühner fütterte. Der Tagesspiegel hofft auf eine Entideologisierung des Palastes der Republik durch Kunst und Sport. Die SZ verteidigt Nicholson Bakers Roman "Checkpoint". Die FAZ fragt: Was soll aus dem Berliner Kulturforum werden?

FR, 20.08.2004

Steffen Irlinger besucht die "Mutter aller Superclubs", den Frankfurter Cocoon-Club, eine Monsterdisco, die sich der DJ Sven Väth für 10 Millionen Euro in Frankfurt baute und die durch ihre biomorphe Architektur auffällt: "All das Gewese um Eintrittspreise, Dresscode oder Fragen der Genetic Architecture hat seine Wirkung nicht verfehlt. Allein am Freitag letzter Woche hatten ein halbes Dutzend Journalisten den Weg in den Cocoon-Club gefunden - daran erkennbar, dass sie hinter einem zwei Meter großen Transvestiten namens Marlene herliefen, ehrfürchtig nickten und den ganzen biomorphen Wahnsinn zu begreifen suchten, indem sie etwas hilflos die atmenden Wände begrapschten - in der Art, in der man beim Gebrauchtwagenhändler gegen die Reifen tritt." Irlinger versteht den Club allerdings eher als Ausdruck der Krise des Techno, die Star-DJane Miss Kittin brachte das Publikum am Eröffnungsabend jedenfalls nicht in Ekstase.

In der FR-Debatte um die Vertreibung der Deutschen aus Polen unterstützt der Historiker Jan M. Piskorski die These von der Urheberschaft Stalins: "Erst als nach der Konferenz in Jalta im Februar 1945 klar wurde, dass die Russen auch nicht einen Schritt zurückweichen würden, unterstützten die Polen die Westverschiebung Polens und die damit verbundene Aussiedlung der deutschen Bevölkerung. Ihnen blieb kaum eine andere Wahl."

Weitere Artikel: Martina Meister berichtet über französisches Gedenken an die Befreiung vor sechzig Jahren und erzählt die Geschichte einer Frau, die kahl geschoren wurde, weil sie einen deutschen Offizier geliebt hatte. Daniel Kothenschulte schreibt zum Tod des Filmpioniers Alexander Hammid und des Filmemachers Florida Neil ("Blair Witch Project") - der eine wurde 96, der andere nur 35. Tim Gorbauch schreibt zum Tod des Filmkomponisten Elmer Bernstein. In Times mager meditiert Harry Nutt über die Interviewäußerungen unserer erfolglosen Sportler in Athen.

Besprochen wird die Ausstellung "Zeit der Morgenröte" über Japan vor den Samurai in den Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen.

TAZ, 20.08.2004

Michael Tschernek unterhält sich ausführlich mit dem Komponisten Ennio Morricone, der auch über seine Musik zu Sergio-Leones Dollar-Trilogie spricht: "Ich hätte diese Musik auch für einen chinesischen Film verwenden können. Ich habe bei der Komposition nicht an amerikanische Folklore gedacht. Ich habe eine Musik geschrieben, von der ich dachte, dass sie zu diesem Film passt. Ich habe auch Instrumente verwendet, die nichts mit amerikanischer Folkloremusik zu tun haben. Im zweiten Film von Sergio Leone kommt beispielsweise eine Maultrommel vor. Das ist kein amerikanisches Instrument, sondern ein sizilianisches."

Weitere Artikel: Brigitte Werneburg besucht die Rubens-Ausstellung "Barocke Leidenschaft" und die Ausstellung "Aufruhr der Gefühle" im Museum für Fotografie - beide in Braunschweig. Und Tobias Rapp bespricht neue HipHop-CDs. Für tazzwei schickt Uke Bosse einen Bericht von der Leipziger Computerspielmesse "Games-Convention".

Schließlich Tom.