Post aus Bangkok

Memoiren eines kupferfarbenen Hundes

Von Ulf Biedermann
26.03.2003. Der größte Bestseller in Thailand ist ein Buch über einen Hund namens "Kupfer". Er gehört dem König.
Thailand ist wahrlich alles andere als eine Lesenation. Sechs nationale Fernsehsender, die gleiche Zahl Satelliten-Stationen und 18 Kabel-Kanäle verschlingen den Löwenanteil der Freizeit. Die Nation sitzt vereint vor dem Fernseher, Tag und Nacht, in Bangkok und in der tiefsten Provinz. Um die Restfreizeit buhlen unzählige versandkatalogdicke Hochglanz-Magazine über Promis, Klatsch, Mode und Autos die sich kaum einer leisten kann. Für den schnellen Info-Überblick sorgt allen voran Thai Rath mit zwei Millionen Auflage, Thailands Bild, nur blutiger und mit zwei Ausgaben pro Tag. Den Buchmarkt beherrschen Comis, mehrheitlich Übersetzungen aus dem Japanischen.

Vor diesem Hintergrund könnte man von einer Sensation sprechen, wenn ein Buch mit einer ersten Druckauflage von 100.000 Exemplaren in Stunden ausverkauft ist. Doch Sensationen haben auch in Thailand eine plausible Ursache. Der Autor des Buches ist seine Majestät König Bumibol Adulyade, der von allen Thais hochverehrte Monarch des Landes. Hauptdarsteller in seinem Buch ist Thongdaeng, des Königs Lieblingshündin, die mittlerweile Mega-Star-Ruhm geniesst. "The Story of Thongdaeng", so der Titel, ist die Geschichte einer Liebe auf den ersten Blick. Denn Thongdaeng, übersetzt "Kupfer" wegen ihres rötlichen Fells, stammt von Streunern ab, wie Tausende anderer Artgenossen, die ohne Heim und Herr auf der Straße leben.

Die königlichen Anekdoten sind amüsanter Lesestoff, auch für Ausländer, da das Buch zweisprachig verlegt wurde, in Thai und Englisch. Seine Majestät wollte damit seinen Untertanen klar machen, wie wichtig heutzutage die Beherrschung einer Fremdsprache ist. Tongdaeng, schlank und rank wie andere Superstars liebt es mit seiner Majestät Auto zu fahren, weicht nicht von seiner Seite und legt höfische Disziplin an den Tag: Sie bellt nie, achtet darauf, nie den König zu überragen und folgt aufs Wort. Sie ist eine gute, aber strenge Mutter. Wenn einer ihrer Sprösslinge zu rau mit dem König spielt, schnappt sie sich den Ungehorsamen, schleift ihn am Bein auf Distanz und verpasst ihm einen Rüffel mit der Schnauze. Der König wäre nicht der König, wenn er mit seinem Buch nicht auf unterhaltsame Weise ein paar Lektionen für seine Untertanen lehren würde. Ihr Beispiel zeige, dass man aus einem Straßenköter durchaus einen lieben Gefährten für die Familie machen könne. Würden mehr seiner Untertanen seinem Beispiel folgen, könnte man sich den Import teurer Züchtungen sparen und den heimatlosen Gesellen auf der Straße eine Zukunft geben. Das Buch, verlegt bei "Amarin Printing and Publishing", ist ein absoluter Bestseller, auch nach europäischen Standards.

Doch den Vogel schießen Polo-Shirts mit dem Porträt von Thongdaeng ab. Sie kosten zweimal mehr als das Buch (500 Baht, ca. 11 Euro) und wurden von seiner Majestät dem König entworfen, der sich praktische Gedanken gemacht hat. So haben die Hemden nur einen Knopf, weil die meisten Menschen die ersten zwei sowieso nicht nutzen. Das Etikett des Hemds ist außen befestigt, damit es die Haut seines Trägers nicht irritiert. Und nach zwei Auflagen in den Farben schwarz, weiß, rot, dunkelblau und beige wurde die Produktion auf Gelb umgestellt, des Königs und der Thais Lieblingsfarbe. Die Nachfrage übertraf alle Erwartungen. Über 600.000 T-Shirts wurden bisher verkauft. Die Menschen reisten aus den entferntesten Provinzen nach Bangkok um ein Exemplar zu ergattern, das schon heute als Sammlerstück gilt, weshalb man kaum jemanden sieht, der es trägt. Die Erlöse fließen in königliche Projekte die Landwirtschaft, arme Provinzen und ethnische Minderheiten unterstützen. Der König hat darüber hinaus eine eigene Marke kreiert, den Label "Suwannachad", ein poetisches Wort für Gold-Rot, den Vornamen von Thongdaeng. Unter dieser Bezeichnung sollen zukünftig Markenartikel "Made in Thailand" produziert werden, auf die die Thais ähnlich stolz sind, wie heute auf ihre Designer-Label aus dem Ausland, die den Unterschied zwischen chic und hipp und lahm und out ausmachen.
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