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Ob New York, Rom, Wien oder Berlin - immer wenn der Kubaner José Manuel Prieto von einem Taxifahrer gefragt wird, woher er denn sei, hört er ein begeistertes »Ah, Fidel Castro!« Wie kommt es zu diesem vital strahlenden Bild der kubanischen Revolution und Fidel Castros? Hat die Wirklichkeit nicht längst alles Triumphale abgeschabt? In sehr persönlichen, nicht eifernden, eher schmerzvollen kleinen Schritten rekapituliert Prieto Momente der Kindheit, als Politik keine Sache des Urteils war, sichtet die öffentlichen und die intimeren Aspekte Kubas. Dabei meißelt er keine Eindeutigkeiten heraus, er…mehr

Produktbeschreibung
Ob New York, Rom, Wien oder Berlin - immer wenn der Kubaner José Manuel Prieto von einem Taxifahrer gefragt wird, woher er denn sei, hört er ein begeistertes »Ah, Fidel Castro!« Wie kommt es zu diesem vital strahlenden Bild der kubanischen Revolution und Fidel Castros? Hat die Wirklichkeit nicht längst alles Triumphale abgeschabt? In sehr persönlichen, nicht eifernden, eher schmerzvollen kleinen Schritten rekapituliert Prieto Momente der Kindheit, als Politik keine Sache des Urteils war, sichtet die öffentlichen und die intimeren Aspekte Kubas. Dabei meißelt er keine Eindeutigkeiten heraus, er schildert die Dinge vielmehr als unausweichlich komplex und ambivalent.
Autorenporträt
Prieto, José ManuelJosé Manuel Prieto, 1962 in Havanna geboren, studierte Ingenieurwissenschaften in Nowosibirsk in der ehemaligen UdSSR, wo er nach dem Diplom weitere 12 Jahre lebte und die verschiedensten Berufe ausübte. Er übersetzte u.a. Werke von Anna Achmatowa, Andrej Platonow, Wladimir Majakowski, Gennadij Ajgi, Marina Zwetajewa, Joseph Brodsky, Alexander Solschenizyn und Vladimir Nabokov ins Spanische. Mit seiner russischen Frau und seiner Tochter lebt er in Mexiko-Stadt, wo er russische Geschichte lehrt. Prieto ist der Autor der Romane Enciclopedia de una vida en Rusia (1998, Neuausgabe 2004) und Livadia (1999). Er veröffentlichte außerdem das Reisetagebuch Treinta días en Moscú (2002) und den Erzählband El tartamudo y la rusa (2002). Sein Roman Livadia wurde bislang ins Englische, Französische, Niederländische, Italienische und Hebräische übersetzt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.02.2009

Stimmt nicht

Die weltweit größte Fidel-Castro-Fangemeinde findet sich unter den Taxifahrern. Das glaubt zumindest nach langen Jahren des Exils der kubanische Schriftsteller José Manuel Prieto. Kaum einen Wagen kann er zwischen New York, New Delhi und Neu-Ulm anhalten, ohne, nach seiner Nationalität gefragt, sich Hymnen auf jenen Diktator anhören zu müssen, der ihm die Rückkehr nach Hause verwehrt. Kurzerhand entschloss sich Prieto, einen politisch-kulturellen Schnellkurs in Sachen Castro zu verfassen. In kurzen Kapiteln rückt er sämtliche falschen Vorstellungen über die kubanische Revolution zurecht: Seine Landsleute im Exil in Miami beschimpft er als eine Bande von Tölpeln, die sich von Castros brillanter Intelligenz täuschen ließen, die Daheimgebliebenen auf der Insel wiederum als untätige Schmarotzer, die sich willenlos einem stalinistischen Tyrannen unterordneten. Auch die Amerikaner, die Prieto Asyl gewähren, bleiben nicht verschont, deren "kontraproduktives" Embargo Castros Herrschaft nur gefestigt habe. Mutwillig zieht Prieto den Hass all jener auf sich, die sich seit einem halben Jahrhundert um Kuba zanken, das allerdings tut er brillant und humorvoll. (José Manuel Prieto: Die kubanische Revolution und wie erkläre ich sie meinem Taxifahrer. Aus dem Spanischen von Susanne Lange. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main. 218 S, brosch., 10 [Euro].) fbor

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.07.2009

Das provozierte Mündel
José Manuel Prieto erklärt seinem Taxifahrer Kuba und die Revolution
Wer hat das nicht schon mal erlebt, auf Reisen: „Deutsch? Ahh, Adolf Hitler!!” Da möchte man doch gleich zur Gegenrede ansetzen – oder sie sich, besser noch, verkneifen. José Manuel Prieto ist Kubaner. Er kennt das Problem mit dem Klischee: „Aus Kuba? Fidel Castro!” Prieto versucht dann ruhig Blut zu bewahren, dem Sprecher nicht gleich einen ausführlichen Vortrag entgegenzuschleudern. Was weiß der arme, kurzschließende Taxifahrer schon vom schmerzhaft komplexen Fall Kuba im Allgemeinen und der diesbezüglichen Hassliebe des bereits lange weit weg der Heimat lebenden Autoren Prieto im Besonderen? Wahrscheinlich nichts.
Schwer zu sagen, ob er besser Bescheid wissen sollte. Jetzt könnte er immerhin, denn Prieto hat sein andauerndes Unwohlsein in dem Buch „Die kubanische Revolution und wie erkläre ich sie meinem Taxifahrer” verarbeitet. Der persönlich gefärbte, locker durch Geschichte und Gegenwart stapfende Essay, zum 50. Jahrestag der Revolution erschienen, ist kein Schnellkurs für blutige Anfänger, sondern ein Alternativkurs für jene, die schon eine grobe Ahnung haben – oder eine klare Meinung – und für die sich Prieto jetzt entschieden zwischen die Stühle setzt, energisch und originell anredend sowohl gegen die Verteidiger der Revolution als auch gegen ihre Verächter.
Dabei sind eigentlich weder Kuba noch die politische Analyse Prietos Spezialgebiet. In seinen beiden auch auf Deutsch erschienenen Romanen „Rex” und „Liwadija” hat der Autor mit Wohnsitz New York eher Figuren aus seiner langjährigen Wahlheimat Russland mit einer Unzahl von Bezügen zur Weltliteratur gemischt. Dem neuen Buch merkt man den Dichter wie den Exilanten an. Unsystematisch und leichtfüßig, manchmal gar inspiriertes Geplauder imitierend, tänzelt Prieto von Betrachtung zu Betrachtung; ferner Groll, ewig im Zaum gehaltenes Heimweh und auch ein wenig weltweise Besserwisserei imprägnieren den Text.
Prieto hält die Revolution für ein Unglück. Er glaubt auch nicht, dass auf Kuba, marxistisch gesprochen, die objektiven Gegebenheiten für einen Umsturz vorgelegen hätten. Und wenn, dann anders: Als von den USA gepäppeltes, mental weit entwickeltes Schwellenland war Kuba bereit für einen Sprung nach vorn: „Die Revolution an sich – im Gegensatz zur Vorstellung einer schlechten, gewaltsamen Revolution – als gute ,amerikanische Revolution’ gedacht und damit begrüßenswert.” Dass das „schlechte” Modell den Sieg davontrug, lastet Prieto auch den USA an. Sie mochten ihr Mündel Kuba nicht aus einer ungerecht reglementierten Obhut in die längst verdiente Selbständigkeit entlassen. So provozierten sie dessen Rebellion geradezu.
Der Schinder auf dem Rücken
Für stichhaltige Herleitungen und dichtes historisches Unterfutter fehlt Prieto der akademische Ehrgeiz. Im Zweifelsfall zieht er eine suggestive Metapher einer sauberen Beweisführung vor. Genau so würde es womöglich im Taxi, im Restaurant etc. tatsächlich vor sich gehen. Diese inszenierte Rede-Geste hilft elegant über manchen Bruch und manche Wiederholung hinweg und steigert im Übrigen erheblich das Lesevergnügen. Denn Prieto ist ein kleiner Meister des elliptischen, gestischen Schreibens und brilliert hier in allerlei Haltungen zwischen Zerknirschung und Entrüstung. Dabei brilliert zugleich die Übersetzerin Susanne Lange, die gerade für ihre Don-Quijote-Neuübertragung mit dem Johann-Heinrich-Voß-Preis ausgezeichnet wurde, indem sie Prietos Haken und Schnörkel mit kreativer Flexibilität gegenüber der Regel-Grammatik souverän ins Deutsche rettet. Nebenbei bemerkt: Bisher ist das Buch in keiner anderen Sprache erhältlich – auch nicht in seiner spanischen Originalfassung.
Prieto lässt am kubanischen Sozialismus kaum ein gutes Haar. Selbst die großen Erfolge im Gesundheits- und Bildungswesen relativiert er. Er beklagt das Elend und die Unterdrückung, ganz besonders aber, dass die Kubaner zu einem ängstlichen, antriebslosen, tendenziell infantilisierten Volk geworden sind – und dazu noch nationalistisch! „Ein unterdrücktes Volk, soviel steht fest, das eine der längsten Diktaturen erduldet, die irgendein lateinamerikanisches Land je erlebt hat. Aber der Mann, der ihm rittlings auf den Schultern sitzt, der Schinder, den es auf dem Rücken trägt, ist nichts anderes als die Verkörperung seines eigenen Hochmuts, der Überzeugung, daß das kubanische Volk der Inbegriff des Einzigartigen und Vortrefflichen ist.”
Bei alldem wirkt Prieto nur punktuell wie ein verbitterter Hardliner. Meist schützt ihn sein Witz vor Verbissenheit, und sein Verständnis vor Überheblichkeit. Außerdem rechnet er es dem „jungen Genie” Castro noch immer hoch an, das Land in eine wahrhaftige Unabhängigkeit geführt zu haben. „Wurde der unerträgliche Ton der kubanischen Revolution von der Unverschämtheit, der Großmäuligkeit der Amerikaner provoziert? Ja, wahrscheinlich.” Und leider, sagt Prieto, beweise das Embargo bis heute, dass die USA den alten Paternalismus gegenüber der Insel noch immer nicht aufgegeben hätten. Die Post-Fidel-Phase des kubanischen Sozialismus wird im Buch nicht mehr berücksichtigt. Sie hätte aber auch kaum etwas an den Thesen des Autors geändert. MERTEN WORTHMANN
JOSÉ MANUEL PRIETO: Die kubanische Revolution und wie erkläre ich sie meinem Taxifahrer. Aus dem Spanischen von Susanne Lange. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2008. 219 Seiten, 10 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Ebenso bezwingend wie spielerisch findet Rezensent Manuel Karasek dieses Buch des exilkubanischen Autors über Fidel Castro und die kubanische Revolution aus der Sicht der Gegenwart. Denn weder ist der Autor nach Ansicht des Rezensenten von rechten antikommunistischen Ressentiments gegen Kuba infiziert, noch neigt er aus Karaseks Sicht zu linker Glorifizierung. Stattdessen entwerfe er ein sehr unabhängiges Bild von Vorteilen und Schattenseiten Castros und seiner Revolution und spreche sich bei aller Kritik am System gegen einen gewaltsamen und für einen schrittweisen Umbruch aus. Auch sei es keine politische Streitschrift, sondern ein höchst ernster Exkurs über die schizophrene Beziehung Lateinamerikas zum großen Bruder USA, und eben auch der kubanischen Affinitäten zum Feind in Washington.

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