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Auf Gottes Spuren In früheren Zeiten war Gott kein abstraktes Wesen, sondern hatte eine stark physische Komponente. Erst spät wurde die Lehre verbreitet, Gott habe keine Gestalt. Dieses Buch erzählt eine andere Geschichte: die des biblischen Gottes in all seinen körperlichen, unzensierten und skandalösen Formen.
Indem es die theologische Fassade jüdisch-christlicher Frömmigkeit einreißt, offenbart es eine Gottheit, die ganz anders ist als der Gott, der heute von Juden und Christen auf der ganzen Welt verehrt wird. Denn für die frühchristlichen Menschen war Gott nicht nur muskelbepackt und
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Produktbeschreibung
Auf Gottes Spuren
In früheren Zeiten war Gott kein abstraktes Wesen, sondern hatte eine stark physische Komponente. Erst spät wurde die Lehre verbreitet, Gott habe keine Gestalt. Dieses Buch erzählt eine andere Geschichte: die des biblischen Gottes in all seinen körperlichen, unzensierten und skandalösen Formen.

Indem es die theologische Fassade jüdisch-christlicher Frömmigkeit einreißt, offenbart es eine Gottheit, die ganz anders ist als der Gott, der heute von Juden und Christen auf der ganzen Welt verehrt wird. Denn für die frühchristlichen Menschen war Gott nicht nur muskelbepackt und gutaussehend: Er hatte übermenschliche Kräfte, irdische Leidenschaften und sogar eine Schwäche für das Ungeheuerliche.

»Fesselnd, frisch und umwerfend.« The Sunday Times
Autorenporträt
Francesca Stavrakopoulou (Jg. 1975) ist Professorin für hebräische Bibelgeschichte und Antike Religionen an der Universität von Exeter. Sie ist eine gefragte Rednerin und präsentierte bereits mehrere Dokumentationen zu ihren Themen im BBC. Sie hat zahlreiche religionswissenschaftliche Werke veröffentlicht, dies ist ihr erstes Buch für ein breites Publikum.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.08.2022

So geh hin und decke seine Füße auf
Francesca Stavrakopoulou will Gottes Körper wieder zum Recht verhelfen

Wie kam es zur Vorstellung eines körperlosen Gottes? Das ist eine Frage, die Francesca Stavrakopoulou nach eigenem Bekunden bereits in ihrer Studienzeit beschäftigte. Die heute in Exeter eine Professur für die Hebräische Bibel und antike Religion bekleidende Autorin, die auch in Rundfunk und Fernsehen auftritt, empfand es schon damals als unbefriedigend, all die körperlichen Bilder und Beschreibungen Gottes in der Bibel - seiner Größe und Macht, seiner Maskulinität und strahlenden Schönheit, seiner Hände und Füße, Augen und Ohren - rein metaphorisch zu lesen. In ihrem Buch geht es um diese körperliche Erscheinung Gottes und darum, wie biblische und spätere Autoren mit ihr umgingen.

Stavrakopoulou bietet ein umfassendes Panorama. Geordnet nach den Körperteilen - Füße und Beine, Genitalien, Torso, Arme, Hände und Kopf - verbindet sie biblische Erwähnungen Gottes mit altorientalischen Beschreibungen und Bildern, mit Darstellungen der spätantiken Kunst, mit jüdischen und christlichen Auslegungen aus Antike und Mittelalter und mit Pilgerstätten der Gegenwart. Erzählt wird damit eine Geschichte der immer entschiedeneren Verdrängung, Vergeistigung und Allegorisierung der körperlichen Sichtbarkeit Gottes. Das biblische Verbot, Bilder des Gottes Jahwe herzustellen, judäische Tempeltheologen und platonische Philosophie, frühchristliches Dogma und aufklärerische Religionskritik werden hier in eine Linie gestellt - als Teil einer Geschichte, in der der physische Realismus der altorientalischen Gottesvorstellung, der sich in Teilen der Bibel zumindest noch in Andeutungen findet, in sein Gegenteil verkehrt wurde. Schon die Redaktoren des Alten Testaments sorgten dafür, das menschenähnliche Bild des biblischen Gottes zum Verschwinden zu bringen, das Christentum knüpfte daran an. Wenn Gott nur in Jesus sichtbar ist, dann ist er selbst desto mehr verborgen und spiritualisiert.

Die Götter des Altertums präsentierten sich in beeindruckender Größe und faszinierender oder erschreckender Körperlichkeit. Die weltbeherrschende Pose, die heroische Muskulatur, die hypermaskuline Potenz prägte das Bild der Hoch- und Kriegsgötter. Dass es auch andere Gottheiten gab, weibliche, mütterliche, sterbende und wiederauflebende, trauernde und fürsorgliche, etwa in den Mysterien, wäre in diesem Rahmen zumindest auch zu erwähnen.

Die Kapitel des Buchs beginnen mit biblischen Aussagen, die dann aus Texten und Bildern der altorientalischen Religion erklärt werden. Dass bei der "Gottesschau" auf dem Sinai die Fläche unter Gottes Füßen wie der Himmel glänzte (Exodus 24,9f), wird mit dem Verweis auf riesige Fußabdrücke in einem syrischen Tempel erklärt, um so den Vorstellungsgehalt des biblischen Textes zu restituieren. Das entspricht einem geläufigen Verfahren religionsgeschichtlicher Erklärung und Kontextualisierung in der Bibelwissenschaft. Erhellendes zur Barfüßigkeit kommt hinzu, aber auch biblische Euphemismen, wenn etwa hebräisch raglajim, "Füße", oft - zum Beispiel in Ruth 3-4 - männliche Genitalien bezeichnet.

Manche von Stavrakopoulous Deutungen sind überzogen oder verfehlt, etwa wenn das Abschneiden von unfruchtbaren Reben am Weinstock nach Joh 15 fälschlich mit der Beschneidung des Penis und mit sexualisierter Fruchtbarkeit zusammengebracht wird. Und ist Gottes "Rückseite", die Mose sah, wirklich mit dem noch vom Kot zu reinigenden Gesäß eines Tieres zu vergleichen, nur weil das verwendete hebräische Wort dies auch bedeuten kann? Solche Beispiele ließen sich vermehren.

Doch ist jenseits von solcher Kritik am Detail die Frage nach der Tragweite dieser Kontextualisierungen selbst aufzuwerfen. Was bedeutet es in der Sache, wenn die Autorin die vielen Andeutungen, die sich tatsächlich in der Bibel finden, mit antiken und altorientalischen Götterbildern auffüllt? Dezidiert folgt sie dabei nicht der biblischen Tradition, die die "Anthropomorphismen" des Gottesbilds in immer subtilere Aussagen umformte. Vielmehr werden gerade diese Aussagen durch plastisch-körperliche Vorstellungen restituiert. Das hat Effekt, es gibt etwas zu sehen, das im Zeichen des biblischen Bilderverbots und der griechischen Philosophie weithin unsichtbar gemacht wurde. Man kommt antiken Vorstellungswelten näher.

Gleichwohl stellt sich die Frage, warum deren physischer Realismus des Gottesbildes die nackte Wahrheit sein soll. "Unzensiert" sei diese Darstellung Gottes, schreibt die Autorin, und suggeriert damit, dass jene, die die biblischen Texte anders lesen, einer zensierenden klerikalen Tradition folgten. Aber warum sollte man Vergeistigung schlicht unter Zensur verbuchen? Es wäre zumindest zu bedenken, ob der Glaube, der Menschen in Leiden und Marginalisierung durchzuhalten half, nicht doch ein anderes als ein nur auf physischer Potenz beruhendes Gottesbild voraussetzt. Die Theologie der Bibel ist deshalb mehr als nur das restituierte Körperbild Gottes. Das Subtile ist nicht nur als Verdrängung zu kritisieren, sondern auch als Gewinn anzusehen. Hier liegen die Grenzen der Restauration des Anthropomorphen im biblischen Gottesbild, der sich die Autorin in diesem Buch verschreibt. JÖRG FREY

Francesca Stavrakopoulou: "Gott - Eine Anatomie". Der göttliche Körper im Wandel der Zeit.

Aus dem Englischen von Karin Schuler und Maria Zettner.

Piper Verlag, München 2022. 656 S., geb., 32,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Jörg Frey folgt der Religionswissenschaftlerin Francesca Stavrakopoulou bei ihrer umfassenden Erkundung von Körperbildern Gottes in der Bibel, auf Bildern und in der spätantiken Kunst. Frey fällt dabei auf, dass weibliche Gottheiten dabei außer acht gelassen werden und die Autorin bei der ein oder anderen Deutung überzieht, etwa wenn sie das Rebenschneiden mit der Beschneidung in Verbindung bringt. Grundsätzlich stellt sich Frey bei der Lektüre die Frage, ob die Kontextualisierungen im Buch zielführend sind. Das Suggerieren, biblische Texte vollzögen durch ihre Vergeistigung eine Art Zensur, erscheint Frey fragwürdig. Er zumindest versteht die Subtilität der Bibel durchaus als Gewinn.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Der überschäumende, gut gelaunte Ton und die ungeheure Belesenheit der Autorin sind mitreißend, und man staunt, wie witzig ein Buch über Gott sein kann.« ORF.at 20220402