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Literarische Entdeckungsreise durch Europa 36 Autoren aus fast ebenso vielen Ländern erzählen vom dem Leben heute, von ihrem Land, von unserer Zeit. Erzählungen und Gedichte über das Schicksal der einzelnen Menschen und die großen Umbrüche, über Traditionen, Kulturen und Hoffnungen. Ein ganz neuer Blick auf das alte Europa, auf seine Landschaften und Metropolen und vor allem auf die Menschen und die Art, wie sie heute leben, leiden, lieben.
Mit aktuellen Texten z.B. von Colm Tóibín, Aris Fioretos, Juri Andruchowytsch, Eva Menasse, Melinda Nadj Abonji, Rafael Chirbes, Georgi Gospodinov, John
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Produktbeschreibung
Literarische Entdeckungsreise durch Europa
36 Autoren aus fast ebenso vielen Ländern erzählen vom dem Leben heute, von ihrem Land, von unserer Zeit. Erzählungen und Gedichte über das Schicksal der einzelnen Menschen und die großen Umbrüche, über Traditionen, Kulturen und Hoffnungen. Ein ganz neuer Blick auf das alte Europa, auf seine Landschaften und Metropolen und vor allem auf die Menschen und die Art, wie sie heute leben, leiden, lieben.

Mit aktuellen Texten z.B. von Colm Tóibín, Aris Fioretos, Juri Andruchowytsch, Eva Menasse, Melinda Nadj Abonji, Rafael Chirbes, Georgi Gospodinov, John Burnside, Michel Houellebecq, José Saramago, Mircea Cartarescu, Janne Teller, Nico Bleutge, Swetlana Alexijewitsch, Rosa Liksom, Davide Longo, Jean-Philippe Toussaint oder Orhan Pamuk.
Autorenporträt
Geiger, Thomas
Thomas Geiger, geboren 1960 in Sulzbach-Rosenberg/Oberpfalz, arbeitet seit 1989 im Literarischen Colloquiums Berlin als Redakteur und seit 2014 auch als Mitherausgeber der Zeitschrift "Sprache im technischen Zeitalter" sowie als Programmkurator im LCB. Seit 15 Jahren betreut er auf der Leipziger Messe das Autorenspecial und lud für dieses Vortrags- und Leseprogramm weit über 100 europäische Schriftstellerinnen und Schriftsteller nach Leipzig ein. Im Frühjahr 2009 gab er die Lyrikanthologie "Laute Verse. Gedichte aus der Gegenwart" im Deutschen Taschenbuch Verlag heraus
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Sabine Berking wundert es nicht, wenn in der von Thomas Geiger besorgten Anthologie mit Autoren aus dem Berliner Literarischen Colloquium keine Feierstimmung aufkommt. Mit recht politisch kommen viele der Texte daher und geben das Bild eines zerrütteten Kontinents, meint sie. Prosa, Lyrik, Comics von Orhan Pamuk, Swetlana Alexijewitsch, Michel Houellebecq, Sergej Lebedew und weniger Bekannten zeigen laut Berking bei aller Vielfalt ein Europa der Krisenregionen, in dem menschliche Gesten rar und Tristesse und Vergangenheit allgegewärtig sind.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.12.2015

Der Mensch, den niemand vermisst
Eine Anthologie versammelt Prosa, Lyrik und Comics zu Europa - und zeichnet das Bild eines zerrütteten Kontinents

Am Literarischen Colloquium Berlin, einer ersten Adresse des kulturellen Establishments der Hauptstadt, können Schriftsteller aus aller Welt in Ruhe Geschichten ersinnen, an einem Schreibtisch mit Blick auf den Wannsee. Thomas Geiger, Programmkurator am Colloquium, kam angesichts der vielen Geschichten, die hier entstehen, die Idee, eine Anthologie zusammenzustellen. Anlass war nicht mehr und nicht weniger als Europa, das in diesem ausklingenden Jahr des siebzigsten Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkriegs gedachte. Auch der Eiserne Vorhang ist seit gut einem Vierteljahrhundert Geschichte, und obwohl die Kultur seit jeher vieles zum Zusammenwachsen Europas beigetragen hat, werde ihre Rolle, so Geiger, immer noch unterschätzt.

Von der Villa am Wannsee aus, die seit ebendiesem Vierteljahrhundert nicht mehr kurz vor der Berliner Mauer, sondern wieder mitten im Havelland steht, sieht Europa ziemlich pittoresk aus. Ein Hohes Lied muss Thomas Geiger vorgeschwebt haben, als er den Sammelband unter dem verstörend euphorischen Titel "Luftsprünge" erdachte. Dass er ziemlich erstaunt war, was im Ergebnis auf seinem Schreibtisch landete, dass nämlich alles "politischer geworden ist", wie er im Vorwort schreibt, will man dem in der Oberpfalz geborenen Germanisten dann aber doch nicht recht abnehmen.

Schließlich lässt Europa einen momentan eher vor Wut platzen oder vor Scham im Boden versinken, als in die Luft springen. So ist es nicht verwunderlich, dass die Beiträge das Bild eines gespaltenen, ja zerrütteten Kontinents entstehen lassen, dessen Osten in Krieg und Anarchie versinkt, während der Süden mit sozialem Elend und Verwahrlosung kämpft und im Norden und Westen über die eigenen, sehr privaten Befindlichkeiten in geradezu bizarrer Weise kontempliert wird.

Im Buch finden sich wie in einem Schullesebuch Prosa, Lyrik und sogar Comics, bekannte Autoren wie Orhan Pamuk, Swetlana Alexijewitsch oder Michel Houellebecq neben weniger bekannten, Geschichten der unterschiedlichsten Art, die sich nur sehr schwer auf einen gemeinsamen Nenner bringen lassen. Orhan Pamuk trauert den alten Bosporus-Dampfern nach, während sich Michel Houellebecq in der für ihn bekannten Manier in einer kriminalistischen Burleske gleich selbst als von Fliegen und Maden zersetzte, aber sehr prominente Leiche anbietet. Der Schwede Aris Fioretos erinnert sich seiner österreichisch-griechischen Wurzeln, und die Schweizerin Melinda Nadj Abonji erzählt von einer mühsamen, aber letztlich erfolgreichen Einwanderung. Es mag nicht verwundern, dass die nachhaltig beeindruckenden Texte aus den derzeitigen Krisenregionen kommen, etwa von dem unlängst viel zu früh verstorbenen Spanier Rafael Chirbes, dessen Protagonist, ein marokkanischer Gastarbeiter, in einer verwahrlosten Industriegegend an der spanischen Südküste die verwesenden Gliedmaßen eines Menschen entdeckt, den offensichtlich niemand vermisst. Der Grieche Christos Ikonomou lässt seinen Helden über skurrile "Unsterbliche Schränke" sinnieren, während seine Welt so finster ist, "als hätten wir Krieg oder Besatzungszeit, als wäre ein großes Unheil geschehen". Bei dem Italiener Davide Longo versucht ein Lkw-Fahrer vergeblich, einen Hundewelpen zu retten, eine kleine menschliche Geste in einer von Tristesse geprägten Landschaft.

An den Ostgrenzen Europas erklingt die Kakophonie einer unbewältigten, nicht vergehen wollenden Vergangenheit in den Texten von Swetlana Alexijewitsch, Sergej Lebedew oder der Serbin Dragana Mladenovic. Als Symbol dieses Unbewältigtseins entdeckt Lebedew Berge von alten sowjetischen Rubeln in entlegenen Bergstollen, zu stark mit giftigen Farbstoffen kontaminiert, als dass man sie einfach verbrennen könnte. Die Wienerin Eva Menasse lässt Teilnehmer einer Studienreise über das Gelände von Auschwitz spazieren, bevor man sich in einer Kneipe in der nahe gelegenen gleichnamigen Stadt betrinkt. Und eine Odyssee des Ukrainers Juri Andruchowytsch durch seine Heimat im Kriegszustand endet am Strand von Odessa: "Ein Schritt weiter - und wie eine schwarze Welle hätte die Zukunft uns verschlungen." Von Luftsprüngen keine Spur.

SABINE BERKING

Thomas Geiger (Hrsg.): "Luftsprünge". Eine literarische Reise durch Europa.

dtv Verlagsgesellschaft, München 2015. 370 S., br., 16,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Vor uns liegt eine literarische Vermessung Europas, ein poetisches Plädoyer."
Mirko Schwanitz, Bayern 2 27.06.2015