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Seit der Antike ist "Humanität" ein Leitbegriff für menschliches Handeln und menschliche Würde. Doch die zur Floskel heruntergekommene Formel setzt ein Bild des Menschen voraus, das nur selten hinterfragt wird. Volker Gerhardt, einer der prominentesten deutschen Philosophen, geht dieser Selbstbeschreibung des Menschen nach, überwindet die traditionelle Geringschätzung der Tiere und entfaltet ein radikal neues Verständnis der Beziehung von Natur und Kultur. Wir sind in einem Zeitalter der globalen Vernetzung angekommen, in dem vom Klimawandel bis zur Genforschung alle Menschen von einer neuen…mehr

Produktbeschreibung
Seit der Antike ist "Humanität" ein Leitbegriff für menschliches Handeln und menschliche Würde. Doch die zur Floskel heruntergekommene Formel setzt ein Bild des Menschen voraus, das nur selten hinterfragt wird. Volker Gerhardt, einer der prominentesten deutschen Philosophen, geht dieser Selbstbeschreibung des Menschen nach, überwindet die traditionelle Geringschätzung der Tiere und entfaltet ein radikal neues Verständnis der Beziehung von Natur und Kultur.
Wir sind in einem Zeitalter der globalen Vernetzung angekommen, in dem vom Klimawandel bis zur Genforschung alle Menschen von einer neuen Verwandlung der Welt betroffen sind. Mehr denn je ist deshalb heute die Frage nach der einen Menschheit und dem, was sie verbindet, aktuell, ja überlebenswichtig - denn viele Herausforderungen der Zukunft werden sich nicht isoliert, sondern nur gemeinsam lösen lassen. Auch die Philosophie muss darauf reagieren und ihre althergebrachten Begriffe in Frage stellen. Volker Gerhardt tut das und stellt in seinem Buch den "Geist der Menschheit" auf eine erweiterte, zur Erhaltung von Natur und Kultur verpflichtende Grundlage.
Autorenporträt
Volker Gerhardt war bis zu seiner Emeritierung 2014 Professor für Philosophie an der Humboldt- Universität Berlin. Er hat für sein Werk zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen erhalten.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.07.2019

Ein Tier, das
seine Gründe hat
Was ist der Mensch? Volker Gerhardt findet
überzeugende Antworten auf eine alte Frage
VON DANIEL-PASCAL ZORN
Eine Beantwortung der Frage nach dem Menschen kann, so scheint es, zu Beginn des 21. Jahrhunderts nur scheitern. Längst ist die Emphase für den Menschen einer heuchlerischen Haltung verdächtig, die Wasser predigt, aber Wein säuft. Umgekehrt machen sich Zyniker und Apokalyptiker verschiedener Couleur breit, die das bereits in der Antike beliebte Thema von der Selbstvernichtung und der Unrettbarkeit des Menschen bespielen. Die Selbstgewissheit von wenigen, die immer schon wissen, was der Mensch zu sein hat, rechtfertigt in der politischen Diskussion alles und sein Gegenteil.
Abseits der politischen Diskussion scheint die klassisch philosophische Frage nach dem Menschen nicht zu beantworten zu sein. Nahezu alle Wissenschaften berufen sich auf ein Konzept vom Menschen, und auch die Philosophie hat unübersehbar viele Zugänge dazu entwickelt. Wo in der politischen Diskussion Vereinseitigung vorherrscht, ist es hier der Verlust von Konkretheit in der Vielfalt von Spezialperspektiven. Weder die Festlegung auf einen einzigen Begriff vom Menschen noch der Anspruch auf Vollständigkeit kann überzeugende Antworten auf die Frage „Was ist der Mensch?“ liefern.
Trotz – oder gerade wegen – dieser desolaten Lage der Verständigung des Menschen mit und über sich selbst wagt Volker Gerhardt in seinem neuen Buch „Humanität. Über den Geist der Menschheit“ eine Art Summe über den Menschen. Doch nicht die Ratio oder das Gefühl oder der Existenzkampf oder das Streben nach Unlustvermeidung kennzeichnet für den Philosophen das Wesen des Menschen.
Gerhardt fasst den Menschen vielmehr anhand seiner für ihn typischen Tätigkeiten: dem Fragen und Suchen (homo quaerens), dem Denken, Wissen und Schließen (homo sapiens), dem Handeln und kunstfertigen Herstellen (homo faber), dem Spielen (homo ludens), dem Negieren, Unterscheiden und Abgrenzen (homo negans), dem Erschaffen von Neuem (homo creator), dem Bezogensein auf seine Mitmenschen (homo publicus), aber auch anhand der Bereitschaft zur tödlichen Gewalt (homo necans).
Diese Bestimmungen stehen allerdings nicht in einer Hierarchie oder gar unverbunden nebeneinander. Sie implizieren sich gegenseitig, in der Vielfalt der Möglichkeiten, in denen sich der Mensch auf sich selbst beziehen und dabei immer auch andere Bezugsweisen für andere mitthematisieren kann. Was sie miteinander – und mit der Darstellung selbst – verknüpft, ist der Begriff des Problems, in dem theoretisch überlegende und praktisch lösende Aspekte einander ergänzen: „Die unablässige Wiederkehr alter und die unerschöpfliche Generierung neuer Probleme machen das menschliche Leben aus.“
Gerhardt leistet in seinem Buch nicht mehr und nicht weniger als eine Bestandsaufnahme der Kategorien menschlicher Selbstverständigung. Seine Darstellung wendet sich gegen all die Versuche, den Menschen, der so vielfältig in seinen Selbst- und Weltverhältnissen erscheint, auf eine einzige dieser Erscheinungsweisen festzulegen und so sein vielfältiges Wesen notorisch zu unterbieten.
Das erklärt auch das Vorgehen Gerhardts, das nur auf den ersten Blick enzyklopädisch, bloß zusammenfassend erscheint. Zum Menschen gehören seine biologische Konstitution, seine evolutionäre Entstehung und Einbettung in die Natur ebenso wie die Abstraktionen seines Denkens und seines Geistes, ohne die weder Natur noch Biologie denkbar wären. Zu diesen Abstraktionen gehört dann aber auch die vermeintliche Trennung dieser beiden Bereiche. Dagegen zeigt Gerhardt mit Nietzsches Denkfigur der „grossen Vernunft des Leibes“, dass Vernunft und Leib, Natur und Mensch, Individuum und Gesellschaft, Theorie und Praxis keine Gegensätze markieren, sondern in vielfältigen Beziehungen, Abhängigkeiten und Distanzen zueinander stehen und sich deswegen auch nie gegenseitig vollständig ausschließen.
Umgekehrt argumentiert Gerhardt für einen Vernunftbegriff, der zum grundsätzlichen Ausdruck für menschliches Handeln überhaupt wird. Vernunft „kann niemand in Abrede stellen; und wenn er es täte, müsste er bereits in seinem Zweifel Vernunft bemühen. Strittig kann nur die Gewichtung ihres Anteils im Vergleich zu den anderen Vermögen des Menschen sein“. In größtmöglicher Spannung ergibt sich so Gerhardts eigener Begriff vom Menschen als „Tier, das seine Gründe hat“.
Die zwanglose Verbindung von Perspektiven, die sich gemeinhin in der Theoriebildung als gegnerische gegenüberstehen, ermöglicht es, ein nicht reduktives Bild vom Menschen zu zeichnen. Die Darstellung dieses Bildes reicht von der Ur- und Frühgeschichte des Menschen bis in die Regulierung seines Gefühlshaushaltes, von der Zusammenarbeit von Vernunft und Bauchgefühl bis zur Abstraktion des Denkens in Institutionen wie Recht oder Moral.
Dabei ist die Argumentation an keiner Stelle bloß assoziativ, sondern ergibt sich als Aufmerksamkeit auf Strukturanalogien und Bedingungen und als Beschreibung von Verhältnissen, in denen der Mensch ebenso steht, wie er sie – lebendig, leiblich, rational und handelnd – selbst verkörpert und verwirklicht. Trotzdem findet hier keine Auflösung der Zusammenhänge in bloße Relationen statt. Vielmehr macht Gerhardt in seiner multiperspektivischen Darstellung deutlich, dass es geradezu das Wesen des Menschen ist, diese Multiperspektivität als Einheit und Vielheit verwirklichen zu können.
Von Platon bis Nietzsche, von Cicero über Erasmus von Rotterdam bis Herder und Schiller, von Aristoteles bis Kant und Hegel reichen die philosophischen Verweise, auf die sich Gerhardts Komparatistik menschlichen Verstehens und Selbstverstehens bezieht. Nietzsche steht dabei vor allem als Kritiker der Vernunft im Fokus, der sich bei genauerem Hinsehen als Fürsprecher einer Vernunft erweist, die auf ihre Verabsolutierung verzichtet. Auseinandersetzungen mit den philosophischen Anthropologen Max Scheler, Helmuth Plessner und Hans Blumenberg fehlen ebenso wenig wie philosophisch grundsätzliche Überlegungen zu Themen wie „Öffentlichkeit“, „Technik“, „Kunst“ und „Ethik“.
„Humanität“ ist immer auch ein Begriff für das, was der Mensch anstreben soll, weil er es anstreben kann. „Die Plastizität des menschlichen Selbstbegriffs sprengt alle Grenzen der gegenständlichen Begrifflichkeit (…). Der Selbstbegriff ist so wandelbar wie die Situationen, die er im Dienst der Person übersteht. Und es ist ebendieser Begriff seiner selbst, der dem Menschen die Festigkeit gibt, die er braucht, um seinem eigenen Anspruch an sich und seinesgleichen zu genügen. (…) Der begriffliche Kern dieses Humanismus ist, dass sich in ihm der Mensch als der begreift, der er in seiner besten Verfassung sein kann.“
Die Auslotung der Möglichkeiten des Menschen, dessen also, was er sein kann, und das Postulat, dieses Seinkönnen nicht zu schmälern, sondern nach Maßgabe der Nichteinschränkung des Seinkönnens anderer zu erweitern – darin könnte ein Begriff von „Humanität“ liegen, den wir für das 21. Jahrhundert gut gebrauchen könnten. Anders als die emphatischen Begriffe moralisch aufgeladener Freiheitskämpfe bedeutet der Bezug auf die Möglichkeit nämlich nicht nur das Sich-selbst-bestimmen-Können, seit der Renaissance Grundlage für den Begriff der Würde des Menschen. Er umfasst auch das pragmatisch Machbare und Nützliche mit begrenzten Mitteln, die konkrete Handlung, das Bedenken von konkreten Alternativen, und nicht zuletzt die Fähigkeit, ein Problem lange genug auszuhalten, um eine Lösung dafür zu finden.
Als Bewohner einer Welt, auf die Bezeichnungen wie „Komplexität“ und „Krise“ gleichermaßen passen, kann sich der Mensch nicht mit einseitigen Ursprungsfantasien abgeben. Er muss wieder lernen, mit denjenigen Möglichkeiten zu rechnen, die er hat, um ebendiese Möglichkeiten zu erweitern, mindestens aber zu bewahren. Das kann nur umsichtig gelingen, nicht mit einseitigen Festlegungen.
Wem das zu unbequem erscheint, der bedenke, welchen Weg der Mensch gegangen ist, um an den Punkt zu kommen, an dem er sich diese Frage nicht nur stellen kann, sondern – mit Blick auf die Bedrohung seiner Lebensgrundlagen – auch stellen muss.
„Humanität. Über den Geist der Menschheit“ ist ein Kompendium des zugleich humanwissenschaftlichen und humanistischen Denkens, der wissenschaftlichen und der philosophischen Anthropologie. Volker Gerhardt schafft es in seiner durchweg verständlich geschriebenen und mit vielen Beispielen illustrierten Darstellung, auch schwierige philosophische Gedanken einleuchtend darzustellen und in seine Thematisierung des Menschen einzubinden.
Selbst wenn nicht alle seine Lösungsvorschläge für die ewigen Auseinandersetzungen der Philosophie mit und über den Menschen überzeugen sollten, so wird einem hier in irreduzibler Vielfalt vorgeführt, wie vielfältig der Mensch über sich selbst nachgedacht hat und nachdenken kann. Dadurch wird der Text im besten Sinne zum Vermittler seines eigenen Gegenstandes, mithin selbst zu einer Schule der Humanität.
Die unerschöpfliche Generierung
neuer Probleme
macht das menschliche Leben aus
Mit einseitigen
Ursprungsfantasien sollte man
sich nicht abgeben
Das Buch ist ein Kompendium
der wissenschaftlichen und
philosophischen Anthropologie
Volker Gerhardt:
Humanität. Über den Geist der Menschheit. Verlag C. H. Beck, München 2019. 320 Seiten, 32 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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"Volker Gerhardt hat ein profundes Buch geschrieben, das nicht nur gut lesbar ist, sondern die Debatte um den Humanismus neu entfachen wird."
Deutschlandfunk, Leander Scholz

"Wir werden dieses ethische Regelwerk dringend brauchen, um sämtliche Veränderungs- und Kontrollansprüche neuer Technologien nicht in einem Albtraum von Freiheitsberaubung münden zu sehen. Es geht um nichts weniger als darum, Menschen bleiben zu können."
Furche, Oliver vom Hove

"Eine breit angelegte philosophische Selbstprüfung im Interesse von Humanität auf dem Hintergrund und des heutigen Wissens um den Mensch und seine Entstehung, aber auch der heutigen Gefährdungen für das Menschsein. Es ist ein Appell, der Humanität treu zu bleiben."
Herder Korrespondenz, Ulrich Ruh

"'Humanität' ist eine fundierte, lesenswerte Untersuchung, die weit in die Kulturgeschichte ausgreift. Und die daran erinnert, dass es zu den schönsten Ansprüchen an uns selbst gehört, freie und verantwortliche Wesen zu sein."
Bayern2, Beate Meierfrankenfeld

"Ein kluges Buch!"
Dresdner Morgenpost

"Ein umfassendes Bild des menschlichen Daseins"
hohe Luft

"Ein tiefgründiges, sehr gut lesbares Buch."
Hannoversche Allgemeine