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"Es war spät Abend - erster Mai - abends der Mai - war Liebeszeit." Mit diesen Worten beginnt das Kurzepos über Liebe und Tod des tschechischen Romantikers Karel Hynek Mácha (1810-1836). Ein Räuberhauptmann wird hingerichtet, weil er die Verführung seiner Geliebten gerächt hat. In eindrucksvollen Bildern verabschiedet er sich von der Erde. Das Kurzepos "Mai" ist nicht nur eines der wichtigsten Werke der Romantik, es diente auch wegen seines avantgardistischen Bilderreichtums den tschechischen Surrealisten als Vorbild und stellt bis heute ein Fundament der tschechischen Dichtung dar. Die…mehr

Produktbeschreibung
"Es war spät Abend - erster Mai - abends der Mai - war Liebeszeit." Mit diesen Worten beginnt das Kurzepos über Liebe und Tod des tschechischen Romantikers Karel Hynek Mácha (1810-1836). Ein Räuberhauptmann wird hingerichtet, weil er die Verführung seiner Geliebten gerächt hat. In eindrucksvollen Bildern verabschiedet er sich von der Erde. Das Kurzepos "Mai" ist nicht nur eines der wichtigsten Werke der Romantik, es diente auch wegen seines avantgardistischen Bilderreichtums den tschechischen Surrealisten als Vorbild und stellt bis heute ein Fundament der tschechischen Dichtung dar. Die lautmalerische Übersetzung des österreichisch-tschechischen Dichters Ondrej Cikán (_1985) ist die erste, die die formalen Eigenheiten des Originals nachahmt. Da diese zum Teil in einer gewissen rhythmischen Freiheit bestehen, gelingt es Cikán, auch den Inhalt besonders präzise zu übertragen. Gegenüber der ersten Ausgabe (Labor 2012) hat der Übersetzer einige Ungenauigkeiten korrigiert und das Nachwort erweitert.
Autorenporträt
Karel Hynek Mácha (1810-1836) gehört zu den bedeutendsten Dichtern Tschechiens und hat insbesondere mit seinem bildgewaltigen Liebesepos "Mai" Generationen von tschechischen Dichterinnen und Dichtern vom Symbolismus über den Surrealismus bis zur Gegenwartsliteratur maßgeblich beeinflusst und inspiriert.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.03.2020

Wo im Genick die Ewigkeit mir lauert
Karel Hynek Máchas romantisches Versepos "Mai" gehört zu den bekanntesten Gedichten in Tschechien. Jetzt ist es auf Deutsch zu entdecken

"Es war spät Abend - erster Mai - / Abends der Mai war Liebeszeit. / Das Täubchen rief zur Lieb herbei, / Der Föhrenhain duftete weit. / Von Liebe flüsterte das Moos; / Und blühend log von Schmerz ein Baum" - so geht es weiter, eine Rose seufzt, der See leidet, und selbst der Mond verzehrt sich nach dem eigenen Spiegelbild im Wasser. Die gesamte Natur, so könnte man sich dieses lyrische Stimmungsbild deuten, leidet an unerfüllter Liebe, an der Trennung vom Geliebten, und auch das Mädchen, das schließlich in den Blick kommt, leidet daran. "Er kommt nicht", seufzt "die Verführte", doch als sie weit entfernt ein Boot auf dem See auf sich zukommen sieht, lebt die Hoffnung wieder auf. Das Boot landet, sie wirft sich dem Schiffer an die Brust, bevor sie ihren Irrtum erkennt. "Wo ist mein Wilhelm?", fragt sie, und der Schiffer antwortet, der Geliebte des Mädchens habe seinen eigenen Vater ermordet und erwarte nun im Gefängnis seine Hinrichtung, die für den nächsten Morgen angesetzt sei.

So steht es in "Mai", einem tschechischen Versepos aus dem neunzehnten Jahrhundert, das mit einiger Verzögerung im Land seiner Entstehung ungemein populär geworden ist - noch als um die Jahrtausendwende in der Deutschen Verlagsanstalt eine schmucke "Tschechische Bibliothek" in 33 Bänden aufgelegt wurde, war einer von ihnen unter anderem diesem Werk gewidmet.

Sein Verfasser, Karel Hynek Mácha, 1810 geborener Müllerssohn aus Prag, hatte Jura studiert und Theater gespielt. Er verehrte Goethe und Zacharias Werner - Spuren von dessen Schicksalstragödie "Der vierundzwanzigste Februar" meint man in Máchas "Mai" zu entdecken -, Novalis, die Gesänge des fiktiven Barden Ossian und besonders Lord Byron. Er wanderte nach Italien, wurde Vater eines Kindes, dessen Mutter er Ende 1836 heiraten wollte, starb aber kurz vor der Hochzeit an einer schweren Erkältung, die er sich, so hieß es, beim heldenhaften Versuch zugezogen hatte, einen Dorfbrand zu löschen. Er hinterließ außer dem publizierten Versepos "Mai" auch ein umfangreiches Werk in Lyrik und Prosa, darunter ein Roman und zahlreiche Briefe.

Es fiele nun sehr leicht, das Epos als tragisch verirrtes Werk eines Epigonen der Romantiker abzutun, dann nämlich, wenn man sich auf den Inhalt fokussiert. Da ist das Mädchen, Braut des einen Mannes, verführt vom Schwiegervater in spe, der dann der Rache des Gehörnten zum Opfer fällt. Der Rächer wandert in den Gefängnisturm, wo er über sein drohendes Ende nachdenkt, bevor ihm dann bei Tagesanbruch der Kopf abgeschlagen und der Leichnam aufs Rad geflochten wird: "Glied auf Glied, Knochen auf Knochen des Häftlings bricht, / Da in das Rad am Pfahl man seinen Körper flicht, / Wo auch der Kopf darüber seinen Platz erhält." Das Skelett sieht dann der Erzähler viele Jahre später im Vorüberreiten.

Richtig frisch wirkt dieser auf wenige Stunden komprimierte Handlungsfaden nicht. Was man aber in dieser resümierenden Betrachtung verpasst, wird rasch klar. Es geht dem Autor vor allem um die Beschreibung einer umfassend belebten Natur, die dem Drama der Menschen gleichgültig gegenübersteht, aber von denselben mächtigen Kräften bewegt wird wie diese. Und es geht um den Kontrast zu dieser seufzenden, lockenden, schwelgerisch beschriebenen maienhaften Landschaft, um die immerhin noch durch eine Ahnung der äußeren Welt belebte Schwärze und Stille im Gefängnisturm, in dem Wilhelm seine letzten Stunden verbringt, um den Gedanken an den nahenden Tod und an ein "Dort", an das also, was danach kommt: "Dort gar kein - gar kein Leuchten mehr, / Wo Dunkelheit nur kauert. / Alles eins, nichts wenig, nichts viel - / Alles endlos - kein Augenblick, / Wo es nie graun, nie dämmern will. / Die Zeit, die endlos dauert. / Dort gar kein - gar kein - gar kein Ziel - / Endlos fort - wo im Genick / Die Ewigkeit mir lauert."

"Mai" ist einige Male ins Deutsche übersetzt worden, zum ersten Mal bereits 1844 im Almanach "Libussa" von Siegfried Kapper. Nun legt Ondrej Cikán eine überarbeitete und vermehrte Fassung seiner "Mai"-Übersetzung von 2012 vor, versehen mit abstrakten Illustrationen des Künstlers Antonín Silar, und diese deutsche Fassung, die hier neben dem tschechischen Original abgedruckt wird, präsentiert das Epos als ein lebendiges, waches, geradezu sprunghaftes und ausgesprochen vielfältiges Kunstwerk. Was Versepen des neunzehnten Jahrhunderts, der Zeit der späten Blüte jener Gattung, oft so mühsam zu rezipieren macht, ein bisweilen ratternder Gleichklang, der aus nur allzu genauer Erfüllung des Versmaßes resultiert, fehlt hier völlig. Eher wird man hier eine gebrochene, oft atemlose lyrische Erzählung antreffen, wie für den mündlichen Vortrag gemacht, jedenfalls wird man den auch beim Lesen mühelos mithören: "Es war im siebten Jahr, des Jahres letzter Tag; / Tief war die Nacht darauf. - Und neu begann da mit / Der Mitternacht ein Jahr. Und in der Landschaft lag / Ein Traum, nur nah am See klang eines Pferdchens Schritt. / Klang meines Pferdchens Schritt. - Ich ritt bei Nacht zur Stadt; / Ich kam am Hügel an, wo einst sein Grab am Pfahl / Der Wälder dunkler Held und Herr erhalten hat."

Máchas Grab ist heute mit einem wuchtigen Stein auf dem Vysehrad-Friedhof eingerichtet, dort also, wo hoch über Prag die Berühmtheiten der Nation liegen. Auf der anderen Moldauseite, im Petrin-Park, steht er auf einem Sockel, nach links geneigt im offenen Mantel und mit geschlossener Weste, den Blick geradezu ostentativ abgeneigt von der Schreibhand mit der Feder, die gerade irgendetwas auf ein Blatt kritzelt. Dass man ihn sich so gerade nicht vorstellen kann, so nachlässig unbewusst schreibend, ist auch ein Verdienst dieser Edition.

TILMAN SPRECKELSEN.

Karel Hynek Mácha: "Mai". Romantisches Liebesepos.

Aus dem Tschechischen von Ondrej Cikán. Bilder von Antonín Silar. Ketos Verlag, Wien/Prag 2020. 160 S., geb., 20,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Ausführlich und liebevoll bespricht Alena Wagnerova zwei Neuübersetzungen des berühmten Liebesepos "Mai" des tschechischen Nationaldichters, der 1836 im Alter von nur 26 Jahren an Cholera gestorben war. Sie nutzt ihre Besprechung zur Einführung in Leben und Werk des Autors: Ist die Nation nicht eine Erfindung romantischer Dichter? Natürlich war auch Mácha auf den "Volkston" aus und gilt als Mitschöpfer der modernen tschechischen Sprache, so Wagnerova. Aber gleichzeitig gibt es bei ihm ein ganzes Bündel internationaler Einflüsse von Byron über Mickiewicz bis Novalis, die ihm von der tschechischen Kritik übelgenommen wurden. Um so größer, erzählt Wagnerova, war sein Erfolg bei der zeitgenössischen deutschen Kritik. Zwei Neuübersetzungen empfiehlt die Rezensentin: Walter Schamschulas bei Kröner erschienenen Band "Der Mai" und Ondrej Cikans zweisprachige Ausgabe "Mai" im Ketos Verlag. Schamschula gehört zur letzten Generation der Prager Deutschen erzählt Wagnerova, seine Übersetzung sticht für sie durch Akkuratesse hervor. Cikans Übersetzung hat dagegen den Vorzug, eher dichterisch zu sein und das Lautmalerische des Originals wiederzugeben - überdies lobt Wagnerova Cikans kundiges Nachwort. Auch zu Otto F. Bablers Übersetzung in der "Tschechischen Bibliothek" von 2000 könne man durchaus noch greifen, rät die Rezensentin.

© Perlentaucher Medien GmbH
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