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Am 14. Oktober 1962 überfliegt ein amerikanischer U-2-Aufklärer in großer Höhe die karibische Insel Kuba. Die Auswertung der dabei erstellten Bilder zeigt den Bau von Abschussbasen für sowjetische nukleare Mittelstreckenraketen. Die Regierung der USA unter Präsident John F. Kennedy sucht nach Mitteln, einer nuklearen Bedrohung unmittelbar vor der eigenen Haustür wirksam zu begegnen. Während der folgenden 13 Tage balancieren die Sowjetunion, die USA und die Welt am Rand eines zerstörerischen Atomkrieges.Reiner Pommerin zeichnet die Vorgeschichte sowie den risikoreichen Verlauf der…mehr

Produktbeschreibung
Am 14. Oktober 1962 überfliegt ein amerikanischer U-2-Aufklärer in großer Höhe die karibische Insel Kuba. Die Auswertung der dabei erstellten Bilder zeigt den Bau von Abschussbasen für sowjetische nukleare Mittelstreckenraketen. Die Regierung der USA unter Präsident John F. Kennedy sucht nach Mitteln, einer nuklearen Bedrohung unmittelbar vor der eigenen Haustür wirksam zu begegnen. Während der folgenden 13 Tage balancieren die Sowjetunion, die USA und die Welt am Rand eines zerstörerischen Atomkrieges.Reiner Pommerin zeichnet die Vorgeschichte sowie den risikoreichen Verlauf der gefährlichsten Krise des Kalten Krieges nach. Er erläutert deren Entschärfung in letzter Minute und die folgende - allerdings nur kurze - Phase der Entspannung. Die Reihe »Kriege der Moderne«, herausgegeben vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, stellt die wichtigsten militärischen Konflikte des 19. und 20. Jahrhunderts nach modernsten wissenschaftlichen Erkenntnissen vor und erläutert ihre geschichtlichen Ursachen und politischen Folgen.
Autorenporträt
Reiner Pommerin, geb. 1943, ist Historiker und emeritierter Professor für Neuere und Neueste Geschichte. Seine Forschungsinteressen gelten der Geschichte der Internationalen Beziehungen sowie der Militärgeschichte.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.08.2022

Versprechen eingehalten
Eine kurze Geschichte der Krise um sowjetische Atomraketen auf Kuba 1962

Der Begriff "Kubakrise" gehört zu den Stichworten, die seit Jahrzehnten zuverlässig dann auftauchen, wenn wieder einmal ein Konflikt zwischen zwei atomar gerüsteten Großmächten droht. Schon in der Zeit vor dem russischen Überfall auf die Ukraine, erst recht aber seit dem 24. Februar 2022 ist es wieder so weit. Da trifft es sich gut, dass gerade eine auch für das sogenannte "breite Publikum" gut lesbare Zusammenfassung dieser Krise aus dem Jahre 1962 erschienen ist. Die vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr herausgegebene Reihe heißt zwar "Kriege der Moderne", was im Zusammenhang mit Kuba auf den ersten Blick irritieren mag. Aber, wie der Autor, der Historiker Reiner Pommerin, mit Recht feststellt: "Kein zweites Mal stand die Welt so nah am Abgrund wie in jenen Herbstwochen 1962."

Die Krise entzündete sich an der Stationierung sowjetischer Mittelstreckenraketen und den dazugehörigen atomaren Sprengköpfen auf Kuba. Das Land war nach der Revolution unter Führung Fidel Castros erst einige Jahre zuvor aus dem amerikanischen Einflussbereich ins sowjetische Lager übergewechselt. Das politische Umfeld war einerseits durch einen sich sehr selbstbewusst gebenden sowjetischen Führer, Nikita Chruschtschow, und einen neuen, gerade in außenpolitischen Dingen vergleichsweise unerfahrenen amerikanischen Präsidenten, John F. Kennedy, geprägt. Diese beiden spielten nicht nur nominell die Schlüsselrollen in dem sich entfaltenden Drama.

Kennedy war von einer inneramerikanischen Debatte geprägt, mit der er auch kräftig Wahlkampf gemacht hatte. Er hatte behauptet, die Sowjetunion sei nicht nur bei konventionellen Streitkräften, sondern auch bei der Raketentechnik den Vereinigten Staaten deutlich überlegen. Angesichts dessen war es politisch völlig ausgeschlossen, dass Kennedy die sowjetischen Raketen in seiner unmittelbaren Nachbarschaft hätte akzeptieren können. Die Frage war nur, mit welchen Schritten Washington auf die sowjetische Provokation reagieren sollte.

Die Drohung mit dem Einsatz von Atomwaffen gehörte zu dieser Zeit auf beiden Seiten zum normalen Katalog von Maßnahmen in Konflikten. Chruschtschow war dabei der deutlich Offensivere, aber auch auf westlicher Seite galt noch die Strategie der "massiven Vergeltung". Das heißt, man ging davon aus, dass auch im Falle eines vergleichsweise kleinen Zwischenfalls zwischen Ost und West mehr oder weniger sofort die geballte Kraft der nuklearen Waffen zum Einsatz kommen würde.

Die Risikobereitschaft politischer Akteure in internationalen Krisen wird nicht zuletzt dadurch bestimmt, wie man sein jeweiliges Gegenüber einschätzt. Chruschtschow sah in Kennedy nicht nur einen unerfahrenen Präsidenten, sondern auch einen politisch geschwächten. In Bezug auf Kuba lastete das Desaster der missglückten Invasion von Exilkubanern in der Schweinebucht, die von den USA unterstützt wurden, auf dem Präsidenten. In Berlin hatte der Mauerbau zwar einerseits offenbart, wie wenig attraktiv das sowjetische Gesellschaftsmodell für die Menschen war. Aber andererseits hatten die Amerikaner Hoffnungen enttäuscht, sie würden die Mauer mit Gewalt beseitigen. Dies alles ließ Chruschtschow seinen Versuch starten, so etwas wie strategische Parität mit Washington herzustellen. Moskau verfügte nämlich, entgegen amerikanischen Behauptungen, zu diesem Zeitpunkt nicht über genügend Interkontinentalraketen, um die USA ganz sicher von einem atomaren Erstschlag abhalten zu können. Die Amerikaner hatten andererseits Mittelstreckensysteme in Europa stationiert, mit denen sie - zusätzlich zu den strategischen Bombern - sowjetisches Gebiet mit Atomwaffen treffen konnten.

Die eigentliche Krise begann für die Öffentlichkeit mit einer Radio- und Fernsehrede Kennedys am 22. Oktober. Dem waren tagelange Beratungen über mögliche Reaktionen im Führungskreis um den Präsidenten vorausgegangen. Hatten vor allem Militärs, aber auch viele Politiker, anfangs sofortige Luftangriffe auf die zum großen Teil noch im Bau befindlichen Raketenstellungen in Kuba gefordert, so setzten sich schließlich diejenigen durch, die es mit einer Blockade Kubas versuchen wollten.

Von Anfang an Teil der Strategie, die auf eine Entfernung der sowjetischen Raketen und Atomsprengköpfe aus Kuba zielte, waren amerikanische Raketen in der Türkei. Dieser Teil der amerikanischen Strategie wurde allerdings streng geheim gehalten. Nur so konnte Kennedy am Schluss vor der Öffentlichkeit als derjenige auftreten, der die Sowjetunion zum Einlenken gezwungen habe. Die - ohnehin altersschwachen - amerikanischen Raketen wurden auch deutlich später abgezogen als die sowjetischen aus Kuba. Bis es so weit war, hatten alle Beteiligten freilich noch viele heikle Momente zu überstehen.

Letztlich beigelegt wurde der Konflikt auf persönlicher Ebene, durch Briefwechsel zwischen Chruschtschow und Kennedy. Beide Spitzenpolitiker gingen ein hohes Risiko ein, beide wollten aber einen großen Krieg verhindern. Spätestens an diesem Punkt enden Parallelen zum Krieg gegen die Ukraine. Nikita Chruschtschow hielt alle Versprechen, die er John F. Kennedy gegeben hatte, auch gegen heftigen Widerstand Fidel Castros. Er vertraute der mündlichen Zusage Kennedys über den Abzug der amerikanischen Raketen aus der Türkei. Er vermied es, den Präsidenten im Nachhinein durch Veröffentlichung dieses Teils der Abmachung bloßzustellen. Sein primäres Ziel, Washington von einer Invasion in Kuba abzuhalten, habe er erreicht, sagte Chruschtschow.

Man stelle sich vor, an seiner Stelle hätte ein Politiker vom Schlage Wladimir Putins amtiert, von dem - wie kürzlich ein litauischer Politiker sagte - man nicht sagen könne, welche Verträge und Abmachungen er noch nicht gebrochen habe. PETER STURM

Reiner Pommerin: Die Kubakrise 1962.

Philipp Reclam jun. Verlag, Ditzingen 2022. 159 S., 14,95 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Peter Sturm ist dem Historiker Reiner Pommerin und dem Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr höchst dankbar für diesen Band. Pommerin erläutert darin en detail die Geschehnisse rund um die Kubakrise von 1962, und zwar laut Sturm für ein breites Publikum, also gut verständlich. Wie nah die Welt damals am Abgrund stand und wie Chruschtschow und Kennedy durch Verhandlungsgeschick und Ehrlichkeit schließlich doch Frieden bewahrten, erzählt Pommerin laut Rezensent mit Sinn für die vielen heiklen Momente der Krise. Die Parallelen zur Gegenwart scheinen Sturm auf der Hand zu liegen. Durchgängig sind sie nicht, meint er.

© Perlentaucher Medien GmbH