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Gelehrter, Staatsmann, Wegbereiter des Humanismus und Liberalismus - Wilhelm von Humboldt zählt zu den herausragenden Männern der deutschen Geschichte. In Lothar Gall hat er einen Biographen gefunden, der durch sein hohes Renommée und seine exzellente Kenntnis der Geistesgeschichte des 19. Jahrhunderts diesem Lebensbild des großen Preußen besonderes Gewicht verleiht.
Gall zeigt uns einen Humboldt, der in seiner Weltoffenheit und geistigen Universalität weit über seine Zeit hinausweist, dem großen Dichterfürsten Goethe ebenbürtig und mit bis in unsere Zeit hineinreichender Wirkung. Als
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Produktbeschreibung
Gelehrter, Staatsmann, Wegbereiter des Humanismus und Liberalismus - Wilhelm von Humboldt zählt zu den herausragenden Männern der deutschen Geschichte. In Lothar Gall hat er einen Biographen gefunden, der durch sein hohes Renommée und seine exzellente Kenntnis der Geistesgeschichte des 19. Jahrhunderts diesem Lebensbild des großen Preußen besonderes Gewicht verleiht.

Gall zeigt uns einen Humboldt, der in seiner Weltoffenheit und geistigen Universalität weit über seine Zeit hinausweist, dem großen Dichterfürsten Goethe ebenbürtig und mit bis in unsere Zeit hineinreichender Wirkung. Als Reformer des preußischen Bildungswesens, als Teilnehmer am Wiener Kongress oder als Erforscher der Sprachen der Welt - stets war Humboldt durchdrungen von einem zutiefst humanistischen Menschen- und Gesellschaftsbild. Gall zeichnet aber auch das Porträt eines Mannes, der den schönen Dingen des Lebens mit allen Sinnen zugewandt war und dessen Residenzen in Paris, Rom, Berlin oder London Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens waren. Nicht zuletzt gelingt es Gall vorzüglich, das faszinierende Zeitalter aufscheinen zu lassen, in dem Humboldt wirkte und das geprägt war von den Erschütterungen der Französischen Revolution, vom Furor Napoleons, von der Neuordnung Europas und von den Anfängen eines deutschen Nationalbewusstseins.
Autorenporträt
Gall, LotharLothar Gall, geboren 1936 in Lötzen/Ostpreußen. Als Historiker lehrte er in Gießen, Berlin und von 1975 bis 2005 an der Goethe-Universität in Frankfurt/Main. Er ist Herausgeber der Historischen Zeitschrift, Präsident der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und Vorsitzender des Kuratoriums des Historischen Kollegs. Zu seinen zahlreichen Büchern zählen Biographien über Bismarck, Walther Rathenau und Hermann Josef Abs. Bei Propyläen erschienen »Bismarck« (1995) und »Wilhelm von Humboldt« (2011).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.01.2012

Der Projektemacher aus Tegel
Ein Individualist, der sich auch unter Intriganten zu helfen wusste: Lothar Gall porträtiert den umtriebigen Wilhelm von Humboldt
Für einen, der hauptsächlich der eigenen Bildung leben wollte und dem auch die Mittel für eine unabhängige Existenz zur Verfügung standen, hat Wilhelm von Humboldt erstaunliche Amtslasten auf sich genommen. Als preußischer Gesandter in Rom besaß er noch die Möglichkeit, Staatsgeschäfte und eigene Interessen zugleich zu verfolgen, aber mit der glücklichen Balance war es vorbei, nachdem er im beinahe bankrotten, von russischer Unterstützung und Napoleons Wohlwollen abhängigen Preußen Direktor der Sektion für Kultus und öffentlichen Unterricht wurde.
Er blieb nur kurz in diesem Amt, die folgenden Stationen seiner diplomatischen Laufbahn verwickelten ihn umso stärker in die Welthändel. Er vertrat Preußen auf den Friedenskongressen, die Europa neu ordneten und entwickelte dabei gehörigen Ehrgeiz. Der allmächtige Staatskanzler Karl August von Hardenberg mochte in diesem Punkt überängstlich gewesen sein, doch sprach vieles dafür, Humboldt als politischen Konkurrenten ernst zu nehmen. Der Mann, der immer wieder Wege suchte für „die höchste und proportionierlichste Ausbildung seiner Kräfte zu einem Ganzen“, zog sich erst zu Beginn des Jahres 1820, als seine politischen Hoffnungen Schiffbruch erlitten hatten, endgültig an den Schreibtisch des Privatgelehrten zurück.
Wilhelm von Humboldt wird immer dann gern zitiert, wenn es gilt, die Bildungsanstalten vor den Zumutungen der Praxis und vor Projektemacherei zu schützen. Dabei war er zeitlebens selber ein Projektemacher, unstet, viel reisend, noch mehr beginnend, entwerfend, nur weniges vollendend, getrieben gleichermaßen von Ruhebedürfnis und Wirkungsgier. Daniel Kehlmann hat ihn – an den Tatsachen vorbei – als Stubenhocker karikiert. Und so nimmt man mit großer Neugier die Biographie des Historikers Lothar Gall in die Hand, der uns, nachdem der Bruder und der Ehemann gründlich erforscht sind, den ganzen Humboldt verspricht, den Egozentriker wie den Weltverbesserer, den Gelehrten wie den Politiker, der mit der Tollkühnheit der Reformzeit versuchte, Preußen eine Dosis Individualismus zu injizieren.
„Ein Preuße von Welt“ – der Titel könnte nicht besser gewählt sein. Als „dezidierter Individualist“, dem eben deshalb das „Allgemein-Menschliche“ so am Herzen lag, der Spannungsverhältnisse pflegte, statt sich an Eindeutigem, Einseitigem, Simplem zu erbauen, soll er hier porträtiert werden. Dabei verfährt Gall, wie schon in seiner Bismarck-Biographie, streng chronologisch, um die Offenheit der Entwicklung zu betonen, die Perspektive der Zeitgenossen verständlich zu machen.
So gipfelt die Jugendgeschichte – lieblose Mutter, beste Lehrer, Bekanntschaft mit Gentz, Schiller und anderen – in einer längeren Darstellung der für uns wohl interessantesten Schrift Humboldts, seinen „Ideen zu einem Versuch, die Gränzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen“ aus dem Jahr 1792. Die „Ideen“ wurden erst postum veröffentlicht, sie irritieren bis heute durch liberale Konsequenz: der Staat habe für Sicherheit der Bürger zu sorgen, sich sonst aber in deren Privatangelegenheiten nicht einzumischen. Wie positiv auch seine Absichten und Ziele sein mögen, er entmündige und entkräfte sie, wenn er ihren Freiraum und ihr freies Zusammenwirken beschränke. Gall ist zuzustimmen, wenn er, wie andere vor ihm, in Humboldts ersten politischen Schriften die „ideologische Überhöhung des eigenen Egozentrismus“ erblickt.
Und doch ist der Einspruch gegen Bevormundung im Namen des Gemeinwohls damit nicht abgetan. Wie es in Preußen und sonst im Reich praktisch um das Verhältnis von Untertanen und Regierungen bestellt war, erfährt man in dieser Biographie leider nicht. Gall geizt überhaupt mit Kontexten, verzichtet darauf, die Diskussionen nachzuzeichnen, auf die Humboldt reagierte. Er war aber doch auch intellektuell häufiger ein Abenteurer, als seine meist langamtigen Sätze vermuten lassen.
Die Konzentration auf den Helden, die Entscheidung für dessen Sicht der Dinge rächen sich in den Kapiteln über die Reformzeit und Humboldts Mitwirkung an der Belebung des Gemeinsinns. Zu knapp, zu handbuchartig fallen die Bemerkungen über Mitstreiter und Kontrahenten aus. Den einen, gemeinsamen „Geist der Reformer“ hat es nicht gegeben. Sie erschienen, so der Historiker Thomas Stamm-Kuhlmann, zunächst als „Intrigantenkonfiguration“. In rasch wechselnden Konstellationen, unter widrigsten Bedingungen, konfrontiert mit horrenden Kontributionsforderungen, ständigen Geldsorgen, andauerndem Krieg in Europa und unter einem zögerlichen König, improvisierten sie notgedrungen, ergriffen Gelegenheiten.
Die Kohärenz der wohlformulierten Denkschriften sollte darüber nicht hinwegtäuschen. Gall zitiert Humboldts lakonische Äußerung über die Universitätsgründung: „Man beruft eben tüchtige Männer und lässt das Ganze sich allmählich ankandieren“. Wahrscheinlich ist in diesem Satz eines Individualisten mehr Einsicht enthalten als in vielen tiefsinnigen Programmen. Diese werden ausführlich referiert, aber leider nicht mit der Wirklichkeit der damaligen Bildungsanstalten verglichen. Zu sehr vertraut der Biograf den abgewogenen Formulierungen seines Helden. Mancher Gegenspieler, allen voran Hardenberg, hätte eine eingehendere Würdigung verdient.
Man erfährt viel über Humboldts Ansichten und Kontakte in diesem Buch, aber die Dramatik der Ereignisse wird nicht erlebbar, die Schauplätze bleiben so blass wie die erotischen Abenteuer des weltgewandten, vornehmen, tapferen Liberalen. Humboldt unterlag politisch, um dann im Lauf des 19. Jahrhunderts als Legende aufzuerstehen. Auf eine Lebensbeschreibung, die ihn ganz in seine Zeit stellt und aus dieser erklärt, müssen wir weiter warten.
JENS BISKY
LOTHAR GALL: Wilhelm von Humboldt. Ein Preuße von Welt. Propyläen Verlag, Berlin 2011. 443 S., 24,99 Euro.
Das Familiengrab der Humboldts im Park von Schloss Tegel – entworfen von Schinkel. Die „Hoffnung“ auf der Säule schuf Bertel Thorwaldsen. Wilhelm von Humboldt gestaltete Tegel nach seinem Rückzug aus der Politik zu einer klassizistischen Trutzburg um, dem Schönen und der Wissenschaft gewidmet. Foto: akg-images / Erich Lessing
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.09.2012

Humboldts Biograph

Ein großer Biograph großer Männer: Trotzig gegen die Modetrends der eigenen Zunft richtet sich das Werk des Historikers Lothar Gall, der seine größte biographische Tat, die Geschichte des "weißen Revolutionärs" Bismarck, vollbrachte, als die herrschende akademische Meinung Biographien grundsätzlich für unerlaubt hielt. Nun hat sich Gall Wilhelm von Humboldt zugewandt, legendärer Bildungsreformer und "Preuße von Welt", wie es treffend im Untertitel heißt. Die Vorfreude auf den neuen Gall wird bei der Lektüre getrübt: Das Buch ist etwas nachlässig im Detail, geradezu uninteressiert an manchem, was dem Protagonisten doch keineswegs unwichtig gewesen sein dürfte (der Vater stirbt im Nebensatz, Humboldts erotische Abenteuer werden eher widerwillig erwähnt), und die Gegenspieler, Karl August von Hardenberg etwa, bleiben blass. Auch stilistisch, erzählerisch bewegt sich das Buch nicht ganz auf der Höhe früherer Gall-Bücher: Der Verdacht drängt sich auf, dass weite Passagen diktiert sind, nicht geschrieben. Und ist es überhaupt die historische Figur Wilhelm von Humboldt, die den Frankfurter Ordinarius, seit 2005 emeritiert, interessierte? Oder ging es Gall in erster Linie darum, im Gewand der Biographie des Bildungsreformers Fundamentalkritik an heutigen Universitätsreformen zu üben? Das jedenfalls gelingt überzeugend, und auch wenn dabei Wilhelm von Humboldt hier und da etwas zu stark aus dem eigenen Kontext gerät: Es bleibt doch ein Gall, ein Buch also, das trotz allem herausragt aus der "Mehltauprosa" (Joachim Fest) seiner Zunft. (Lothar Gall: "Wilhelm von Humboldt". Ein Preuße von Welt. Propyläen Verlag, Berlin 2011. 443 S., geb., 24,99 [Euro].)

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Mit viel Lob bedenkt Rezensent Hans-Albrecht Koch diese Biografie Wilhelm von Humboldts, die Lothar Gall vorgelegt hat. Wie in seinen Werken über Bismarck, Krupp oder Walther Rathenau gelingt es dem Historiker zur Freude des Rezensenten auch in vorliegendem Buch, individuelle Existenz und Epoche überzeugend miteinander zu verschränken. Ausführlich rekapituliert Koch Leben und Karriere von Humboldt, zeigt ihn als Diplomaten und Beamten, als Philosoph, Sprachwissenschaftler und Bildungstheoretiker. Galls Arbeit zeichnet sich für ihn durch eine Sprache von "nüchterner Eleganz" und durch einen gelungenen Aufbau aus. Er attestiert dem Autor, die gewaltigen Stoffmassen souverän zu bändigen und durch klug eingesetzte Wiederholungen, Variationen und Pausen dem Leser die Lektüre und die Aufnahme des Stoffes zu erleichtern.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Ein großer Biograph großer Männer: Trotzig gegen die Modetrends der eigenen Zunft.« FAZ 20120907