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Nachdem er jahrelang die Zerstörung seiner Familie im Holocaust verdrängte, beginnt der Geigenbauer Amnon Weinstein in seiner Werkstatt in Tel Aviv in den 1990er Jahren damit, Geigen zu restaurieren, die von jüdischen Musikern während des Holocausts gespielt wurden. Denn vor ihm steht ein Mann, der im Orchester von Auschwitz spielte, seine Violine über Jahrzehnte nicht angerührt hat und sie nun für seinen Enkel reparieren lassen will. Als Weinstein das Instrument öffnet, entdeckt er im Inneren Asche, die aus den Krematorien stammen muss.
Grymes erzählt die Geschichte von sieben Geigen, die
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Produktbeschreibung
Nachdem er jahrelang die Zerstörung seiner Familie im Holocaust verdrängte, beginnt der Geigenbauer Amnon Weinstein in seiner Werkstatt in Tel Aviv in den 1990er Jahren damit, Geigen zu restaurieren, die von jüdischen Musikern während des Holocausts gespielt wurden. Denn vor ihm steht ein Mann, der im Orchester von Auschwitz spielte, seine Violine über Jahrzehnte nicht angerührt hat und sie nun für seinen Enkel reparieren lassen will. Als Weinstein das Instrument öffnet, entdeckt er im Inneren Asche, die aus den Krematorien stammen muss.

Grymes erzählt die Geschichte von sieben Geigen, die Weinstein in den folgenden Jahren zu neuem Glanz und Leben erweckt: Für die Musiker konnten sie ein Mittel sein, um rechtzeitig aus Europa zu fliehen, wie bei Bronislaw Hubermann, dem Gründer des Palestine Orchestra, des späteren berühmten Israel Philharmonic Orchestra. Um nicht vollständig Mut und Verstand zu verlieren, wenn sie wie Erich Weininger bei seiner Odyssee nach Palästina von den Briten abgefangen und für Jahre nach Mauritius deportiert wurden. Oder wie Henry Meyer in Konzentrationslagern und Ghettos um ihr Leben spielten.

Geigen konnten sogar dazu dienen, sich mit Waffen zu wehren, wie die Geschichte von Mordechai Schlein zeigt, der es schaffte, mit Hilfe eines Geigenkastens, in dem er Sprengstoff versteckte, einen Club voller SS-Offiziere in die Luft zu jagen. Und sie wurden zum einzigen Andenken an lang vermisste Verwandte, wie bei Shimon Krongeld, dessen Instrument nach seinem Tod völlig unerwartet bei seiner Familie in Jerusalem auftauchte.

GEWINNER DES NATIONAL JEWISH BOOK AWARD 2014

"Die Nazis wollten nicht nur uns, sondern die gesamte jüdische Kultur zerstören - und nun sind wir hier. Die jüdische Kultur, sie lebt."
Amnon Weinstein anlässlich des von Sir Simon Rattle dirigierten Konzerts der Berliner Philharmoniker am 27. Januar 2015 zum 70. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz mit den von Weinstein restaurierten Geigen.

Amnon Weinsteins Eltern, Moshe und Golda, kamen 1938 als Zionisten nach Palästina, wo ein Jahr später Amnon zur Welt kam. Ihre gesamte Familie wurde nach dem deutschen Einmarsch in die Sowjetunion 1941 ermordet. Moshe war Geiger, aufgewachsen in Brest-Litowsk, der im litauischen Vilnius am Konservatorium studiert hatte. In Israel wurde er zum Geigenbauer, der seinen Beruf an Amnon weitergab.
Amnons früheste Erinnerung ist die an seine Familie, wie sie in den 40er Jahren bei den großen jüdischen Festen am Tisch sitzt:

"Sie waren vier. Amnon, seine kleine Schwester Esther und ihre Eltern Moshe und Golda. Und vierhundert Geister. Die Geister seiner Verwandten ..."
Autorenporträt
JAMES A. GRYMES, Professor für Musikwissenschaft und Leiter des Musikwissenschaftlichen Instituts an der Universität of North Carolina in Charlotte. Promotion an der Florida State University, zahlreiche Veröffentlichungen zu musikwissenschaftlichen Themen vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Wichtige Bücher zum ungarischen Pianisten und Komponisten Ernst von Dohnányi, Vater des deutschen Widerstandskämpfers Hans von Dohnanyi. Essays für die Huffington Post und musikwissenschaftliche Zeitschriften wie Acta Musicologica, Hungarian Quarterly, Music Library Association Notes und Studia Mu-sicologica.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.04.2017

Sie werden weiter gespielt
Klingende Zeugen des Holocaust: Zwei Bücher berichten von der Rettung der Streichinstrumente ermordeter Juden

Amnon Weinstein hat in seiner Werkstatt in Tel Aviv viele Geigen gebaut und repariert. Früh hatte er das Handwerk von seinem Vater Moshe gelernt. Der war 1938 mit seiner Frau Golda aus dem damals polnischen Vilnius in das britische Mandatsgebiet Palästina geflohen. Der Vater reparierte nicht nur, er sammelte auch: alte Geigen, die er in einem Schrank verstaute und über die er nie sprach. Geigen, die Juden gehört hatten, die in Konzentrationslagern gespielt wurden. Manchem hat die Geige im Lager das Leben gerettet, wo die nationalsozialistischen Peiniger Häftlinge in Orchestern spielen ließen.

Nie öffnete Moshe Weinstein den Schrank, auch sein 1939 in Tel Aviv geborener Sohn tat es lange nicht. Bis ihm 1992 Daniel Schmidt, ein Bogenbaumeister aus Dresden, viele Fragen zu diesen Geigen stellte und nicht lockerließ. Erst jetzt war Amnon Weinstein bereit, die Geschichte nicht länger zu verdrängen.

Weinstein begann, sich mit der Geschichte der Geigen zu beschäftigen und sie zu restaurieren. Meist waren die Instrumente aus den Lagern und Gettos in fast hoffnungslosem Zustand. Weinstein suchte weitere Geigen, die während der Judenverfolgung von jüdischen Musikern gespielt worden waren. So wuchs die Sammlung auf sechsundsechzig Geigen. Eine, die des jungen Mordechai "Motele" Schlein, der als Zwölfjähriger mitansehen musste, wie seine Eltern getötet wurden, liegt heute in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem.

Die Geigen erklangen erstmals wieder 2006 in Istanbul, dann zwei Jahre später in Jerusalem vor der Klagemauer. Seither fanden Konzerte an vielen Orten statt - in der Synagoge von Worms, im Konzerthaus von Cleveland, in Paris und Madrid, in London und Rom. Vor zwei Jahren, am siebzigsten Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, erklangen die Geigen in Berlin: Israelische und deutsche Musiker spielten sie unter Leitung von Simon Rattle in der Berliner Philharmonie. Dazu hatte der israelische Pianist Ohad Ben-Ari das Stück "Violinen der Hoffnung" komponiert. Titus Müller und Christa Roth erzählen diese Geschichte und die Geschichte des Amnon Weinstein in ihrem Buch.

Der amerikanische Musikwissenschaftler James A. Grymes verfolgt einen anderen Ansatz. Akribisch hat er die Geschichte einzelner Geigen in Weinsteins Sammlung erforscht. Er erzählt, wie das Palestine Orchestra entstanden ist, das heute Israel Philharmonic Orchestra heißt. Gegründet hat es der polnische Geiger Bronislaw Huberman, der so jüdischen Musikern aus Europa das Leben rettete. Grymes' Buch ist mehr als nur die Geschichte individueller Schicksale. Wer das Buch liest, hat immer auch die Ermordung der Juden im Blick.

Grymes schildert etwa, wie Erich Weininger von Wien über Dachau, Buchenwald, Bratislawa und Mauritius nach vielen Jahren endlich nach Palästina kam - mit seiner Geige. Anhand des Schicksals des Dresdner Geigenvirtuosen Henry Meyer erzählt Grymes die wahnwitzige Geschichte des Orchesters im Konzentrationslager Auschwitz. Im Februar 2018 werden die Geigen, die Amnon Weinstein gesammelt und restauriert hat, in der KZ-Gedenkstätte Dachau zu hören sein.

RAINER HERMANN

Titus Müller und Christa Roth: "Geigen der Hoffnung". Damit

ihr Lied nie verklingt.

Adeo Verlag, Asslar 2016. 208 S., Abb., geb., 17,99 [Euro].

James A. Grymes: "Die Geigen des Amnon Weinstein".

Aus dem Amerikanischen von Jürgen Reuß. Open House Verlag, Leipzig 2017. 287 S., Abb., geb., 25,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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