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Ebenso provokant wie klar zeigt Jonathan Aldred: Wirtschaft und Ökonomie haben diese verheerende Entwicklung zu verantworten. Eine überfällige, augenöffnende Kritik, die den desaströsen Einfluss ökonomischer Theorien auf unsere Moral und Wertvorstellungen offenbart. In den letzten 50 Jahren hat sich das, was wir als »gut« oder »richtig« bewerten, dramatisch verändert. Verhaltensweisen, die unserer Großelterngeneration nur schädlich oder schlicht bösartig vorkamen, erscheinen heute rational, ja natürlich.
In der Folge von Milton Friedman, John Maynard Keynes und ihren Erben hat sich die
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Produktbeschreibung
Ebenso provokant wie klar zeigt Jonathan Aldred: Wirtschaft und Ökonomie haben diese verheerende Entwicklung zu verantworten. Eine überfällige, augenöffnende Kritik, die den desaströsen Einfluss ökonomischer Theorien auf unsere Moral und Wertvorstellungen offenbart. In den letzten 50 Jahren hat sich das, was wir als »gut« oder »richtig« bewerten, dramatisch verändert. Verhaltensweisen, die unserer Großelterngeneration nur schädlich oder schlicht bösartig vorkamen, erscheinen heute rational, ja natürlich.

In der Folge von Milton Friedman, John Maynard Keynes und ihren Erben hat sich die Ökonomie unmerklich zur Ersatzreligion moderner Gesellschaften aufgeschwungen. Ihre Maximen und Schlüsselideen - von Nudging bis zum Trittbrettfahren - wirken sich heute direkt auf unsere Entscheidungsfindung aus und durchdringen so gut wie jeden Aspekt des alltäglichen Lebens. Im 21. Jahrhundert haben Wirtschaft und Ökonomie nicht nur Einfluss auf Politik und Gesellschaft, sondern auch auf unser Denken, Handeln und unsere Moral genommen. Hinter ihrer Dominanz werden die Alternativen zum System unsichtbar: Heute akzeptieren wir bereitwillig, dass alles vermarktet werden kann. Zugänglich deckt Aldred die erstaunliche Macht, welche die Ökonomie über uns hat, auf und zeigt anhand konkreter Beispiele aus unserer Erfahrungswelt, wie sie uns tagtäglich verdirbt. Ein ebenso scharfsinniges wie schonungsloses Buch, das zugleich Wege aufweist, uns aus ihrem allgegenwärtigen Klammergriff einer korrumpierenden Ökonomie zu befreien.

Warum ist wirtschaftliches Denken schlecht für unsere Moral?

»Ich behaupte nicht, dass die Menschen heutzutage grundsätzlich »weniger nett« oder »unmoralischer« sind als die vorherigen Generationen. In den letzten fünfzig Jahren haben uns stattdessen neue ökonomische Ideen darüber, wie wir uns verhalten sollten, dazu gebracht, die Welt auf eine andere Art und Weise zu sehen. Es sind diese wirkmächtigen Ideen, die unser Verhalten neu justiert haben: Was vor gar nicht allzu langer Zeit noch egoistisch, dumm oder schlicht bösartig erschien, ist heute akzeptabel, rational, natürlich und so offensichtlich, dass wir es nicht in Frage stellen.«
Autorenporträt
Jonathan Aldred, ist Director of Studies in Ökonomie am Emmanuel College und lehrt außerdem als Newton Trust Lecturer am Department of Land Economy der University of Cambridge. Sein erstes Buch, 'The Skeptical Economist', erschien 2012 auf Englisch. Darüber hinaus veröffentlichte er zahlreiche Forschungsaufsätze und Artikel in wissenschaftlichen Sammelbänden.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.11.2020

Böse Kunstlehren
Modell und Wirklichkeit: Jonathan Aldred versucht eine Fundamentalkritik der Ökonomik

Um zu begreifen, was der Autor in diesem Buch zeigen möchte, ist dessen englischer Titel hilfreich: "Licence to be bad. How Economics corrupted us". Jonathan Aldred, Director of Studies eines Colleges in Cambridge, geht mit der sogenannten Mainstream-Ökonomie und ihren wirklichen und vermeintlichen Mängeln ins Gericht; er hält sie für zugleich falsch, bösartig und unvorstellbar einflussreich. Sie habe unser Alltagsverhalten im Sinne von Egoismus und Rücksichtslosigkeit weitgehend korrumpiert. Der naheliegenden Frage, warum offenkundig fehlerhafte, wenig plausible und moralisch fragwürdige Modelle eine solche Bedeutung bekommen konnten, weicht Aldred nicht aus. Der "große Umschwung des vorherrschenden ökonomischen und politischen Denkens" sei durch die Wahl von Ronald Reagan und Margaret Thatcher ausgelöst worden. Sie hätten ein in der Nachkriegszeit entstandenes Bündel ökonomischer Ideen populär gemacht, das die vermeintliche Effizienz einer gefühllosen, allein vorteilsuchenden Verhaltensweise gepredigt habe. Dass die öffentliche Debatte viel kritischer ist, blendet der Autor dabei aus. Für ihn ist die vorherrschende Ökonomie eine Art Täterlehre, die der Bereicherung von wenigen und der Korrumpierung von vielen dient.

Die Herkunft dieser Lehren verortet Aldred im amerikanischen militärisch-industriellen Komplex. Am Anfang seiner Betrachtung stehen folgerichtig die in der Tat im Kontext militärischen Denkens entstandene Spieltheorie und die von ihr ausgehenden Überlegungen zum ökonomischen Alltagsverhalten unter Unsicherheit. Daran anschließend wirft Aldred einen Blick auf die Theorie von Ronald Coase, wonach alle ökonomischen Handlungen bei fehlenden Transaktionskosten effizient allein über Marktpreise gesteuert würden (staatliche), Eingriffe mithin unnötig seien. Dies habe zur Vorstellung von perfekten Märkten beigetragen, die es freilich ebenso wenig gebe wie die im Gefangenendilemma der Spieltheorie unterstellte Dominanz nichtkooperativer Spiele.

Aldred behandelt dann weitere Bausteine der modernen Ökonomik: das Konzept des Trittbrettfahrens und des moralischen Risikos (moral hazard) etwa, das für ihn eine Art asoziales Verhalten prämiert, obwohl Menschen in Wirklichkeit viel sozialer seien; die Theorie des rationalen Verhaltens (behavioural economics), nach der das gesamte Leben einer ökonomischen Vorteilslogik unterworfen werde; die Vorstellung der Anreizsteuerung, die den Menschen instrumentell begreife und zu Handlungen anrege, die der Komplexität seiner Motive gar nicht entsprächen; schließlich die heute weitverbreitete Vorstellung der meritokratischen Begründetheit sozialer Ungleichheit, die, wissenschaftlich falsch, eine reine Anleitung zur Selbstbereicherung ohnehin reicher Menschen sei, welche über genug Einfluss verfügten, ihre Vorstellungen auch politisch zur Geltung zu bringen. Ronald Reagan und Margaret Thatcher werden so zu Verfechtern einer bösartigen Kunstlehre, die rücksichtslose Bereicherung als Weg zur allgemeinen Effizienzsteigerung verkauft habe. Das Urteil ist hart: Die moderne Ökonomik sei sachlich fehlerhaft und moralisch fragwürdig, ja bösartig.

So sehr Aldred mit einzelnen Beobachtungen zu Ökonomen, die ihre Modellannahmen mit der Realität verwechseln und aus ihnen fragwürdige normative Positionen ableiten, auch recht hat: Sein Hauptargument, es seien die unrealistischen Annahmen (homo oeconomicus, Budgetrationalität, Optimierungsstrategie, Effizienz), die ein angemessenes Bild der Wirtschaft ausschlössen, ist unzutreffend. Diese Annahmen sind auch keine "Innovationen" der fünfziger Jahre, sondern finden sich bereits in der klassischen ökonomischen Literatur. Schon der älteren Wirtschaftswissenschaft war klar, dass ökonomische Modelle von bestimmten Annahmen abhängen, die von der nicht modellierbaren empirischen Vielfalt der Welt absehen müssen, um zu plausiblen Aussagen zu kommen, die bei der Interpretation ökonomischer Befunde helfen.

John Stuart Mill hat diese auf David Hume zurückgehende Überlegung, dass der "rationale Mensch" eine Modelle überhaupt erst ermöglichende Annahme ist, klar formuliert. Diese Annahmen mit der Wirklichkeit zu verwechseln und zu behaupten, der Homo oeconomicus sei dort anzutreffen, ist in der Tat ziemlich einfältig - und eine naive Ökonomie, die das tut, ist deshalb auch zu kritisieren. Aber wegen dieses Fehlers in einzelnen Texten die gesamte Wirtschaftswissenschaft aufzugeben ist offensichtlich keine Alternative. Da bleibt Aldred denn auch zwangsläufig vage. Zwar fordert er beständig einen realistischeren, kulturell gesättigten Zugriff auf die wirtschaftliche Alltagswelt; die Idee einer anderen Ökonomik taucht dabei aber nicht auf, sondern bestenfalls die Empfehlung, anthropologische und historische Fragestellungen einzubeziehen und auf die vermeintliche Exaktheit mathematisierter Aussagen zu verzichten. In Form der Wirtschaftsgeschichtsschreibung aber gibt es das längst, und es hat erkennbar auch seine Grenzen.

Eine Kritik, wie sie dieser Autor anbringt, wird auch kaum Resonanz erzeugen, weil sie keine verbesserte Praxis empfiehlt, sondern eigentlich zur Selbstaufgabe rät. Vor welcher Aldred aber dann doch zurückschreckt, denn seine Ratschläge für eine Besserung der Wissenschaft und der gegenwärtig so korrupten Welt bleiben - von der Forderung, den Spitzensteuersatz drastisch anzuheben, abgesehen - blass: Die Wirtschaftswissenschaft möge besser erklären, was sie tue, die politischen Überzeugungen aufdecken, die ihr häufig zugrunde lägen, überhaupt weniger arrogant auftreten, den eigenen Wahrheitsanspruch zurücknehmen und schließlich in der Ausbildung des Nachwuchses eine größere Vielfalt zulassen und ein besseres Gespür für die wirtschaftliche Realität der Welt an den Tag legen.

Das ist alles ganz in Ordnung, doch steht die Harmlosigkeit dieser Forderungen, die fast durchweg offene Türen einrennen, in deutlichem Kontrast zu den vorhergehenden Verdammungen. Sie überzeugen auch nicht: So sehr Kritik an den Wirtschaftswissenschaften und vielen fragwürdigen normativen Annahmen sinnvoll ist, so wenig ist es nachvollziehbar, einer Wissenschaft die Perspektivität vorzuhalten, die sie als Disziplin charakterisiert. Der Weg zu einer verbesserten Ökonomik wird so gewiss nicht gefunden.

WERNER PLUMPE.

Jonathan Aldred: "Der korrumpierte Mensch". Die ethischen Folgen wirtschaftlichen Denkens. Aus dem Englischen von Karsten Petersen. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2020. 443 S., geb., 25,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Werner Plumpe überzeugt Jonathan Aldreds Tirade gegen die Mainstream-Ökonomie und ihre Wegbereiter wie Reagan und Thatcher nicht. Der Autor übersieht seiner Meinung nach, dass es zu einer mit Konzepten wie dem "moral hazard" arbeitenden Ökonomie bereits eine kritische öffentliche Debatte gibt und rennt offene Türen ein. Die abschließenden Vorschläge des Autors gegen Korruption und für eine andere Wirtschaft und Wirtschaftswissenschaft findet Plumpe zudem recht blutleer und vage. Sie steht in keinem Verhältnis zum zuvor verbreiteten Furor, moniert er.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Jonathan Aldred zeigt in seinem faszinierenden Buch, wie es dazu kommen konnte, dass wir uns in einer von der Wirtschaft dominierten Wirklichkeit befinden, und er weist akribisch nach, wie dieser fundamentale Strukturwandel unserer Gesellschaft von langer Hand geplant und mit welchem politischen Nachdruck er verfolgt wurde. [...] Die Lektüre dieses Buchs kann Ihnen die Augen öffnen.« Ralph Krüger, Kulturbuchtipps.de, 18. März 2021 Ralph Krüger Kulturbuchtipps.de 20210318