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Auf der einen Seite Salafisten, auf der anderen rechte «Bürgerwehren» - und die Presse peitscht sie auf. Als Kommissar Calil Drake frühmorgens zu einer Baustelle im südlichen London gerufen wird, erwartet ihn ein makaberer Tatort: Zwei Leichen, brutal zerquetscht unter Gesteinsbrocken. Drake wittert die Chance, endlich seinen beschädigten Ruf wiederherzustellen. Woher kannten sich die Toten? Um die entscheidende Verbindung zwischen den beiden aufzudecken, nimmt er sogar die Hilfe der forensischen Psychiaterin Dr. Rayhana Crane in Kauf. Doch während das Ermittlerteam in der Vergangenheit der…mehr

Produktbeschreibung
Auf der einen Seite Salafisten, auf der anderen rechte «Bürgerwehren» - und die Presse peitscht sie auf.
Als Kommissar Calil Drake frühmorgens zu einer Baustelle im südlichen London gerufen wird, erwartet ihn ein makaberer Tatort: Zwei Leichen, brutal zerquetscht unter Gesteinsbrocken. Drake wittert die Chance, endlich seinen beschädigten Ruf wiederherzustellen. Woher kannten sich die Toten? Um die entscheidende Verbindung zwischen den beiden aufzudecken, nimmt er sogar die Hilfe der forensischen Psychiaterin Dr. Rayhana Crane in Kauf. Doch während das Ermittlerteam in der Vergangenheit der Opfer nach Spuren sucht, beginnt die Presse, von einer Steinigung nach Scharia-Recht zu schreiben - und die Spannungen in dem prekären Viertel drohen zu eskalieren ...
Autorenporträt
Parker Bilal ist das Pseudonym, unter dem der britisch-sudanesische Autor Jamal Mahjoub als Kriminalautor schreibt. Geboren 1960 in London, wuchs Mahjoub in Khartum im Sudan auf, der Heimat seines Vaters. Für seine literarischen Werke hat er zahlreiche internationale Auszeichnungen und Preise erhalten. Auf Deutsch erschienen unter anderem die Romane 'Der Sternenseher' und 'Die Stunde der Zeichen'. Nach vielen Jahren im dänischen Aarhus lebt Mahjoub nun in Barcelona.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension

Rezensent Thomas Wörtche findet es okay, dass Parker Bilal mit seinem neuen Krimi um den heruntergekommenen Detective Drake und seine Kollegin Crane, eine forensische Psychiaterin, die Bedürfnisse einer breiten Leserschicht bedient und dafür bei der Literarizität Abstriche macht. Sprengkraft besitzt der Text um die rituelle Tötung zweier Menschen im Brenntiegel London zur Zeit des Brexit vor allem wegen seiner Story und seines Settings. Als Momentaufnahme aus einem profitgierigen, unter Verdrängung, Rassismus unsd Paranoia leidenden London taugt der Roman ganz wunderbar, versichert Wörtche.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.09.2020

Der Moloch frisst seine Kinder

Ritualmord an der Themse: Der britisch-sudanesische Autor Parker Bilal schickt ein neues Ermittlerduo durch London. Zeit für eine Entdeckung.

Es war die Großmutter. Sie fütterte den Enkel mit englischsprachigen Thrillern aller Art, damals in den frühen siebziger Jahren in Khartoum, wo der 1966 in London geborene Jamal Mahjoub aufwuchs, als Sohn einer Engländerin aus Bradford und eines Sudanesen. Die Großmutter wiederum hatte zwischen den Weltkriegen einen Deutschen geheiratet. Ihr Enkel zieht seit dem Geologiestudium in England durch die Welt, heute lebt er mit seiner spanischen Frau nach längeren Aufenthalten in Sudan, Dänemark und Spanien in Amsterdam. Unterwegs zu sein liegt offenkundig in der Familie.

Als Romancier debütierte er 1989, schrieb acht Romane, die durchaus Anklang bei der Kritik fanden, denen aber ein größerer kommerzieller Erfolg versagt blieb. Ins Deutsche schafften es wenig Texte, die Edition Büchergilde brachte 2008 den Roman "Die Stunde der Zeichen" heraus, 2012 veröffentlichte Rowohlt "Die dunklen Straßen von Kairo". Das war der erste Band einer neuen Reihe, mit der Mahjoub in jenem Jahr ins Krimifach wechselte - unter dem Pseudonym Parker Bilal, eine Reminiszenz an seine Großmutter. Einen solchen Schritt haben schon viele Autoren versucht, darunter auch große Namen wie John Banville oder J. K. Rowling, auch weil der Hautgout der Genreliteratur Schnee von vorgestern ist. Längst nicht allen ist der Schritt geglückt, Krimi kann nicht jeder, Bilal durchaus.

Bei Bloomsbury erschienen sechs Bände der Reihe um den aus Sudan stammenden Kriminalkommissar Makana, der vor den Islamisten flüchten muss, seine Familie verliert und sich fortan auf einem Hausboot in Kairo als Privatdetektiv durchschlägt. Eine Hauptrolle spielt dabei der Moloch Kairo selbst, dessen fortwährendes Werden und Vergehen jeden Einwohner angreift. So auch in der neuen Serie, deren Auftakt Bilal 2019 unter dem Titel "The Divinities" (Die Gottheiten) bei Indigo Press veröffentlicht hat. In der nun bei Rowohlt vorliegenden Übersetzung von Ulrike Thiesmeyer heißt der Roman "London Burning", aufgemacht ist er wie eine Boulevardzeitungs-Titelseite. Das passt insofern, weil es tatsächlich brennt bei Ausschreitungen, ist aber doch ein wenig plakativ, weil der Titel auf den Namen einer privaten Sicherheitsfirma anspielt, die sich in Deorum Risk Strategies umbenannt hat, um Spuren zu verwischen. Damit ist auch ein Leitmotiv des Romans benannt - die Vergangenheit gibt ihre Geheimnisse nur zäh preis.

"A Crane and Drake Novel": Crane steht für die Kriminalpsychologin Rayhana Crane, persische Wurzeln, zauberschön, mehrsprachig, Kampfsport, Triumph Bonneville - und trotz dieser beliebten Attribute keine Karikatur einer Superfrau. Sie war für den britischen Geheimdienst 2008 im Irak und hat psychologische Profile von Soldaten erstellt, die Gewalt gegen Zivilisten verübten.

Drake steht für Calil Drake, der stets abwesende Vater Jamaikaner, die alkoholkranke Mutter Engländerin. Er war als Soldat in jenem Krieg, ging dann zur Militärpolizei, schulte auf Kriminaler um. Da er dunkelhäutig ist und bei den Muslimen als Muslim gilt - in einer Episode seines Lebens beschäftigte er sich mit der Glaubenspraxis -, ist er für seine Vorgesetzten der ideale Quotenbulle, für die Leute, mit denen er aufwuchs, tendenziell ein Verräter. Ein missglückter Undercover-Einsatz gegen einen serbischen Bandenführer endete mit dem Verdacht, Drake habe sich kaufen lassen. Er wird degradiert und nach Yorkshire strafversetzt.

Jetzt ist er zurück und will sich mit aller Macht rehabilitieren. Zwei Tage gibt ihm Superintendent Wheeler, um den Mord an einem Mann und einer Frau zu lösen, die man gefesselt und geknebelt in eine Grube einer in Bau befindlichen Luxuswohnanlage warf und dann mit einer Ladung Schotter bei lebendigem Leib zerquetschte. Eine Steinigung im Geist der Scharia? Ein ritueller Mord, um ein Zeichen zu setzen? Crane sieht es so. Die Toten verbindet, dass sie eine Entführung im Irak überlebt haben, ein Paar waren sie nie. Eine dritte Geisel überlebte nicht. Spielt Rache eine Rolle?

Drake beginnt zu stochern und stößt bald auf die elenden, namenlosen Taglöhner, die von Sklavenhändlern als illegale Bauarbeiter herbeigeschafft werden, um den Luxus der Superreichen zu bauen. Es ist kalt in London, es regnet, manchmal schneit es, und diese dauergraue Grundierung lässt die Friktionen der Weltstadt grell hervortreten. London wird als Ort gezeigt, der gleichzeitig allen und niemandem gehört, mit einem Vielvölkergemisch und Straßenzügen, in denen kein Mensch Englisch spricht. Die sozialen Unterschiede sind irreparabel, das große Geld hat sein seelisches Vernichtungswerk längst getan.

Parker Bilal kennt diese verschiedenen Gesichter der Stadt, und seine Figuren transportieren die Atmosphären dieser Milieus, ohne stereotyp zu wirken - die griechische Unterwelt-Gang, die desillusionierten Muslime, die Jamaikaner, ihr fragiles Zusammenleben in einer betonbrutalistischen Sozialsiedlung namens Freetown, einem rechtsfreien Raum, den die Polizei aufgegeben und den Neonazis als Aufmarschgebiet überlassen hat.

Drake hadert mit seinem Job, in dem er nur Gegenwind verspürt, und er hadert mit London. "Früher hatte ihm die Stadt mal etwas bedeutet. Vielleicht verstand er sie nicht mehr. Wer lebte hier alles, was machten diese Leute? Wovon träumten sie?" Crane empfindet die Stadt als "Grenzgebiet, in dem jeder träumen kann", als "Schnittstelle, wo Dschihadisten neben Rechtsradikalen lebten, und beide trachteten danach, sich das Chaos zunutze zu machen. Beide wollten die Energie hier anzapfen und aus etwas Positivem in das finstere Gegenteil verkehren."

Dass Drake der Fall entzogen wird und er sich seinem ihn bekämpfenden Vorgesetzten unterordnen soll, führt naturgemäß zu einer gegenteiligen Reaktion. Denn seine Instinkte sind einfach besser. Warum Parker Bilal am Ende glaubt, nicht ohne ein vorhersehbares Blutrausch-Finale auskommen zu können, bleibt sein Geheimnis. Im Vergleich zur durchgehend soliden Psychologie der Figuren, die er bis dahin entwickelt hat, wirkt es wenig überzeugend. Aber es trübt den guten Gesamteindruck nicht so weit, dass man Crane und Drake nicht eine zweite Chance geben würde.

HANNES HINTERMEIER

Parker Bilal: "London Burning". Kriminalroman.

Aus dem Englischen von Ulrike Thiesmeyer. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg 2020. 493 S., br., 12,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Parker Bilal schreibt phantastische Kriminalromane. The Times