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Antonius der Große, der als Einsiedler in der Wüste teuflischen Versuchungen widersteht und zum Leitbild des Mönchtums wird, ist eine Schlüsselfigur des frühen Christentums. Peter Gemeinhardt erzählt anhand der zahlreichen antiken Quellen das über hundert Jahre währende Leben des Heiligen und zeigt, warum dieses Urbild eines Asketen gerade in der Moderne so viele Schriftsteller und Künstler inspiriert hat. Kaum ein antiker Christ hat seine Zeitgenossen so fasziniert wie Antonius (um 250 - 356). Das Leben des ägyptischen Eremiten ist ein Fenster zu einer fremden und fernen Welt, in der das…mehr

Produktbeschreibung
Antonius der Große, der als Einsiedler in der Wüste teuflischen Versuchungen widersteht und zum Leitbild des Mönchtums wird, ist eine Schlüsselfigur des frühen Christentums. Peter Gemeinhardt erzählt anhand der zahlreichen antiken Quellen das über hundert Jahre währende Leben des Heiligen und zeigt, warum dieses Urbild eines Asketen gerade in der Moderne so viele Schriftsteller und Künstler inspiriert hat.
Kaum ein antiker Christ hat seine Zeitgenossen so fasziniert wie Antonius (um 250 - 356). Das Leben des ägyptischen Eremiten ist ein Fenster zu einer fremden und fernen Welt, in der das Christentum eine Religion neben anderen war, von inneren Kämpfen zerrissen, von römischen Kaisern grausam verfolgt und auf der Suche nach einem Weg, als Christ in der Welt - oder an ihren Rändern - den Glauben zu leben. Peter Gemeinhardt rekonstruiert das Leben des Heiligen von seiner Kindheit in Mittelägypten über den langen Rückzug in die Wüste bis zu seinem Tod im gesegneten Alter von 105 Jahren. Er beschreibt seine Lehre vom eigenen Rhythmus der Seele, den es zu finden gilt, und geht den zahlreichen Bildern und Legenden rund um Antonius nach, von der Verehrung als "Mönchsvater" im Mittelalter bis zu den surrealistischen Visionen seiner Versuchungen im 20. Jahrhundert.
Autorenporträt
Peter Gemeinhardt, geb. 1970, ist Professor für Kirchengeschichte an der Universität Göttingen. Bei C.H.Beck erschien von ihm bereits Die Heiligen (2010).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.03.2013

In der Ödnis wohnt der Teufel

Ein Wüstenheiliger, der sich immer in den oberen Rängen hielt: Peter Gemeinhardt widmet sich Leben, Lehre und Legende des heiligen Antonius.

Von Helmut Mayer

An Heiligen mangelt es in der westlichen Bildertradition nicht. Aber nur einer von ihnen, der Wüstenvater Antonius, hat als eigenständige Figur den Übertritt in die vorderen Ränge der künstlerischen Moderne geschafft. Ein Heiliger damit, der auch schon zuvor alle geistlichen Renaissancen und Reformen gut überstanden hatte, auf dem Feld des kirchlichen Gebrauchs wie auf dem der Bilder.

Der ikonographische Erfolg hatte freilich auch damit zu tun, dass Antonius eng mit den dämonischen Versuchungen verknüpft wurde, von denen seine Hagiographen berichteten. Vom späten fünfzehnten Jahrhundert an gewannen die Künstler ihnen viele Möglichkeiten ab, Erfindungskraft unter Beweis zu stellen - und ihre modernen Nachfolger blieben davon nicht unbeeindruckt. Die Dämonen waren bereits in der "Vita" des Antonius, die der Bischof von Alexandrien Athanasius kurz nach dessen Tod im Jahr 356 schrieb, eine wichtige Komponente. Zu einem der berühmtesten frühen Wüsteneremiten, an dem Athanasius mit Wirkung über die Jahrhunderte hinweg Leitideale des monastischen Lebens vor Augen stellte, wurde Antonius nicht zuletzt durch seinen siegreichen Kampf gegen diese Widersacher.

Der Göttinger Kirchengeschichtler Peter Gemeinhardt hat nun die reiche Literatur über den "ersten Mönch" und seine Wirkungsgeschichte zu einem schmalen, eleganten Band kondensiert. Er gibt auch dem auf hagiographischem Feld unbewanderten Leser eine gute Vorstellung davon, wie sich die Figur dieses Heiligen in den frühen Texten konturierte, und skizziert wichtige Linien der Wirkungsgeschichte bis hinauf zu ihren modernen Anverwandlungen.

Die Erfolgsgeschichte von Athanasius' Lebensbeschreibung, die gemeinsam mit der Sammlung der "Wüstenvätersprüche" und den in ihrer Zuschreibung umstrittenen "Briefen" das Ausgangsmaterial bildet, war alles andere als selbstverständlich. Schließlich ging es nicht, wie bis dahin üblich, um einen Märtyrer, der durch Blutzeugenschaft in den Heiligenrang und zum Beistand der Gläubigen aufgerückt war. Das Martyrium hatte Antonius, wenn man den Quellen vertraut, während einer der letzten Christenverfolgungen zwar gesucht, gestorben aber war er im biblischen Alter von hundertfünf Jahren nach Jahrzehnten eines einsiedlerischen, nur von wenigen Reisen unterbrochenen Lebens auf seinem "inneren Berg" Kolzim in der ägyptischen Wüste.

Seinem ersten und entscheidenden Hagiographen war es darum zu tun, ein solches Asketenleben als vorbildlich zu erweisen und gleichzeitig außer Zweifel zu stellen, dass der Heilige ein treuer Mann der Kirche gewesen war. Beides erledigt Athanasius, wie Gemeinhardt zeigt, mit Geschick. Antonius wird bei ihm zum christlichen Athleten, der in seiner Jugend alle weltliche Bildung zurückweist, um nach dem Tod seiner Eltern - wohlhabenden koptischen Christen - konsequent den Weg in die Wüste zu gehen, wo er abseits aller Zerstreuungen, wenn auch durchaus nicht ganz einsam, zu Gott finden wollte.

Die Wüste aber ist das angestammte Revier des Teufels und der Dämonen. Die entrüsten sich denn auch über diesen weiteren Eindringling und schreiten zur Attacke: "Der Feind fürchtete, dass binnen kurzem auch die Wüste durch die Askese zur Stadt würde. So kam er in einer Nacht mit einer Menge Dämonen und schlug Antonius so heftig, dass er sprachlos auf dem Boden liegen blieb." Die Dämonen führten einen - selbstredend aussichtslosen - Verteidigungskampf und waren überdies wie ihr Oberherr mit einer überzeugenden Psychologie ausgestattet: Als verworfene Seelen neideten sie den Asketen den Weg zum Heil.

Ihre handgreiflichen Attacken machten das tapfere Beharren des damals noch jungen Asketen besonders deutlich, aber subtilere Praktiken waren ihnen durchaus auch geläufig. Die nackten Frauen und Reichtümer, wiewohl für die späteren Bilderwelten oft unabdingbar, möchte man gar nicht unbedingt dazuzählen. Schon eher solche Winkelzüge wie das Anspornen der Eremiten zu gesteigerter Askese oder Auftritte als bewundernde Mitmönche. Man hat da gar keine Mühe, die heikle Balance zu verstehen, die Athanasius halten muss: Auf der einen Seite soll klar werden, dass die Dämonen gegen einen Menschen, der sich des Beistands Christi vergewissert, keine Chancen haben. Andererseits muss die Gefahr der dämonischen Verführung immer noch überzeugend wirken - worauf Athanasius in späteren Abschnitten seiner "Vita" aber nicht mehr ganz baut.

Denn da ist schon klar, zu welch demütig gefasster Seelenruhe und klarer geistiger Unterscheidungskraft dieser Eremit gefunden hat. Gemeinhardt kommentiert bündig, wie hier frühe Charakterisierungen eines christlich-monastischen Ideals auch paganes Philosophenlob anklingen lassen. Athanasius' eigene Agenda, nicht zuletzt die Auseinandersetzung mit den Arianern, wird ebenso bündig umrissen wie das ungleich theologisch-gelehrtere Ansehen, das Antonius in den ihm zugeschriebenen Briefen gewinnt.

Was die spätere Wirkungsgeschichte nach der Jahrtausendwende vor allem noch hinzufügte, war der Heiler und Schutzpatron mit Zuständigkeit für die als "Antoniusfeuer" bezeichnete Krankheit. Eine Karriere, die mit der Eindämmung dieser Krankheit zu Ende ging, dem Heiligen aber einen oft mit ihm dargestellten Begleiter bescherte. Jenes Schwein nämlich, auf das auch Wilhelm Busch nicht verzichtete, als er - aus Unkenntnis oder auch demonstrativer protestantischer Wurstigkeit - Antonius von Padua mit dem Wüstenvater zusammenwarf.

Da aber ist man schon auf dem Gebiet der modernen Rezeption im späten neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert angelangt. Gustave Flauberts 1874 publizierte "Versuchung des heiligen Antonius", in welcher ein kleinmütiger Antonius mit einer geballten Ladung vergleichender Religionswissenschaft und viel Dekor aus dem Gleichgewicht gebracht wird, inspirierte vor allem die Maler - von Odilon Redon und Gustave Moreau bis Lovis Corinth. Bei Max Ernst dagegen, mit dessen "Versuchung" von 1945 Gemeinhardt die ikonographische Linie abschließt, durften noch einmal die zoomorphen Monster zulangen, die Martin Schongauer und Hieronymus Bosch in ihren Bildern mit so durchschlagender Wirkung auf nachfolgende Maler auf den Weg gebracht hatten. Dämonen sind, zu welcher Gestalt sie auch immer finden, halt nie obsolet.

Peter Gemeinhardt: "Antonius". Der erste Mönch. Leben, Lehre, Legende.

Verlag C. H. Beck, München 2013. 240 S., Abb., geb., 19,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Macht dem Rezensenten Freude, dieser kleine Band, in dem der Kirchenhistoriker Peter Gemeinhardt die reiche Literatur über Antonius, seines Zeichens erster Mönch, Asket, christlicher Athlet, Heiler und Schutzpatron und beliebtes Motiv bei Redon, Corinth und Max Ernst, und dessen Wirkungsgeschichte nachzeichnet. Sehr elegant, weil bündig umrissen, erscheint Helmut Mayer, wie sich dem Leser hier die hagiografische Fleißarbeit, eine heikle Balance nicht selten, wie Mayer lernt, und die schrittweise Verheiligung der Figur erschließen.

© Perlentaucher Medien GmbH