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Erfurt, Winnenden, Utøya - groß ist das öffentliche Entsetzen nach jedem Amoklauf eines Sportschützen. Und kurz. Dafür sorgen die Propagandisten der Schützen-Verbände und die ihnen hörigen Politiker. Und wieder verdrängen die für einen Moment beunruhigten Bürger die Gefahren tödlicher Sportwaffen. Bis zum nächsten Massaker.Roman Grafe legt diesen Kreislauf aus kollektivem Egoismus, Ignoranz, fehlendem Mitgefühl und immer neuen Sportschützen-Opfern offen. Der Autor hat nach jahrelangen Recherchen erstmals Ursachen und Folgen des Sportwaffen-Wahns umfassend dokumentiert. Er beschreibt die…mehr

Produktbeschreibung
Erfurt, Winnenden, Utøya - groß ist das öffentliche Entsetzen nach jedem Amoklauf eines Sportschützen. Und kurz. Dafür sorgen die Propagandisten der Schützen-Verbände und die ihnen hörigen Politiker. Und wieder verdrängen die für einen Moment beunruhigten Bürger die Gefahren tödlicher Sportwaffen. Bis zum nächsten Massaker.Roman Grafe legt diesen Kreislauf aus kollektivem Egoismus, Ignoranz, fehlendem Mitgefühl und immer neuen Sportschützen-Opfern offen. Der Autor hat nach jahrelangen Recherchen erstmals Ursachen und Folgen des Sportwaffen-Wahns umfassend dokumentiert. Er beschreibt die Geschichte des laschen Waffenrechts und der Privatwaffen-Morde in Deutschland und weltweit.Zudem zeigt Grafe auf, wie es in drei demokratischen Rechtsstaaten gelang, die Waffengesetze wirksam zu verschärfen. Und wie in Deutschland allein die Initiative »Keine Mordwaffen als Sportwaffen!« seit dem Winnender Schulmassaker 2009 für ein Verbot tödlicher Sportwaffen, egal welchen Kalibers, kämpft.
Autorenporträt
Roman Grafe, geb. 1968, ist Autor, Journalist und Filmemacher. Er arbeitete u. a. für die ARD, die »Süddeutsche Zeitung«, die »FAZ« und »Die Zeit«. Am Tag des Winnender Schulmassakers im März 2009 war Grafe Mitbegründer der Initiative »Keine Mordwaffen als Sportwaffen!«, deren Sprecher er ist. Ziel der Initiative ist das Verbot tödlicher Sportwaffen. 2009 und 2016 sprach er als Sachverständiger für Waffenrecht im Deutschen Bundestag. Die »Winnender Zeitung« nannte Roman Grafe »den wohl streitbarsten Kämpfer in dieser Republik für ein strengeres Waffengesetz«.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Auf den Tag zehn Jahre ist es her, dass in Winnenden ein Schüler mit der halbautomatischen Militärwaffe seines Vaters, eines Sportschützen, sechzehn Menschen erschoss - und der Journalist, Autor und Filmemacher Roman Grafe eine Initiative zum Verbot tödlicher Sportwaffen gründete, erinnert Robert Probst. Mit "Spaß und Tod" zieht Grafe nun auf 650 Seiten eine Zwischenbilanz, die den Rezensenten tief erschüttert. Dabei, so macht Probst schnell klar, hat er an dem Buch einiges auszusetzen, immer wieder geht mit dem Autor der Aktivist durch, steht sein Anlegen einer nüchternen Analyse im Weg. Dennoch wird vieles eindrucksvoll deutlich, der von Politik und Waffenverbänden gepflegte "Mythos vom scharfen deutschen Waffenrecht" etwa oder die in der chronologischen Auflistung von Amokläufen zu Tage tretenden immer gleichen Floskeln von Funktionären und Politikern, stellt Probst fest. Er bewundert Grafes Engagement und wundert sich, warum es nicht einen breiten Konsens für dessen Anliegen gibt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.03.2019

Lebensgefahr
Der Aktivist Roman Grafe erzählt von seinem Kampf für ein Verbot tödlicher Sportwaffen, dem Leid der Angehörigen – und der Gleichgültigkeit der Mehrheit
Der Mörder von Winnenden kam mit einer halbautomatischen, großkalibrigen Beretta-Pistole 92 FS, einer Militärwaffe, die etwa bei der US-Armee in Gebrauch ist. Er holte sie einfach aus dem Schlafzimmerschrank seines Vaters, einem Sportschützen. Am 11. März 2009 erschoss Tim K. an der Albertville-Realschule acht Schülerinnen, einen Schüler und drei Lehrerinnen. Auf der Flucht tötete der 17-Jährige drei weitere Menschen, bevor er sich selbst das Leben nahm. Am selben Tag gründete der Journalist, Autor und Filmemacher Roman Grafe die Initiative „Keine Mordwaffen als Sportwaffen“. Das Ziel: ein Verbot tödlicher Sportwaffen, egal welchen Kalibers. Zehn Jahre später hat Grafe nun Bilanz gezogen. Es ist eine bittere. Aus seiner Sicht hat er (noch) nichts erreicht.
Grafes Buch ist eine erschreckende Dokumentation und Anklageschrift zugleich. In Deutschland gibt es etwa 960 000 registrierten Waffenbesitzer (Stand 31.12.2018) mit etwa fünf Millionen Schusswaffen. Laut Grafes Initiative sind seit 1990 mehr als 240 Sportwaffenopfer in Deutschland zu beklagen, offizielle Statistiken gibt es nicht. Stattdessen gibt es laut Grafe den Mythos vom scharfen deutschen Waffenrecht. Eine Mythos, der vor allem der Beruhigung der Bürger dient. Und der scheinbar nach wie vor gut funktioniert.
Ja, dieses Buch hat viele Schwächen. Es betrachtet nicht die unterschiedlichen Motive der Mordschützen; es fehlt eine Definition, was als Amoklauf, als gezieltes Massaker oder als Terrorakt einzustufen ist; es gibt wenig fundierte Mutmaßungen über die psychologischen Gründe für die Begeisterung am Sportschützentum; es gibt Waffenmetaphern in Hülle und Fülle („Das Dauerfeuer der Waffenmagazine“, „Ein Volltreffer“ für den Minister, „wie aus der Pistole geschossen“ kontert Joachim Herrmann (CSU) . . .), es gibt die nervige Aufzählung, welche Zeitung welche Pressemitteilung der Initiative aufgegriffen hat.
Außerdem hat Grafe sich entschieden, sein 600-Seiten-Werk konsequent chronologisch aufzubauen. Amoklauf folgt auf Amoklauf. Auf den ersten Blick ist auch das ein Problem. Doch letztlich ist diese Erzählweise (so muss man es nennen, denn es wird mehr erzählt als analysiert) auch die größte Stärke dieses Buches. Denn alles wiederholt sich, die immer gleichen Sprüche der Sportschützen-Funktionäre (bedauerlicher Einzelfall, Brauchtum und Kultur in Gefahr, oder besonders zynisch: Wir sind die eigentlichen Opfer), der Zuspruch zahlreicher Politiker (Noch mehr Gesetze können keinen Amoklauf verhindern), salbungsvolle Worte beim Gedenken an Todesopfer, die Verzweiflung der Betroffenen, dass wieder nichts passiert. Zumindest nicht genug. Grafes Gegenvorschlag – Druckluftwaffen oder Lasergeräte – führt bei den Schützenvereinen meist nur zu höhnischem Gelächter.
Grafe ist in dem Sinne auch mehr Aktivist als abwägender Autor, er ist ein Freund klarer Sprache. Immer am Rande der Verleumdung balancierend, wimmelt es beim ihm nur so von „bewaffneten Extremisten“, „Demagogen“ und „Gefangenen im Waffenwahn“. Seine Gegner sind die Verbandsvertreter der Legalwaffen-Besitzer, Politiker, die offenbar die Lobbymacht der Waffenfreunde fürchten und Waffennarren, die ebenfalls nicht zimperlich sind in ihrer Wortwahl und ihn als Lügner, als Tatsachenverdreher oder als Mann mit paranoiden Zügen beschimpfen und seiner Familie Schlimmes androhen.
Das Buch ist verdienstvoll und aufrüttelnd, Grafes Engagement bewundernswert. Doch Grafe hat, obwohl 99 Prozent der Deutschen keine Sportschützen sind, nicht die Mehrheit auf seiner Seite. An wenigen Stellen gibt er Einblick in seine Seelenleben, schreibt über Zweifel und Tränen – und kämpft weiter unermüdlich gegen die Gleichgültigkeit der Öffentlichkeit, die sich bei allem momentanen Schrecken offenbar nicht bedroht fühlt.
Dass es anders geht, zeigt etwa das Beispiel Großbritannien, wo Faustfeuerwaffen seit 1997 verboten sind – nach einem Schulmassaker. Und nach einem Aufschrei der Bevölkerung.
ROBERT PROBST
Roman Grafe:
Spaß und Tod. Vom Sportwaffen-Wahn – Opfer, Täter, Lobbyisten.
Mitteldeutscher Verlag, Halle 2019. 652 Seiten, 30 Euro.
Winnenden, am Tag nachdem Tim K. in seiner ehemaligen Schule ein Blutbad angerichtet hat.
Foto: Marijan Murat/dpa
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