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Kaum waren seine berühmten Essais erschienen, da brach Michel de Montaigne zu seiner großen Reise auf, der wir sein »Tagebuch der Reise nach Italien über die Schweiz und Deutschland von 1580 bis 1581« verdanken.Ob in seinem berühmten Turm bei der neun Jahre währenden Niederschrift seiner Essais oder auf seiner Tour durch Italien: das Unterwegssein gehörte für Montaigne zum Dauerzustand seiner Existenz.Montaignes genauer Blick in toleranter »Aufmerksamkeit und Gelassenheit« lässt sein Reisetagebuch zur farbig vitalen Quelle der Kulturgeschichte werden - wobei ihn Kunstführerqualitäten und…mehr

Produktbeschreibung
Kaum waren seine berühmten Essais erschienen, da brach Michel de Montaigne zu seiner großen Reise auf, der wir sein »Tagebuch der Reise nach Italien über die Schweiz und Deutschland von 1580 bis 1581« verdanken.Ob in seinem berühmten Turm bei der neun Jahre währenden Niederschrift seiner Essais oder auf seiner Tour durch Italien: das Unterwegssein gehörte für Montaigne zum Dauerzustand seiner Existenz.Montaignes genauer Blick in toleranter »Aufmerksamkeit und Gelassenheit« lässt sein Reisetagebuch zur farbig vitalen Quelle der Kulturgeschichte werden - wobei ihn Kunstführerqualitäten und Berichte über Sehenswürdigkeiten wenig interessieren. Er nimmt Landschaft, Land, Leute und Lebensweisen in Augenschein - mit Hochachtung vor dem »niederen Volk«: Koch- und Tischsitten in den Gasthöfen haben es ihm angetan, er studiert die Bordelle von Venedig und Florenz oder erlebt Hinrichtungen und Teufelsaustreibungen.Kaum eine Gelegenheit zu Trink-, Bade-und Schwitzkuren lässt der reisende Humanist und Erkenntnissucher aus - gequält von seinem Nierenleiden. So gut wie auf dieser Reise fühlte er sich nie.Seine tollkühne Jahrhundertarbeit der ersten modernen Gesamtübersetzung der Essais aus Montaignes sprachgewaltigem Französisch der Renaissance setzt Hans Stilett mit diesem Reisetagebuch fort.»So habe ich gerade mit großem Interesse die Reisebeschreibungen Montaignes gelesen: Sie bereiten mir an manchen Stellen noch mehr Vergnügen als selbst seine Essais.« Johann Wolfgang von Goethe
Autorenporträt
Michel de Montaigne, geboren 1533 in St-Michel-de-Montaigne/Dordogne, gestorben 1592 ebenda, stammte aus einer adligen Kaufmannsfamilie. Nach dem Jurastudium war er Parlamentsrat und später Bürgermeister von Bordeaux. 1585 zog er sich aus dem öffentlichen Leben zurück, um sich ganz der literarischen Arbeit zu widmen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.12.2013

Literatur Neun Jahre saß Michel de Montaigne in seinem Turm und schrieb Essays, 1580 machte er sich auf "nach Italien über die Schweiz und Deutschland". Und wenn man heute die Tagebücher dieser Reise liest, die soeben neu herausgegeben wurden (Die Andere Bibliothek, 492 Seiten, 38 Euro), ist das natürlich vor allem ein Reiseführer in eine sehr fremde Zeit. Montaigne zieht von Gasthof zu Gasthof, von Trink- zu Schwitzkur, die eigentlichen Sehenswürdigkeiten aber sind die Sitten, die er auf seinen Stationen vorfindet und die so unterschiedlich sind, als reiste er durchs All. Jedes Kaff ist ein Kontinent, es herrscht eine Art Föderalismus des Wahnsinns. Er trifft Frauen, die sich als Männer ausgeben, Hermaphroditen, Lesben und Schwule, Teufelsaustreiber und katholische Prostituierte. Wie wenig diese Zeit in das Koordinatensystem von heute passt, erkennt man wohl am besten am überraschenden Lob für die deutsche Küche: Nie zuvor habe Montaigne "so delikate Gerichte gegessen". Und daran, den Wein ohne Wasser zu trinken, wie die Menschen vom Bodensee, daran könnte er sich auch gewöhnen.

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Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.03.2014

Die Kinder
von Lucca
Deutschland, Schweiz, Italien:
Montaignes Reise-Tagebuch
Wer ein Tagebuch schreibt, tut wenigstens zweierlei: Er beobachtet etwas Fremdes, und er beobachtet sich. Und wenn er mit seinem Tagebuch nicht Höheres im Sinn hat, also von vornherein damit rechnet, von Dritten, also von einem Publikum gelesen zu werden, so schreibt er, was er zu schreiben hat, in eher formloser Weise auf, ohne den Willen zur literarischen Gestaltung und vor allem, ohne sachliche Hierarchien bilden zu wollen.
  Michel de Montaignes „Tagebuch der Reise nach Italien über die Schweiz und Deutschland“, in den siebzehn Monaten zwischen Juni 1580 und November 1581 entstanden, ist ein sehr frühes, aber angemessenes Beispiel für eine solchermaßen unprätentiöse Art, ein Tagebuch zu verfassen: „In den Genuss gesellschaftlichen Umgangs mit den Einheimischen zu kommen, ist unmöglich“, schreibt Michel de Montaigne etwa in Lucca nieder, „da sie bis zu den Kindern ständig mit ihren eignen Angelegenheiten und der Herstellung von Stoffen beschäftigt sind, die sie vertreiben. Insofern ist der Aufenthalt für Fremde hier recht unerfreulich und verdrießlich.“
  Selbstverständlich stellt sich angesichts solcher Nachrichten die Frage, ob der – vermutlich gar nicht vorgesehene – zweite oder dritte Leser dergleichen erfahren will. Andererseits: Wann hätte man schon einen dermaßen unverstellten Blick in das späte sechzehnte Jahrhundert getan, und das anhand einer Reise mit schnell wechselnden Orten und Gelegenheiten? Die Neugier findet hier zudem einen besonderen Halt, weil die Reiseroute so modern wirkt. Sie führt durch Frankreich, Deutschland und Italien auf nahezu denselben Wegen, wie das heute Autobahnen tun: Es geht also über den Brenner, der Apennin wird zwischen Bologna und Ferrara gekreuzt und Rom nicht auf dem Weg die Küste entlang, sondern über Viterbo erreicht. Diesem Wiedererkennen haben Herausgeber, Grafiker oder Verlag noch Vorschub geleistet, indem sie im Text die Ortsnamen in großen Lettern und in hellblau absetzten.
  Die Neuausgabe dieses Reisetagebuchs – die Übersetzung von Hans Stilett ist zuerst im Jahr 2002 im Eichborn Verlag erschienen, und ihr geht eine bewegte Editions- und Übersetzungsgeschichte voraus – hätte es vermutlich nie gegeben, wäre die Übertragung der „Essais“, veröffentlicht im Jahr 1998 in der Anderen Bibliothek, nicht ein so großer Erfolg gewesen. Hier soll sich nun, im selben Verlag, in der üblichen feinen Ausstattung, das Œuvre vereinen, auch wenn es zuweilen nur wenig Erhebliches mitzuteilen hat: „Man sieht ringsum etwa ein Dutzend wenig einladend wirkender, ja abstoßender kleiner Häuser: allem Anschein nach verlauste Bruchbuden.“
  Tatsächlich stammen „Essais“ und Reisetagebuch erkennbar vom selben Mann: So aufmerksam wie gelassen durchzieht Michel de Montaigne die Länder, mehr interessiert an Gesprächen, Sitten, handwerklichen Eigenheiten als an den großen Werken der Kunst oder Architektur, und ebenso aufmerksam und gelassen kehrt er auch wieder heim, in den mit Büchern gefüllten Turm seines Schlosses bei Bordeaux. Das Buch hat dennoch ein intellektuelles Zentrum, eines jedoch, dass man leicht übersieht, wenn man es nicht historisch liest: Denn wohin Michel de Montaigne auch kommt, was immer er auch sieht, auf welchem Tier er auch reitet: Immer sind da die Leibesbeschwerden, die ein besonderes Wasser, eine besondere Kur oder einfach einen Tag Ruhe verlangen. In der Beobachtung des eigenen Körpers wächst – neben der Beobachtung von Land und Leuten – der zweite Aspekt des Tagebuchs heran, das moderne, auf sich selbst reflektierende Subjekt.
  Die Übersetzung ist das Werk der Begeisterung eines Mannes, nämlich Hans Stiletts, und wenn die Begeisterung ihn auch zuweilen sehr weit treibt, in Modernismen etwa oder ins Nachwort, so freut sich der Leser dennoch über weite Strecken (manchmal wird es arg formlos) an dieser Landeskunde aus dem späten sechzehnten Jahrhundert.
THOMAS STEINFELD
  
Michel de Montaigne: Tagebuch der Reise nach Italien über Schweiz und Deutschland von 1580 bis 1581. Aus dem Französischen übersetzt und mit einem Nachwort versehen von Hans Stilett. Die Andere Bibliothek, Berlin 2014. 492 Seiten, 38 Euro.
Aufmerksam und gelassen zieht
Montaigne durch die Länder,
und gelassen kehrt er heim
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

""Michel de Montaigne reiste aus Vergnügen am Reisen selbst", stellt Hans-Martin Gauger fest, und dieses Vergnügen des Autors scheint sich auf den Rezensenten übertragen zu haben. Der Bericht über die Reise nach Italien in den Jahren 1580 und 1581 enthält viele "narrative Höhepunkte", schreibt der Rezensent, etwa die Beschreibung der skurrilen Audienz bei Papst Gregor XIII. oder die wohlwollende Charakterisierung der Süddeutschen als "Prahlhänse, Choleriker und Trunkenbolde", aber "weder Betrüger noch Spitzbuben". Auch für die Übersetzung findet Gauger nur lobende Worte. Hans Stilett habe den Text "inhaltlich stilsicher erfasst und in überaus lesbares Deutsch gebracht", und zudem eine schöne Einleitung geschrieben. Schon 1777 wurde das "Journal" ins Deutsche übersetzt, 1908 hat Otto Flake eine weitere vorgelegt; mit der neuesten Übertragung liegt nun, findet der Rezensent, ein "sehr schönes, heiter menschliches, auch wunderschön aufgemachtes und übersetztes Buch" vor.

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