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Grete hat Geburtstag, und die ganze Familie reist an zum gemeinsamen Wochenende auf einem alten, renovierten Bauernhof, am Ende des Tales. Grete überläßt nichts dem Zufall: Von der Zimmereinteilung über die Speisefolge bis zum festlichen Bankett unter Sternen ist alles vorbereitet. Doch schon bald suchen die ersten Teilnehmer der Festgesellschaft ihr Heil in der Flucht. Aber dafür ist es bereits zu spät: Eine Viehseuche ist ausgebrochen, Talzu- und Ausgang müssen behördlich gesperrt werden. Olga Flor führt uns in ihrem zweiten Roman in eine perfekt arrangierte Scheinidylle. Sprachlich präzise…mehr

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Produktbeschreibung
Grete hat Geburtstag, und die ganze Familie reist an zum gemeinsamen Wochenende auf einem alten, renovierten Bauernhof, am Ende des Tales. Grete überläßt nichts dem Zufall: Von der Zimmereinteilung über die Speisefolge bis zum festlichen Bankett unter Sternen ist alles vorbereitet. Doch schon bald suchen die ersten Teilnehmer der Festgesellschaft ihr Heil in der Flucht. Aber dafür ist es bereits zu spät: Eine Viehseuche ist ausgebrochen, Talzu- und Ausgang müssen behördlich gesperrt werden.
Olga Flor führt uns in ihrem zweiten Roman in eine perfekt arrangierte Scheinidylle. Sprachlich präzise und mit Sinn für das psychologische Detail verdichtet sie dieses pittoreske Szenario zu einem Kammerspiel um Macht, Sex und die Brüchigkeit familiärer Intimität.
Autorenporträt
Olga Flor, geboren 1968 in Wien, aufgewachsen in Wien, Köln und Graz, lebt in Graz. Sie studierte Physik und arbeitete im Multimedia-Bereich. Seit 2004 freie Schriftstellerin. Ihr erster Roman Erlkönig erschien im Frühjahr 2002, zahlreiche Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften (z.B.: manuskripte, Lichtungen, Kolik, Wespennest, volltext) und Anthologien folgten. Der Monolog Fleischgerichte wurde 2004 im Schauspielhaus Graz uraufgeführt. Der Roman Talschuss erschien im Frühjahr 2005 bei Zsolnay und war monatelang auf der ORF-Bestenliste. Zahlreiche Preise und Auszeichnungen, etwa: Teilnahme an den Tagen der deutschsprachigen Literatur 2003, Reinhard-Priessnitz-Preis 2003, Otto-Stoessl-Preis 2004, George-Saiko-Stipendium 2006, Stipendium der LiterarMechana 2005/2006, Österreichisches Staatsstipendium für Literatur 2006/2007. Der Roman Kollateralschaden erschien im August 2008 und wurde für den Deutschen Buchpreis 2008 nominiert.Ihr neuester Roman Die Königin ist tot ist im He

rbst 2012 bei Zsolnay erschienen. Ein Auszug daraus wurde für den Alfred-Döblin-Preis 2011 nominiert. 2012 erhielt sie den rotahorn Literaturpreis und den Outstanding Artist Award des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.07.2005

Idylle mit Seuchengefahr
Gruppentherapie: Olga Flor versperrt der Familie alle Fluchtwege

Es soll ein besonderes Wochenende werden. Grete wird sechzig Jahre, und weil sie "einmal ihre ganze Familie um sich haben will", hat sie ihre Kinder und Enkel in die Berge eingeladen. Sie wünscht sich "etwas Authentisches", "einen Ort, der mit sich selbst im reinen ist", und Katharina, die ehemalige Freundin ihres Sohnes Thomas, hat ihr geholfen, einen alten Bauernhof zu finden und ihm mit einigen "behutsam renovierten Holzmöbeln" eine Atmosphäre "vollkommener Schlichtheit" zu verleihen. Ein einfaches, aber erlesenes Essen im sanften Licht der Abendsonne soll die Feier perfekt machen. "Hoffen wir, daß das Wetter mitspielt", sagt Katharina, die ansonsten als Event-Managerin ihr Geld verdient: "Das einzige, das man nicht steuern kann."

Bereits auf den ersten Seiten von Olga Flors Roman "Talschluß" ahnt man, daß die größte Gefahr für dieses zerbrechliche Idyll nicht von einem überraschenden Wolkenbruch ausgeht, sondern von der instabilen Großwetterlage innerhalb der Familie. Über die Frage, ob man einen einheimischen Käse nun lieber mit Olivenöl oder mit Kernöl servieren soll, läßt sich zwar noch Einigkeit herstellen, doch dann wird es schon ungemütlich. Thomas hat sich gerade von seiner Frau getrennt, und jetzt erklärt er den anderen, daß er "das Emanzipationsgerede" und "diesen ganzen Krampf" nicht mehr ertragen konnte. "Du bist ein bißchen hart zu Gudrun", findet seine Mutter, die nicht nur ihre Familie, sondern auch "andere von ihren Erfahrungen profitieren lassen möchte" und darum seit einigen Jahren Lebenshilfeseminare anbietet: "Ich kann die Menschen unterstützen bei der Suche nach dem, was ihnen guttut." - "Und damit verdienst du mittlerweile ganz prächtig", sagt Thomas, der es zum Filialleiter gebracht hat. Er ist nicht mehr nüchtern, und beinahe wäre es schon am Vorabend der Feier zum Krach gekommen.

Erst als am nächsten Morgen die Nachricht eintrifft, daß wegen einer Viehseuche niemand mehr das abgelegene Alpental verlassen darf, kippt die Stimmung in der kleinen Gruppe endgültig. Interessiert verfolgt Katharina als teilnehmende Beobachterin und Ich-Erzählerin, wie das von ihr inszenierte "Event" in den Bergen nun geradezu zwangläufig auf eine Katastrophe hinläuft. Die Zufahrtsstraßen werden gesperrt, sämtliche Fluchtwege sind also verbaut, und während immer mehr latente Konflikte hervorbrechen, suchen die Mitglieder der familiären Notgemeinschaft Schutz hinter Floskeln: "Jetzt", sagt Grete mit sanftem Lächeln, "bringen wir das Gespräch erst einmal wieder auf eine sachliche Ebene."

Die 1968 in Wien geborene Schriftstellerin Olga Flor hat ein ausgesprochen feines Gehör für die verräterischen Untertöne der zeitgenössischen Bekenntnisformeln. Grete, die esoterisch erweckte Mutter, möchte "für den Augenblick leben" und findet, daß man "sich einlassen muß", ihr Mann Ernst, der Personalchef eines größeren Unternehmen ist, philosophiert nach einem Waldlauf hilflos über die Vorzüge des "naturnahen Wirtschaftens", und als dann eine Tierärztin erscheint und mit einigen unappetitlichen Details über die Seuche aufwartet, empört sich Sohn Thomas im inhaltsleeren Jargon des leitenden Angestellten. "Eine Geburtstagsfeier, ein Sechziger, und ich muß Ihnen wohl nicht sagen, daß man in Anbetracht der Aussichten . . . daß das, was Sie da sagen, gelinde gesagt . . .", stottert er, und seine Mutter beschwichtigt ihn wie ein kleines Kind: "Beruhige dich."

Diese Momente, in denen die Sprache an der Wirklichkeit zerbricht, sind die stärksten in "Talschluß". Sicherlich wird man in diesem Roman auch das eine oder andere mißglückte Bild finden, zum Beispiel in den sexuellen Phantasien der Erzählerin. Aber im Grunde genommen ist man ja froh, daß dieser literarische Ausflug in die selbstgefällige und klaustrophobische Welt der postmodernen Kleinfamilie nicht ganz perfekt ist. Ansonsten könnte man ihn nur sehr schwer ertragen.

KOLJA MENSING

Olga Flor: "Talschluß". Roman. Zsolnay Verlag, Wien 2005. 171 S., geb., 16,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.04.2006

Der Körper in allen Stufen des Verfalls
Radikale Familienaufstellung: Zwei Romane erkunden Strategien des Genießens gegen den Tod
„Wer sich in Familie begibt, kommt darin um”, hat Heimito von Doderer gesagt. Der Familienroman erlebt in der österreichischen Literatur zur Zeit eine Hausse, auch wenn er in der literarischen Logistik nur als Vehikel für andere Transportgüter dienen mag. So nimmt Olga Flor in „Talschluss” im Grunde unsere schöne neue Warenwelt aufs Korn, in der alles und jeder seinen Preis hat, in der Tüchtigkeit, Funktionstüchtigkeit zum obersten Gebot geworden ist. In beinah klassischer Einheit von Ort und Zeit schickt Flor ihr Personal auf eine Art Wochenendseminar: Ein Geburtstag wird gefeiert, ein Sechziger, und die jugendliche Großmutter versammelt ihre Lieben.
Grete ist eine Powerfrau, sie hat Kinder großgezogen, ihren Mann bei seiner Karriere als Personalchef unterstützt und sich dann als esoterisch angehauchte Lebensberaterin profiliert. In Katharina, der Erzählerin, sieht sie eine verwandte Seele, eine, die wie sie das Unvollkommene schwer erträgt. Katharina ist nicht als Ex-Freundin des Sohnes geladen, sondern in professioneller Mission: als „Eventmanagerin” soll sie für den Rahmen sorgen, der das Gemälde eines rundum erfüllten Lebens zur Geltung bringt.
Sie hat also eine Almhütte gemietet, das Mobiliar ausgetauscht, um den Authentizitätsgrad zu erhöhen, Bauernbutter organisiert und ein fernsteuerbares Heizsystem, kurzum die Naturnähe mit Komfort abgefedert, wie es sich für ein Incentive Seminar geziemt. Nun durchläuft sie ihre eigene Choreographie als penible Beobachterin der anderen wie ihrer selbst. Vom Eintreffen der Gäste über das nach allen Regeln gehobener Genusskultur zelebrierte Festmahl bis zum unklaren Ausgang - eine Viehseuche hält die Gesellschaft im Talschluss zumindest kurzfristig in Quarantäne - geht der Protagonistin allerhand durch den Kopf. Olga Flor simuliert die Gleichzeitigkeit der Gedanken und Dialoge in einem Bewusstseinsstrom à la James Joyce, auf den sie mehrfach anspielt. Präzise, ohne einen falschen Ton und mit unterschwelliger Spannung entwirft sie das Bild einer Person, die ständig an ihrer Fassade arbeitet und darüber die Substanz vernachlässigt, die sich keine Blöße geben und aus allem heraushalten will, die nicht mehr weiß, wer sie ist und es auch nicht mehr wissen will, obwohl sie spürt, dass sie durch Gretes Prinzip der fröhlichen Perfektionierung sich selbst entfremdet wird, in der Sisyphos-Arbeit der ständigen Nachrüstung: „Du arbeitest an dir, so lange, bis nichts mehr übrig ist. Du hast die Ansprüche geschluckt, und die fressen ihren Wirt.”
Das sanfte Gesetz
Flor denunziert nicht, sie zeigt. Gretes sanftes Gesetz macht ihre Klienten fit für jene Welt, die ihr Gatte miterschafft. So arbeiten die Leute, die bald keine Arbeit mehr haben, wenigstens an sich. Katharina sieht Grete als Mutter Courage des Neoliberalismus, eine Kriegsgewinnlerin wie sie selbst: „Wir ziehen unsere Leiterwägen durch den freien Markt. Die feindliche Übernahme des Geistes durch die Maxime der wirtschaftlichen Verwertbarkeit hinterlässt eine Leere, in die wir vorstoßen können.”
Anders als in Flors Erstling „Erlkönig” kommt in dieser Familie niemand um. Was stattfindet, ist eine Reality-Show ohne echte Wildnis-Bewährungsprobe; mit der Seuche bedient die Autorin sich eines seit Camus’ „Pest” bewährten Tricks existentialistischer Literatur, ohne dass äußerlich viel mehr passieren würde als ein Imageverfall der genossenen Bauernbutter. „Es ist nicht wahr, dass wir in einer Zeit ohne Dramen leben”, meinte Ingeborg Bachmann einmal - die Dramen fänden „im Innen” statt. „Talschluss” ist eine faszinierende Fahrt in dieses Innen, das Katharina mit dem Außen nicht mehr zur Deckung bringen kann.
Um die peinlich genaue Beobachtung des Körpers in allen Stufen des Verfalls, um die Frage, wie die Dekadenz dieser Jahrhundertwende Strategien des Genießens gegen den Tod mobilisiert, darum dreht sich auch Evelyn Grills in Freiburg angesiedelter Roman „Vanitas”. In Grills Familien-Aufstellung geschieht jedoch fast alles im Außen, und es wird aus kühler Distanz betrachtet. „Vanitas oder Hofstätters Begierden” ist die barock angelegte Geschichte eines bizarren Paares: Er, Louis A. Hofstätter, ein homosexueller Anwalt und Dandy, hat vor Jahren die steinreiche Witwe eines russischen Fürsten geehelicht, die um einiges ältere Olga Diotima, eine ehemalige Schauspielerin. Passiert ist ihm das, weil sie ihn an Tizians „Zigeunermadonna” im Wiener Kunsthistorischen Museum erinnerte. Mittlerweile fesseln den Ästheten nur noch sein Ekel und seine Spielschulden an diese Frau, die selbst als hässliche Alte alle Welt um den Finger wickelt und ihren Mann demütigt, indem sie ihn Alois nennt.
Dass er einen Geliebten hatte und sie eine Geliebte, hinderte die Eheleute nicht daran, einen Sohn in die Welt zu setzen, der vom Vater auch noch missbraucht wurde, folgerichtig psychisch krank ist und auf lächerliche Weise umkommt. Im Leichenschauhaus denkt Hofstätter - die Beschreibungen seiner bildungsgesättigten Assoziationswut sind geeignet, auch Kunstfreunde zu ermüden - zunächst an Mantegnas „Toten Christus”, dann will er „das Ebenmaß dieses Leibes” nur „mit einem Apollo des Praxiteles vergleichen”; er „bedauerte, dass diese Pracht für immer dahin war.”
Evelyn Grill, die uns bisher prägnante Geschichten aus dem alltäglichen Frauenleben erzählt hat, führt hier eine großbürgerliche Rocky Horror Picture Show vor - die Bourgeoisie als Hort der Perversion: Olga hält sich einen Hofstaat von quasi Leibeigenen, sie verliebt sich in einen Jünger der Leichenplastination, der Gunther von Hagens obszöne Unsterblichkeitsphantasie noch mit der Vision künstlicher Beweglichkeit übertreffen will. Unter einem Baum vor dem Haus, vor den Toren der Luxus-Existenz, lungern Obdachlose in zerfetzten Designerjeans mit ihren Hunden herum, Hündinnen allesamt, von denen Hofstätter, der Feind der Weiblichkeit, sich bedroht fühlt und die die Autorin mit sichtlichem Vergnügen ins Gras beißen lässt.
Bis zum Ekel
Der Mann, aus dessen Blickwinkel die Geschichte erzählt wird und der sich als wahres Monstrum entpuppt, lässt uns so kalt, wie er selbst ist. Grills Figuren sind Kunstfiguren in jeder Hinsicht, mit eingeschmuggelten Zitaten von Baudelaire und Huysmans erweisen sie dem Symbolismus ihre Reverenz. Grill, wieder einmal eine als Zynikerin verkappte Moralistin, hat ihr Konzept souverän umgesetzt, mit einem bösen Witz und einer kalten Pracht, die Anhänger ihrer früheren Bücher verstören mag. „Man musste bis zum Ekel gehen”, heißt es programmatisch über Hofstätters Spielsucht.
Die neuen Bücher von Olga Flor und Evelyn Grill sind in ihrer Radikalität, in ihrem diagnostischen Scharfblick weit von dem entfernt, was „Frauenliteratur” gemeinhin zugetraut wird. „Befreunden Sie sich nie mit jemandem aus der schreibenden Zunft!” rät eine Figur in „Vanitas”. Aber solches wäre einem nun wirklich nicht gerade eingefallen. DANIELA STRIGL
OLGA FLOR: Talschluss. Roman. Zsolnay, Wien 2005. 172 S., 16,90 Euro.
EVELYN GRILL: Vanitas oder Hofstätters Begierden. Roman. Residenz Verlag, St. Pölten 2005. 181 S. 19,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Überaus angetan ist Daniela Strigl von Olga Flors neuem Roman, in dem das in gehobener Genusskultur auf einer Almhütte zelebrierte Geburtstagsfest der sechzig jährigen Powerfrau Grete aus den Rudern läuft. Strigl betrachtet das Buch nur vordergründig als Familienroman. Im Grunde geht es ihres Erachtens um eine Welt, "in der alles und jeder seinen Preis hat und in der Tüchtigkeit, Funktionstüchtigkeit zum obersten Gebot geworden ist". Diese Prinzipien sieht Strigl vor allem verkörpert in der esoterisch angehauchten Lebensberaterin Grete, ihrem Mann, einen erfolgreichen Personalchef, und Katharina, der Ex-Freundin ihres Sohnes, die die Geburtstagsfeier professionell organisiert, und die auch als Erzähler auftritt. Letztere zeichne die Autorin als eine Person, die ständig an ihrer Fassade arbeite und darüber die Substanz vernachlässige, die sich keine Blöße geben und aus allem heraushalten wolle, die nicht mehr wisse, wer sie sei und es auch nicht mehr wissen wolle.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Olga Flor ist dabei, sich mit großem Können in die erste Reihe der österreichischen Literatur zu schreiben."
Paul Jandl, NZZ, 21.4.05

""Es ist nicht wahr, dass wir in einer Zeit ohne Dramen leben", meinte Ingeborg Bachmann einmal - die Dramen fänden "im Innern" statt. Talschluss" ist eine faszinierende Fahrt in dieses Innen.... "
Daniela Strigl, Süddeutsche Zeitung, 18.04.06