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Produktdetails
  • Reclams Universal-Bibliothek 18905
  • Verlag: Reclam, Ditzingen
  • Seitenzahl: 414
  • Erscheinungstermin: Juni 2012
  • Deutsch
  • Abmessung: 156mm x 98mm x 20mm
  • Gewicht: 170g
  • ISBN-13: 9783150189054
  • ISBN-10: 3150189055
  • Artikelnr.: 34558985
Autorenporträt
Detlef Horster, geb. 1942, ist Professor für Sozialphilosophie an der Universität Hannover. Er studierte Philosophie, Rechtswissenschaft, Politikwissenschaft und Soziologie in Köln und Frankfurt am Main. 1976 promovierte er im Fach Soziologie. Gastprofessuren in Südafrika und in der Schweiz. Zahlreiche Veröffentlichungen u.a. auch Einführungen zu Ernst Bloch und Jürgen Habermas.
Rezensionen

Gute Grenzen



Ein Band mit Texten uber Ethik zeigt, wie notwendig Beschrankungen sind



Die Eroffnungsrede einer Tagung neulich in Innsbruck zum Thema "Die Phantasie in Kultur und Wirtschaft" hielt Bazon Brock. Von Anfang an hegte Brock Skepsis gegenuber der Affirmation der Fantasie, gegenuber dem Wunsch, die Fantasie als Macht zu etablieren. Der Propagandaspruch "Fantasie an die Macht" sei nichts anderes gewesen als die Parole, mit der einige an die Fleischtopfe der Gesellschaft gelangen wollten. Als schlagender Beweis fiel der Name Joschka Fischer: Fischer verdient heute so viel Geld, wie er es sich fruher nur mit viel Fantasie einbilden konnte. In seiner grandiosen, frei gehaltenen Rede wies Brock auf einen weiteren Punkt hin, der die Skepsis gegenuber dem Schalten und Walten der Fantasie plausibel macht. Man wurde es nicht erwarten, aber Brock lobte die Burokratie: Es sei die Burokratie, die die Beliebigkeit unserer Fantasien einschranke. Durch Burokratie muss man den Fantasien eine Fassung geben, die sie uberlebensfahig und produktiv macht. Wer dann mit seiner Fantasie durch die Burokratie hindurchkommt, der kann wirklich etwas! Drei Dinge fallen mir dazu ein. Zuerst der Adorno-Satz: "Wer Kultur sagt, sagt auch Verwaltung." Dieser Satz legt fest, dass die Burokratie eben nicht das Andere der Kultur ist. Zweitens fallt mir eine Radikalisierung des Verhaltnisses von Kunst und Burokratie ein: Die Zensur hat gro?e kunstlerische Leistungen provoziert. "Satiren, die der Zensor versteht, werden mit Recht verboten", schrieb Karl Kraus. Wenn einen die Burokratie nicht durchlasst, dann hat man nichts Besseres verdient. Drittens gehort etwas dazu, das in dem Reclam-Band Texte zur Ethik prominent thematisiert wird. Als Leser, der das Buch in frischer Erinnerung und seine Gedanken daruber nicht geordnet hat, muss ich mein Erstaunen zugeben: Die Ethik ist heute ein Schlachtfeld von Positionen. Das fuhrt, der Not oder Neigung gehorchend, zu expertenhaften Formulierungen: "Der Nonnaturalist kampft zum einen mit der Schwierigkeit, sich vom Naturalisten abzugrenzen, zum anderen aber mit der Schwierigkeit, sich vom Nonrealisten abzugrenzen, zu denen auch die Vertreter der Diskursethik zu rechnen sind..." Da mochte man gerne helfen, wusste man nur, wie. Von dem Band kann man lernen, dass Ethik "akademische Moralphilosophie" ist und dass Positionen wie die der Nonrealisten zur "Metaethik" gehoren. Die Metaethik ist mit der Frage beschaftigt, "ob moralische Regeln universell kulturabhangig sind, ob sie objektiv oder intersubjektiv sind oder ob es moralische Tatsachen wie andere empirische Tatsachen gibt." Ich gestehe, dass ich an moralische Tatsachen glaube und in diesem Sinne "Realist" bin. Nonrealisten halten moralische Urteile nicht fur wahrheitsfahig, sondern fur Ausdruck von Einstellungen, von Praferenzen oder Haltungen. Detlef Horsters Vorwort nimmt lehrreich vorweg, was die Textbeispiele des Bandes dann genau belegen. Horster bietet auch eine Uberlegung, die mit der Beschrankung uberquellender Fantasien vergleichbar ist: Niemand wei? heute eindeutig, welche Handlungsmoglichkeiten der Mitmensch ergreifen wird. Das eigene Tun findet im Tun des anderen keinen Verknupfungspunkt. Deshalb werden die Wahlmoglichkeiten - durch Konventionen, durch moralische und rechtliche Regeln - begrenzt. Also ist es auch in der Ethik die Grenze, die das Funktionieren des Ganzen am ehesten garantiert.
- Franz Schuh, Die Zeit
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Franz Schuh erzählt von einem Vortrag Bazon Brocks "neulich in Innsbruck", er zitiert Adorno und Karl Kraus, bis er schließlich, nach rund der Hälfte des Textes, endlich auf das Buch zu sprechen kommt, das er eigentlich rezensiert: den von Detlef Horster herausgegebenen Reclam-Band "Texte zur Ethik". Dass er "seine Gedanken darüber noch nicht geordnet hat", wie er freimütig zugibt, glaubt man dem Rezensenten sofort. Er stört sich ein wenig an gelegentlichen "expertenhaften Formulierungen", skizziert knapp verschiedene ethische Lager, bekennt sich zu den "Realisten" und vermittelt einen alles in allem recht angeregten Eindruck.

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