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An einem kalten Februarmorgen 1993 sieht die Fotojournalistin Darcy Padilla eine Achtzehnjährige mit einem Neugeborenen im Arm in der Lobby des Ambassador-Hotels in San Francisco stehen - barfuß. Sie bittet sie, ein Foto von ihr machen zu dürfen. Sie wird Julie die nächsten achtzehn Jahre bis zu deren Aids-Tod im Jahr 2010 als Chronistin ihres Lebens und Freundin fotografisch begleiten. Als Emmanuel Carrère die Fotos zum ersten Mal sieht, beschließt er, sich auf die Spuren der beiden Frauen zu begeben, und reist in die USA. Als Meister der dokumentarischen Erzählung beschreibt er Julies…mehr

Produktbeschreibung
An einem kalten Februarmorgen 1993 sieht die Fotojournalistin Darcy Padilla eine Achtzehnjährige mit einem Neugeborenen im Arm in der Lobby des Ambassador-Hotels in San Francisco stehen - barfuß. Sie bittet sie, ein Foto von ihr machen zu dürfen. Sie wird Julie die nächsten achtzehn Jahre bis zu deren Aids-Tod im Jahr 2010 als Chronistin ihres Lebens und Freundin fotografisch begleiten. Als Emmanuel Carrère die Fotos zum ersten Mal sieht, beschließt er, sich auf die Spuren der beiden Frauen zu begeben, und reist in die USA. Als Meister der dokumentarischen Erzählung beschreibt er Julies Lebensweg und die Freundschaft der beiden ungleichen Frauen: Abhängigkeiten, familiäre Katastrophen, Beziehungen, Geburten und Abschiede, viele tragische und wenige heitere Momente in einem Milieu, aus dem es kein Entrinnen zu geben scheint. Denn Julie ist ein Fall von Tausenden: Padillas Bilder und Carrères Text werfen die Frage nach der sozialen Bedingtheit eines Schicksals auf, nach dem Gebot der Anteilnahme angesichts von Lebenswegen, die aussichtslos erscheinen.
Autorenporträt
Emmanuel Carrère, 1957 in Paris geboren, lebt als Schriftsteller, Drehbuchautor und Filmregisseur in Paris. Seine genresprengende Prosa wird in über 20 Sprachen übersetzt und wurde vielfach international ausgezeichnet, z.B. mit dem Prix Renaudot 2011, dem Europäischen Literaturpreis 2013, dem Premio FIL 2017 oder dem Prinzessin-von-Asturien-Preis 2021. Bei Matthes & Seitz Berlin erschienen die Dokumentarromane Der Widersacher, Alles ist wahr, Ein russischer Roman, Limonow und Das Reich Gottes sowie mehrere Essays.  Claudia Hamm, geboren 1969, ist Regisseurin, Autorin von Theatertexten und Essays und Literaturübersetzerin, v.a. von Emmanuel Carrère, aber auch Mathias Énard, Édouard Levé, Nathalie Quintane, Ivan Jablonka, Joseph Ponthus, Joseph Andras. Für ihre Übersetzung von Carrères Das Reich Gottes wurde sie für den Übersetzerpreis der Leipziger Buchmesse nominiert und erhielt den Übersetzerpreis des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft 2016.  Darcy Padilla, 1965 in Kalifornien geboren, studierte Journalismus an der San Francisco State University. Ihre engagierten Langzeit-Fotoprojekte wurden auf internationalen Ausstellungen gezeigt und mehrfach ausgezeichnet. The Julie Project gewann drei Preise der World Press Photo Competition.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.06.2020

NEUE TASCHENBÜCHER
Unwahrscheinliche
Verbindung
„Ohne Darcy wäre dasselbe Scheißleben schlimmer gewesen, denn es wäre ohne Zeugen gelebt worden“: Im Winter 1993 sitzt die 18-jährige Julie in der Hotellobby eines Armenviertels in San Francisco. Sie hält ihr Baby im Arm, ist drogenabhängig und HIV-positiv, doch im Gegensatz zu ihrem Umfeld bricht die Krankheit nicht aus. Die Fotojournalistin Darcy Padilla fragt sie nach einem Foto und wird diese Dokumentation bis zu Julies Tod 18 Jahre später fortsetzen. Als Emmanuel Carrère die bewegenden Fotografien entdeckt, entschließt er sich, ihre Geschichte zu schreiben. Sein knapper Bericht ist weder Betroffenheitskitsch noch Sozialporno: Er erzählt Julies Lebensgeschichte nüchtern und einfühlsam zugleich. So skizziert er en miniature auch eine Gesellschaft, deren Freiheitsversprechen derart porös geworden ist, dass es das Leben in Armut über Generationen hinweg zementiert. Den Kontrast dazu bildet die Karriere der Fotografin Darcy, die sich über die Dokumentation des Prekären hinaus empathisch engagiert: „So entstand eine Beziehung zwischen Menschen, die sich zwar unmöglich gleich sein konnten, aber als gleichwertig betrachteten.“
VOLKER BERNHARD
Emmanuel Carrère:
Julies Leben.
Aus dem Französischen von Claudia Hamm.
Matthes & Seitz, Berlin 2020. 59 Seiten, 10 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension

Rezensentin Angela Gutzeit fühlt sich berührt und verstört von Emmanuel Carrères Lebensgeschichte einer Drogensüchtigen. 18 Jahre lang und bis in den Tod hat die Fotografin Darcy Padilla die an AIDS erkrankte mehrfache Mutter Julie begleitet. Auf Grundlage von Padillas Fotografien und Berichten hat der französische Schriftsteller nun einen Text verfasst, der die Leser sehr nah an diese tragische Figur heranführt und dabei unangenehme moralische Fragen aufwirft, so Gutzeit. Kann man Padillas grenzüberschreitende Arbeit mit ihrem "Aufklärungswert" rechtfertigen? Carrère verteidigt Padilla, doch die Rezensentin hätte sich vom Autor eine eingehendere Beschäftigung mit solchen Fragen gewünscht. Andererseits, so Gutzeit, ist es vielleicht auch seine Absicht, in den Lesern eben jene Fragen aufzuwerfen und ihnen die Antworten nicht abzunehmen.

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