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"Liessmann denkt, und er denkt laut; und es gibt in unserer Republik niemanden, dem ich lieber zuhöre." (Michael Köhlmeier) In seinem neuen Buch holt der Philosoph zwölf zentrale Fragen aus Nietzsches 'Zarathustra' in die Gegenwart.
Die zentralen Fragen des menschlichen Lebens innerhalb der zwölf mitternächtlichen Glockenschläge: Nietzsches "O Mensch! Gib Acht!" nähert sich in nachtschwarzen Gedanken den Abgründen des Menschseins, den unbewussten Tiefen unserer Gefühle und Affekte und dem bis zur Unerträglichkeit gesteigerten Spannungsfeld von Schmerz und Lust, von Leben und Tod. Welch…mehr

Produktbeschreibung
"Liessmann denkt, und er denkt laut; und es gibt in unserer Republik niemanden, dem ich lieber zuhöre." (Michael Köhlmeier) In seinem neuen Buch holt der Philosoph zwölf zentrale Fragen aus Nietzsches 'Zarathustra' in die Gegenwart.

Die zentralen Fragen des menschlichen Lebens innerhalb der zwölf mitternächtlichen Glockenschläge: Nietzsches "O Mensch! Gib Acht!" nähert sich in nachtschwarzen Gedanken den Abgründen des Menschseins, den unbewussten Tiefen unserer Gefühle und Affekte und dem bis zur Unerträglichkeit gesteigerten Spannungsfeld von Schmerz und Lust, von Leben und Tod.
Welch zentrale Dimension für unser politisches und kulturelles Selbstverständnis dieser geheimnisvolle Text darstellt, zeigt Konrad Paul Liessmann, indem er Nietzsches Denkbewegungen und Sprachfiguren auf überraschende, auf provozierende Weise in unsere Gegenwart und in unser Leben weiterführt - von der Mitternacht bis zur Ewigkeit.
Autorenporträt
Konrad Paul Liessmann, geboren 1953 in Villach, ist Professor i.R. für Philosophie an der Universität Wien, Essayist, Literaturkritiker und Kulturpublizist. Er erhielt 2004 den Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels für Toleranz im Denken und Handeln, 2010 den Donauland-Sachbuchpreis und 2016 den Paul Watzlawick-Ehrenring. Im Zsolnay Verlag gibt er die Reihe Philosophicum Lech heraus. Zuletzt erschienen bei Zsolnay Geisterstunde. Die Praxis der Unbildung. Eine Streitschrift (2014), Bildung als Provokation (2017), Alle Lust will Ewigkeit. Mitternächtliche Versuchungen (2021) und Lauter Lügen (2023), sowie bei Hanser (gemeinsam mit Michael Köhlmeier) Der werfe den ersten Stein (2019).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.06.2021

Ran an die existenziellen Fragen nach Leid und Lust
Bloß keine Eindeutigkeiten: Konrad Paul Liessmann denkt mit Nietzsche über die Gegenwart und das Leben nach

Philosophen lieben das Risiko. Manche wenigstens. Beispielsweise jene, die sich in Ausdruckformen üben, vor denen ihre akademischen Kollegen mit Grausen zurückschrecken. Dass der Virtuose der Ausdrucksformen, Friedrich Nietzsche, auch das lyrische Genre bedient und sogar ein paar Gedichte hinterließ, die es in Schullesebücher geschafft haben, ist zwar allgemein bekannt. Aber sind das nun ernst zu nehmende Beiträge zum philosophischen Denken oder vielmehr Belege für den alten Verdacht der akademischen Philosophie, Nietzsche sei ein entlaufener Schöngeist, den bloß ein rezeptionsgeschichtlicher Irrtum unter die Philosophen versetzt hat?

Konrad Paul Liessmann scheut seinerseits das Risiko nicht, wenn er sich an Nietzsches Spur heftet. Im Zentrum seines Buches steht ein berühmtes, vielfach vertontes Gedicht aus "Also sprach Zarathustra", das dort gleich zweimal mit scheinbar nur geringfügigen, aber doch bedeutsamen Abweichungen vorkommt. Man nennt es gemeinhin "Mitternachtslied", weil es den Takt in zwölf Glockenschlägen anzeigt und fragt: "Was spricht die tiefe Mitternacht?" Der dem ersten Glockenschlag folgende Vers lautet: "Oh Mensch! Gieb Acht!" Jeder Gedichtzeile samt Glockenschlag widmet Liessmann ein Kapitel. Dabei prägt er Nietzsches rätselhaftes Gedicht, in dessen Zentrum er die existenziellen Fragen nach Leid und Lust stehen sieht, in eine Einladung zum Philosophieren überhaupt um.

Das Risiko, dem sich Liessmann aussetzt, besteht weniger darin, für manches scharfe Urteil getadelt zu werden - etwa dort, wo er gegen das Achtsamkeitsgerede polemisiert, gegen den Selbstoptimierungswahn oder gegen die "Sterbeindustrie". Es liegt auch nicht darin, dass er mit den Erkenntnissen der Nietzsche-Forschung recht freihändig umgeht. Denn den Anspruch, einen Beitrag zur Forschung zu liefern, erhebt Liessmann nicht.

Vielmehr ist sein Buch, und das ist zugleich das Risiko, selbst ein Formexperiment. Es handelt sich um philosophische Denkübungen, die die Leser in ein stetes Kreisen um Nietzsches hypnotisierende Gedichtzeilen hineinnehmen - und in all das, was mit ihnen in Zusammenhang steht. Diese Übungen wollen keine Lehren einhämmern - Liessmanns Nietzsche kennt keine Eindeutigkeiten, keine Dogmatik -, sondern sie bohren, in bekanntem und unbekanntem Gestein.

Nietzsches Gedicht gibt dem Exerzitienmeister weitgehende Vollmachten, denn es ist maximal deutungsoffen. Da wird dann manchmal allerlei Bildungsgeröll herbeigeschafft, das sich beim Bohren als taub herausstellt, mag, wie es einmal heißt, "der Grübler" auch "der Bergmann der Seele" sein. Im Laufe der Lektüre drängt sich eine andere Metaphorik an die Stelle der montanen, nämlich die der Falte und der Faltung, die Liessmann von Gilles Deleuze entlehnt: "Das Vielfältige", zitiert er ihn, "ist nicht nur dasjenige, was viele Teile hat, sondern was auf viele Weisen gefaltet ist."

Und genau dieses Falten-Werfen ist der Grund, weshalb Liessmann mit seinem gewagten Experiment nicht scheitert: Nietzsches "Mitternachtslied" ist der Stoff, den Liessmann immer wieder bewegt und neu drapiert, so dass er neue Falten wirft. Selbst wenn Nietzsches Gedicht banal sein sollte - manche bösen Zungen mögen dies zischen -, die Falten, die wir Liessmanns Buch verdanken, sind es nicht. Das Buch zeigt exemplarisch Nietzsches Pluralitätstauglichkeit.

Liessmann versagt Zarathustra die fromme Andacht und fällt seinem Schöpfer Nietzsche gelegentlich auch ein bisschen schulmeisterlich ins Wort, etwa da, wo die Titelfigur dafür gerügt wird, "Schlaf und Traum als existentielle Grundbefindlichkeit in all ihrer Vertracktheit" nicht hinreichend thematisiert zu haben. Generell hält er sich an die hermeneutische Regel: "Wir trauen Nietzsche nicht", was allerdings nicht bedeutet, ihn als dichtenden Schöngeist aus dem Kreis der Philosophen zu verstoßen, geschweige denn, ihm die Aufmerksamkeit zu versagen. Eher bedeutet es, bei ihm alles für möglich zu halten.

Das macht, mit Liessmanns eigenen Anreicherungen, die Exerzitien zu einer ausgesprochen abwechslungsreichen Erfahrung. Dazu gehört es, dem Exerzitienmeister häufiger einmal selbst ins Wort fallen zu wollen. Wenn "Weh spricht: Vergeh!", muss das Weh, das Leiden da zwingend sich selbst oder uns sterbliche Menschen adressieren? Kann der Befehl nicht, was Liessmann ausblendet, an die Lust gerichtet sein, die im Vers vorher tiefer sein soll als Herzeleid und im Vers nachher nach Ewigkeit heischt?

Auch wenn die Leserin sich eigensinnig gegenüber dem Exerzitienmeister behaupten will, kann sie sich seinen Fragen nicht entziehen, etwa: "Welchen Wert hat denn mein Leben, wenn ich nicht will, dass es sich wiederholt?" Der Nietzsche, den Liessmann mit solchen Fragen dem Gedicht extrahiert, ist ein Nietzsche, dem wir nicht ausweichen können. Nicht nur ein literarisches, auch ein existenzielles Risiko.

ANDREAS URS SOMMER

Konrad Paul Liessmann: "Alle Lust will Ewigkeit". Mitternächtliche Versuchungen.

Paul Zsolnay Verlag, Wien 2021. 320 S., geb., 26,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Thomas Steinfeld ahnt, dass Konrad Paul Liessmanns Stärke eher in der Polemik liegt. Wenn sich der Wiener Philosoph Nietzsches "Tanzlied" aus dem Zarathustra Vers für Vers vornimmt und davon ausgehend Überlegungen zur künstlichen Intelligenz, zum Wandel der Kirche oder zum Geo-Engineering" anstellt, kommt Steinfeld ins Zweifeln. So viele scharfsinnige Bücher, und nun das? Beliebig, und in ihren Assoziationen unscharf findet er Liessmanns Gedanken. Schlimmer noch: Bei genauerem Hinschauen erweisen sie sich immer wieder als falsch, kritisiert Steinfeld.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.07.2021

Herren
der Erde
Konrad Paul Liessmann
antwortet auf Nietzsche
Im dritten, vorletzten Teil des Buches „Also sprach Zarathustra“, unter der Überschrift „Das andere Tanzlied“, findet sich eine Art Gedicht, zu dem einige der bekanntesten Zeilen Friedrich Nietzsches gehören. Das kleine Werk ist dem Schlagen der Mitternachtsglocke nachempfunden und beginnt mit „Eins / Oh Mensch! Gib Acht!“ Später heißt es: „Zehn! „Doch alle Lust will Ewigkeit –, / „Elf! – will tiefe, tiefe Ewigkeit!“ Nach dem zwölften Schlag herrscht Stille. Sie mag so viel bedeuten, dass es für das, was jetzt gesagt werden müsste, keine Sprache mehr gibt, oder sie mag gar nichts bedeuten, oder es kann um irgendetwas dazwischen gehen. Man weiß es nicht, und man wird es nicht erfahren: Die Zeilen scheinen auf ein Gesamtes zu zielen, dessen Nennung dann, wie so oft bei Nietzsche, verweigert wird. Gustav Mahler hat die Zeilen dem vierten Satz seiner Dritten Symphonie zugrunde gelegt, und auch sonst spuken die Verse durch die und Geistesgeschichte. Der Wiener Philosoph Konrad Paul Liessmann hat sie nun zum Anlass genommen, über sie nachzudenken, von einem Vers zum anderen und also in elf langen und einem kurzen Kapitel. Bei den Worten „Oh Mensch“ wird mit Günther Anders auf den fehlenden Weltbezug des Menschen reflektiert, dann geht es um die künstliche Intelligenz, die „den Menschen in vielen Belangen überlegen sein wird“, und am Ende werden die Worte als Aufforderung zum Zuhören verstanden.
Anlässlich des fünften Verses, „die Welt ist tief“, wird die selbstbetriebene Verharmlosung der Kirchen zu „diesseitigen NGOs“ verhandelt. Dann wird danach gefragt, ob die Welt eine Täuschung sei, und später wird erklärt, wer vom „Geo-Engineering“ träume solle sich über Nietzsches Frage „Wer sind die Herren der Erde?“ nicht aufregen. Und am Ende soll gewiss sein, dass es der „Lust“ nur um sich selber gehe.
Konrad Paul Liessmann ist ein öffentlicher Philosoph, er hat eine lange Reihe lebendiger, scharfsinniger und gut geschriebener Bücher verfasst, darunter eine Kritik des Prinzips Zukunft („Zukunft kommt!“, 2007) und ein kleines Werk über die Schönheit des Alltäglichen („Das Universum der Dinge“, 2010). Seine unter dem Titel „Theorie der Unbildung“ im Jahr 2006 erschienene Auseinandersetzung mit den Idealen der Bildungsreform und ihrer Umsetzung an den europäischen Hochschulen gehört zum Gründlichsten und Besten, das je über die fatale Angleichung des Bildungswesens an die vermeintlichen Funktionsweisen der Privatwirtschaft geschrieben wurde. Die „mitternächtlichen Versuchungen“, mit denen Konrad Paul Liessmann auf die zwölf Glockenschläge Nietzsches zu reagieren versucht, gehören nicht zu den guten Büchern dieses Autors. Sie erscheinen beliebig, unscharf, assoziativ. Und sie führen immer wieder in Verallgemeinerungen, die keiner Überprüfung standhalten dürften: „An vielen Schulen ist Glück jetzt ein Unterrichtsgegenstand.“ Das stimmt nicht, ebenso wenig wie es zutrifft, dass „Technikskeptiker“ in „unserer Zeit als Feiglinge“ gelten. Es scheint, als bräuchte dieser Philosoph einen Gegner, um zur Sache zu finden. Die Polemik ist seine Stärke, nicht das Räsonnement.
THOMAS STEINFELD
Konrad Paul Liessmann: Alle Lust will Ewigkeit. Mitternächtliche Versuchungen. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2021.
320 Seiten, 26 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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"Liessmann nimmt sich die Freiheit, mit Nietzsche über ihn hinauszudenken. (...) Ungemein anregend." Jörg Magenau, Philosophie Magazin, Juli 2021

"Konrad Paul Liessmann ist einer der großen Philosophen unserer Zeit, ein Universalgelehrter, der wahnsinnig informativ und geistreich über Themen schreiben und sprechen kann. In "Alle Lust will Ewigkeit" erklärt er uns Nietzsches Mitternachtslied und kontextualisiert es auf sehr überraschende Weise. Dabei bewegt er sich im Spannungsfeld von Tag und Nacht, Lust und Leid, Oberfläche und Tiefe - alles zentrale Themen, die uns im Alltag begleiten, aber auch in der Literatur." Nicola Steiner, srf Literaturclub, 29.06.21

"Nietzsches 'Mitternachtslied' ist der Stoff, den Liessmann immer wieder bewegt und neu drapiert, so dass er neue Falten wirft. Selbst wenn Nietzsches Gedicht banal sein sollte - manche bösen Zungen mögen dies zischen -, die Falten, die wir Liessmanns Buch verdanken, sind es nicht. Das Buch zeigt exemplarisch Nietzsches Pluralitätstauglichkeit. [...] Eine ausgesprochen abwechslungsreiche Erfahrung." Andreas Urs Sommer, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.06.21